Berufsrechtliche Rechtsprechung - BRAK-Mitteilungen
Berufsrechtliche Rechtsprechung - BRAK-Mitteilungen
Berufsrechtliche Rechtsprechung - BRAK-Mitteilungen
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
<strong>BRAK</strong>-Mitt. 5/2005 Aufsätze 213<br />
Römermann, Tore weit geöffnet für unqualifizierte Rechtsberatung (II)<br />
„Rechtsdienstleistung“ in § 2 RDG-E. 5 ImFolgenden wird die<br />
zukünftige Möglichkeit von Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang<br />
mit einer anderen Tätigkeit dargestellt. Sie ist in § 5<br />
RDG-E geregelt.<br />
II. Struktur des § 5RDG-E<br />
Die Vorschrift des §5RDG-E besteht aus drei Absätzen. Der<br />
erste Absatz beinhaltet die allgemeine Regelung, dass Rechtsdienstleistungen<br />
als Nebenleistung zu anderen, mit ihnen in<br />
Zusammenhang stehenden Hauptleistungen zulässig sind. Kriterien<br />
werden für die Bestimmung der „Nebenleistung“ gegeben.<br />
Der zweite Absatz regelt positiv,dass die dort genannten<br />
vier Tätigkeiten stets erlaubte Nebenleistungen sein sollen, also<br />
auch dann, wenn dies nach der allgemeinen Begriffsbestimmung<br />
des ersten Absatzes eigentlich nicht so wäre. Der dritte<br />
Absatz gestattet Rechtsdienstleistungen imZusammenhang mit<br />
einer sonstigen Tätigkeit unter anderen Voraussetzungen als in<br />
Absatz 1Satz 1. Im Grunde gehören also § 5Abs. 1Satz 1 und<br />
Abs. 3 RDG-E systematisch auf eine Stufe.<br />
III. Der Grundsatz in § 5Abs. 1RDG-E<br />
Absatz 1des § 5RDG-E lautet: „Im Zusammenhang mit einer<br />
anderen beruflichen oder gesetzlich geregelten Tätigkeit sind<br />
Rechtsdienstleistungen erlaubt, die eine zum Berufs- oder Tätigkeitsbild<br />
oder zur vollständigen Erfüllung der vertraglichen<br />
oder gesetzlichen Hauptpflichten gehörige Nebenleistung darstellen.<br />
Ob eine Nebenleistung vorliegt, ist nach Umfang und<br />
Inhalt dieser Leistung unter Berücksichtigung der beruflichen<br />
Qualifikation zu beurteilen, die für die Haupttätigkeit erforderlich<br />
ist.“<br />
1. Hintergrund der Liberalisierung<br />
Der Entwurf nimmt Vorgaben des BGH auf, der sich mehrfach<br />
dahingehend geäußert hatte, dass nicht jede Tätigkeit, die nur<br />
irgendeine rechtliche Voraussetzung oder Konsequenz hat, für<br />
Rechtsanwälte und Notare monopolisiert werden darf. 6 Inder<br />
Entwurfsbegründung heißt es:<br />
„Angesichts der rechtlichen Durchdringung aller Lebensbereiche<br />
ist ... die Besorgung wirtschaftlicher Belange ohne ergänzende<br />
Rechtsberatungs- oder -besorgungstätigkeit oft nicht<br />
mehr ordnungsgemäß zu erbringen. Deshalb müssen Rechtsdienstleistungen<br />
als Teil erlaubnisfreier Geschäftsbesorgung<br />
ebenfalls erlaubnisfrei zulässig sein, soweit der Kern und<br />
Schwerpunkt der Tätigkeit insgesamt auf wirtschaftlichem Gebiet<br />
liegt.“ 7<br />
2. Voraussetzungen der Annexkompetenz<br />
a) Drei Voraussetzungen<br />
Nach dem Gesetzeswortlaut sollen die Rechtsdienstleistungen<br />
nur „im Zusammenhang“ mit einer anderen Tätigkeit erlaubt<br />
sein. Der Relativsatz im ersten Satz scheint die Rechtsdienstleistungen<br />
zu beschreiben („... Rechtsdienstleistungen ..., die<br />
...“). Tatsächlich geht es aber um eine nähere Eingrenzung des<br />
Zusammenhangs, wie sich aus dem Inhalt des Satzteils ergibt:<br />
„die eine zum Berufs- oder Tätigkeitsbild oder zur vollständigen<br />
Erfüllung der vertraglichen oder gesetzlichen Hauptpflichten<br />
gehörige Nebenleistung darstellen“. Danach unterliegt die<br />
Anwendbarkeit des § 5RDG-E also drei kumulativen Voraus-<br />
5 Römermann, <strong>BRAK</strong>-Mitt. 2005, 98 ff.<br />
6 Vgl. aus jüngster Zeit BGH, NJW 2005, 969 –Testamentsvollstrecker;<br />
2005, 2458 –Fördermittelberater.<br />
7 RefE, S. 54.<br />
setzungen: (1.) Es muss sich überhaupt um eine Rechtsdienstleistung<br />
handeln, (2.) die als bloße Nebenleistung (3.) in einem<br />
spezifischen Zusammenhang mit der Hauptleistung steht. Dazu<br />
im Einzelnen:<br />
b) Rechtsdienstleistung in der „Grauzone“<br />
Voraussetzung für die Prüfung, ob eine Tätigkeit i. S. des §5<br />
Abs. 1RDG-E im Wege der Annexkompetenz angeboten werden<br />
kann, ist zunächst einmal, dass es sich bei dieser Tätigkeit<br />
nach der – vagen –Definition in § 2 RDG-E überhaupt um eine<br />
„Rechtsdienstleistung“ handelt. Häufig wird das – sodie Entwurfsbegründung<br />
8 –nach dem neuen Begriffsverständnis gar<br />
nicht mehr der Fall sein. Es heißt dort weiter: „Die Vorschrift<br />
soll aber auch dazu dienen, Grauzonen aufzulösen (z.B. im<br />
Bereich der ,Serviceleistungen‘ von Kfz-Reparaturwerkstätten<br />
oder -Sachverständigen im Bereich der Schadensabwicklung).“<br />
Zweck der Vorschrift ist also auch: Auflösung von „Grauzonen“?Offenbar<br />
geht es hier umdie Grauzonen, alsoUnklarheiten,<br />
die durch denselben Entwurf in § 2 RDG-E durch vage Begrifflichkeiten<br />
erst geschaffen werden. Das Gesetz lässt also in<br />
§2RDG-E –bewusst – „Grauzonen“ entstehen, um sie in § 5<br />
RDG-E wieder aufzulösen. Ein traditioneller Ansatz hätte vermutlich<br />
von vorneherein darauf verzichtet, Grauzonen zu<br />
schaffen. Nach der hier gewählten Technik geht es natürlich<br />
auch – wenn die Auflösung wirklich gelingt.<br />
Welche Grauzonen sind eigentlich inden Beispielsfällen im<br />
Klammerzusatz der Entwurfsbegründung konkret gemeint? Die<br />
Schadensabwicklung durch Kfz-Werkstätten soll zukünftig<br />
nach § 2 RDG-E ohne weiteres gestattet sein, da das so simpel<br />
sei, dass sich die Abwicklung nicht als „Rechtsdienstleistung“<br />
darstelle. Diese Abgrenzung aber zwischen einfach und<br />
schwierig kann tatsächlich bei näherer Betrachtung nicht trennscharf<br />
gelingen. 9 Wenn sich der Kfz-Mechaniker einmal „vertut“,<br />
also die Grenzen des nach §2 RDG-E Erlaubten überschreitet<br />
– halb so schlimm, er kann dann wohl nach Ansicht<br />
der Entwurfsbegründung in der „Grauzone“ im Zweifel nach<br />
§5RDG-E beraten. Dabei sollen wir nicht kleinlich sein, dazu<br />
noch unten. Im Ergebnis jedenfalls zeigt die Begründung zu § 5<br />
RDG-E, dass das BMJ die Grenzen nach § 2 RDG-E selbst nicht<br />
überall ernst nimmt und damit den gebotenen Verbraucherschutz<br />
gleich wieder durchlöchert.<br />
c) Konturenlose Nebenleistung<br />
Für das Vorliegen einer Nebenleistung kommt es nach §5<br />
Abs. 1Satz 2 RDG-E auf drei Kriterien an:<br />
–Umfang der Nebenleistung,<br />
–Inhalt der Nebenleistung,<br />
–berufliche Qualifikation, die für die Haupttätigkeit erforderlich<br />
ist.<br />
Die Vorschrift soll „den Weg für eine neue, weitere Auslegung<br />
der zulässigen Nebentätigkeit durch die <strong>Rechtsprechung</strong> eröffnen.<br />
... Schon zum geltenden Recht hat das BVerwG ... jüngst<br />
entschieden, dass eine kleinliche Sicht bei der Beurteilung, ob<br />
eine zulässige Annextätigkeit vorliegt, nicht angezeigt ist. 10 …<br />
Künftig wird diese auch verfassungsrechtlich gebotene weite<br />
Auslegung ... in § 5Abs. 1festgeschrieben.“ 11 Vermutlich auch<br />
um diese Großzügigkeit zu schaffen, nimmt die Entwurfsbegründung<br />
keine klare Trennung der drei Kriterien vor, sondern<br />
arbeitet mit einer eigenartigen Vermischung:<br />
8 RefE, S. 76.<br />
9 Dazu bereits der erste Beitrag: Römermann, <strong>BRAK</strong>-Mitt. 2005, 98 ff.<br />
10 Verweis auf BVerwG, ZInsO 2005, 316 ff. –,Insolvenzberater‘.<br />
11 RefE, S. 75 f.