Berufsrechtliche Rechtsprechung - BRAK-Mitteilungen
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212 Aufsätze <strong>BRAK</strong>-Mitt. 5/2005<br />
Römermann, Tore weit geöffnet für unqualifizierte Rechtsberatung (II)<br />
54/03). Der Antragsteller ist Mitglied der Antragsgegnerin und<br />
war als deren Geschäftsführer angestellt. Gegenstand des Verfahrens<br />
war ein Beschluss der Kammerversammlung der Antragsgegnerin,<br />
in dem die Genehmigung seines Anstellungsvertrages<br />
verweigert und der Vorstand beauftragt wurde, den Vertrag<br />
arbeitsgerichtlich überprüfen zu lassen. Hiergegen wandte<br />
sich der Antragsteller mit einem Antrag beim Anwaltsgerichtshof,<br />
die Nichtigkeit des Beschlusses festzustellen. Während des<br />
Verfahrens vor dem Anwaltsgerichtshof wurde der Rechtsstreit<br />
vor dem zuständigen Arbeitsgericht, der die Wirksamkeit des<br />
Anstellungsvertrages zum Gegenstand hatte, durch einen Vergleich<br />
beendet, aufgrund dessen das Arbeitsverhältnis der Parteien<br />
mit dem Ablauf des 30.4.2002 endete. Der Antragsteller<br />
hat die Auffassung vertreten, dass die Hauptsache im Verfahren<br />
vor dem Anwaltsgerichtshof dadurch nicht erledigt sei, und hat<br />
an seinem Antrag auf gerichtliche Entscheidung festgehalten.<br />
Der Anwaltsgerichtshof hat den Antrag als unzulässig verworfen.<br />
Der Senat hat die Statthaftigkeit der gegen diese Entscheidung<br />
eingelegten sofortigen Beschwerde verneint. Da der Anwaltsgerichtshof<br />
keines der in § 42 Abs. 1BRAO aufgeführten<br />
Begehren zurückgewiesen hatte, konnte die sofortige Beschwerde<br />
nicht auf diese Vorschrift gestützt werden. Für die<br />
Statthaftigkeit der sofortigen Beschwerde im Verfahren der gerichtlichen<br />
Überprüfung von Kammerbeschlüssen nach §§90,<br />
91 BRAO fehlte es bereits an der auf ein solches Verfahren bezogenen<br />
Zulassung der sofortigen Beschwerde durch den Anwaltsgerichtshof<br />
(§91 Abs. 6 BRAO). Der Anwaltsgerichtshof<br />
hatte die sofortige Beschwerde zwar zugelassen, jedoch nur im<br />
Rahmen des von ihm zugrunde gelegten Verfahrens über die<br />
Anfechtung von Verwaltungsakten (§ 223 Abs. 1 und Abs. 3<br />
BRAO). Eine Umdeutung dieser Zulassung in eine Zulassung<br />
nach § 91 Abs. 6 BRAO kamdeshalbnicht in Betracht, weil der<br />
gerichtlichen Überprüfung von Kammerbeschlüssen durch ein<br />
Mitglied der Kammer nach § 90 Abs. 2 BRAO nur solche Beschlüsse<br />
unterliegen, die keinen Einzelfall regeln, sondern eine<br />
allgemeine Wirkung gegenüber den Mitgliedern der betreffenden<br />
Anwaltskammer haben (st. Rspr.; BGHZ 69, 32). Da der<br />
Kammerbeschluss nicht gemäß §§90, 91 BRAO anfechtbar<br />
war, wäre eine Zulassung der sofortigen Beschwerde nach § 91<br />
Abs. 6 BRAO ins Leere gegangen (BGHZ 69, 32, 34).<br />
I. Problemstellung<br />
Die Statthaftigkeit des Rechtsmittels konnte auch nicht auf<br />
§223 Abs. 3 BRAO gestützt werden. Der Senat hielt die von<br />
dem Anwaltsgerichtshof ausgesprochene Zulassung des Rechtsmittels<br />
für unbeachtlich, weil die angefochtene Entscheidung<br />
des Anwaltsgerichtshofs keinen nach § 223 Abs. 1 BRAO anfechtbaren<br />
Verwaltungsakt zum Gegenstand hatte. Der Senat<br />
hielt daran fest, dass der Bundesgerichtshof an die vom Anwaltsgerichtshof<br />
ausgesprochene Zulassung grundsätzlich gebunden<br />
ist. Er hob jedoch hervor, dass dies dann nicht gilt,<br />
wenn der Anwaltsgerichtshof nach § 223 Abs. 1BRAO über einen<br />
Antrag auf gerichtliche Entscheidung befunden hat, der einer<br />
gerichtlichen Überprüfung nach dieser Vorschrift – und damit<br />
auch einer sofortigen Beschwerde nach § 223 Abs. 3 BRAO<br />
–nicht unterliegt (ebenso für die Zulassung nach § 91 Abs. 6<br />
BRAO: BGHZ 69, 32, 34). Dies nahm der Senat für den zur Beurteilung<br />
stehenden Fall an, weil der angefochtene Kammerbeschluss<br />
den Antragsteller nicht in seiner Berufsfreiheit als<br />
Rechtsanwalt einschränkte, sondern ausschließlich die Rechte<br />
und Interessen des Antragstellers als Geschäftsführer der Antragsgegnerin<br />
betraf. Der Senat schloss sich damit der in der<br />
Kommentarliteratur vertretenen Auffassung ( Feuerich/Weyland,<br />
a.a.O., § 223 Rdnr.12) an, wonach mit einem Antrag auf<br />
gerichtliche Entscheidung nach § 223 Abs. 1BRAO nur solche<br />
Maßnahmen anfechtbar sind, die den Rechtsanwalt im Hinblick<br />
auf seine anwaltliche Berufstätigkeit betreffen. Begründet<br />
wurde diese Auffassung damit, dass die Anwaltsgerichtshöfe<br />
(§§ 100 ff. BRAO) wie die Anwaltsgerichte (§§ 92 ff. BRAO) nur<br />
für ein bestimmtes Sachgebiet, nämlich für das anwaltliche Berufsrecht<br />
zur Entscheidung berufen sind und dass § 223 BRAO<br />
den Rechtsanwalt in seinem verfassungsrechtlich gewährleisteten<br />
Anspruch auf effektiven Rechtsschutz gegen Beeinträchtigungen<br />
seines Grundrechts der Berufsfreiheit schützen solle<br />
(BVerfGE 50, 16, 31). Eine Rechtschutzlücke verneinte der Senat<br />
im Hinblick auf das durchgeführte arbeitsgerichtliche Verfahren.<br />
Hilfsweise wies der Senat darauf hin, dass das Rechtsmittel<br />
auch imFalle seiner Statthaftigkeit keinen Erfolg haben könnte,<br />
weil aufgrund der einverständlichen Beendigung des Anstellungsverhältnisses<br />
der angefochtene Beschluss gegenüber dem<br />
Antragsteller keine Wirkung mehr entfaltete. Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse<br />
bestand nicht.<br />
Tore weit geöffnet für unqualifizierte Rechtsberatung (II) 1<br />
Anmerkungen zur Annexkompetenz zur Erbringung von „Rechtsdienstleistungen“<br />
nach § 5des RDG-Referentenentwurfes<br />
Seit dem 14.4.2005 liegt der Referentenentwurf (RefE) 3 eines<br />
neuen Rechtsdienstleistungsgesetzes (RDG) vor,das das bisherige<br />
RBerG ablösen soll. Nach dem Willen des Bundesjustizministeriums<br />
(BMJ) soll das Gesetz noch imlaufenden Jahr verab-<br />
1 Teil 1des Aufsatzes wurde in <strong>BRAK</strong>-Mitt. 2005, 98 ff. abgedruckt.<br />
2 Der Verfasser ist Partner der Sozietät Römermann Rechtsanwälte<br />
und Lehrbeauftragter der Universität Hannover für anwaltliches Berufsrecht.<br />
3 Abrufbar im Internet unter www.bmj.de, dort: Gesetzentwürfe/<br />
Rechtsdienstleistung.<br />
1 Rechtsanwalt Dr. Volker Römermann, Hannover 2<br />
schiedet werden und im Jahre 2007 in Kraft treten. 4 Aus BMJ-<br />
Kreisen ist zu hören, dass diese Planung dort unabhängig von<br />
einem etwaigen Regierungswechsel als realistisch eingeschätzt<br />
wird. Die Anwaltschaft tut also weiterhin gut daran, den Entwurf<br />
ernst zu nehmen, auch wenn Oppositionspolitiker zum<br />
Teil Ablehnung bekunden. In der vorletzten Ausgabe der<br />
<strong>BRAK</strong>-<strong>Mitteilungen</strong> wurde die Frage des Anwendungsbereiches<br />
des neuen Gesetzes erörtert, also des neuen Begriffs der<br />
4 Kritischer Überblick über die Gesamtheit des RefE bei Römermann,<br />
DB 2005, 897 ff.; deutlich positiver die Bewertung durch Hamacher,AnwBl.<br />
2005, 378 ff.