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Ausgabe 02 / 2009 - BankPraktiker

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Beitrag<br />

» Neben einem<br />

zu befürchtenden<br />

Imageschaden<br />

sprechen handfeste<br />

materielle Gründe<br />

gegen einen Verkauf<br />

von Krediten. «<br />

<strong>02</strong> / <strong>2009</strong> <strong>BankPraktiker</strong><br />

Nach verschiedenen Angaben bleiben über<br />

80 % der Verfahren masselos. Allein durch die<br />

Verfahrenskostenstundung entsteht den Ländern<br />

ein Aufwand von rd. 66 Mio. € jährlich.<br />

Der aktuelle Armuts­ u. Reichtumsbericht der<br />

Bundesregierung geht davon aus, dass über<br />

8 % der Haushalte, also insgesamt über 3 Mio.<br />

überschuldet sind.<br />

IV. Lösungsansätze<br />

1. Was spricht für eine hausinterne<br />

Weiterbearbeitung?<br />

Neben einem zu befürchtenden Imageschaden<br />

sprechen handfeste materielle Gründe gegen<br />

einen Verkauf von Krediten:<br />

Keiner kennt die Historie des Kreditengagements,<br />

die Entwicklung der Kreditnehmer nebst persönlichen<br />

Verhältnissen und damit letztlich die Problemursachen<br />

besser als die finanzierende Hausbank.<br />

Oft genug sind nicht alle bekannten Details<br />

in der Kreditakte festgehalten, z. B. Informationen<br />

über Familienhintergrund, Auslandsvermögen<br />

etc., sondern nur mündlich unter den Akteuren<br />

der Bank überliefert. Diese Hinweise gehen beim<br />

Verkauf verloren. Die Hausbank ist mit den örtlichen<br />

Gegebenheiten (z. B. Immobilienmarkt)<br />

bestens vertraut. In Anbetracht dieser Umstände<br />

kann sie auch die Frage nach der Sanierungswürdigkeit<br />

und ­fähigkeit am ehesten einschätzen<br />

und beantworten und verfügt letztlich über die<br />

meiste Kreativität im Hinblick auf potenzielle<br />

Lösungsansätze. Somit sind der Hausbank letztlich<br />

auch die größten Ertrags­ bzw. Verlustvermeidungspotenziale<br />

im Hinblick auf die Problemkredite<br />

zuzuschätzen.<br />

Die Schutzvorschriften des Risikobegrenzungsgesetzes<br />

verursachen überdies zusätzliche<br />

Kosten im Rahmen eines Forderungskaufs,<br />

u. a. Informationspflichten, verzögerte Sicherheitenverwertung.<br />

2. Vorgehensweise bei Privatkunden<br />

Die Praxis zeigt, dass – abgesehen von der<br />

Sicherheitenverwertung – nennenswerte Erfolge<br />

i. S. einer Forderungsrealisierung i. d. R.<br />

spätestens durch den außergerichtlichen Einigungsversuch<br />

(§ 305 InsO) oder im Rahmen<br />

eines gerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahrens<br />

(§§ 306 – 310 InsO) erzielt werden. Die<br />

ergebnisse von Vollstreckungsmaßnahmen<br />

und Insolvenzverfahren sind meist ernüchternd.<br />

In Anbetracht der Relation der masselos<br />

bleibenden Verbraucherinsolvenzverfahren,<br />

in der Bankpraxis „gefühlte“ 100 %, stellt<br />

sich für das Institut – zumindest bei der derzeitigen<br />

insolvenzrechtlichen Situation – schon<br />

die Frage nach Sinn und Zweck. De facto handelt<br />

es sich um einen beträchtlichen Kostenfaktor.<br />

Heerscharen von Kreditsachbearbeitern<br />

sind damit beschäftigt, Forderungsabrechnungen<br />

zu erstellen, Verfahrensdetails in der<br />

EDV zu erfassen, Forderungsanmeldungen vorzunehmen,<br />

Fragen des Verwalters zu beantworten<br />

und an den meist spärlich besuchten<br />

Gläubigerversammlungen teilzunehmen.<br />

Dies jedoch mit einem wenn überhaupt unbedeutenden<br />

Erfolg. Ausnahmen, wenn z. B. der<br />

Schuldner zufällig erbt oder im Lotto gewinnt,<br />

bestätigen die Regel, es sei denn man wollte<br />

sich am einzig greifbaren Ergebnis der Verbraucherinsolvenz,<br />

nämlich dem vollständigen wirtschaftlichen<br />

Ruin des Kreditnehmers moralisch<br />

befriedigen und dies als „Erfolg“ werten.<br />

Somit kann das Verbraucherinsolvenzverfahren<br />

in der Bankpraxis durchaus mehr oder minder<br />

als Alibi gesehen werden, um die andernfalls<br />

nötige bankinterne Genehmigung eines Forderungs(­teil)verzichts<br />

zu umgehen. Das Insolvenzverfahren<br />

schafft sozusagen harte Fakten.<br />

Das Ergebnis ist die über Jahre hinweg anhaltende<br />

stigmatisierung des schuldners, der in<br />

seiner finanziellen Handlungsfähigkeit so stark<br />

eingeschränkt ist, dass er wenig Anreiz an adäquatem<br />

einkommenserwerb hat. I. d. R. wird er<br />

sich, ggf. mit einigen Tricks, unter den Schutzmantel<br />

der Pfändungsfreigrenzen begeben. Die<br />

für die Wohlverhaltensphase geltenden Obliegenheitspflichten<br />

(§ 295 InsO) sind zwar umfangreich.<br />

So ist der Schuldner je nach Lage der Dinge<br />

verpflichtet, einer Vollzeittätigkeit – auch wohnortsfern<br />

– nachzugehen, wobei die Tätigkeit<br />

auch von niedriger Qualifikation sein darf. Er ist<br />

gehalten, Bewerbungen zu schreiben und sich<br />

Umschulungs­ oder Fortbildungsmaßnahmen zu<br />

unterziehen. Nur werden diese Pflichten in den<br />

seltensten Fällen vom Verwalter / Treuhänder<br />

nachgehalten. Dieser muss aufgrund niedriger<br />

Vergütungssätze seinerseits dafür Sorge tragen,<br />

dass ein solches Verfahren für seine Kanzlei nicht<br />

zum Verlustgeschäft wird.

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