Ausgabe 02 / 2009 - BankPraktiker
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66<br />
Beitrag<br />
» Es ist nicht<br />
notwendig, aufgrund<br />
der Finanzmarkt<br />
krise nunmehr in<br />
allen Beratungs<br />
gesprächen die<br />
Exploration zu<br />
wiederholen. «<br />
2 Vgl. Lang, a. a. O. (Fn. 1), Rdn. 22.<br />
3 Vgl. BGH, NJW 1994 S. 2433 (Bond Anleihe); OLG<br />
Frankfurt, ZIP 1998 S. 2148 f.; OLG Stuttgart,<br />
NJOZ 2007 S. 3787;<br />
<strong>02</strong> / <strong>2009</strong> <strong>BankPraktiker</strong><br />
geflüchtet und haben Ersparnisse zunehmend<br />
als Einlage bei Kreditinstituten geparkt,<br />
die durch die entsprechenden Einlagensicherungssysteme<br />
geschützt sind. Aber auch eine<br />
häufig zu beobachtende Änderung der Risikoneigung<br />
des Durchschnittsanlegers verpflichtet<br />
nicht zu einer nochmaligen Erkundigung<br />
über die Risikoneigung des einzelnen<br />
Anlegers im Beratungsgespräch. Das Verhalten<br />
des durchschnittlichen Anlegers ist<br />
in Zeiten einer Hausse an der Börse grundsätzlich<br />
risikofreundlicher, während sich der<br />
Durchschnitt der Anleger zum Zeitpunkt einer<br />
Baisse eher an konservativeren Anlagen orientiert.<br />
Zudem wird die Auffassung in der Literatur,<br />
wonach schon eine Wahrscheinlichkeit<br />
einer Änderung im Anlageverhalten ausreiche,<br />
nicht mehr aufrecht erhalten, da es sich um ein<br />
kaum erkennbares und objektiv überprüfbares<br />
Kriterium handelt 2 .<br />
Die Pflicht zu einer erneuten Exploration ist<br />
jedoch denkbar, wenn sich aufgrund der Äußerungen<br />
des Anlegers im Beratungsgespräch<br />
konkrete und deutliche Hinweise ergeben,<br />
dass sich die Risikoneigung des Anlegers<br />
grundsätzlich geändert haben könnte. Hierzu<br />
reicht jedoch nicht aus, dass der Anleger sich<br />
nach einem Beratungsgespräch für eine „konservativere“<br />
Anlage entscheidet. Nur wenn<br />
aufgrund weiterer Tatsachen für den Berater<br />
eine grundsätzlich geänderte Risikoneigung<br />
erkennbar wird, besteht eine Verpflichtung,<br />
die Exploration zu wiederholen, um die Anlageziele<br />
des Anlegers neu festzuhalten. Dagegen<br />
ist nicht notwendig, aufgrund der Finanzmarktkrise<br />
nunmehr in allen Beratungsgesprächen<br />
die Exploration zu wiederholen.<br />
III. Keine Erforderlichkeit einer<br />
erneuten Überprüfung von<br />
Produktrisikoklassen<br />
Risikoklassen für Anlageprodukte haben<br />
keine Grundlage in gesetzlichen Normen<br />
oder in Regelungen der Aufsichtsbehörden.<br />
Es besteht noch nicht einmal die Pflicht, Produkte<br />
in Risikoklassen einzuteilen, und dementsprechend<br />
stehen sowohl die hinter den<br />
einzelnen Klassen stehende Konzeption sowie<br />
die Kategorisierung von Produkten im eigenen<br />
Ermessen der Bank. Schließlich ist auch<br />
der Verkauf von Produkten mit einer höheren<br />
als für den Anleger zugelassenen Risikoneigung<br />
nicht allein aufgrund dieses „Verstoßes“<br />
als Pflichtverletzung des Beratungsvertrags<br />
zu qualifizieren.<br />
Hier stellt sich die Frage, ob nach den jüngsten<br />
Entwicklungen auf den weltweiten Finanzmärkten<br />
einzelne Produkte in eine höhere Risikoklasse<br />
eingestuft werden müssen, ob also<br />
z. B. Anleihen von zum gegenwärtigen Zeitpunkt<br />
erstklassig gerateten Emittenten aufgrund<br />
des (abstrakt) höheren Ausfallrisikos in<br />
der sich androhenden Wirtschaftskrise hochgestuft<br />
werden müssen, oder ob Aktien aufgrund<br />
der gestiegenen Volatilität nun ebenfalls<br />
in dieselbe Klasse wie Optionsscheine<br />
einzustellen sind. Dies ist jedoch zu verneinen.<br />
Denn das Emittentenrisiko ist kein neues,<br />
aus der Finanzmarktkrise erwachsenes Risiko,<br />
sondern ein der Anleihe auch zuvor innewohnendes<br />
und auch bereits in der Kategorisierung<br />
berücksichtigtes Risiko. Gleiches<br />
gilt z. B. für das Kursrisiko von Aktien. Auch<br />
dieses Risiko ist kein neues, der Aktienanlage<br />
bislang fremdes Risiko, sondern war der Vermögensanlage<br />
in Aktien von je her immanent.<br />
Dass natürlich dann, wenn ein einzelner<br />
Emittent insolvenzgefährdet ist, oder aber<br />
eine konkrete Aktie aufgrund von besonderen<br />
Umständen mit solchen Kursveränderungen<br />
aufwarten kann, die aufgrund ihrer Höhe die<br />
Tendenz eines gesamten Index in sein Gegenteil<br />
verkehren können, die Beratung des Anlegers<br />
durch die Bank auf diese Gegebenheiten<br />
Rücksicht nehmen muss, steht außer Frage.<br />
Auf die grundsätzliche Kategorisierung einer<br />
Klasse von Anlageprodukten hat dies jedoch<br />
keinen Einfluss.<br />
IV. Hinweis auf eine<br />
allgemeine Marktlage<br />
und gesteigerte Volatilität<br />
(Kursänderungsrisiko)<br />
In der Rechtsprechung finden sich regelmäßig<br />
Aussagen, dass in der Anlageberatung richtig<br />
und vollständig zu informieren sei. Das<br />
gelte in gleicher Weise „für die allgemeinen<br />
Risiken (z. B. Konjunkturlage, Entwicklung des<br />
Börsenmarkts) und für spezielle Risiken des<br />
Anlagegeschäfts (z. B. Kurs-, Zins- und Währungsrisiko)<br />
3 .“ Daraus ließe sich herleiten,<br />
dass derzeit seitens der Berater Hinweise auf