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Ausgabe 02 / 2009 - BankPraktiker

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gilt z. B., wenn das Insolvenzgericht die Aussetzung<br />

der Verwertung nach Vorlage eines Insolvenzplans<br />

anordnet 25 . Der Zinsanspruch entsteht<br />

auch dann, wenn der Insolvenzverwalter<br />

eine Sicherheitenverwertung im Interesse der<br />

Gläubigergesamtheit zurückstellt, z. B. weil er<br />

das Unternehmen mit Sicherungsgütern fortführt.<br />

Wenn der Verwalter die Verwertung aus<br />

solchen wirtschaftlichen Gründen verzögert,<br />

muss er sicherstellen, dass genügend Masse<br />

vorhanden ist, um die betroffenen Sicherungsgläubiger<br />

für die Verzögerung zu entschädigen.<br />

Der Zinsanspruch richtet sich nämlich<br />

gegen die Insolvenzmasse 26 . Verletzt er<br />

diese Pflicht und kann er die Sicherungsgläubiger<br />

wegen Masseunzulänglichkeit nicht entschädigen,<br />

droht dem Verwalter eine persönliche<br />

Haftung 27 .<br />

Die Rechtsprechung versucht inzwischen,<br />

den Anwendungsbereich des § 169 InsO einzuschränken.<br />

Bei abgetretenen Forderungen<br />

entfällt der Schutz des Gläubigers, wenn die<br />

Verwertungsverzögerung in der sphäre des<br />

Drittschuldners liegt und der Gläubiger bei<br />

einer eigenen Durchführung der Verwertung<br />

auch nicht schneller an sein Geld gekommen<br />

wäre. Das Risiko der Einbringlichkeit der<br />

Forderung und das Risiko von Zahlungsverzögerungen<br />

trägt der Gläubiger. § 169 InsO<br />

ändert hieran nichts 28 . Der Insolvenzverwalter<br />

muss sich aber spätestens ab dem Berichtstermin<br />

ordnungsgemäß um den Forderungseinzug<br />

bemühen 29 .<br />

Bei der Verwertung von sachen entfällt der<br />

Zinsanspruch, wenn die Verzögerung der Verwertung<br />

durch nicht insolvenzspezifische<br />

Gründe verzögert wird, also durch Umstände,<br />

die mit der Insolvenzsituation nichts zu tun<br />

haben. Dies gilt vor allem dann, wenn sich<br />

die Verwertung unmittelbar aufgrund der<br />

Beschaffenheit der Sache verzögert, z. B. weil<br />

es sich um derart spezielle Gegenstände handelt,<br />

dass es für diese so gut wie keine Interessenten<br />

gibt 30 . Der Gläubigerschutz ist dadurch<br />

aber nicht gravierend eingeschränkt. Der BGH<br />

hat klargestellt, dass grundsätzlich der Verwalter<br />

das Vorliegen einer solchen Ausnahmesituation<br />

darlegen und beweisen muss 31 . Der<br />

Gläubiger bleibt im Übrigen geschützt, wenn<br />

der Verwalter erfolglose Verwertungsbemühungen<br />

über längere Zeit fortsetzt 32 . Scheitert<br />

eine kurzfristige Verwertung, muss der<br />

Verwalter daher die Sache freigeben, anderenfalls<br />

wird die Masse mit der Zinszahlungspflicht<br />

belastet 33 .<br />

2. Höhe der Zinsen<br />

§ 169 Satz 1 InsO sieht eine Zahlung der<br />

„geschuldeten“ Zinsen vor, ohne die Höhe des<br />

Zinssatzes zu definieren. Daher muss die Vorschrift<br />

ausgelegt werden. Der BGH differenziert<br />

danach, ob eine vertragliche Regelung<br />

zwischen Gläubiger und Schuldner besteht<br />

oder nicht. Gibt es eine vertragliche Vereinbarung<br />

über die Höhe des Zinses, wird der<br />

vereinbarte Zins geschuldet 34 . Lag der vereinbarte<br />

Zinssatz unter 4%, soll dennoch eine Verzinsung<br />

von 4% sachgerecht sein 35 . Dies findet<br />

allerdings weder im Gesetz noch in der Entstehungsgeschichte<br />

eine Stütze.<br />

Interessanter ist der Fall, wenn keine vertragliche<br />

regelung besteht. Auch dann spricht der<br />

BGH dem Gläubiger lediglich einen Zinssatz<br />

von 4% zu. Weder ein vertraglich vereinbarter,<br />

noch der gesetzliche Verzugszinssatz soll<br />

gelten 36 . Das schrifttum war hingegen bislang<br />

davon ausgegangen, dass in einem solchen Fall<br />

der Verzugszinssatz herangezogen werden<br />

kann, also mindestens 37 ein Zinssatz von fünf<br />

Prozentpunkten über dem Basiszinssatz 38 .<br />

Der BGH sieht dies anders. Er meint, eine<br />

Anwendung der Verzugszinsen in ihrer heutigen<br />

Höhe könnte den Verwalter davon abhalten,<br />

im Interesse einer unternehmensfortführung<br />

die Verwertung von Gegenständen<br />

zurückzustellen. Außerdem würden die<br />

erhöhten Verzugszinssätze ein Sanktionselement<br />

enthalten. Sie seien schließlich eingeführt<br />

worden, um säumigen Schuldnern mehr Druck<br />

zu machen. Im Rahmen von § 169 InsO komme<br />

es aber auf ein Verschulden gar nicht an.<br />

Die Überlegungen des BGH können nicht<br />

überzeugen. sinn und Zweck des § 169<br />

InsO sprechen dafür, dem Gläubiger den Verzugszinssatz<br />

zuzubilligen 39 . Der Gläubiger soll<br />

schließlich davor geschützt werden, dass der<br />

Verwalter die Verwertung verzögert. Geht es<br />

z. B. um eine abgetretene Forderung, die der<br />

Verwalter nicht vom Drittschuldner einfordert,<br />

erhält der Gläubiger lediglich 4% Zinsen von<br />

der Insolvenzmasse. Dies, obwohl er vom<br />

Drittschuldner bei eigener Beitreibung ab<br />

<strong>02</strong> / <strong>2009</strong> <strong>BankPraktiker</strong><br />

Beitrag<br />

» Bei der Verwertung<br />

von Sachen<br />

entfällt der Zins­<br />

anspruch, wenn die<br />

Verzögerung der<br />

Verwertung durch<br />

nicht insolvenz­<br />

spezifische Gründe<br />

verzögert wird, also<br />

durch Umstände, die<br />

mit der Insolvenz­<br />

situation nichts<br />

zu tun haben. «<br />

25 MünchKommInsO­Lwowski/Tetzlaff, § 169,<br />

Rdn. 27.<br />

26 BGH, Urt. v. 17.07.2008, IX ZR 132/07, ZIP 2008<br />

S. 1539 (1541).<br />

27 Vgl. Nerlich/Römermann/Becker, a. a. O: (Fn. 17),<br />

Rdn. 51.<br />

28 BGH, Urt. v. 20.<strong>02</strong>.2003, IX ZR 81/<strong>02</strong>, NZI 1003<br />

S. 259 (262).<br />

29 Vgl. Seidel/Steinwachs, Bearbeitungs­ und Prüfungsleitfaden<br />

Insolvenz des Firmenkunden,<br />

S. 110.<br />

30 BGH, Urt. v. 16.<strong>02</strong>.2006, IX ZR 26/05, NZI 2006<br />

S. 342 f.<br />

31 BGH, Urt. v. 16.<strong>02</strong>.2006, IX ZR 26/05, NZI 2006<br />

S. 342 f., vgl. auch die weiteren Ausführungen<br />

zur sekundären Beweislast des Gläubigers und<br />

zur Anwendung des § 287 ZPO.<br />

32 MünchKommInsO­Lwowski/Tetzlaff, § 169,<br />

Rdn. 25.<br />

33 FK­InsO/Wegener, § 169, Rdn. 3.<br />

34 BGH, Urt. v. 20.<strong>02</strong>.2003, IX ZR 81/<strong>02</strong>, NZI 2003<br />

S. 259 (263).<br />

35 BGH, Urt. v. 16.<strong>02</strong>.2006, IX ZR 26/05, NZI 2006<br />

S. 342 (344 f.).<br />

36 BGH, Urt. v. 16.<strong>02</strong>.2006, IX ZR 26/05, NZI 2006<br />

S. 342 (344).<br />

37 Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher<br />

nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen<br />

acht Prozentpunkte über dem<br />

Basiszinssatz, § 288 Abs. 2 BGB.<br />

38 MünchKommInsO­Lwowski/Tetzlaff, § 169,<br />

Rdn. 30.<br />

39 So wohl auch FK­InsO/Wegener, § 169, Rdn. 3.<br />

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