Berufsrechtliche Rechtsprechung - BRAK-Mitteilungen
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236 <strong>Berufsrechtliche</strong> <strong>Rechtsprechung</strong> <strong>BRAK</strong>-Mitt. 5/2005<br />
Satz 1BORA einer am Grundrecht der Berufsfreiheit ausgerichteten<br />
Auslegung dieser Bestimmung.<br />
Gestaltung und Verwendung des Briefkopfes oder -bogens<br />
einer Anwaltskanzlei stellt hier ein werbendes Verhalten dar,<br />
das darauf abzielt, den Verkehr für die Inanspruchnahme von<br />
Leistungen dieser Kanzlei zu gewinnen (vgl. BGH, Urt. v.<br />
17.4.1997 –IZR 219/94, NJW 1997, 3236, 3237; Senatsbeschl.<br />
v.12.2.2001 –AnwZ [B] 11/00, NJW 2001, 1573, 1574<br />
und v. 23.9.2002 –AnwZ [B] 67/01, NJW 2003, 346). Als solches<br />
ist es Bestandteil der Berufsausübungsfreiheit (Art. 12<br />
Abs. 1GG). Das ist bei der Anwendung und Auslegung der die<br />
anwaltlichen Werbemaßnahmen einschränkenden Bestimmungen<br />
der § 43b, § 59b Abs. 2 Nr.3 BRAO i.V.m. §§8ff. BORA<br />
mit der Maßgabe zu berücksichtigen, dass in jedem Einzelfall<br />
nicht die Gestaltung der Anwaltswerbung, sondern deren Einschränkung<br />
einer besonderen Rechtfertigung bedarf (vgl.<br />
BGHZ 147, 71, 74f.; Senatsbeschl. v. 17.12.2001, a.a.O.,<br />
609).<br />
Hinreichende Gründe des Gemeinwohls (vgl. BVerfGE 106,<br />
181, 191 f.), die ein Verbot rechtfertigen könnten, auf Kooperationen<br />
mit Angehörigen nicht sozietätsfähiger Berufe hinzuweisen,<br />
vermag der Senat indes nicht zu erkennen. Es entspricht<br />
allgemeiner Auffassung –auch der der Bfin. –, dass Kooperationen<br />
zwischen RAen und nicht sozietätsfähigen Personen<br />
grundsätzlich zulässig sind (vgl. Feuerich/Weyland, BRAO,<br />
6. Aufl., §59a BRAO Rdnr.40; Hartung in Henssler/Prütting ,<br />
BRAO, 2. Aufl., § 59a Rdnr.125; Römermann in Hartung/Holl ,<br />
Anwaltliche Berufsordnung, 2. Aufl., vor § 59a Rdnr.161).<br />
Hinweis dient<br />
Interessen der<br />
Rechtsuchenden<br />
Anwaltsgerichtliche <strong>Rechtsprechung</strong><br />
Eine Zusammenarbeit mit Angehörigen<br />
nicht sozietätsfähiger<br />
Berufe, etwa eines im Arzthaftungsrecht<br />
tätigen Anwalts mit<br />
einem Mediziner oder eines im<br />
Baurecht tätigen RA mit einem Bausachverständigen, erscheint<br />
auch sinnvoll und dient den Interessen der Rechtsuchenden an<br />
einer sachgerechten und qualifizierten Beratung in entsprechenden<br />
Rechtsangelegenheiten. Ist jedoch eine Form der<br />
Berufsausübung zulässig, soist deren Kundgabe auch grundsätzlich<br />
durch das anwaltliche Werberecht gedeckt (vgl.<br />
Senatsbeschl. v. 12.2.2001 – AnwZ [B] 11/00, NJW 2001,<br />
1573, 1574). Bei verfassungskonformer Auslegung ist daher der<br />
Begriff der Kooperation in § 8Satz 1BORA so zu verstehen,<br />
dass er auch eine auf Dauer angelegte und verfestigte Zusammenarbeit<br />
mit nicht sozietätsfähigen Personen erfasst (im<br />
Ergebnis ebenso Feuerich/Weyland, a.a.O., § 8BORA Rdnr.6<br />
und 7; Hartung in Henssler/Streck , Sozietätsrecht, Kap. J,<br />
Rdnr.48; Kleine-Cosack , BRAO, 4. Aufl., §8 BORA Rdnr.5<br />
a.E.; Römermann in Hartung/Holl ,a.a.O., § 8BORA Rdnr.67).<br />
c) Das von der Bfin. hiergegen angeführte Argument, eine solche<br />
Deutung führe zu einer ungerechtfertigten „Privilegierung“<br />
der Kooperation gegenüber der Bürogemeinschaft, geht fehl.<br />
Eine Bürogemeinschaft, bei der Räume, Personal und sonstige<br />
Betriebsmittel gemeinsam genutzt werden, stellt besondere<br />
Anforderungen an die Wahrung der anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht.<br />
Der Gesetzgeber hat daher im Interesse des<br />
rechtsuchenden Publikums in §59a Abs. 4 BRAO die Bürogemeinschaften<br />
den Sozietäten gleichgestellt, damit sichergestellt<br />
ist, dass die mit einem RA in einem Büro Tätigen in gleicher<br />
Weise wie der RA selbst der Verschwiegenheit und den<br />
damit korrespondierenden Aussageverweigerungsrechten und<br />
Beschlagnahmeverboten unterfallen (vgl. hierzu Feuerich/Weyland,<br />
a.a.O., § 59a Rdnr.28). Bei einer Kooperation, die – wie<br />
hier –nicht mit einer Bürogemeinschaft verbunden ist, greift<br />
dieser Gesichtspunkt nicht. Zwar wird der RA vor Einschaltung<br />
des Kooperationspartners stets mit Blick auf seine Verschwiegenheitspflicht<br />
das Einverständnis seines Mandanten einzuho-<br />
len haben. Insoweit liegt jedoch der Fall nicht anders als bei<br />
Beauftragung eines Sachverständigen, mit dem der RA in keinem<br />
Kooperationsverhältnis steht.<br />
Kooperation/<br />
Bürogemeinschaft<br />
Es liegen daher – worauf bereits<br />
der AGH zutreffend hingewiesen<br />
hat – unterschiedlich gelagerte<br />
Sachverhalte vor,bei denen sich<br />
eine vergleichende Betrachtung im Sinne einer „Privilegierung“<br />
oder „Schlechterstellung“ verbietet. Im Übrigen steht es auch<br />
Mitgliedern einer Bürogemeinschaft i.S.d. § 59a Abs. 4BRAO<br />
frei, außerhalb der Bürogemeinschaft eine Kooperation mit<br />
nicht sozietätsfähigen Personen einzugehen und auf diese im<br />
Rechtsverkehr hinzuweisen.<br />
d) Schließlich kann auch nicht die von der Agin. befürchtete<br />
Gefahr einer Irreführung des rechtsuchenden Publikums festgestellt<br />
werden. Dass ein Architekt nicht in gleicher Weise wie<br />
ein RA der Pflicht zur Verschwiegenheit unterliegt, kann – wie<br />
der AGH zutreffend ausgeführt hat – inder Bevölkerung als allgemein<br />
bekannt vorausgesetzt werden. Nichts anderes gilt mit<br />
Blick auf die übrigen als Kooperationspartner in Betracht kommenden<br />
nicht sozietätsfähigen Berufsgruppen.<br />
Syndikusanwalt – zur Anerkennung besonderer praktischer<br />
Erfahrungen<br />
FAO § 5Satz 1<br />
*1. Unter Berücksichtigung der Tragweite des Grundrechts der<br />
Berufsausübungsfreiheit ist die Frage, ob die von einem RA in seiner<br />
Syndikustätigkeit bearbeiteten Fälle imRahmen des § 5FAO<br />
berücksichtigungsfähig sind, danach zu beurteilen, ob und inwieweit<br />
hinsichtlich der betreffenden Fälle nach den konkreten<br />
Umständen eine selbstständige, d.h. eine eigenständige und von<br />
fachlichen Weisungen freie Bearbeitung durch den Syndikus<br />
gewährleistet war.<br />
*2. Die Bearbeitung von Fällen als Syndikusanwalt reicht allein<br />
nicht aus, umdie notwendige praktische Erfahrung „als RA“nachzuweisen.<br />
Es bedarf daneben vielmehr auch der Bearbeitung<br />
einer erheblichen Anzahl nicht unbedeutender Mandate imRahmen<br />
einer selbstständigen anwaltlichen Tätigkeit. Nur durch eine<br />
solche Tätigkeit kann dem Syndikusanwalt die Erfahrung für die<br />
Organisation des Berufsalltages eines niedergelassenen Anwalts<br />
vermittelt werden.<br />
*3. An dieser Auslegung des § 5Satz 1FAO hat sich auch durch<br />
die zum 1.7.2003 in Kraft getretene Neuformulierung („persönlich<br />
und weisungsfrei“ anstelle des früheren „selbstständig“)<br />
nichts geändert. Noch immer müssen für die Gestattung des Führens<br />
der Fachanwaltsbezeichnung besondere praktische Erfahrungen<br />
aus einer Berufserfahrung „als RA“ und nicht aus einer<br />
berufsfremden Erfahrung resultieren.<br />
Niedersächsischer AGH, Beschl. v. 15.7.2005 –AGH 6/05 (n.r.)<br />
Volltext unter www.brak.de<br />
Mitwirkungspflicht im Zulassungsverfahren<br />
BRAO § 36a<br />
*1. Den Bewerber um die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft trifft<br />
eine Mitwirkungspflicht an der Aufklärung des Sachverhalts. Er<br />
hat durch seine Mitwirkung die Ermittlungen zu fördern und die<br />
von der RAK ermessensfehlerfrei als erheblich angesehenen<br />
Umstände zu offenbaren. Die Verpflichtung des Bewerbers<br />
umfasst auch die Erteilung von Auskünften.<br />
*2. Maßgeblicher Zeitpunkt für das Vorliegen der Zulassungsvoraussetzungen<br />
ist nicht der Tagder Antragstellung, sondern der<br />
Zeitpunkt der Zulassung durchdie RAK. Dies folgt aus § 14 Abs. 1