NETZWERK magazin - Alfred Toepfer Stiftung F.V.S.
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Mitteilungen des<br />
Europäischen Fördernetzwerks<br />
der <strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S.<br />
In dieser Ausgabe u.a.<br />
Shermin Langhoff<br />
KAIROS-Preisträgerin<br />
2011<br />
Fellowshop für<br />
Kulturinnovation<br />
Künstlerresidenz<br />
„komplex“<br />
LehreN Transfertagung<br />
…make it fly<br />
04<br />
11<br />
<strong>NETZWERK</strong><br />
<strong>magazin</strong><br />
Thema<br />
Was wirkt?
Netzwerk<strong>magazin</strong> 04|11<br />
1<br />
Editorial<br />
Guten Tag liebe Leserinnen und Leser,<br />
die Frühjahrsausgabe des NetzwerkMagazins widmet sich der Frage<br />
„Was wirkt?“ — eine von zehn Gegenwartsfragen, mit denen wir experimentieren,<br />
zur Diskussion anregen und kleine Anker in unsere Projekte<br />
und Programme auswerfen.<br />
An vier sehr verschiedenen Punkten setzen wir an, um Wirkung zu verfolgen.<br />
So verschieden die Projekte sind, eines ist ihnen doch gemeinsam:<br />
Sie elaborieren die Balance zwischen dem Einzelnen und seinem<br />
Zusammensein und Zusammenwirken mit anderen.<br />
Die Lehre an den Hochschulen stärken ist das Motto der Lehren Transfertagung<br />
…make it fly. Nachhaltige Veränderungen in der Lehre lassen<br />
sich nur im Zusammenwirken aller Akteure an den Hochschulen entfalten<br />
— so vernetzt das Programm Hochschulmanagement, -lehre und didaktik<br />
um Wirkungen zu potenzieren.<br />
Das Neue in der Kultur entsteht nicht immer durch die große Geste. Ein<br />
kleiner Impuls reicht manchmal aus, um die Richtung zu ändern. Das<br />
Fellowship für Kulturinnovation vertraut auf die Wirkung des Einzelnen.<br />
Aber was ist der einzelne Mensch noch auf der Zeitachse von einer Million<br />
Jahren? Was wirkt denn in einer Welt ohne den Menschen? Dies inszeniert<br />
ein Kulturfellow-Projekt als botanisches Theater, als „Theater,<br />
das von Bäumen handelt“.<br />
Musik wirkt unmittelbar. Auch wenn Musik in Konzerten als Gemeinschaftserlebnis<br />
inszeniert ist, ergreift es Zuhörer als Einzelne. Intensive<br />
Hörerfahrungen ermöglichen einen Bruch mit dem Alltag, eine Verlangsamung,<br />
ein Innehalten und letztlich eine Begegnung mit sich selbst.<br />
Die „Konzertreihe ALLEIN“ gibt Zeit und Raum für neue Hörerfahrungen<br />
mit Solowerken von Johann Sebastian Bach.<br />
<strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S. www.toepfer-fvs.de
Mensch im Mittelpunkt ist in dieser Ausgabe ist KAIROS-Preisträgerin<br />
Shermin Langhoff, wir stellen sie vor und machen eine der Preisreden<br />
verfügbar. Wie immer berichten wir aus dem Programmgeschehen und<br />
den Förderungen der <strong>Stiftung</strong> und informieren Sie über aktuelle Termine.<br />
Ich wünsche Ihnen eine abwechslungsreiche Lektüre und freue mich<br />
über Ihre Rückmeldungen, Nachrichten und Anregungen, denn gerne<br />
würden wir auch von Ihnen wissen - Was wirkt?<br />
Ihre<br />
Antje Mansbrügge<br />
Diese Ausgabe wurde konzipiert und redaktionell betreut von Solveig<br />
Behr, die derzeit ihr Freiwilliges Soziales Jahr Kultur in der <strong>Stiftung</strong> verbringt.<br />
<strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S. www.toepfer-fvs.de<br />
Netzwerk<strong>magazin</strong> 04|11<br />
2
Netzwerk<strong>magazin</strong> 04|11<br />
3<br />
Inhalt<br />
Editorial 1<br />
Kurz gemeldet 5<br />
Lehre*n Transfertagung …make it fly 9<br />
Kulturinnovation bewirken 11<br />
Theater, das von Bäumen handelt 13<br />
Bach Projekt „Allein“ 15<br />
Shermin Langhoff — KAIROS-Preisträgerin 2011 19<br />
Inhalt<br />
Thema „Was wirkt?“<br />
Menschen<br />
<strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S. www.toepfer-fvs.de
Inhalt<br />
<strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S. www.toepfer-fvs.de<br />
Projekte / Aus der <strong>Stiftung</strong><br />
53° 33’ 01’’ N 9 ° 59’ 32’’ O - Workshop zu Erfolgsfaktoren Hamburger Bildungsnetzwerke<br />
21<br />
Komplex - eine Landschaft zeitgenössischer Kunst 23<br />
Übersetzer in Residenz 25<br />
NatuRegio — Schützenswerte Donau 27<br />
Texte publik gemacht<br />
Rede zur KAIROS-Preisverleihung 2011 von Prof. Dr. Christoph Stölzl<br />
29<br />
Termine 33<br />
Ihre Beiträge 37<br />
Impressum | Bildnachweise 39<br />
Netzwerk<strong>magazin</strong> 04|11<br />
4
Netzwerk<strong>magazin</strong> 04|11<br />
5<br />
Querflötenmeisterkurs<br />
Vom 30. August 2011 bis 08.<br />
September 2011 findet auf Gut Siggen<br />
der erste Querflöten-Meisterkurs statt,<br />
den die <strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S. im<br />
Rahmen ihrer Kultur- und<br />
Musikförderung unterstützt.<br />
Mit ihm setzt die <strong>Stiftung</strong> einen neuen<br />
Akzent in ihrem Kunst- und<br />
Kulturengagement. Um Begabungen<br />
und Talente im Musikbereich zu<br />
fördern, ist der Kontakt mit dem<br />
renommierten Prof. Moshe Aron<br />
Epstein entstanden. Unter seiner<br />
Leitung und der Beteiligung<br />
internationaler Gastdozenten wird ein<br />
qualitätvoller Meisterkurs gestaltet.<br />
Die Teilnehmer erhalten die<br />
Möglichkeit, sich in optimaler<br />
Veranstaltungsumgebung auf intensives<br />
Arbeiten zu konzentrieren, die eigene<br />
musikalische Weiterentwicklung zu<br />
fördern und Zeit für die eigene Reflexion<br />
zu gewinnen. Besondere<br />
Kursschwerpunkte liegen im Bereich der<br />
modernen Flötentechnik, im<br />
Kulturmanagement sowie beim<br />
Auftritts-Coaching. Anmeldung und<br />
Informationen zum Kurs sind ab dem<br />
01. April 2011 unter www.toepferfvs.de/epstein-and-friends<br />
zugänglich.<br />
Der Kurs wird mit Unterstützung der<br />
Deutschen Gesellschaft für Flöte e.V.<br />
durchgeführt.<br />
Kurz gemeldet<br />
KAIROS-Preisträger Cherkaoui mit<br />
Gastspiel in Hamburg<br />
Vom 9. bis 12. Februar war der Erfolgschoreograph<br />
und KAIROS-Preisträger<br />
2009 Sidi Larbi Cherkaoui mit seinem<br />
neuen Tanztheaterstück „Babel<br />
(words)“ zum Gastspiel auf Kampnagel<br />
in Hamburg zu sehen. Nach dem großen<br />
Erfolg seines letzten Stücks „Sutra“<br />
folgte mit „Babel (words)“ ein Werk<br />
über Sprachen, Kulturen, Mythen und<br />
Glauben. Wie auch seine vergangenen<br />
Arbeiten zeugt „Babel (words)“ von<br />
Ernst, Humor, Selbstironie und einer<br />
mitreißenden Bewegungssprache. Das<br />
Gastspiel im Februar erlangte einen<br />
großen Zustrom durchweg positive<br />
Kritiken. Wie schon das Gastspiel von<br />
„Sutra“ förderte die <strong>Stiftung</strong> ebenfalls<br />
die Darbietung von „Babel (words)“ auf<br />
Kampnagel.<br />
Farbe Form Orangensaft…<br />
… heißt die neue<br />
Ausstellung im<br />
Hubertus Wald<br />
Kinderreich im<br />
Museum für Kunst<br />
und Gewerbe in<br />
Hamburg. Anlass<br />
für die Ausstellung<br />
ist die Erscheinung<br />
des Kinderbuches „Farbe Form Orangensaft“,<br />
dessen Inhalt die Entstehungsgeschichte<br />
von gestalteten Dingen ist,<br />
die auch im Hubertus Wald Kinderreich<br />
zu finden sind. Die Ausstellung wird<br />
noch bis zum 13. Juni 2011 zu sehen<br />
sein, an den Wochenenden finden Saft-<br />
<strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S. www.toepfer-fvs.de
Kurz gemeldet<br />
pressen-Workshops statt. Mehr Informationen<br />
zur Ausstellung www.mkghamburg.de/<br />
mkg.php/de/sonderausstellungen/akt<br />
uell/detail/~S000675/~P1/<br />
Buch „Hamburg — Erfolg und Erfahrungen<br />
in der globalisierten Welt“<br />
Die Hansestadt<br />
Hamburg ist ein<br />
Publikumsmagnet,<br />
nicht nur was die<br />
Zahl der Touristen<br />
angeht. Auch in<br />
wirtschaftlicher<br />
Hinsicht ist Hamburg<br />
eine Stadt auf der Höhe der Zeit<br />
und konnte die Globalisierung für sich<br />
nutzen — so beschreibt Professor Wolfgang<br />
Michalski in seinem Buch „Hamburg<br />
— Erfolg und Erfahrungen in der<br />
globalisierten Welt“ unterhaltsam und<br />
mit wissenschaftlich fundierter Gründlichkeit.<br />
Das Buch erschien im Februar<br />
2010 im Murmann Verlag. Die <strong>Stiftung</strong><br />
förderte das Projekt, indem sie Exemplare<br />
des Buches in Höhe von 1000€ erwarb.<br />
Die Hälfte der Bücher geht an die<br />
Hamburger Bücherhallen, die andere<br />
Hälfte wird Schulbibliotheken deutscher<br />
Auslandsschulen gestiftet.<br />
<strong>Stiftung</strong>sgeschichte<br />
Am 10. März 2011 erschien im „Times<br />
Higher Education“, einer Beilage der<br />
britischen Tageszeitung „The Times“,<br />
eine umfassende Analyse des renom-<br />
<strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S. www.toepfer-fvs.de<br />
mierten britischen Historikers Richard J.<br />
Evans zur Debatte um die Fortsetzung<br />
der Hanseatic Scholarships.<br />
<strong>Alfred</strong>-<strong>Toepfer</strong>-Stipendien — Ausschreibung<br />
2011<br />
Im letzten Herbst wurden die <strong>Alfred</strong>-<br />
<strong>Toepfer</strong>- und die Herder-Stipendien<br />
erneut ausgeschrieben. Eingegangen<br />
sind 100 Bewerbungen.<br />
Vergeben werden im Frühjahr dieses<br />
Jahres bis zu 30 Stipendien an Studierende<br />
aus Mittel- und Osteuropa unter<br />
35 Jahren zur Förderung der Abschlussphase<br />
ihres Studiums oder ihrer Promotion<br />
in der Bundesrepublik Deutschland<br />
und in Wien (Österreich). Ausgenommen<br />
sind Bachelor- und Bakkalaureat-<br />
Studien. Bewerben durfte sich, wer im<br />
Studienjahr 2011/2012 ein Studium in<br />
den Geistes- und Gesellschaftswissenschaften,<br />
in den Fächern Kunst und<br />
Musik, aber auch in der Architektur,<br />
Agrar- und Forstwissenschaft abschließen<br />
wird.<br />
Die Bewerberinnen und Bewerber unterziehen<br />
sich einem dreistufigen Auswahlverfahren,<br />
das sich seit 2005 bewährt<br />
hat. Fünf unabhängigen Auswahlkommissionen<br />
mit 45 Mitgliedern in<br />
Deutschland und Österreich obliegen<br />
die Auswahl der Stipendiatinnen und<br />
Stipendiaten nach schriftlicher Vorauswahl<br />
und Vorstellungsgesprächen.<br />
Die Ergebnisse der Ausschreiben 2011<br />
werden im Juli bekannt gegeben. Allen<br />
Teilnehmern wünschen wir viel Erfolg!<br />
Netzwerk<strong>magazin</strong> 04|11<br />
6
Netzwerk<strong>magazin</strong> 04|11<br />
7<br />
Wettbewerbe und Ausschreibungen<br />
Eigene Ausschreibungen:<br />
1 Eurolecture-Gastdozentur im Sommersemester 2012.<br />
Bewerben können sich junge<br />
Hochschullehrerinnen und —<br />
lehrer (bis 45 Jahre) einer deut-<br />
schen Hochschule, die eine/einen<br />
Gastdozentin/en (bis<br />
45 Jahre) aus Europa zu einem gemeinsamen Lehrprojekt für ein Semester<br />
an ihre Hochschule laden. Die Eurolecture Gastdozentur wird<br />
diesem/er europäischen Gastwissenschaftler/in zuerkannt.<br />
Die Eurolecture richtet sich an Fachgebiete der Geistes- und Gesellschaftswissenschaften,<br />
der Künste, Architektur und Musik.<br />
Förderleistungen: Vergütung des/r Gastdozenten/in nach Besoldungsgruppe<br />
W 2; Mobilitäts- und Reisekosten; Aufwandsentschädigung für<br />
den/die einladende/n deutschen Hochschullehrer/in; Vergütung einer<br />
studentischen Hilfskraft für das gemeinsame Lehrprojekt.<br />
Bewerbungsschluss: 20. Mai 2011<br />
Ausführliche Informationen zur Ausschreibung und die Antragsformulare<br />
finden Sie auf unserer Homepage unter: www.toepferfvs.de/eurolecture.html<br />
Die Auswahl aus den eingegangenen Anträgen trifft ein unabhängiger<br />
Fachbeirat<br />
Kurz gemeldet<br />
<strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S. www.toepfer-fvs.de
Kurz gemeldet<br />
Externe Ausschreibungen<br />
1. n-ost Reportagepreis 2011<br />
Mit dem n-ost Reportagepreis 2011 zeichnet n-ost zum fünften Mal<br />
Journalisten aus, die mit außergewöhnlichen Reportagen Osteuropa<br />
sichtbar machen. So fördert n-ost eine hochwertige Berichterstattung,<br />
die Stereotype durchbricht und Grenzen überwindet.<br />
Prämiert werden inhaltlich und sprachlich herausragende Reportagen<br />
aus mittel- und osteuropäischen Ländern, die zwischen dem 1. April<br />
2010 und dem 31. März 2011 in deutschsprachigen Medien erschienen<br />
sind. Der Preis ist mit 2.000 Euro (1. Preis), 1.000 Euro (2. Preis)<br />
und 500 Euro (3. Preis) dotiert. Bewerben können sich Redakteure,<br />
freie Journalisten, Volontäre sowie Schüler an Journalistenschulen.<br />
http://www.nost.de/cms/index.php?option=com_content&task=view&id=5280&I<br />
temid=780&lang=germanf.<br />
2. Fotowettbewerb 2011 der <strong>Stiftung</strong> „Erinnerung Verantwortung Zukunft“<br />
- Alle Menschen sind frei und gleich<br />
Mit dem diesjährigen Thema des Fotowettbewerbs „Alle Menschen sind<br />
frei und gleich“ möchte die <strong>Stiftung</strong> „Erinnerung Verantwortung Zukunft“<br />
dazu einladen, eigene Reflexionen und Engagement zum Thema<br />
Menschenrechte zu dokumentieren.<br />
Am diesjährigen Fotowettbewerb kann erstmalig jeder teilnehmen, der<br />
an dem Thema des Wettbewerbs interessiert ist. Eine Jury prämiert die<br />
besten zehn Fotografien mit je 250 Euro. Das Gewinnerbild wird anschließend<br />
von der Facebook-Community gewählt und mit weiteren<br />
250 Euro ausgezeichnet. Einsendeschluss ist der 31. Juli 2011.<br />
Ausschreibung und Bewerbungsformular unter www.stiftungevz.de/fotowettbewerb2011<br />
<strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S. www.toepfer-fvs.de<br />
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9<br />
Lehre n Transfertagung …make it fly<br />
Antje Mansbrügge, Hamburg<br />
Thema „Was wirkt?“<br />
Die Lehre an den Hochschulen stärken — eine Aufgabe für das ganze System Hochschule.<br />
Die gute Lehre gibt es ebenso wie ein<br />
weitsichtiges Lehrmanagement und ein<br />
umfangreiches hochschuldidaktisches<br />
Weiterbildungsangebot. Hinter guter<br />
Lehre stehen einzelne engagierte Professorinnen<br />
und Professoren, Hochschulmanager,<br />
Trainer und Hochschulleitungen.<br />
Im Idealfall verfolgen Sie eine<br />
transparente gemeinsame Strategie für<br />
Ihre Hochschule, für deren Kultur die<br />
Wertschätzung von Lehre ein bestimmendes<br />
Element ist. Im Idealfall sind sie<br />
getragen in einer Struktur, die gute<br />
Ideen für die Lehre befördert, sichtbar<br />
macht und in der Hochschule nachhaltig<br />
verankert.<br />
Ein Netzwerk für gute Ideen in der Lehre<br />
stärken<br />
Mit diesem Ziel fasste das Programm<br />
Lehre n 2010 erstmals Personen aus dem<br />
Hochschulmanagement, der Professorenschaft<br />
und der Hochschuldidaktik zu<br />
einem Netzwerk in einer Fortbildung<br />
zusammen. Studierende und Experten<br />
aus der Hochschulpolitik wurden als<br />
Gesprächspartner dazu geladen. Im<br />
Kooperationsverbund der Universität<br />
Hamburg, der <strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong><br />
F.V.S. und der Nordmetall-<strong>Stiftung</strong> wurde<br />
das Programm Lehre n entwickelt und<br />
in fünf Workshops umgesetzt, gefördert<br />
in der Initiative „Bologna — Zukunft der<br />
Lehre“ von der <strong>Stiftung</strong> Mercator und<br />
der Volkswagen<strong>Stiftung</strong>. Über die Dauer<br />
eines Jahres haben 32 Gestalter und<br />
Ideengeber in der Lehre n Meisterklasse<br />
an 32 Entwicklungsvorhaben zur Verbesserung<br />
der Lehre gearbeitet.<br />
Wie entfalten sie Wirkung? Wie lassen<br />
sich diese Potentiale für Veränderungen<br />
strukturell verankern?<br />
Viele Fortbildungen unterstellen, dass<br />
die Teilnehmenden quasi automatisch<br />
die neuen Impulse in den Alltag integrieren.<br />
Dies geschieht nicht automatisch<br />
— als „Back-Home-Problematik“ ein oft<br />
beschriebenes Phänomen.<br />
Im Programm Lehre n selbst wurde die<br />
individuelle Weiterbildung schon in den<br />
Kontext der für die Lehrentwicklung<br />
wichtigen Akteursgruppen gestellt. Ein<br />
Versuchslabor bundesweit und hochschulübergreifend.<br />
Was nun back home?<br />
Diese Akteure waren schließlich nicht<br />
im Programm dabei.<br />
Hier setzt die Lehre n Transfertagung an.<br />
Unter dem Motto „…make it fly“ erreicht<br />
sie für jeden Lehre n Teilnehmer<br />
drei relevante Akteure in der Heimathochschule<br />
- aus der Hochschulleitung,<br />
der Professorenschaft und der Hochschuldidaktik.<br />
Die Zielgruppe des ganzen<br />
Unterfangens — die Studierenden —<br />
ist ebenfalls vertreten. Die Transferta-<br />
<strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S. www.toepfer-fvs.de
Thema „Was wirkt“<br />
gung schließt an das Fortbildungs- und<br />
Netzwerkprogramm Lehre n mit dem<br />
Ziel an, die Arbeitsweise, die Erfahrungen<br />
und Erkenntnisse aus Lehre n verfügbar<br />
zu machen. Sie bietet ein Arbeitsforum,<br />
um mit profilierten Vertretern der<br />
32 beteiligten Hochschulen von gelungenen<br />
Steuerungsprozessen zu lernen,<br />
Lehre n 2010<br />
Hochschuldidaktiker/in<br />
Hochschulverwalter/in<br />
<strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S. www.toepfer-fvs.de<br />
Hürden zu überwinden und versprechende<br />
Entwicklungsansätze für die<br />
Lehre nachhaltig zu verankern.<br />
Profile und Projekte der Teilnehmer/innen unter www.toepfer-fvs.de/lehren.html<br />
am<br />
Student/in<br />
Professor/in<br />
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Netzwerk<strong>magazin</strong> 04|11<br />
11<br />
Kulturinnovation bewirken<br />
Uta Gielke, Hamburg<br />
Thema „Was wirkt?“<br />
Das Neue in der Kultur entsteht nicht immer durch die große Geste. Ein kleiner Impuls<br />
reicht manchmal aus, um die Richtung zu ändern. Das Fellowship für Kulturinnovation der<br />
<strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S. vertraut auf die Wirkung des Einzelnen.<br />
Kultur lebt von neuen Ideen. Doch die<br />
Institutionen der Kultur — Museen, Konzerthäuser,<br />
Theater — können viele Ideen<br />
nicht umsetzen, denn es mangelt chronisch<br />
an Geld oder Personal oder beidem.<br />
Und so verschwinden viele gute<br />
Konzepte und Vorschläge erst einmal<br />
ungelesen in der Schublade oder lagern<br />
jahrelang im Ideen-Ordner auf der Festplatte.<br />
Wie kann man diesen Schatz<br />
heben? Diese Frage war die entscheidende<br />
Motivation für den Start des<br />
Fellowships für Kulturionnovation im<br />
Sommer 2005.<br />
Das Prinzip des Fellowshipprogramms<br />
ist einfach: Institutionen, die etwas<br />
Neues in ihrem Haus wagen wollen,<br />
bewerben sich mit einer Projektidee. Ist<br />
die <strong>Stiftung</strong> von der Bewerbung überzeugt,<br />
zahlt sie zwei Jahre lang das Gehalt<br />
für einen Berufseinsteiger, der das<br />
Projekt dann umsetzt. Warum ein Berufseinsteiger,<br />
könnte man fragen, und<br />
nicht jemand aus dem bestehenden<br />
Team? Gerade im Kulturbereich schaffen<br />
viele junge Absolventen den Sprung<br />
ins Berufsleben sehr spät und müssen<br />
sich oft jahrlang mit prekären Arbeitsverhältnissen<br />
abfinden. Die <strong>Stiftung</strong><br />
möchte diesem Trend entgegenwirken<br />
und für die Fellows verschlossene Türen<br />
aufstoßen.<br />
Doch es gibt noch einen anderen Grund.<br />
Auch Kulturinstitutionen mit ihrer<br />
hohen Dichte an klugen und widerspenstigen<br />
Köpfen können an bürokratischer<br />
Erstarrung, verkrusteten Strukturen<br />
und damit einhergehender Ideenlosigkeit<br />
leiden. Die kreativen Impulse<br />
müssen deshalb manchmal von außen<br />
kommen. Warum? Weil es wirkt! Weil<br />
neue Kollegen bestehende Hierarchien<br />
durcheinanderwirbeln können. Weil sie<br />
routinierte Abläufe aufbrechen und<br />
liebgewonnene Denkmuster hinterfragen.<br />
Und weil das Naheliegende<br />
manchmal nur aus der Ferne erkannt<br />
wird.<br />
So wie beim Fellowship von Till Hardy:<br />
Der frisch gebackene Kulturwissenschaftler<br />
hatte sich schon während<br />
seines Studiums mit der rasanten Entwicklung<br />
der digitalen Medien und den<br />
daraus resultierenden Herausforderungen<br />
für die Filmbranche befasst. Er<br />
wandte sich mit einem eigenen Konzept<br />
an die Filmförderung Hamburg, um die<br />
<strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S. www.toepfer-fvs.de
Thema „Was wirkt?“<br />
Chancen und Risiken des digitalen Films<br />
exemplarisch für die Hamburger Filmwirtschaft<br />
auszuloten und die Erwartungen<br />
und Kenntnisse der Branche damit<br />
in Einklang zu bringen. Die Filmförderung<br />
Hamburg zeigte sich offen für das<br />
Thema und bewarb sich 2006 gemeinsam<br />
mit Till Hardy um ein Fellowship.<br />
Heute gehört Till Hardy zum festen<br />
Team der Filmförderung und ist dort —<br />
wie könnte es anders sein — für die Digitalen<br />
Medien verantwortlich.<br />
Im besten Fall wirken die Fellows als<br />
Inkubator. Sie setzen Ideen in die Tat<br />
um, die sonst als Konzeptpapier auf dem<br />
<strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S. www.toepfer-fvs.de<br />
Schreibtisch verkümmert wären. Oder<br />
sie treiben ein bereits begonnenes Projekt<br />
voran — wie Friederike Trudzinski,<br />
die im Rahmen ihres Fellowships seit<br />
Herbst 2010 am Schauspiel Hannover<br />
eine ebenso verrückte wie kluge Theaterperformance<br />
verantwortet, in der<br />
Schauspieler ausnahmsweise keine<br />
große Rolle spielen. Näheres über die<br />
Arbeit von Friederike Trudzinski folgt im<br />
nächsten Artikel.<br />
Weitere Informationen zum Fellowship für Kulturinnovationen und zu den aktuellen Fellows<br />
finden Sie unter: www.toepfer-fvs.de/fellowship.html<br />
ug<br />
Netzwerk<strong>magazin</strong> 04|11<br />
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Netzwerk<strong>magazin</strong> 04|11<br />
13<br />
Theater, das von Bäumen handelt<br />
Thema „Was wirkt?“<br />
Das Schauspiel Hannover erkundet neue Themenbereiche und<br />
Der britische Dramatiker Simon Stephens<br />
sagt: „Man kann ein Gedicht über<br />
einen Baum oder einen Song über einen<br />
See schreiben. Aber ein Stück muss von<br />
Menschen handeln.“ Viel zitiert, spiegelt<br />
diese Faustregel eine gängige Ansicht,<br />
ist griffig und vielleicht sogar wahr. Aber<br />
wo wenn nicht auf dem Experimentierfeld<br />
Theater kann man mit Regeln spielen,<br />
sie hinterfragen und brechen. Und<br />
so ist es kein Wunder, wenn das Schauspiel<br />
Hannover den erfahrenen Ratgeber<br />
übergeht. Mit „Die Welt ohne uns“<br />
machen wir sogar genau das, wovon<br />
Stephens tunlichst abrät: Theater, das<br />
von Bäumen handelt —Botanisches<br />
Theater.<br />
Darstellungsformen<br />
Friederike Trudzinski, Hannover<br />
Ausgangspunkt des Projekts ist eine<br />
radikale Zukunftsvision: Eine Erde, von<br />
der die Menschen verschwunden sind.<br />
Bühne und zugleich Akteur dieser Inszenierung<br />
ist eine Landschaft, die sich<br />
erst allmählich von menschlicher Nutzung,<br />
Kultivierung, und Zerstörung<br />
emanzipiert. In vierzehn Akten und<br />
immer größeren Schritten blickt „Die<br />
Welt ohne uns“ voraus in eine fiktive<br />
Zukunft. Zielpunkt: Eine Million Jahre<br />
nach Ende der Menschheit. Erzählt wird<br />
diese, all unsere Wahrnehmungsräume<br />
überschreitende Distanz, in fünf realen<br />
Jahren.<br />
<strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S. www.toepfer-fvs.de
Thema „Was wirkt?“<br />
Der Zuschauer sitzt in einer Art Zeitkapsel,<br />
einem Container mit Glasfront,<br />
aus dem er herausschaut auf eine Welt,<br />
die ihn nicht mehr braucht. Allerdings,<br />
die Inszenierung einer entvölkerten<br />
Erde braucht den Menschen dann doch.<br />
Bislang begleiteten in jedem Akt mindestens<br />
zwei Schauspieler die zeitreisenden<br />
Gäste. Die Jungdarsteller Florian<br />
Kochon und Ava Nagipur spielten zum<br />
Abschiedsfest Popsongs mit botanischen<br />
Bezügen, Florian Hertweck besang<br />
einen sexuell frustrierten Fingerhut<br />
und Dominik Maringer kämpfte sich mit<br />
Nadja Petri durch eine feindliche Dornenlandschaft.<br />
Blitzgescheites Erzähltheater,<br />
charmante Experimente und<br />
Songs — während in den ersten Akten<br />
deutlich die Handschrift von Projektinitiator<br />
Tobias Rausch zu erkennen war,<br />
werden im Laufe des Projekts ganz unterschiedliche<br />
Regisseure in ihre ganz<br />
unterschiedlichen Zukunftsvisionen<br />
führen. Mirko Borscht, der den vierten<br />
Teil erzählt, begibt sich in schmoddrige<br />
Erdlöcher, einsame Ruinen — irgendwo<br />
zwischen Lovecraft’schem Überschwang<br />
Friederike Trudzinski<br />
* 1982 in Aachen geboren<br />
<strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S. www.toepfer-fvs.de<br />
und Tarkowski’scher Stille. In der neuen<br />
Spielzeit werden sich Totalkünstler<br />
Timm Ulrichs, die Puppentheater-<br />
Anarchisten Das Helmi und die Videotüftler<br />
Datenstrudel mit dem botanischen<br />
Science-Fiction-Szenario auseinandersetzen.<br />
Ein grausiger Spaziergang<br />
durch neue deutsche Urwälder, ein<br />
musikalisches Wiedersehen mit unserem<br />
Müll, eine sprachlose Affeninvasion<br />
— die postanthropologische Welt lädt zu<br />
Phantasien zwischen Horrorvision und<br />
Sehnsuchtspunkt ein. Und doch bleibt<br />
der abwesende Mensch ständiger Bezugspunkt:<br />
Seine schönen und schrecklichen<br />
Hinterlassenschaften, seine Maßstäbe<br />
und Projektionen. „Die Welt ohne<br />
uns“ ist also Theater das von Gräsern,<br />
Bäumen und Affen handelt. Und doch<br />
erzählt sie immer auch von uns. Vielleicht<br />
hat Stephens also doch Recht:<br />
Theater muss von Menschen handeln.<br />
Wir können gar nicht anders.<br />
Frederike Trudzinski hat seit Herbst 2010 das Fellowship für<br />
Kulturinnovation der <strong>Stiftung</strong> inne. Sie studierte<br />
Theaterwissenschaften, Germanistik und Ethnologie an der LMU in<br />
München und der Universität Hamburg. Daneben hospitierte,<br />
assistierte und soufflierte sie. Als Dramaturgin betreute Trudzinski diverse Regie-<br />
Studienprojekte, arbeitete für freie Produktionen und das Deutsche Schauspielhaus in<br />
Hamburg.<br />
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ALLEIN<br />
Solowerke von Johann Sebastian Bach<br />
— Eine Begegnung auf Gut Siggen —<br />
Christina Howe und Ansgar Wimmer, Hamburg<br />
Thema Was wirkt?“<br />
Mit der Konzertreihe ALLEIN auf Gut Siggen — vom 12. September bis zum 18. September<br />
2011 — möchte die <strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S. Menschen Zeit und Raum geben, sich<br />
über die Solowerke von Johann Sebastian Bach mit dem Thema Alleinsein auseinander zu<br />
setzen.<br />
Allein zu sein wird allzu häufig mit Einsamkeit<br />
gleichgesetzt. Angesichts lebendiger<br />
Urbanität, hektischer Zeitläufe<br />
und überbordender Angebote der Informationsgesellschaft<br />
ist vielen die<br />
Begegnung mit sich selbst allein nicht<br />
mehr möglich. Sich auf ein Thema zu<br />
konzentrieren, Erlebtes für sich zu reflektieren<br />
oder sich behutsam Neuem<br />
anzunähern, muss häufig erkämpft und<br />
immer wieder eingeübt werden.<br />
Ein besonderer Schlüssel dazu kann<br />
Musik sein. Auch wenn Musik in Konzerten<br />
zumeist als Gemeinschaftserlebnis<br />
wahrgenommen wird, wirft es häufig die<br />
Zuhörer, aber auch die Interpreten auf<br />
sich selbst zurück. Intensive Hörerfahrungen<br />
ermöglichen einen Bruch mit<br />
dem Alltag, eine Verlangsamung, ein<br />
Innehalten und letztlich eine Begegnung<br />
mit sich selbst.<br />
<strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S. www.toepfer-fvs.de
Thema „Was wirkt?“<br />
Für viele Menschen verbindet sich diese<br />
Begegnung mit sich selbst in besonderer<br />
Weise mit der Musik Johann Sebastian<br />
Bachs. Unabhängig von musiktheorethischen<br />
oder historischen Detailkenntnissen<br />
haben sie eine emotionale, eine<br />
unmittelbare Vertrautheit mit den<br />
Kompositionen Bachs entwickelt. Sie<br />
nehmen seine Werke gleichzeitig als<br />
etwas sehr besonderes und doch in<br />
vielen Konzertprogrammen und Musikeinspielungen<br />
alltäglich Präsentes wahr.<br />
An sechs aufeinanderfolgenden Tagen<br />
wird an jedem Abend ein Solowerk von<br />
Johann Sebastian Bach von einem Interpreten<br />
zur Aufführung gebracht. Die<br />
einzelnen Konzerte werden so vielgestaltig<br />
sein, wie es auch die renommierten<br />
Künstler sind. Die sechs geladenen<br />
Interpreten reflektieren unterschiedliche<br />
Kulturkreise, Lebensphasen, künstlerische<br />
Auffassungen und Aufführungspraxen.<br />
Sie sind der <strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong><br />
<strong>Stiftung</strong> F.V.S. aktuell oder als Alumni<br />
durch Förderungen verbunden. Thematisch<br />
bereichert wird das Programm<br />
durch Vorträge und Einführungen zur<br />
Musik von Prof. Günter Jena, einem der<br />
profiliertesten Bach-Kenner. Die Aufführungen<br />
werden in einer Umgebung<br />
stattfinden, deren Gestaltung mit Sorgfalt<br />
das Leitmotiv ALLEIN aufgreift und<br />
inszeniert. Die wechselnden Konzertorte<br />
stellen sicher, dass alle Zuhörer mit<br />
angemessen großem Abstand von Mithörern<br />
und Interpreten sitzen, um sich<br />
allein auf das Stück, den Künstler und<br />
sich selbst zu konzentrieren.<br />
<strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S. www.toepfer-fvs.de<br />
Insgesamt haben bis zu 200 Zuhörer die<br />
Möglichkeit an der Konzertreihe teilzunehmen.<br />
20 von ihnen werden Menschen<br />
aus verschiedenen Lebensbereichen,<br />
Altersphasen und Bildungsschichten<br />
sein, denen die <strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong><br />
F.V.S. den Aufenthalt während der<br />
gesamten Konzertreihe auf Gut Siggen<br />
ermöglicht. Diese Zuhörergruppe wird<br />
in Kooperation mit NDR Kultur im<br />
Rahmen von bundesweit ausgelobten<br />
Hörerstipendien ausgewählt. Sie stehen<br />
stellvertretend für einen Zuhörerkreis<br />
von unterschiedlichsten Menschen mit<br />
aufrichtiger Neugier auf die Musik, die<br />
mit dieser Konzertreihe erreicht werden<br />
sollen. Neben den Stipendiaten richtet<br />
sich ALLEIN an interessierte Zuhörer<br />
aus der Region.<br />
Das Projekt findet in Kooperation mit<br />
NDR Kultur statt.<br />
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Künstler und Programm<br />
Montag, 12. September 2011<br />
Günter Jena: Vortrag — Grundkonflikte<br />
der Menschheit, dargestellt an Szenen<br />
aus der Mathäus-passion von J.S. Bach<br />
mit Filmausschnitten aus dem Ballett<br />
von John Neumeier<br />
Dienstag, 13. September 2011<br />
Konzert: Ina -Esther Joost Ben-Sasson,<br />
Cello — Suiten für Violoncello solo, BWV<br />
1007-1012<br />
Mittwoch, 14. September 2011<br />
Konzert: Delphine Lizé, Piano — Goldberg<br />
Variationen, BWV 988<br />
Donnerstag, 15. September 2011<br />
Konzert: Ayla Caymaz , Flöte — unter<br />
anderem Partita für Flöte solo a-Moll,<br />
BWV 1013<br />
Freitag, 16. September 2011<br />
Konzert: Ferenc Snétberger , Gitarre —<br />
Improvisation über die Suiten für Laute<br />
Sonnabend, 17. September 2011<br />
Konzert: Anton Barakhovsk, Violine —<br />
Sonaten und Partiten für Violine solo,<br />
BWV 1001-1006<br />
Sonntag, 18. September 2011<br />
Vortrag: Günter Jena — Ich lebe mein<br />
Leben in wachsenden Ringen. Die Kunst<br />
der Fuge von J.S. Bach<br />
Konzert: Stefan Horz, Cemballo — Kunst<br />
der Fuge, BWV 1080, Cembalo<br />
Thema Was wirkt?“<br />
<strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S. www.toepfer-fvs.de
Thema „Was wirkt?“<br />
<strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S. www.toepfer-fvs.de<br />
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19<br />
Shermin Langhoff<br />
KAIROS-Preisträgerin 2011<br />
„Postmigrantisches Theater“ nennt Shermin<br />
Langhoff die Inszenierungen des Berliner<br />
Ballhauses Naunynstraße. Dort bietet sie als<br />
künstlerische Leiterin der zweiten und dritten<br />
Migrantengeneration eine Plattform, um ihre<br />
Geschichten zu erzählen. Für ihr vorbildliches<br />
Engagement erhielt sie nun am 27. Februar<br />
2011 den mit 75.000 € dotierten KAIROS-<br />
Preis der <strong>Alfred</strong>-<strong>Toepfer</strong>-<strong>Stiftung</strong> F.V.S.<br />
Geboren 1969 im türkischen Bursa,<br />
wuchs Shermin Langhoff zunächst bei<br />
ihren Großeltern auf. Mit neun Jahren<br />
folgte sie ihrer Mutter, einer Gastarbeiterin,<br />
nach Nürnberg. Nach der mittleren<br />
Reife absolvierte sie eine Ausbildung<br />
zur Verlagskauffrau. Schon bald<br />
machte sie durch ihr kulturelles Engagement<br />
auf sich aufmerksam: So rief sie<br />
als Mitbegründerin der Kulturinitiative<br />
Nürnberg die „Nürnberger deutschtürkischen<br />
Filmtage“ und viele weitere<br />
interkulturelle Projekte ins Leben. Während<br />
eines Volontariats beim NDR in<br />
Hamburg 1994 erlernte Shermin Langhoff<br />
dann das Handwerk der Aufnahme-<br />
und Produktionsleiterin und arbeitete<br />
später als Produzentin und Regieassistentin<br />
unter anderem an Fatih Akins<br />
„Gegen die Wand“ (2003) mit. 2004<br />
holte Matthias Lilienthal, Intendant des<br />
Shermin Langhoff und Ansgar Wimmer<br />
Menschen<br />
Berliner Theaters Hebbel am Ufer, sie als<br />
Kuratorin in die Hauptstadt, „um irgendwas<br />
mit Türken zu machen“. Dort<br />
entdeckte und förderte sie inzwischen<br />
erfolgreiche deutsch-türkische Talente<br />
der zweiten Einwanderergeneration wie<br />
die Regisseure Nurkan Erpulat und Neco<br />
Çelik oder den Autor Feridun Zaimoglu.<br />
Dessen Stück „Schwarze Jungfrauen“<br />
erhielt 2006 / 2007 durch zwei von<br />
Shermin Langhoff organisierte interkulturelle<br />
Festivals zusätzliche Aufmerksamkeit.<br />
Nach vier Jahren als Kuratorin beschloss<br />
Shermin Langhoff, dass es wieder einmal<br />
Zeit für etwas Neues wäre und übernahm<br />
die künstlerische Leitung des<br />
Ballhauses Nanynstraße in Berlin-<br />
<strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S. www.toepfer-fvs.de
Menschen<br />
Kreuzberg, in dessen unmittelbarer<br />
Nähe sie seit 1998 mit ihrem Mann,<br />
dem Regisseur Lukas Langhoff, und ihrer<br />
gemeinsamen Tochter Rosa wohnt. Das<br />
Ballhaus wurde im November 2008 mit<br />
der neuen Ausrichtung als postmigrantisches<br />
Theater wiedereröffnet. Bereits<br />
die erste Spielzeit stieß auf großes Besucher-<br />
und Medieninteresse und zog<br />
ein neues, generationenübergreifendes<br />
Publikum an. Der Schwerpunkt liegt<br />
neben den eigenen Theaterproduktionen<br />
auf den neuesten Entwicklungen in<br />
Tanz, Film, Musik und Literatur.<br />
Seit das radikale Stück „Verrücktes Blut“<br />
vom Spiegel mit Lob überschüttet wurde<br />
und ins Programm des Berliner Theatertreffens<br />
im Mai aufgenommen wurde, ist<br />
es noch schwerer, an Karten zu kommen.<br />
Mit vorgehaltener Waffe zwingt<br />
darin eine Lehrerin ihre „disziplinlosen<br />
Schüler mit Migrationshintergrund“, ein<br />
Stück von Schiller aufzuführen. Keine<br />
Handlungsempfehlung, sondern eine<br />
vielschichtig gebrochene Reflexion auf<br />
aktuelle Debatten und zudem eine<br />
<strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S. www.toepfer-fvs.de<br />
elegante Aktualisierung Schillers. Und<br />
dies ist nur eins der vielen Stücke des<br />
Ballhauses, in denen lustvoll mit Klischees<br />
gespielt wird.<br />
Shermin Langhoff fördert in ihrem Theater<br />
junge, bislang unbekannte Regisseure,<br />
Schauspieler und Dramaturgen. Sie<br />
ist außerdem Initiatorin der „akademie<br />
der autodidakten“, die Jugendlichen aus<br />
problematischen Verhältnissen die<br />
Möglichkeit bietet, sich künstlerisch<br />
auszudrücken. Nebenbei ist sie Vorstandsmitglied<br />
in weiteren Organisationen<br />
zur kulturellen Förderung.<br />
So ist es nicht verwunderlich, dass<br />
Shermin Langhoff nun „nicht nur als<br />
Intendantin, sondern auch als Mentorin<br />
für Kultur“ mit dem KAIROS-Preis ausgezeichnet<br />
wurde. Damit sollen nicht<br />
nur ihre bisherigen Leistungen belohnt,<br />
sondern auch zukünftiges Schaffen<br />
motiviert werden.<br />
Fotos von der Preisverleihung am 27. Februar 2011 im Schauspielhaus Hamburg<br />
Das Ensemble von Lö Bal Almanya Shermin Langhoff mit Fatih Akin Shermin mit den Künstlern<br />
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53° 33’ 01’’ N 9 ° 59’ 32’’ O<br />
Projekte / Aus der <strong>Stiftung</strong>sarbeit<br />
Workshop zu Erfolgsfaktoren Hamburger Bildungsnetzwerke<br />
Unter dem Titel „Wie funktioniert Bildung?“ fragen die <strong>Stiftung</strong> Das Rauhe Haus,<br />
die Patriotische Gesellschaft von 1765 und die <strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S. am<br />
20. April 2011 nach den Bedingungen von gelungenen Kooperationen im Bildungsbereich:<br />
Wie können unterschiedliche Hamburger Bildungseinrichtungen<br />
Netzwerke bilden und eng zusammenarbeiten, damit jedes Kind und jeder Jugendliche<br />
auf seinem Weg optimal unterstützt wird?<br />
Bereits im November 2008 hatten die<br />
drei Veranstalter zum Fachtag 360° zur<br />
Zusammenarbeit von Schule und Jugendhilfe<br />
eingeladen. Aus der Perspektive<br />
eines Kindes auf diejenigen Institutionen,<br />
die es umgeben und prägen, wurde<br />
dabei die Zusammenarbeit von Schule<br />
und Jugendhilfe in den Fokus genommen.<br />
Dieses Mal sollen die Teilnehmenden<br />
ihren Blick konkret auf die<br />
Hamburger Koordinaten richten:<br />
53° 33’ 01’’ N 9 ° 59’ 32’’ O<br />
Im Vorfeld der Regionalen Bildungskonferenzen<br />
geht es darum, unter welchen<br />
Bedingungen Kooperationen<br />
strukturell und in ganz Hamburg wirksam<br />
werden können. Die Expertise des<br />
kanadischen Bildungsexperten Prof.<br />
Michael Fullan soll dazu neue Impulse<br />
und Anregungen geben.<br />
Als ausgewiesener Kenner von Reformprozessen<br />
im Bildungswesen ist Prof.<br />
Michael Fullan Berater des Premierministers<br />
von Ontario. Er begleitet und<br />
berät zudem mehrere bedeutende Reforminitiativen<br />
weltweit. Das Know-<br />
How Michael Fullans auf Hamburger<br />
„Themen-Baustellen“ zu übertragen, ist<br />
Ziel der Veranstaltung, die am 20. April<br />
in der Patriotischen Gesellschaft stattfindet.<br />
<strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S. www.toepfer-fvs.de
Projekte / Aus der <strong>Stiftung</strong>sarbeit<br />
Zu dem Workshop eingeladen sind<br />
Hamburger Vertreterinnen und Vertreter<br />
von bestehenden Bildungsnetzwerken,<br />
die Leiter von Schulen und sozialpädagogischen<br />
Einrichtungen, ebenso<br />
wie jene Menschen, die in anderen öffentlichen<br />
Funktionen dabei helfen<br />
können, Bildungsnetzwerke systematisch<br />
und strukturell mit auf den Weg zu<br />
bringen. Sie sollen — mit Unterstützung<br />
des kanadischen Experten — Erfolgsfak-<br />
<strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S. www.toepfer-fvs.de<br />
toren von Bildungsnetzwerke in Hamburg<br />
benennen und mit Blick auf die<br />
Regionalen Bildungskonferenzen Empfehlungen<br />
für wirksame Kooperationen<br />
erarbeiten.<br />
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komplex<br />
eine Landschaft zeitgenössischer Kunst<br />
Projekte / Aus der <strong>Stiftung</strong>sarbeit<br />
Die Siggener Scheune wurde bis 2009 kulturell nur für musikalische Veranstaltungen<br />
genutzt. Sie eignet sich jedoch auch für andere künstlerische Formate.<br />
Die <strong>Stiftung</strong> hat deshalb gemeinsam mit den isländischen Künstlern Elin Hansdóttir<br />
und Darri Lorenzen das Projekt komplex entwickelt: ein Residenzprojekt<br />
für bildende Künstler, das im Berichtszeitraum gestartet ist.<br />
komplex — die Idee<br />
KOMPLEX<br />
Jedes Jahr wird ein<br />
europäischer<br />
bildender Künstler<br />
oder eine Künstlergruppe nach Siggen<br />
eingeladen, um hier ein ortsspezifisches<br />
Werk zu schaffen. Für mindestens zehn<br />
Tage im Sommer wird diese Arbeit in<br />
der Siggener Scheune ausgestellt. Die<br />
Ausstellung ist nicht nur den Gästen des<br />
Seminarzentrums, sondern auch der<br />
interessierten Öffentlichkeit zugänglich.<br />
Für die Dauer der Ausstellung sowie für<br />
die Zeit des Auf- und Abbaus wohnen<br />
die Künstler in einem Apartment des<br />
Seminarzentrums, sie können an ihren<br />
Projekten weiterarbeiten und sich erholen.<br />
Sie müssen nicht zwingend fertige<br />
Werke hinterlassen: Vielmehr erhalten<br />
sie die Möglichkeit, den gegebenen<br />
Raum in ihrem Sinne zu nutzen und mit<br />
den Mitteln ihrer Wahl zu gestalten. Alle<br />
früheren Teilnehmer des Projekts komplex<br />
sind darüber hinaus eingeladen,<br />
einen Künstler für das Folgejahr vorzuschlagen.<br />
komplex ist gedacht als ein sich ständig<br />
veränderndes Ganzes, zusammengesetzt<br />
aus vielen miteinander verwobenen<br />
Bestandteilen. Wie eine organische<br />
Struktur wird sich das Projekt von Jahr<br />
zu Jahr kontinuierlich entwickeln und —<br />
so die Künstler Elin Hansdóttir und Darri<br />
Lorenzen — nach und nach eine »Landschaft<br />
zeitgenössischer Kunst« abbilden.<br />
Juni 2009: komplex — Nr. 1<br />
Die Künstler Elin Hansdóttir und Darri<br />
Lorenzen transformierten den Raum der<br />
Siggener Scheune auf verblüffend simple<br />
Weise: sie hüllten ihn mit Nebel ein.<br />
Seiner üblichen Orientierungspunkte<br />
beraubt, wurde das sonst vertraute<br />
<strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S. www.toepfer-fvs.de
Projekte / Aus der <strong>Stiftung</strong>sarbeit<br />
Terrain für die Besucher zu einer Herausforderung.<br />
Vorsichtig tastete man<br />
sich durch den Raum, der einzigen<br />
Lichtquelle entgegen, die sich in der<br />
Mitte der Scheune befand und unregelmäßig<br />
aufflackerte. Im Lichtkegel hatten<br />
die Künstler einen Arbeitstisch aufgebaut,<br />
bestückt mit einem kunstvoll<br />
gefalteten Objekt. Der Tisch wird in<br />
Siggen bleiben und auch das kleine<br />
Artefakt: beides möchten die Künstler<br />
als Gründer zu komplex beisteuern.<br />
Andere werden ihnen mit ihren eigenen<br />
Ideen folgen und sie dem Arbeitstisch<br />
hinzufügen. »Die Scheune«, so die<br />
Künstler in ihrem Konzept, »wird auf<br />
diese Weise zu einer Schale, die den<br />
gerade ablaufenden künstlerischen<br />
Prozess umgibt und gleichzeitig eine<br />
Sammlung der bereits entstandenen<br />
Ideen birgt. Sie wird eine bauliche Struktur,<br />
die nicht nur die jährliche Getreide-<br />
komplex — die Homepage zum Projekt: www.komplex.cc<br />
<strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S. www.toepfer-fvs.de<br />
ernte aufnimmt, sondern auch die Ernte<br />
künstlerischer Aktivität. Das wichtigste<br />
Ziel ist es, den kreativen Prozess selbst<br />
als einen wichtigen Teil künstlerischer<br />
Praxis zu enthüllen, ohne dass der Fokus<br />
dabei notwendigerweise auf seinem<br />
Ergebnis läge. Auf diese Weise wird<br />
jeder einzelne Künstler komplex als<br />
Ganzes beeinflussen, als wäre es ein Ort<br />
vieler Orte.«<br />
Aus dem ersten komplex entstand außerdem<br />
das Titelbild dieses Netzwerk-<br />
Magazins.<br />
Dieses Jahr wird der belgische Installations-<br />
und Performance-Künstler Wannes<br />
Goetschalckx in Siggen arbeiten. Am 9.<br />
Juni 2011wird das Ergebnis im Rahmen<br />
einer Vernissage in der Scheune in Siggen<br />
ausgestellt.<br />
Elin Hansdóttir und Darri Lorenzen haben eine Homepage entwickelt, die zentraler Bestandteil<br />
des Projekts komplex ist. Auf der Internetseite können die Künstler, die gerade in<br />
Siggen residieren oder schon dort waren, bloggen sowie Fotos, Texte, Gedichte etc. einstellen<br />
— so dass auch virtuell ein komplex entsteht: ein Netzwerk aus Dokumentationen und<br />
Bezügen zu den mit dem Arbeitsprozess verbundenen Ideen.<br />
Wannes Goetschalckx: www.galeriewest.nl/artists/Wannes_Goetschalckx/0<br />
ug<br />
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In Zusammenarbeit mit dem Goethe-<br />
Institut bietet die <strong>Stiftung</strong> ein Arbeitsstipendium<br />
für Literaturübersetzerinnen<br />
und -übersetzer aus dem Deutschen<br />
in verschiedene Sprachen Europas<br />
an. Neben einem Geldbetrag in<br />
Höhe von. EUR 1.500 beinhaltet es den<br />
kostenfreien Aufenthalt im Seminarzentrum<br />
Gut Siggen sowie die Übernahme<br />
der Reisekosten des Sprachmittlers/der<br />
Sprachmittlerin. Die Übersetzer<br />
widmen sich in den Sommermonaten<br />
in abgeschiedener Atmosphäre der<br />
Arbeit an einem zeitgenossischen Werk<br />
der deutsprachigen Belletristik. Pro<br />
Kalenderjahr werden zwei Stipendien<br />
Übersetzer in Residenz<br />
Programm 2011<br />
Projekte/ Aus der <strong>Stiftung</strong>sarbeit<br />
ausgeschrieben.<br />
Mehr Informationen zu den Übersetzerresidenzen:<br />
http://toepfer-fvs.de/residenzen.html oder<br />
http://www.goethe.de/kue/lit/prj/ust/deindex.htm tun.<br />
In diesem Jahr wird Margherita CAR-<br />
BONARO zu Gast sein. Sie ist 1964 in<br />
Mailand geboren, studierte Italianistik<br />
und ist Übersetzerin von Thomas Mann,<br />
Ingo Schulze und Uwe Timm. Sie wird in<br />
Siggen ein Werk der Literaturnobelpreisträgerin<br />
Herta MÜLLER ins Italienische<br />
übertragen. Eine Lesung im Weißen<br />
Haus in Cismar ist als krönender<br />
Abschluss des Arbeitsaufenthaltes von<br />
Frau Carbonaro Anfang August 2011<br />
geplant.<br />
he<br />
<strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S. www.toepfer-fvs.de
Projekte / Aus der <strong>Stiftung</strong>sarbeit<br />
Vergangene Übersetzerresidenzen:<br />
2010<br />
Die Italienerin Bice Rinaldi übersetzte vom 6. September bis 15. Oktober den Roman "Das<br />
war ich nicht" des deutsch-isländischen Autors Kristof Magnusson vom Deutschen ins<br />
Italienische.<br />
Der Brite Michael Hofmann übersetzte vom 28. Juni bis 22. August Hans Falladas Werk<br />
"Bauern, Bonzen und Bomben" vom Deutschen ins Englische.<br />
2009<br />
Der albanische Übersetzer Aristidh Ristani arbeitete auf Gut Siggen an der Übersetzung<br />
von „Das Glasperlenspiel“ von Hermann Hesse.<br />
2008<br />
Die rumänische Übersetzerin Gabriella Eftimie war im Juni und Juli zu Gast und übersetzte<br />
in dieser Zeit das Buch „April in Paris“ von Michael Wallner.<br />
Im August und September übersetzte der mazedonische Übersetzer Arbër Çeliku das<br />
Buch „Lila, Lila“ von "Michael Suter.<br />
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Projekte / Aus der <strong>Stiftung</strong>sarbeit<br />
NatuRegio — Schützenswerte Donau<br />
Die <strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> fördert den Naturschutz in Rumänien und<br />
Bulgarien.<br />
Die Donau ist mit 2857 Kilometern der zweitlängste Fluss Europas und zeichnet<br />
sich durch einzigartige Auen- und Feuchtgebiete aus. Diese gilt es zu schützen.<br />
NatuRegio hat es sich zum Ziel gesetzt, entlang der Mittleren und Unteren Donau<br />
ein nachhaltiges Naturschutz- und Regionalmanagement zu schaffen.<br />
Im Laufe von zwei Jahren wird dafür 24<br />
Nachwuchsführungskräften aus den<br />
entsprechenden Ländern (Ungarn,<br />
Slowenien, Kroatien, Serbien, Rumänien,<br />
Bulgarien, Ukraine und Moldawien)<br />
die Möglichkeit geboten, sich in<br />
deutschen Naturschutzgebieten und —<br />
institutionen theoretisch und praktisch<br />
fortzubilden. Während der fünfwöchigen<br />
Aufenthalte werden Kontakte zwischen<br />
Fachleuten geknüpft und neue,<br />
grenzübergreifende Projektideen entwickelt.<br />
Diese werden im Anschluss an die<br />
Seminare im Rahmen des Gesamtvorhabens<br />
umgesetzt.<br />
Schlussendlich soll so ein Netzwerk an<br />
Naturschutzfachkräften entstehen, die<br />
sich an den Zielen der Europäischen<br />
Union für den Umweltbereich orientieren<br />
und auf regionaler und überregionaler<br />
Ebene zur Lösung von Interessens-<br />
konflikten beitragen. Zudem sollen<br />
„Internationale Gespräche“ — die sogenannten<br />
„Donau-Dialoge“ — auf die<br />
Bedeutsamkeit einer nachhaltigen und<br />
naturverträglichen Regionalentwicklung<br />
im Donaugebiet aufmerksam machen.<br />
Den Ausgangspunkt für das Vorhaben<br />
bildete der im Januar 2010 getroffene<br />
Entschluss der Europäischen Kommission<br />
und des Europäischen Parlaments,<br />
bis Ende des Jahres eine gemeinsame<br />
europäische Strategie für die Entwicklung<br />
des Donauraums auszuarbeiten.<br />
Diese Strategie basiert auf drei Faktoren:<br />
1. Verbesserung der Verkehrs- und der<br />
Kommunikationsinfrastruktur<br />
2. Umwelt- und Katastrophenschutz<br />
<strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S. www.toepfer-fvs.de
Projekte / Aus der <strong>Stiftung</strong>sarbeit<br />
3. Förderung der sozioökonomischen<br />
Entwicklung<br />
Die Donau wird dabei als verbindendes<br />
Element im wirtschaftlichen und sozialen<br />
Entwicklungsprozess der Anrainerstaaten<br />
betrachtet. Ihre Rolle muss<br />
daher systematisch gestärkt werden.<br />
Bereits die Erfahrungen aus dem Projekt<br />
"Naturschutz und Regionalentwicklung<br />
in Südosteuropa am Beispiel von Rumänien<br />
und Bulgarien" der <strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong><br />
Akademie für Naturschutz hatten ge-<br />
<strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S. www.toepfer-fvs.de<br />
zeigt, dass grenzübergreifende Projektentwicklungen<br />
einer neuen Herangehensweise<br />
bedürfen. Damals hatten sich<br />
in den beiden Ländern insgesamt 40<br />
kleinere und mittlere Naturschutzprojekte<br />
aus dem Programm entwickelt<br />
(www.naturegio-bg-ro.de). Die <strong>Alfred</strong><br />
<strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> hofft, an diese positiven<br />
Erfahrungen anzuknüpfen und auch mit<br />
dem neuen Vorhaben zum Schutz und<br />
Erhalt einer einmaligen Landschaft<br />
beizutragen.<br />
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Texte publik gemacht<br />
Verleihung des KAIROS-Preises 2011<br />
an Shermin Langhoff<br />
Rede von Prof. Dr. Christoph Stölzl<br />
Vorsitzender des KAIROS-Preiskuratoriums<br />
Wie kommt das Neue in die Welt? Entsteht<br />
es als einsamer Genieblitz in den<br />
ungeheizten Dachstuben der armen<br />
Poeten? Ist Genie Fleiß — um ein geflügeltes<br />
Wort aus Weimar zu zitieren?<br />
Oder ist es Folge einer Kettenreaktion<br />
auf den turbulenten Marktplätzen der<br />
Kultur? Oder braucht es zur Findung des<br />
Neuen die „stille Post“, wo einer dem<br />
anderen so lange ins Ohr flüstert, bis —<br />
vielleicht durch einen Hörfehler — der<br />
Geist einen genetischen Sprung erlebt?<br />
Unser KAIROS-Preis ist der alljährlich<br />
unternommene Versuch, jene Menschen<br />
zu finden, die das Neue in der<br />
Kultur zu ihrer Sache machen. Es können<br />
Abenteurer sein, die in den unbekannten<br />
Ozean der Zukunft stechen. Es<br />
können beharrliche Archäologen sein,<br />
die im Verschütteten nach dem Uralten<br />
graben, das sich als das ersehnte Neue<br />
erweist. Es können Menschenfischer<br />
(es gilt das gesprochene Wort)<br />
Christoph Stölzl, Hamburg<br />
sein, die am rechten Ort zur rechten<br />
Zeit die Richtigen zusammenbringen.<br />
Wir suchen das Neue in der Kultur, aber<br />
nicht das Neue um der puren Neuheit<br />
willen. Unser Preis, der nach dem Gott<br />
benannt ist, den man beim Schopfe<br />
packen muss, sucht nach dem notwendigen<br />
Neuen. Wir halten Kultur nicht für<br />
das Damenprogramm der Industriegesellschaft,<br />
sondern für das wichtigste<br />
Labor der Humanität. Die bleibt im Kern<br />
immer gleich, nach der unsterblichen<br />
Weimarer Definition, dass der Mensch<br />
„edel, hülfreich und gut seyn“ möge.<br />
Aber die Gewänder, die Kulissen, die<br />
Worte und die Musik der Comédie Humaine<br />
wandeln sich doch mit den Zeiten<br />
und ihren Herausforderungen. Zuzuschauen,<br />
wie das Neue in die Welt<br />
kommt, lehrt, dass es im Lauf der Geschichte<br />
immer wieder seinen Ort<br />
wechselt.<br />
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Texte publik gemacht<br />
Kulturinnovation und Migration sind<br />
eines, jedenfalls bei uns in Europa: aus<br />
den Hügeln Galiläas wandert die Idee<br />
der Gotteskindschaft, Brüderlichkeit<br />
und Gleichheit erst nach Norden, dann<br />
um die halbe Welt über den Ozean nach<br />
dem transatlantischen Westen, um von<br />
dort zurückzukommen und seit 1789<br />
die ganze Welt herauszufordern. Aus<br />
den Tiefen Afrikas wandert das Pochen<br />
des Herzschlags, zum Tanzrhythmus<br />
geworden, nach Norden, erst nach<br />
Arabien, dann ins maurische Spanien<br />
und von dort — denken wir nur an die<br />
„Sarabande“ — in die europäische Musik.<br />
Den Aristoteles und die antike Medizin<br />
verdanken wir gleichfalls der Vermittlungswanderung<br />
über die Mauren. Und<br />
was wäre die dekorative Kunst Nordeuropas<br />
ohne die Faszination der osmanischen<br />
Ornamentik? Und noch eine<br />
Jahrtausend-Wanderung: Einer, dessen<br />
Namen wir nicht kennen, erfindet in<br />
einem griechischen Talkessel das Amphitheater,<br />
wo viele Augen und Ohren<br />
gebannt verfolgen, was wenige dort auf<br />
der Bühne stellvertretend für alle verhandeln.<br />
Die Idee wandert durch die<br />
Welt, keine Kultur, die sie nicht übernommen<br />
hätte.<br />
Oder: aus den Tiefen des eurasischen<br />
Ostens wandert jahrhundertelang ein<br />
Schaukelrhythmus gen Westen, wird in<br />
Mitteleuropa zur Polka, überquert das<br />
Meer und wird — nach allerlei transkulturellen<br />
Rendevous — zum Swing. Vom<br />
Tango, dem italienisch- südamerikani-<br />
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schen Amalgam, könnten wir erzählen,<br />
der weltweit wandert, vom zwölftaktigen<br />
Klagegesang Blues der schwarzen<br />
Sklaven, der sich in den Bordellen von<br />
New Orleans mit dem europäischen<br />
Pianogeklimper der Weißen und der<br />
Marschmusik auf der Straße zur musikalischen<br />
Weltmacht Jazz verwandelt. 50<br />
Jahre nach seiner anonymen „Erfindung“<br />
erlebt er in der Rockmusik Großbritanniens<br />
noch einmal eine globale Neugeburt.<br />
Und wo anfangen, wo aufhören zu erzählen<br />
von der Poesie und vom Drama,<br />
die — sieht man nur genauer unter die<br />
Oberfläche der Gegenwart — allesamt<br />
Teil des großen, bunten Kulturteppichs<br />
sind, den die Family of Man gemeinsam<br />
webt: oft in herzlicher Uneinigkeit am<br />
Webstuhl. Greift nur hinein ins volle<br />
Menschenleben! ... und wo ihr’s packt, da<br />
ist es interessant. Nichts ist mehr auf der<br />
Wanderschaft als die Stoffe des Welttheaters:<br />
Ob die Storys einst unter altgriechischen<br />
Kleinkönigen spielen, ob<br />
im Verona des Mittelalters, ob in isländischen<br />
Stammeskriegen grauer Vorzeit,<br />
ob auf russischen Landgütern, norwegischen<br />
Kaufmannsfamilien, oder, wie in<br />
der Naunynstraße, in türkischen Wanderarbeiterquartieren<br />
— am Ende wird’s<br />
Welttheater, wenn es denn das Zeug<br />
dazu hat. Am Ende zählt die Verwandlung<br />
in Kunst, und sonst nichts.<br />
Das Neue, das Shermin Langhoff macht,<br />
ist der Verweis auf das uralte, unverbesserbare<br />
„vita brevis, ars longa“. Wir sind<br />
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aus dem Stoff, aus dem Träume gemacht<br />
sind, hat einer gesagt. Es sind die<br />
Träume und Albträume vieler Zeiten,<br />
vieler Sprachen, vieler Milieus, die unseren<br />
Kopf füllen, ob wir uns nun dieses<br />
polyzentrischen Erbes bewusst sind<br />
oder nicht.<br />
Nun aber sei die Kamera näher auf<br />
Shermin Langhoff gerichtet: Was sich in<br />
der Kultur unserer Migrationsgesellschaft<br />
abspielt, das haben wir — Musterschüler<br />
der Sozialstaatsidee — allzu lange<br />
nur als Problem des „social engineering“<br />
verstanden. Reibungslos sollte alles<br />
ablaufen. „Sprach-Erwerb“, wie das<br />
verräterisch-kaufmännische Wort heißt.<br />
„Integration“, in welchem Begriff die<br />
hoffnungslose Utopie steckt, beide<br />
Seiten könnten in ihrer Identität „integer“,<br />
unangetastet, vulgo ungeschoren<br />
davonkommen. Auf beiden Seiten der<br />
Integrationsdebatte, bei denen, die die<br />
Zuwanderer schützen wollen vor dem<br />
Verlust des Mitgebrachten, wie auf der<br />
Seite der „Eingeborenen“, der Aborigines<br />
der Mehrheitsgesellschaft, mit ihrem<br />
„Hergebrachten“, spukt noch Hölderlins<br />
in zwei Jahrhunderten Nationalismus<br />
heillos demoliertes Motto herum:<br />
„O heilig Herz der Völker, o Vaterland!“<br />
Was unsere Preisträgerin in die Welt<br />
bringt, hat all diese Neurosen, die —<br />
glaubt man Sigmund Freud — ja nichts<br />
anderes sind, als die Unfähigkeit zum<br />
„Abschied vom Gestern“, beherzt hinter<br />
sich gelassen. Exakt drei Kilometer Spa-<br />
Texte publik gemacht<br />
ziergang südöstlich von jenem Platz<br />
unter den Linden, wo Georg Friedrich<br />
Hegel seine geniale Formel vom „Aufheben“<br />
als Prozess der Kulturgeschichte<br />
fand, praktizieren Shermin Langhoff und<br />
ihre Freunde dieses „Aufheben“ als<br />
kreative Gedankenfabrik. „Aufgehoben“,<br />
also beendigt wird Migration als Defizit,<br />
als Bringschuld. „Aufgehoben“, also aus<br />
und vorbei ist es aber auch mit dem „we<br />
and them“ der einsprachigen Mehrheit.<br />
„Aufgehoben“ in die höhere Sphäre der<br />
Kunst ist am Ende alles: Der Abschiedsschmerz<br />
der einen wie der anderen, die<br />
Verletzungen der Konfrontation, und<br />
das Neue, das durch Reibung und Kollision<br />
entstanden ist.<br />
„Wir machen hier keinen Migrantenstadl<br />
sondern Kunst“, sagt Shermin<br />
Langhoff. Gut gebrüllt, Löwin! Die<br />
Kunst, unersättlich nach Talenten und<br />
Ideen, fragt nicht nach der Ethnie und<br />
nach Eintrittsbilletts, nicht einmal nach<br />
korrekter Grammatik. Sie nährt sich von<br />
Geschichten, Gesichten und Gesichtern,<br />
sie hat nur ein einziges Kriterium: bedeutungsvoll<br />
sein oder nicht sein, das ist<br />
hier die Frage!<br />
„Postmigrantisch“, so hat Shermin<br />
Langhoff ihr Theater genannt. Recht hat<br />
sie. Es ist längst Zeit, das, was in der<br />
Goodwill-Sprache des Sozialstaats „Förderung<br />
der Migrantenkultur“ heißt, aus<br />
der Pflicht zu befreien, sozialtherapeutisch<br />
zu sein. Wenn Menschen „nichtdeutscher<br />
Herkunft“, so das Gruselwort,<br />
in Deutschland Theater machen, dann<br />
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Texte publik gemacht<br />
nicht als verlängerter Arm der Integrationsbeauftragten.<br />
Was wir von allem<br />
Theater erwarten, dass es uns lachen<br />
und weinen macht, dass es uns das<br />
Eigene im Fremden und das Fremde im<br />
Eigenen fühlen lässt, dass es uns staunen<br />
lässt über die Macht der Gebärden und<br />
der Sprache — das ist, folgt man dem<br />
hymnischen Echo über die Ereignisse in<br />
Berlins Naunynstraße, der Kern von<br />
Shermin Langhoffs Arbeit.<br />
Und wie die Menschen eben sind —<br />
schaut man sie mit dem Vergrößerungsglas<br />
des Theaters nur genau an —<br />
dann geht es oft auch gründlich unkorrekt<br />
zu. Dass zur Humanität auch Vorurteile<br />
und Klischees, Hohngelächter,<br />
Karikatur und Aggression gehören, kurz:<br />
dass das altgriechische Theaterwort<br />
„Katharsis“ keine philosophische Antiquität,<br />
sondern eine aktuelle Regieanweisung<br />
ist, notfalls auch Krawall zu<br />
machen oder mit dem Revolver zu drohen,<br />
damit Schillerverse ordentlich<br />
deklamiert werden — hier lernt man es.<br />
Im Historischen Seminar, lang ist es her,<br />
habe ich einst aufgeschnappt, die drei<br />
Stufen bei der archaischen Gesellschaftsbildung<br />
seien „convivium, coniugium,<br />
coniuratio, will sagen: erst müssen<br />
die gegenseitig Fremden sich überwin-<br />
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den, gemeinsam zu essen. Später lässt<br />
man die Kinder heiraten, und Fremdheit<br />
schwindet weiter. Am Ende, duldsam<br />
geworden und der Vorteile der Mixtur<br />
aus dem Eigenen wie dem Anderen<br />
bewusst, gründet man dann Gesellschaft<br />
und Staat. Vielleicht habe ich<br />
vergessen, dass damals auch von einem<br />
vierten Schritt die Rede war, colludus<br />
oder so ähnlich müsste er wohl heißen —<br />
zusammen spielen. Das ist es. Wenn<br />
Friedrich Schiller Recht hat, dass wir<br />
Menschen erst im Spiel zu wahren Menschen<br />
werden, dann hat das postmigrantische<br />
Theater der Shermin Langhoff<br />
einen zutiefst zukunftsweisenden Sinn.<br />
Und wir KAIROS-Preisstifter gratulieren<br />
mit einem — habe ich richtig gezählt? —<br />
vierten, heute fälligen Weimar-Wort. Es<br />
lautet, leicht abgewandelt: „Von hier<br />
und heute geht eine neue Epoche der<br />
europäischen Theatergeschichte aus,<br />
und wir können sagen, wir sind dabei<br />
gewesen!“<br />
Prof. Dr. Christoph Stölzl ist seit 2006 Vorsitzender des KAIROS-Preiskuratoriums und<br />
seit 2004 Mitglied des <strong>Stiftung</strong>srates der <strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S.<br />
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Termine<br />
4. April — 28. Oktober - Siggener Kultursommer 2011<br />
Die ostholsteinische STEILKÜSTE gibt dem Siggener Kultursommer<br />
2011 seinen programmatischen Titel. Das Programm bietet<br />
einen Überblick über die Vielfalt der künstlerischen und wissenschaftlichen<br />
Begegnungen in unserer <strong>Stiftung</strong>sarbeit: Einmal<br />
mehr „hofieren“ wir in diesem<br />
Jahr die alte Musik und öffnen<br />
zugleich — ob Jazz, Pop oder<br />
Klassik — der jungen Avant-<br />
garde die Türen. Wir experimentieren<br />
mit komplexer<br />
Kunst in der Scheune und sehen<br />
klugen Vorträgen entgegen.<br />
Mit der Veranstaltungs-<br />
reihe ALLEIN mit Solowerken<br />
von Johann Sebastian Bach, zu<br />
der gesondert eingeladen<br />
werden wird, gedenken wir unserer verstorbenen <strong>Stiftung</strong>sratsvorsitzenden<br />
Birte <strong>Toepfer</strong> und fördern in ihrem Sinne durch eine<br />
Vielzahl von Konzerten unsere jungen Stipendiatinnen und Stipendiaten.<br />
Veranstaltungen von April bis Juni 2011:<br />
7. April • Konzert<br />
Anna Depenbusch und ihre Lieder<br />
6. Mai • Konzert<br />
Valentino Worlitzsch & Maria Guignard — Cello & Klavier<br />
17. Mai • Konzert<br />
"barockwerk" — Barockinstrumente & Gesang<br />
9. Juni • Vernissage & Konzert<br />
19.00 Uhr KOMPLEX Nr. 3 — Kunst in der Scheune<br />
Installation von Wannes Goetschalckx, Belgien<br />
20.00 Uhr Trio Imàge — Cello, Violine & Klavier<br />
Termine<br />
<strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S. www.toepfer-fvs.de
Termine<br />
28. Juni • Konzert<br />
Petar Hristov & Begleitung — Oboe & Klavier<br />
Die Veranstaltungen finden jeweils um 20.00 Uhr im<br />
Seminarzentrum Gut Siggen statt. Der Eintritt ist in der Regel frei.<br />
Eine Rechtzeitige Anmeldung ist erforderlich, da die Anzahl der<br />
Plätze begrenzt ist.<br />
Anmeldung und Auskünfte: Uta Gielke | Tel: 0 40-33 402 14<br />
Email: gielke@toepfer-fvs.de<br />
19. Mai —15. Juli 2011 Njál, Kjartan und die Anderen — ein fotografischer<br />
Streifzug durch das sagenhafte Island“ von Kirsten Haarmann<br />
Die Fotoserie „ Njál, Kjartan<br />
und die Anderen“ ist das Ergebnis<br />
einer Reise rund um Island<br />
auf den Spuren alter Sagatexte.<br />
Inspiriert durch die Begegnung<br />
mit dem isländischen<br />
Autor und KAIROS-Preisträger<br />
2010 Andri Magnason und<br />
durch das Projekt „Sagenhaftes<br />
Island“ der Frankfurter Buchmesse machte sich die Fotografin<br />
Kirsten Haarmann auf den Weg in den hohen Norden, zu den<br />
Schauplätzen der alten Schriften. Dabei orientierte sie sich unter<br />
anderem an einer deutschen Übersetzung der Laxdæla saga, die sie<br />
auf einem Flohmarkt in Reykjavík entdeckte und an der Njáls Saga,<br />
die zu den berühmtesten der isländischen Sagas zählt.<br />
Mit ihren Bildern<br />
will Kirsten Haarmann auf die isländische Kultur<br />
und Landschaft neugierig machen und mit Hilfe von Auszügen<br />
aus den Sagas das Interesse an den uralten Texten wecken, die mit<br />
ihren Themen nach wie vor auf unsere heutige Zeit übertragbar<br />
sind.<br />
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Februar — 15. April 2011<br />
Ausstellung - Die Weiße Rose - Der Widerstand von Studenten<br />
gegen Hitler, München 1942/43<br />
Die Weiße Rose steht für Zivilcourage<br />
und mutiges Aufbegehren gegen die NS<br />
Diktatur. Die studentische Widerstandsgruppe<br />
um die Geschwister Scholl und<br />
Alexander Schmorell verbreitete in München<br />
ab Juni 1942 selbst verfasste Flugblätter,<br />
nannte darin die Verbrechen des<br />
Regimes beim Namen und rief die Bevölkerung<br />
zum Widerstand auf. Nur wenig<br />
ist bekannt, dass der Widerstand<br />
der Weißen Rose bis nach Hamburg<br />
reichte. Die Ausstellung der Weiße Rose <strong>Stiftung</strong> e.V. beschäftigt<br />
sich mit der Entstehung, den Mitgliedern und den Aktionen<br />
der Weißen Rose, dem Widerstand von Studenten gegen Hitler<br />
in München in den Jahren 1942/43. Ein Sonderteil der Ausstellung<br />
widmet sich dem Hamburger Zweig der Weißen Rose am<br />
Beispiel von Traute Lafrenz.<br />
Die Ausstellung ist Teil der Veranstaltungsreihe<br />
»Hamburg und<br />
die Weiße Rose«, die von der Körber-<strong>Stiftung</strong> und der Weiße Rose<br />
<strong>Stiftung</strong> e.V. initiiert worden ist.<br />
Hinweis:<br />
Samstag, 9.<br />
April 2011, 14.00 - 17.00 Uhr<br />
Stadtrundfahrt zu Erinnerungsorten der Weißen<br />
Rose Hamburg,<br />
Leitung Dr. Magnus Koch<br />
Treffpunkt Galerie im Georgshof<br />
Anmeldung unbedingt erforderlich<br />
unter luthe@toepfer-fvs.de<br />
oder 040-334 02 16 | Kostenbeitrag 5 Euro<br />
Öffnungszeiten der Galerie im Georgshof: Mo — Do: 14 — 17 Uhr,<br />
Fr: 14 — 16 Uhr. Eine Einladung zur Ausstellungseröffnung wird<br />
Ihnen auf Wunsch zugesendet, Kontakt: luthe@toepfer-fvs.de<br />
Termine<br />
<strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S. www.toepfer-fvs.de
Termine<br />
<strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S. www.toepfer-fvs.de<br />
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Wir freuen uns über Ihre Beiträge.<br />
Ihre Projekte<br />
Das Netzwerk<strong>magazin</strong> soll ein möglichst breites Bild von allen Aktivitäten<br />
rund um die <strong>Stiftung</strong> vermitteln. Deshalb freuen wir uns<br />
über Hinweise auf Ihre Projekte. Auch Links und Terminankündigungen<br />
sind interessant.<br />
Ihr Beitrag im Magazin<br />
Haben Sie eine Idee für einen Bericht, eine Reportage? Gibt es für<br />
die Alumni interessante Neuigkeiten aus Sofia, London, Zagreb,<br />
Warschau, Paris . . . ? Möchten Sie Auszüge aus Ihrem literarischen<br />
Schaffen veröffentlichen, eine Ausstellung, Veranstaltung oder ein<br />
Wissenschaftsprojekt ankündigen? Das Magazin lebt von Ihren Beträgen.<br />
Senden Sie uns Ihre Texte oder kontaktieren Sie uns, um<br />
ihren Beitrag abzusprechen.<br />
Ihre Texte publik gemacht<br />
Unter der Rubrik Texte publik gemacht veröffentlicht die <strong>Alfred</strong><br />
<strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S. regelmäßig ausgewählte Vorträge, Reden<br />
und Texte aus dem <strong>Stiftung</strong>sgeschehen sowie Abstracts wissenschaftlicher<br />
Arbeiten. Hier können Sie auch Auszüge und Abstracts<br />
Ihrer Studienarbeiten und Dissertationen veröffentlichen.<br />
Gern nehmen wir Ihre Vorschläge und Texte entgegen.<br />
Wir informieren ebenfalls gern über Buchveröffentlichungen der<br />
<strong>Toepfer</strong>-Alumni. Wenn Sie etwas veröffentlicht haben, senden Sie<br />
bitte eine kurze Notiz.<br />
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Redaktion: Solveig Behr (sob)<br />
Dr. Antje Mansbrügge<br />
Beiträge Dr. Antje Mansbrügge (am)<br />
Christina Howe (ch)<br />
Ansgar Wimmer (aw)<br />
Uta Gielke (ug)<br />
Tatjana Wackerow (tw)<br />
Hélène Ericke (he)<br />
Friederike Trudzinski (ft)<br />
Herausgeberin:<br />
<strong>Alfred</strong> <strong>Toepfer</strong> <strong>Stiftung</strong> F.V.S.<br />
Georgsplatz 10, 20099 Hamburg<br />
Bildnachweise: Elin Hansdottir (Titel),<br />
Dennis Conrad (5), Murmann Verlag (6),<br />
Kirsten Haarmann (10,19,20,34), Stefan<br />
Krasser (15), Frîa Hagen (25), NNA (27)<br />
Kontakt: (040) 33 402 26<br />
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