06.01.2013 Aufrufe

Berufsrechtliche Rechtsprechung - BRAK-Mitteilungen

Berufsrechtliche Rechtsprechung - BRAK-Mitteilungen

Berufsrechtliche Rechtsprechung - BRAK-Mitteilungen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

248 <strong>Berufsrechtliche</strong> <strong>Rechtsprechung</strong> <strong>BRAK</strong>-Mitt. 5/2005<br />

nicht in einem Mandatsverhältnis zu dem werbenden Anwalt<br />

stehen, führt für sich genommen nicht zur Unzulässigkeit der<br />

Werbung (BGH, „Anwaltsrundschreiben“, a.a.O.).<br />

Verbotene Werbung<br />

um ein konkretes<br />

Einzelmandat<br />

Weitere berufsrechtliche <strong>Rechtsprechung</strong><br />

Verboten ist dem RA hingegen<br />

eine Werbung umein konkretes<br />

Einzelmandat, wenn also für den<br />

RA erkennbar in einer bestimmten<br />

Einzelangelegenheit bei dem<br />

potenziellen Mandanten bereits ein Beratungs- und/oder Vertretungsbedarf<br />

entstanden ist und der Werbende dies in Kenntnis<br />

der Umstände zum Anlass für seine Werbung nimmt (Hans.<br />

OLG, NJW 2004,1668, 1669 m.w.N.).<br />

Speziell für die Werbung um geschädigte Kapitalanleger haben<br />

das Hanseatische OLG Hamburg inder eben zitierten Entscheidung<br />

und das OLG München (NJW 2002, 760) es für erlaubt<br />

angesehen, wenn Anwälte auf ihrer Homepage für ihre Tätigkeit<br />

werben, über Klageverfahren berichten und andere Anleger<br />

des betroffenen Personenkreises aufgefordert werden, über<br />

ein abrufbares Erfassungsformular oder Honorarvereinbarungen<br />

und Vollmachten mit den Anwälten in Kontakt zu treten.<br />

Das OLG Düsseldorf hat die Verteilung eines nicht persönlich<br />

adressierten Rundschreibens an die Mieter eines bestimmten<br />

Vermieters für zulässig gehalten, in dem ein Anwaltsbüro auf<br />

ein von ihm erstrittenes Urteil zu einer Mietvertragsklausel hinwies,<br />

die Übersendung des Urteils unter Angabe einer Servicenummer<br />

anbot und zugleich erklärte, den Mietvertrag des<br />

jeweiligen Anrufers gegen Bezahlung zu untersuchen und bei<br />

bereits aktuellen Differenzen mit dem Vermieter sofort tätig zu<br />

werden (NJW 2003, 363).<br />

bb) Auch vor dem Hintergrund der vorstehend dargestellten,<br />

inzwischen deutlich liberaleren Rspr. sind die Schreiben an<br />

Herrn S. nicht mehr mit § 43b BRAO vereinbar:<br />

Zum Schreiben v. 22.12.2003: Es kann dahinstehen, ob dieses<br />

Schreiben noch dem Sachlichkeitsgebot genügt, soweit es um<br />

die von der Astin. beanstandete, möglicherweise zu vollmundige<br />

Äußerung geht, für einen rechtsschutzversicherten Anleger<br />

sei das Verfahren „praktisch kostenfrei“ und Steuervorteile<br />

seien nicht zurückzubezahlen. Jedenfalls ist dem LG darin<br />

zuzustimmen, dass dieses Schreiben in nicht mehr hinnehmbarer,aufdringlicher<br />

Weise auf die Erteilung eines Auftrags in<br />

einem konkreten Einzelfall gerichtet ist.<br />

Dem namentlich angeschriebenen Adressaten wird hier mitgeteilt,<br />

dass sich sein Risiko wegen fehlerhafter Aufklärung über<br />

eine Wirtschaftlichkeitsklausel bereits erheblich erhöht habe<br />

und sich fortlaufend weiter erhöhe. Es gehe für die Anleger<br />

jetzt darum, den durch die „wertlose“ Fondsbeteiligung entstandenen<br />

Schaden zu reduzieren. Dies kann der Adressat nur<br />

so verstehen, dass auch in seinem Fall bereits ein erheblicher<br />

Schaden entstanden ist.<br />

Zugleich weisen die Ag. mehrfach auf die drohende Verjährung<br />

der Ansprüche hin, berufen sich auf eine bereits erhobene<br />

Klage „in einem völlig gleich gelagerten Fall“ und übersenden<br />

als Anlagen zu dem Schreiben eine vorbereitete Prozessvollmacht<br />

und einen Fragebogen. Weiter wird „dringend“ umdie<br />

Übersendung des Zeichnungsscheins, Angaben zu einer<br />

Rechtsschutzversicherung und eine Darstellung gebeten, wie<br />

der Adressat für den Fonds geworben wurde.<br />

Nimmt man dies alles zusammen,<br />

wird der durchschnittliche<br />

Empfänger eines solchen Schreibens<br />

in „Angst und Schrecken“<br />

versetzt. Er wird angesichts der<br />

mehrfach erwähnten drohenden Verjährung kaum eine andere<br />

Möglichkeit sehen, als eilends die Ag. mit einer Klage zu<br />

beauftragen, um zu retten, was noch zu retten ist. Dies lässt<br />

sich auch nicht mehr mit der Einlassung der Ag. rechtfertigen,<br />

die getäuschten Anleger hätten „wachgerüttelt“ werden müssen.<br />

Auch nach Auffassung der Ag. bestand im Übrigen kein so<br />

großer Zeitdruck, wie es in dem Schreiben zum Ausdruck<br />

kommt, denn etwaige Prospektansprüche verjährten frühestens<br />

am 31.12.2004.<br />

Der Verstoß gegen § 43b BRAO ist bei einer Gesamtwürdigung<br />

dieses Schreibens darin zu sehen, dass die Ag. auf bestimmte,<br />

namentlich angesprochene Personen zugingen, bei denen sich<br />

ihrer Meinung nach bereits ein konkreter Schaden verwirklicht<br />

hatte, und in einer Kombination von aufgebautem Zeitdruck,<br />

Darstellung eigener Kompetenz und Erfahrung sowie unter<br />

Hinweis auf die Gefahr sich weiter vergrößernder Schäden<br />

gezielt auf eine eigene Mandatierung hingewirkt haben. Ein<br />

solches Vorgehen ist auch unter Berücksichtigung der Grundrechteder<br />

Ag. nicht mehr mit § 43bBRAO vereinbar.Es besteht<br />

insbesondere ein deutlicher Unterschied zu dem vom Hanseatischen<br />

OLG entschiedenen Fall, in dem auf einer Homepage<br />

geworben wurde.<br />

Direkte persönliche<br />

Kontaktaufnahme<br />

Schreiben versetzt<br />

in „Angst und<br />

Schrecken“<br />

Denn durch diese Werbung<br />

wurde der potenzielle Mandant<br />

nicht direkt persönlich angesprochen,<br />

sondern er hatte gerade<br />

dieMöglichkeit, sichfrei zu entscheiden, ober mit der werbenden<br />

Kanzlei in Kontakt treten will.<br />

Ebenfalls wettbewerbswidrig ist das weitere Schreiben v.<br />

8.1.2004 an S., jedenfalls im Zusammenhang mit dem vorhergehenden<br />

Schreiben v. 22.12.2003. Hierin stellen die Ag. vertieft<br />

dar,dass sich der Schaden des Adressaten schon realisiert<br />

habe, da sich einzelne Energieabnehmer auf die Wirtschaftlichkeitsklausel<br />

berufen hätten. Da dem Adressaten durch die<br />

Beteiligung „erheblicher Schaden“ entstanden sei, könne er<br />

sicher nachvollziehen, warum derart viele Gesellschafter Schadensersatzansprüche<br />

geltend machten. Weiter wird der Adressat<br />

darauf hingewiesen, dass er bei einer Klage wegen Prospekthaftung<br />

keine Steuervorteile zurückzahlen müsste. Insgesamt<br />

wird der Adressat dieses Schreiben als nochmalige „Überzeugungsarbeit“<br />

verstehen, nunmehr der bereits mit Schreiben<br />

v. 22.12.2003 geleisteten Aufforderung der Ag. Folge zu leisten<br />

und sich der für das Frühjahr angekündigten Sammelklage<br />

„hunderter“ Anleger durch Mandatierung der Ag. anzuschließen.<br />

Zutreffend hat das LG daher auch dieses Schreiben als<br />

einen Verstoß gegen § 43b BRAO gewertet.<br />

6. Für den Unterlassungsanspruch sind sämtliche Ag. passivlegitimiert,<br />

auch wenn die noch streitgegenständlichen Schreiben<br />

aus dem Büro inA. stammen, in dem die Ag. zu 3 und 4<br />

tätig sind. Nach der zumindest im Außenverhältnis gegebenen<br />

Kanzleistruktur haften die Ag. zu 1 und 2 jedenfalls als Störer,<br />

da sie überwiegend wahrscheinlich die rechtliche Möglichkeit<br />

haben, wettbewerbswidrige Mandantenwerbung durch die Ag.<br />

zu 3 und 4 zu unterbinden.<br />

Die 5. Sitzung der 3. Satzungsversammlung findet am 7.11.2005<br />

in Berlin statt.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!