Ausgabe 02 / 2009 - BankPraktiker
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Beitrag<br />
» Die Motivation<br />
bleibt erhalten und<br />
es ist schon von<br />
daher mit erheblich<br />
höheren Rückflüssen<br />
zu rechnen. «<br />
4 Quelle: TeamBank AG.<br />
5 Vgl. IDWVerlautbarung FAR 1/1991.<br />
<strong>02</strong> / <strong>2009</strong> <strong>BankPraktiker</strong><br />
wird eine Vergleichsvereinbarung geschlossen,<br />
die einen aufschiebend bedingten (Teil<br />
)Forderungsverzicht für den Fall festlegt, dass<br />
sich der Schuldner an die Abmachungen hält.<br />
Eine Besserungsklausel kann die Eventualität<br />
abdecken, dass sich Einkommen und /oder Vermögen<br />
über Erwarten gut entwickeln; rein vorsorglich<br />
wird ein Verjährungsverzicht eingebaut.<br />
Auflage kann auch die Abgabe eines – konkret<br />
an die Vergleichsvereinbarung zu bindenden –<br />
Schuldanerkenntnisses sowie die Unterzeichung<br />
einer Wohlverhaltensklausel sein. Die Laufzeit<br />
einer solchen Vereinbarung kann z. B. analog<br />
der Insolvenzordnung auf sechs Jahre festgelegt<br />
werden. Möchte man den Begriff „Forderungsverzicht“<br />
umgehen, bleibt die Gestaltung<br />
eines zins und tilgungsfreien Nachrangdarlehens<br />
oder auch der Verkauf der Kundenforderung<br />
an Verwandte / Bekannte des Schuldners<br />
unter Inkaufnahme eines Abschlags.<br />
Ein Beispiel aus der Praxis mag die TeamBank<br />
AG mit ihrem easyCredit sein. Sie geht offen<br />
mit dem Thema um, sichert bereits bei Kreditgewährung<br />
im Rahmen eines sog. Fairness<br />
Pakets zu, unter gewissen Voraussetzungen<br />
auf die gerichtliche Beitreibung und Vollstreckung<br />
zu verzichten und finanziert stattdessen<br />
ein Beratungsgespräch bei einer unabhängigen<br />
Beratungsstelle 4 .<br />
Worin liegen die Vorteile einer solchen<br />
Vorgehensweise?<br />
Das Institut hat keinen Bearbeitungsaufwand<br />
im Zusammenhang mit dem Insolvenzverfahren,<br />
da es zu einem solchen erst gar nicht<br />
kommt. Die Kosten des Insolvenzverfahrens<br />
werden quasi eingespart, diese würden ggf.<br />
im Rahmen des gängigen Kostenstundungsmodells<br />
vorab befriedigt. Die Verantwortung<br />
für die finanziellen Angelegenheiten verbleibt<br />
beim Schuldner und wird nicht auf einen Verwalter<br />
abgewälzt. Die Motivation bleibt erhalten<br />
und es ist schon von daher mit erheblich<br />
höheren Rückflüssen zu rechnen. Da eine Publikationswirkung<br />
– anders als bei der Insolvenz<br />
– nicht eintritt, ist i. d. R. auch die berufliche<br />
Existenz nicht gefährdet. Diese steht bei einer<br />
Verfahrenseröffnung häufig auf dem Spiel, z. B.<br />
bei vielen Freiberuflern. Bei gutem Gelingen<br />
werden auch Pfändungsmaßnahmen anderer<br />
Gläubiger vermieden, die – wie schon erwähnt <br />
einen erheblichen Kostenaufwand für die Bank<br />
bedeuten. Der Schuldner bleibt der Bank als<br />
(optimalerweise) dankbarer Kunde erhalten,<br />
der in einem bestimmten Rahmen auch für<br />
weitere Finanzprodukte in Betracht kommt,<br />
z. B. RiesterRente, Versicherungsgeschäft etc.<br />
Ein Imageschaden wird umgangen.<br />
Welche Nachteile stehen dem gegenüber?<br />
Die Gespräche mit Schuldner, ggf. dessen Beratern,<br />
anderen Gläubigern etc. können aufwendig<br />
sein und das Procedere erfolgt nicht schematisch,<br />
wie im Insolvenzverfahren. Kreativität<br />
und Erfahrung der Bankmitarbeiter ist gefragt.<br />
Aus verschiedensten Gründen ist darauf zu<br />
achten, dass der Schuldner nicht den Eindruck<br />
gewinnt, es würde ihm zu leicht gemacht.<br />
3. Vorgehensweise bei Firmenkunden<br />
Vom Grundsatz her gelten die für Privatkunden<br />
angestrengten Überlegungen analog.<br />
Auch hier scheint es sinnvoll, ein Insolvenzverfahren<br />
– wenn irgend möglich und rechtlich<br />
statthaft – zu umgehen.<br />
Anhand eines von Art und Umfang her geeigneten<br />
sanierungskonzepts, welches sich die<br />
Bank nach MARisk vorlegen lassen muss, ist zu<br />
prüfen, ob die Sanierung Aussicht auf Erfolg<br />
hat. Zumindest bei größeren Fällen ist hierbei<br />
ein bisher unbeteiligter fachkundiger Dritter,<br />
i. d. R. Wirtschaftsprüfer, zu Rate zu ziehen, der<br />
sanierungsfähigkeit (= betriebswirtschaftliche<br />
Perspektiven) und sanierungswürdigkeit (=<br />
Bereitschaft der an der Sanierung beteiligten, die<br />
nötigen Maßnahmen einzuleiten) prüft. Hierbei<br />
sind die gültigen Standards 5 zugrunde zu legen.<br />
Zuerst werden im Rahmen einer Bestandsaufnahme<br />
die Krisenursachen geklärt. Angelpunkt<br />
des Gutachtens ist eine fundierte Finanzplanung,<br />
die Auskunft über die zu erwartenden<br />
Liquiditätsflüsse und die Frage der künftigen<br />
Kapitaldienstfähigkeit liefert. Hierbei entsteht<br />
oftmals eine nie zuvor da gewesene Transparenz,<br />
die schon allein den ersten Schritt zur Besserung<br />
darstellt. Oder aber es wird die Erkenntnis<br />
zementiert, dass nichts mehr zu machen ist.<br />
Dann aber steht auch die Bank in der Gewissheit,<br />
alles versucht zu haben.<br />
Da bis zur Fertigstellung des Gutachtens bisweilen<br />
etliche Wochen verstreichen, ist eine überschlägige<br />
kurzfristige Liquiditätsschätzung vor