Berufsrechtliche Rechtsprechung - BRAK-Mitteilungen
Berufsrechtliche Rechtsprechung - BRAK-Mitteilungen
Berufsrechtliche Rechtsprechung - BRAK-Mitteilungen
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
<strong>BRAK</strong>-Mitt. 5/2005 Aufsätze 209<br />
Deppert, Die <strong>Rechtsprechung</strong> des Senats für Anwaltssachen des Bundesgerichtshofs im Jahre 2004<br />
Fremdgeld ist nicht an den Treuhänder abzuführen, weil es<br />
wirtschaftlich nicht dem Schuldner gehört. Eine Pfändung<br />
könnte der Treugeber – hier der Mandant – mit der Drittwiderspruchsklage<br />
nach § 771 Abs. 1ZPO abwehren (BGH, Urt. v.<br />
1.7.1993 – IX ZR 251/92, NJW 1993, 2622). Führt der Schuldner<br />
den pfändbaren Teil der von ihm verdienten Anwaltsgebühren<br />
nicht an den Treuhänder ab, werden dadurch nicht die Interessen<br />
der Mandanten, sondern allenfalls die der Insolvenzgläubiger<br />
berührt. Außerdem sind diese hinreichend dadurch<br />
geschützt, dass der Schuldner durch die Nichtabführung die<br />
Versagung der Restschuldbefreiung riskiert (§§ 295 Abs. 2, 296<br />
Abs. 1Satz 1InsO).<br />
Es kann ferner nicht angenommen werden, dass ein Rechtsanwalt<br />
schon deswegen, weil er sich nach einem abgeschlossenen<br />
Insolvenzverfahren in der Wohlverhaltensphase befindet,<br />
eher als sonstige Berufskollegen der Versuchung ausgesetzt ist,<br />
sich an Mandantengeldern zu vergreifen. Dafür, dass er diese<br />
Gelder einsetzt, um die Insolvenzgläubiger zu befriedigen,<br />
fehlt ihm jeder Anreiz. Er muss diesen nur seine pfändbaren<br />
Einkünfte, nicht aber Fremdgelder zur Verfügung stellen, um<br />
die Restschuldbefreiung zu erhalten. Die Gefahr,dass der auf<br />
seine unpfändbaren Einkünfte angewiesene Rechtsanwalt sich<br />
an Fremdgeldern bereichert, um seinen eigenen Lebensstandard<br />
zu heben oder neu entstandene Verbindlichkeiten zu tilgen,<br />
hat der Senat als nicht größer angesehen als bei solchen<br />
Rechtsanwälten, die, ohne dass ihnen jemals ein Vermögensverfall<br />
gedroht hat, ebenfalls zu den Geringverdienern gehören.<br />
4. Versagung der Zulassung wegen Unwürdigkeit, § 7 Nr.5<br />
BRAO<br />
Den Versagungsgrund der Unwürdigkeit hat der Senat im Beschluss<br />
vom 28.6.2004 (AnwZ [B] 81/02 – nicht veröffentlicht)<br />
bei einem ehemaligen Finanzbeamten, der rechtskräftig wegen<br />
Steuerhinterziehung in 15 Fällen und wegen versuchter Steuerhinterziehung<br />
zu einer – zur Bewährung ausgesetzten –Gesamtfreiheitsstrafe<br />
von zehn Monaten verurteilt worden war,<br />
nicht mehr für gegeben erachtet, nachdem dem Antragsteller<br />
die Strafe erlassen worden war.Der Antragsteller,der als Ministerialrat<br />
Referatsleiter in dem Finanzministerium eines Bundeslandes<br />
gewesen war, war zuvor auf eigenen Wunsch aus dem<br />
Staatsdienst entlassen worden. Er hatte von Januar 1993 bis<br />
April 1998 Einkommenssteuererklärungen und Lohnsteuerermäßigungsanträge<br />
für sich und seine Lebensgefährtin mit falschen<br />
Angaben abgegeben und auf diese Weise Steuerkürzungen<br />
innicht unerheblicher Größenordnung erwirkt. Die Kammer<br />
und der Anwaltsgerichtshof haben die Zulassung des Antragstellers<br />
zur Rechtsanwaltschaft mit Blick auf den Gegenstand<br />
der strafrechtlichen Verurteilung abgelehnt. Der Senat hat<br />
im Hinblick auf den während des Beschwerdeverfahrens vom<br />
Amtsgericht beschlossenen Straferlass beide Entscheidungen<br />
aufgehoben und die Kammer verpflichtet, den Antragsteller unter<br />
Beachtung seiner Rechtsauffassung erneut zu bescheiden.<br />
Der Senat hat ausgeführt, dass der Bescheid der Antragsgegnerin<br />
und der angefochtene Beschluss des Anwaltsgerichtshofs<br />
zur Zeit ihres jeweiligen Erlasses nicht zu beanstanden gewesen<br />
seien. Der Versagungsgrund bestehe aber zum Zeitpunkt<br />
der Entscheidung des Senats nicht mehr fort. Der Senat hat eine<br />
Wohlverhaltensperiode von nunmehr mehr als sechs Jahren<br />
seit der letzten Abgabeeiner strafbaren Steuererklärung als ausreichend<br />
angesehen. Dies gelte auch inAnbetracht der nur geringfügigen<br />
Dauer straffreier Führung von sechs Monaten nach<br />
Straferlass ohne den gleichzeitigen Druck noch laufender Bewährung.<br />
Ausschlaggebend für diese Beurteilung waren folgende<br />
Gründe: Das gewichtige strafrechtliche Fehlverhalten stand<br />
weder im Zusammenhang mit früherer anwaltlicher Berufsaus-<br />
übung noch mit der Beamtentätigkeit des Antragstellers. Diese<br />
hatte der Antragsteller verloren und damit berufsbezogene<br />
nachteilige Konsequenzen erfahren. Die hinterzogenen Steuern<br />
hat der Antragsteller bezahlt. Der Schwerpunkt der Taten war<br />
in den ersten, für die Lebensgefährtin abgegebenen unrichtigen<br />
Steuererklärungen zu sehen. Der Beginn dieser Taten lag elf<br />
Jahre zurück; die letzte der fünf schwersten Taten wurde vor<br />
mehr als sieben Jahren begangen.<br />
5. Versagung der Zulassung zum Oberlandesgericht, §226<br />
Abs. 2 BRAO<br />
Mit der Frage, ob ein Rechtsanwalt – gestützt auf § 20 Abs. 1<br />
Nr.2 BRAO an Stelle des § 226 Abs. 2 BRAO – zum Oberlandesgericht<br />
zugelassen werden kann, obwohl er noch keine fünf<br />
Jahre bei einem Gericht des ersten Rechtszugs zugelassen war,<br />
hatte der Senat sich in zwei Entscheidungen vom 12.1.2004<br />
(AnwZ [B] 77/03, NJW 2004, 1327 = <strong>BRAK</strong>-Mitt. 2004, 78 und<br />
AnwZ [B] 24/03, NJW 2004, 1455 =BB 2004, 405 =<strong>BRAK</strong>-<br />
Mitt. 2004, 78) zu befassen. In dem Beschluss vom 6.12.2004<br />
(AnwZ [B] 52/03) hat er sich den dortigen Erwägungen angeschlossen.<br />
a) Der ersten Entscheidung (AnwZ [B] 77/03, BB 2004, 405 =<br />
<strong>BRAK</strong>-Mitt. 2004, 78=NJW 2004, 1327) lag folgender Sachverhalt<br />
zu Grunde: Die Antragstellerin, die zuvor bis zum Erreichen<br />
des Ruhestandes als Richterin beim Oberlandesgericht H.<br />
tätig war, war seit dem 27.5.1999 zur Rechtsanwaltschaft und<br />
bei dem Amtsgericht H. und dem Landgericht B. zugelassen.<br />
Im November 2001 begehrte sie außerdem die Zulassung beim<br />
Oberlandesgericht H. Die Antragsgegnerin lehnte diesen Antrag<br />
imFebruar 2002 mit der Begründung ab, eine Simultanzulassung<br />
zum Land- und Oberlandesgericht sei erst ab dem<br />
1.7.2002 möglich gewesen; außerdem sei die Fünf-Jahres-Frist<br />
nicht eingehalten. Der Senat hat dieden Antragauf gerichtliche<br />
Entscheidung zurückweisende Entscheidung des Anwaltsgerichtshofs<br />
bestätigt.<br />
Der Senat folgte dem rechtlichen Ansatz des Anwaltsgerichtshofs,<br />
der seine Entscheidung auf § 226 Abs. 2 BRAO und nicht<br />
auf § 20 Abs. 1Nr.2 BRAO gestützt hatte. Nach § 226 Abs. 2<br />
BRAO ist die Zulassung zum Oberlandesgericht zwingend davon<br />
abhängig, dass der Bewerber mindestens fünf Jahre lang<br />
bei einem Gericht des ersten Rechtszugs zugelassen gewesen<br />
ist. Demgegenüber gewährt der Wortlaut des § 20 Abs. 1Nr.2<br />
BRAO bei der Zulassungsentscheidung einen gewissen Ermessenspielraum<br />
(„soll inder Regel versagt werden, wenn …“).<br />
Nach Auffassung des Senats kommt dieser Vorschrift seit dem<br />
1.7.2002 ein zumindest eingeschränkter Anwendungsbereich<br />
zu, der dem der Vorgängervorschrift – dem § 20 Abs. 1Nr.4<br />
BRAO –entspricht. Die alte Vorschrift galt nur in den Bundesländern<br />
mit Singularzulassung, in denen also die Zulassung<br />
beim Oberlandesgericht den Verlust der Zulassung beim Amtsund<br />
Landgericht zur Folge hatte (vgl. BGHZ 82, 333, 334). Der<br />
Grund für die Einräumung eines Zulassungsermessens bestand<br />
darin, dass wegen des mit der Zulassung beim Oberlandesgericht<br />
verbundenen Wegfalls der Zulassung beim Amts- und<br />
Landgericht viele Rechtsanwälte nicht bereit waren, nach Ablauf<br />
der Wartefrist von fünf Jahren die Früchte ihrer Tätigkeit<br />
aufzugeben. Deshalb musste unter Umständen auf Bewerber<br />
zurückgegriffen werden, die noch nicht so lange Rechtsanwälte<br />
gewesen waren (BGHZ 56, 381, 385 f.). Der Senat hat im Hinblick<br />
darauf, dass nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts<br />
vom 13.12.2000 (NJW 2001, 353) der Grundsatz<br />
der Simultanzulassung nunmehr für alle Bundesländer gilt,<br />
eine solche Rücksichtnahme auf die geringere Zahl von Bewerbern<br />
um eine Singularzulassung nicht mehr für geboten erachtet<br />
und jedenfalls für Anträge nach dem 1.7.2002 angenommen,<br />
dass der Zulassungsbehörde kein Ermessenspielraum