Berufsrechtliche Rechtsprechung - BRAK-Mitteilungen
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<strong>BRAK</strong>-Mitt. 5/2005 Pflichten und Haftung des Anwalts 233<br />
Computerschrift. Schon nach den Vorgaben des GemsOGB<br />
reichte dies für einen formwirksamen Schriftsatz nicht aus. Der<br />
BGH geht aber nun noch weiter: Nach der Neufassung des<br />
§130 Nr.6 ZPO, der im 2.Halbsatz ausdrücklich das Telefax<br />
nennt, sei in jedem Fall –damit nach Ansicht des Senats auch<br />
beimComputerfax –ein handschriftlicher Namenszugerforderlich.<br />
Die eingescannte Unterschrift sei hierfür ausreichend,<br />
aber auch erforderlich, der Name des RA in Computerschrift<br />
reiche hingegen nicht aus. Insbesondere bezweifelt der Senat<br />
aber auch, dass der vom GemsOGB benannte Hinweis auf die<br />
fehlende Unterschrift nach Einfügung des § 130 Nr.6 Halbs. 2<br />
ZPO ausreiche, konnte dies aber hier offen lassen.<br />
Das Fehlen einer (zumindest eingescannten) Unterschrift könne<br />
ausnahmsweise dann unschädlich sein, wenn –imEinklang<br />
mit der bisherigen <strong>Rechtsprechung</strong> –die Umstände eine der<br />
Unterschrift vergleichbare Gewähr dafür bieten, dass das<br />
Schriftstück von einer postulationsfähigen Person stammt und<br />
mit deren Willen inden Rechtsverkehr gebracht worden ist. Da<br />
die Schriftsätze inder Praxis vielfach von Korrespondenzanwälten,<br />
wissenschaftlichen Mitarbeitern oder nicht am Rechtsmittelgericht<br />
zugelassenen Sozien gefertigt würden, sei der<br />
bereits eingefügte Name des RA kein Zeichen dafür, dass dieser<br />
bereits die Verantwortung übernommen habe. Dieses Argument<br />
ist plausibel. Es gilt jedoch gleichermaßen für eine eingescannte<br />
Unterschrift oder den vom GemsOGB geforderten Hinweis.<br />
In letzter Konsequenz würde sich die Versendung auf<br />
elektronischem Wege gänzlich verbieten, da der verantwortliche<br />
RA gar keine Möglichkeit hat, sein Placet zu dokumentieren,<br />
es sei denn, er bedient sich der qualifizierten elektronischen<br />
Signatur gemäß § 130a ZPO. Diese ist ja der eigentliche<br />
Ersatz für die handschriftliche Unterschrift, auch wenn sie in<br />
erster Linie auf das Schriftformerfordernis gemäß §126 BGB<br />
abzielt. Die qualifizierte elektronische Signatur ist die einzige<br />
Methode, einen Schriftsatz eindeutig dem Verantwortungsbereich<br />
des signierenden Anwalts zuzuordnen.<br />
Die Entscheidung des GemsOGB hatte inErmangelung dieser<br />
technischen und rechtlichen Möglichkeiten im Jahr 2000 eine<br />
goldene Brücke zu Gunsten des technischen Fortschritts<br />
gebaut. Der XI. Zivilsenat erachtet diese <strong>Rechtsprechung</strong> zu<br />
Recht als überholt. Für E-Mails ist die Signatur der geeignete<br />
Ersatz für die Unterschrift. Für das Computerfax bringt die Signatur<br />
allerdings nicht die Lösung. Aufgrund seiner Zwitterstellung<br />
zwischen E-Mail und Fax funktionieren weder Unterschrift<br />
noch Signatur. Insofern muss man an sich zu der Erkenntnis<br />
gelangen, dass das Computerfax kein geeignetes Medium für<br />
Schriftsätze darstellt. Da es aber nun einmal als zulässiges<br />
Übertragungsmittel vom GemsOGB anerkannt wurde, muss<br />
man Abstriche bei der Formwirksamkeit hinnehmen. Ob aber<br />
nun eine eingescannte Unterschrift enthalten ist oder nur der<br />
computergeschriebene Name – sei es mit oder ohne Hinweis<br />
auf die fehlende Unterschrift –, macht qualitativ keinen Unterschied.<br />
Insofern erscheint die Forderung des XI. Zivilsenats<br />
nach einer eingescannten Unterschrift nicht berechtigt. Dennoch<br />
sollte man ab sofort auf die eingescannte Unterschrift<br />
zurückgreifen, da dem Vertrauen darauf, dass der vom<br />
GemsOGB geforderte Hinweis ausreicht, nun die Grundlage<br />
entzogen ist!<br />
Blankounterschrift für Berufungsbegründung<br />
Rechtsanwältin Antje Jungk<br />
Ein mittels Blankounterschrift des Rechtsanwalts weisungsgemäß<br />
erstellter bestimmender Schriftsatz erfüllt die gesetzlichen Formerfordernisse<br />
nur, wennder Anwalt den Inhalt des Schriftsatzes so<br />
genau festgelegt hat, dass er dessen eigenverantwortliche Prüfung<br />
bestätigen kann. An einer solchen Festlegung fehlt es, wenn der<br />
Entwurf einer Berufungsbegründung nach stichwortartig fixierten<br />
<strong>Rechtsprechung</strong>sleitsätze<br />
Vorgaben des Anwalts durch einen Referendar inhaltlich überarbeitet<br />
wird, ohne dass der Anwalt die endgültige Fassung der<br />
Berufungsbegründung kennt.<br />
BGH, Beschl. v. 23.6.2005 –VZB45/04, NJW 2005, 2709<br />
Anmerkung:<br />
Eine Berufungsbegründung wurde am Tagdes Fristablaufs kurz<br />
vor Mitternacht an das Berufungsgericht gefaxt. Die letzten drei<br />
Seiten des Schriftsatzes, darunter die letzte Seite mit der Unterschrift<br />
des Prozessbevollmächtigten, gingen jedoch erst nach<br />
24.00 Uhr, also verspätet bei Gericht ein. Im Wiedereinsetzungsantrag<br />
machte der Anwalt geltend, es läge kein Anwaltsverschulden<br />
vor,da die Fristversäumung auf einem Fehler seines<br />
Rechtsreferendars beruhe. Dieser habe die Berufungsbegründung<br />
entworfen. Der Anwalt habe sie durchgesehen, mit dem<br />
Referendar besprochen und ihm Ergänzungen und Änderungen<br />
aufgegeben, die der Anwalt handschriftlich und stichwortartig<br />
fixiert habe. Gegen 21.00 Uhr habe der Anwalt die Kanzlei verlassen<br />
müssen. Er habe die noch nicht fertiggestellte Berufungsbegründung<br />
unterschrieben und den Referendar angewiesen,<br />
den Schriftsatz ergänzt um die noch ausstehenden Änderungen<br />
per Fax an das Berufungsgericht zu senden, wo er allerdings erst<br />
20 Sekunden nach Mitternacht vollständig einging.<br />
Die weiteren Einzelheiten der Fristversäumung sind hier nicht<br />
von Interesse, da das Landgericht den Wiedereinsetzungsantrag<br />
zurückgewiesen und die Berufung mit der Begründung verworfen<br />
hat, die Begründungsschrift genüge schon nicht den gesetzlichen<br />
Formerfordernissen, weil der Prozessbevollmächtigte sie<br />
vor Fertigstellung blanko unterschrieben habe. Der BGH hat<br />
die dagegen gerichtete Rechtsbeschwerde zurückgewiesen.<br />
Die Berufungsbegründung müsse das Ergebnis der geistigen<br />
Arbeit des Berufungsanwalts sein (st. Rspr., vgl. BGHZ 37, 156,<br />
159 f; BGH, NJW 1989, 3022; NJW 1989, 394; VersR 1969,<br />
617; VersR 1962, 1204; LM §519 ZPO Nr.37). Zwar sei der<br />
Anwalt nicht gehindert, die Berufungsbegründung von anderen<br />
Personen, etwa – wie hier – von einem Referendar, vorbereiten<br />
zu lassen. Erforderlich sei aber,dass der unterzeichnende Anwalt<br />
die Berufungsbegründung selbstständig prüft und aufgrund der<br />
Prüfung die volle Verantwortung für den Schriftsatz übernimmt<br />
(BGHZ 97, 251, 253 f.; BGH, NJW-RR 1998, 574; NJW 1989,<br />
394 m.w.N.). Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts<br />
habe der Anwalt nur den Entwurf der Berufungsbegründung –<br />
die Rechtsbeschwerde spricht insoweit von einer „Rohfassung“–<br />
unterschrieben und die Kanzlei verlassen. Der endgültige Inhalt<br />
des dem Berufungsgericht übermittelten Schriftsatzes sei ihm<br />
folglich unbekannt gewesen. Das schließe die Annahme aus, er<br />
habe den Schriftsatz eigenverantwortlich geprüft.<br />
Rechtsanwalt Holger Grams<br />
Rechtzeitiger Einwurfinden Nachtbriefkasten muss bewiesen<br />
werden<br />
Für die Behauptung, ein Schriftsatz sei fristwahrend inden Nachtbriefkasten<br />
eingeworfen worden, reicht die Glaubhaftmachung<br />
durch eidesstattliche Versicherung nicht aus, sondern es muss auf<br />
Zeugenvernehmungen oder andere Beweismittel zurückgegriffen<br />
werden.<br />
BGH, Beschl. v. 14.6.2005 –VI ZB 10/05<br />
Anmerkung:<br />
Das Berufungsgericht hatte die Berufung als unzulässig verworfen,<br />
weil ein die Wiedereinsetzung zurückweisender Beschluss<br />
rechtskräftig geworden war. Wieder einmal wurde verkannt,<br />
dass es um die Frage der Wiedereinsetzung nur dann gehen<br />
kann, wenn überhaupt eine Frist versäumt wurde. Diese Frage<br />
war also zunächst zu klären. Für die Prüfung der Rechtzeitigkeit<br />
des Eingangs bei Gericht gelten die normalen Beweisre-