Ausgabe 02 / 2009 - BankPraktiker
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Beitrag<br />
» Im Rahmen der<br />
Finanzmarktkrise<br />
ließe sich überlegen,<br />
ob und inwieweit die<br />
Anlageziele oder die<br />
Risikoneigung des<br />
Anlegers erneut zu<br />
überprüfen ist. «<br />
<strong>02</strong> / <strong>2009</strong> <strong>BankPraktiker</strong><br />
Vorstand Kredit Konto Anlage Recht Handel Controlling Revision IT<br />
Anlageberatung in Zeiten<br />
der Finanzmarktkrise<br />
Bestehen besondere oder andere Beratungspflichten bei der Anlageberatung<br />
in der Finanzmarktkrise?<br />
Autoren:<br />
Dr. Stefan Reinhart,<br />
FPS Fritze Paul Seelig, Frankfurt/M.<br />
Dr. André Alfes,<br />
FPS Fritze Paul Seelig, Frankfurt/M.<br />
1 Vgl. Lang, Informationspflichten, § 9 Rdn. 20;<br />
Assmann/Schneider, WpHG, § 31 Rdn. 107.<br />
I. Einleitung<br />
w Die Finanzmärkte schlagen derzeit Kapriolen.<br />
Das gilt nicht nur für die Kursausschläge<br />
der VWAktie, sondern auch für<br />
andere Aktientitel. Kursgewinne oder Kursverluste<br />
von 10 % bis 20 % einzelner Aktientitel<br />
sind häufig. Der DAXVolatilitätsindex<br />
(VDax genannt), der die im Terminmarkt<br />
erwartete Schwankungsbreite für den DAX<br />
bezeichnet, ist von ca. 20 % aus den letzten<br />
drei Jahren seit September 2008 auf bis zu<br />
74 % angestiegen. Gleichzeitig ist der DAX<br />
seit Anfang 2008 bis Ende 2008 von ca. 8.000<br />
auf ca. 5.000 Punkte gefallen. Gemäß dem<br />
ITRAXX Main Index haben sich die Kosten<br />
der Absicherung des Kreditausfallrisikos<br />
von Unternehmensanleihen im Zeitraum<br />
von Anfang 2008 bis Anfang <strong>2009</strong> von ca.<br />
50 Basispunkten auf ca. 180 Basispunkten<br />
mehr als verdreifacht. Die Verunsicherung<br />
der Anleger wird auch dadurch deutlich,<br />
dass allein im Oktober 2008 rund 51 Mrd. €<br />
aus dem Vermögen der Investmentfonds<br />
abgezogen wurden. Der allseits erwartete<br />
Run auf Investmentanteile wegen der <strong>2009</strong><br />
eingeführten Abgeltungssteuer blieb demnach<br />
aus.<br />
Dennoch bedeutet die Unsicherheit auf den<br />
Kapitalmärkten für den Berater keine generelle<br />
Freizeichnung nach dem Motto, derzeit ohnehin<br />
nichts falsch machen zu können. Vielmehr<br />
gilt gerade in der momentanen Situation, bei<br />
welcher aufgrund der enormen Ausschläge<br />
am Kapitalmarkt die zukünftige Unzufriedenheit<br />
einiger Anleger vorprogrammiert<br />
ist, die grundlegenden Prinzipien der anlage<br />
und anlegergerechten Beratung besonders<br />
zu beachten, die auch in der Finanzmarktkrise<br />
– weitgehend unverändert – Geltung<br />
beanspruchen.<br />
II. Keine Notwendigkeit einer<br />
Wiederholung der Exploration<br />
Ausgangspunkt jeder Anlageberatung ist<br />
die Feststellung der Kenntnisse und Erfahrungen<br />
des Kunden, dessen finanziellen Verhältnisse<br />
sowie dessen Anlageziele (§ 31<br />
Abs. 4 WpHG). Obwohl gesetzlich nicht vorgeschrieben,<br />
wird in der Literatur verlangt,<br />
dass die erhaltenen Kundendaten „in gewissen<br />
Abständen“ 1 zu überprüfen und zu aktualisieren<br />
sind. Konkretere Angaben, in welchen<br />
zeitlichen Abständen oder bei welchen<br />
Anlässen dies stattzufinden hat, fehlen jedoch.<br />
Lediglich bei Änderung der Einkommens und<br />
Vermögensverhältnisse des Kunden wird eine<br />
solche erneute Exploration explizit für erforderlich<br />
gehalten.<br />
Bisweilen wurde eine erneute Exploration<br />
auch bei einer Wahrscheinlichkeit einer Änderung<br />
im Anlageverhalten des Kunden gefordert.<br />
Im Rahmen der Finanzmarktkrise ließe<br />
sich aufgrund der geänderten Risikobeurteilung<br />
vieler Marktteilnehmer daher überlegen,<br />
ob und inwieweit das Wertpapierdienstleistungsunternehmen<br />
verpflichtet ist, die Anlagenziele<br />
oder die Risikoneigung des Anlegers<br />
erneut zu überprüfen.<br />
Eine solche Pflicht ist jedoch zu verneinen. Die<br />
Kenntnisse, Erfahrungen und finanziellen Verhältnisse<br />
des Kunden bestehen grundsätzlich<br />
unabhängig von der Finanzmarktkrise. Auch<br />
die Anlageziele des Kunden (Altersvorsorge,<br />
Ansparung für Anschaffungen etc.) sind auf<br />
dessen persönliche Bedürfnisse zurechtgeschnitten<br />
und ändern sich durch die Kapitalmarktkrise<br />
nicht. Etwas anderes gilt eventuell<br />
für die Risikoneigung des Kunden. So<br />
sind viele Anleger in den letzten Monaten<br />
aus Wertpapieren, Investmentanteilen etc.