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Berufsrechtliche Rechtsprechung - BRAK-Mitteilungen

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<strong>BRAK</strong>-Mitt. 5/2005 Aufsätze 223<br />

Hawickhorst, Effektivität des Rechtsschutzes vor den Schiedsgerichten und den staatlichen Gerichten<br />

ähnelt die Schlichtung bezüglich äußerer Gestaltung, Kosten<br />

und Zeitaufwand im Wesentlichen der Mediation. Der spezifische<br />

Unterschied der beiden Verfahren zeigt sich darin, dass<br />

die Schlichtung auf ein deutlich heteronomer determiniertes Ergebnis<br />

ausgerichtet ist. Der Schlichter soll, wenn nicht schon<br />

die Schlichtungsgespräche zum Erfolg führen, einen Schlichterspruch<br />

abgeben, einen Vorschlag, wie der Streit aus seiner<br />

Sicht auf angemessene Weise beendet werden kann. Über die<br />

Annahme des Vorschlags entscheiden die Parteien allerdings<br />

selbst. Wegen der Ausrichtung des Verfahrens auf einen<br />

Schlichterspruch ist es erforderlich, dass der Schlichter ausreichende<br />

Sachkunde besitzt oder mit einer durch seine gesellschaftliche<br />

Stellung vermittelten „Amts“-Autorität ausgestattet<br />

ist. Insoweit unterscheidet er sich von einem Mediator,der idealtypisch<br />

nur die Techniken der Mediation zu beherrschen hat.<br />

4. Schiedsverfahren<br />

Bei dem Schiedsverfahren nimmt die Fremdbestimmtheit der<br />

Entscheidung deutlich zu, weil diese letztlich von den Schiedsrichtern<br />

als Dritten getroffen wird. Gleichwohl gibt es noch<br />

merkliche Elemente des autonomen Einflusses der Parteien auf<br />

das Verfahren und sein Ergebnis. Sie bestimmen nicht nur unmittelbar<br />

oder jedenfalls mittelbar die Auswahl der Schiedsrichter.Sie<br />

bestimmen auch über die materiellrechtlichen und<br />

prozessualen Grundlagen des Verfahrens, in dem sie entsprechende<br />

Vorgaben im Schiedsvertrag machen. Durch die Auswahl<br />

der Schiedsrichter können sie auch den Grad der fachlichen<br />

oder der juristischen Kompetenz des Schiedsgerichts festlegen.<br />

Die Kosten des Schiedsverfahrens liegen regelmäßig<br />

deutlich höher als in den bisher erörterten Verfahren, weil zumeist<br />

drei Schiedsrichter tätig werden, die nach den Regeln<br />

über die Anwaltsvergütung honoriert werden. Auch bei der<br />

Dauer des Verfahrens muss man mit deutlich anderen Größenordnungen<br />

rechnen als bei den zuvor skizzierten Prozeduren<br />

der Streitbeilegung.<br />

5. Verfahren vor den staatlichen Gerichten<br />

Im Verhältnis zu den vorerwähnten Verfahren sind die Prozesse<br />

vor den staatlichen Gerichten durch weitgehende Fremdbestimmung<br />

der Parteien gekennzeichnet. Die Verfahrensordnung<br />

ist gegeben und der Verfahrensablauf nur eingeschränkt disponibel.<br />

Vor allem aber können die Parteien nicht die Personen<br />

bestimmen, die den Streit entscheiden. Damit ist die Sach- und<br />

die Verfahrenskompetenz der Entscheidenden wie gegeben<br />

hinzunehmen.<br />

Wegen des in allen relevanten Fällen eröffneten Rechtsmittelzugs<br />

sind die Dauer und die Kosten des Verfahrens nur eingeschränkt<br />

kalkulierbar.Zu weiten Teilen beseitigt sind immerhin<br />

die Mängel in der Abwicklung von gerichtlichen Verfahren, die<br />

in der eingeschränkten technischen Ausstattung der Gerichte<br />

ihre Ursache hatten. In Berlin sind immer mehr Geschäftsstellen<br />

mit Faxgeräten ausgestattet. Auch sind gerade für die Richter<br />

des Landgerichts Möglichkeiten zur Kommunikation über<br />

das Internet eingerichtet worden. Die papierlose Akte, so sie<br />

überhaupt wünschenswert sein sollte, wird es aber auf lange<br />

Sicht noch nicht geben.<br />

Negative Effekte staatlicher Gerichtsverfahren<br />

Sucht man nach den Gründen, die Streitparteien veranlassen<br />

können, die staatlichen Gerichte zu meiden, dann sind vor<br />

allem drei Aspekte anzuführen:<br />

1. Die zeitlichen Risiken<br />

Gerichtliche Verfahren haben nicht selten eine längere Dauer<br />

als Schiedsverfahren. Dieser Gesichtspunkt ist aber in der Vielzahl<br />

der Fälle gar nicht so gewichtig, wie man auf erste Sicht<br />

glauben könnte. Ein staatliches Gerichtsverfahren ist regelmäßig,<br />

das heißt, wenn nicht besondere Zustellungs- oder Beweisprobleme<br />

auftreten, in der Lage, in 9Monaten einen vollstreckbaren<br />

Titel zu schaffen. Demgegenüber ist das eigentliche<br />

Schiedsverfahren mit vergleichbarem Streitstand zumeist in kürzerer<br />

Zeit abzuschließen. Allerdings wird dieser Zeitvorteil fast<br />

vollständig wieder aufgehoben, wenn man den Aufwand berücksichtigt,<br />

den die Konstituierung des Gerichts und die Erlangung<br />

der Vollstreckbarkeit des Schiedsspruchs gemäß §1060f<br />

ZPO durch ein entsprechendes Verfahren vor dem zuständigen<br />

OLG erfordert. Zusätzlich kann die Vollstreckung eines Schiedsspruchs<br />

durch einen Antrag auf Aufhebung gemäß § 1059 ZPO<br />

wegen gravierender prozessualer oder inhaltlicher Mängel verzögert<br />

werden. Auch dieser Antrag ist an das OLG zu richten.<br />

Die zeitlichen Vorteile der Schiedsgerichtsverfahren zeigen<br />

sich inmerklicher Form erst, wenn der Instanzenzug mit in die<br />

Betrachtung einbezogen wird. Auch wenn man die Beschleunigung,<br />

die die Berufung durch die ZPO-Novelle 2001 erfahren<br />

hat, berücksichtigt, verdoppelt sich die Verfahrensdauer allein<br />

durch die Einlegung der Berufung ohne weiteres. Dies gilt häufig<br />

auch dann, wenn die Berufungsgerichte von der Möglichkeit<br />

des §522 ZPO Gebrauch machen. Auch ineindeutigen<br />

Fällen kann die Berufung durch einstimmigen Beschluss des<br />

Senats bzw. der Kammer erst nach Ablauf der gegebenenfalls<br />

verlängerten Berufungsbegründungsfrist und der Gewährung<br />

von rechtlichem Gehör zurückgewiesen werden. In Berlin erlässt<br />

das Kammergericht einen solchen Beschluss zuweilen erst<br />

nach mehr als einem Jahr, wobei dann aber zu fragen ist, ob<br />

dies die Intention des Gesetzgebers war,der eine „unverzügliche“<br />

Entscheidung in § 522 Abs. 2 ZPO angeordnet hat. Dass<br />

die Vorstellungen von einer schnellen Entscheidung schon im<br />

Ansatz nicht mehr verwirklicht werden können, wenn eine Revision<br />

oder eine entsprechende Nichtzulassungsbeschwerde<br />

eingelegt worden ist, bedarf keiner Ausführung.<br />

2. Das Kostenrisiko<br />

Die These, dass Schiedsgerichtsverfahren auch kostengünstiger<br />

sind als Prozesse vor staatlichen Gerichten, erweist sich nur mit<br />

Einschränkungen als zutreffend. Wenn man nämlich die verfahrensabhängigen<br />

Kosten der beiden Modelle einander gegenüberstellt,<br />

kommt man zu dem frappierenden Ergebnis, dass<br />

die auf Seiten des Schiedsgerichts entstehenden Kosten in einem<br />

ungünstigen Fall ca. 20 Mal sohoch sind wie bei einem<br />

Verfahren vor dem LG. 2 Dieses Bild ändert sich jedoch schlagartig,<br />

wenn das Verfahren durch die staatlichen Instanzen geht.<br />

Schon wenn das Berufungsgericht den Streit entscheidet, übersteigen<br />

die Kosten des staatlichen Verfahrens diejenigen des<br />

Schiedsgerichts. 3 Dass die Durchführung einer Revision ein<br />

2 Dieses erstaunliche Ergebnis zeigt sich am Beispiel eines Streits mit<br />

einem Gegenstandswert von 100.000 Euro. Wird dieser Streit durch<br />

einen Vergleich inerster Instanz erledigt, entstehen Kosten nach dem<br />

GKG in Höhe von lediglich 856 Euro, weil die Gerichtskosten sich<br />

gemäß Nr.1211 des Kostenverzeichnisses auf eine Gebühr ermäßigen.<br />

Im Schiedsgerichtsverfahren mit der typischen Dreierbesetzung<br />

und einer Honorierung nach dem RVG mit einer Honorarerhöhung<br />

für den Vorsitzenden ergeben sich nach den Nr.3100 (x 2), 3200<br />

(x 1), 3104 bzw. 3202 (x 3) und 1000 (x 3)der Anlage 1 zum RVG<br />

bei derselben Einigung Kosten des Gerichts von fast 17.000 Euro<br />

netto.<br />

3 In zwei Instanzen entstünden in dem in Fn. 2 erwähnten Fall an<br />

zusätzlichen Gerichtskosten 5.136 Euro sowie weitere Anwaltskosten<br />

über 7.600 Euro netto, also insgesamt fast 13.000 Euro. Die Kosten<br />

des Schiedsverfahrens sänken mangels Einigungsgebühr auf ca.<br />

11.000 Euro. Klarstellend sei darauf hingewiesen, dass die erstinstanzlichen<br />

außergerichtlichen Kosten und die außergerichtlichen<br />

Kosten im Rahmen des schiedsrichterlichen Verfahrens nicht in diese<br />

Rechnung einbezogen worden sind, weil sie in beiden Verfahren in<br />

derselben Höhe entstehen.

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