Berufsrechtliche Rechtsprechung - BRAK-Mitteilungen
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208 Aufsätze <strong>BRAK</strong>-Mitt. 5/2005<br />
Deppert, Die <strong>Rechtsprechung</strong> des Senats für Anwaltssachen des Bundesgerichtshofs im Jahre 2004<br />
haltung der vertraglichen Verpflichtungen des Antragstellers<br />
überwacht werden kann.<br />
Der Senat hat nicht übersehen, dass die weitgehenden arbeitsvertraglichen<br />
Beschränkungen, denen sich der Antragsteller<br />
zum Schutz der Rechtsuchenden unterworfen hat und die in<br />
dem besprochenen Fall mit den weiteren aus dem Insolvenzverfahren<br />
folgenden Beschränkungen zusammentreffen, nur<br />
schwer mit dem Berufsbild des Rechtsanwalts, wie es §§ 1bis 3<br />
BRAO zugrunde liegt, in Einklang zu bringen sind. Er hat diese<br />
Einschränkungen aber angesichts ihrer nur vorübergehenden<br />
Natur als noch hinnehmbar angesehen. Denn der Antragsteller<br />
hatte zugleich mit dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens<br />
einen Antrag auf Restschuldbefreiung gestellt. Mit Abschluss<br />
des Insolvenzverfahrens und der Ankündigung der<br />
Restschuldbefreiung durch Beschluss des Insolvenzgerichts<br />
wird dann davon auszugehen sein, dass er am Ende der Wohlverhaltensphase<br />
die Restschuldbefreiung erlangt. Damit würden<br />
auch die Gründe entfallen, die den arbeitsvertraglichen<br />
Regelungen zugrunde liegen.<br />
3. Wegfall des Versagungsgrundes in der Wohlverhaltensphase/Beschluss<br />
vom 7.12.2004 (AnwZ [B] 40/04, NJW<br />
2005, 1271 =<strong>BRAK</strong>-Mitt. 2005, 132)<br />
Mit der Frage, ob ein Vermögensverfall fortbesteht, wenn das<br />
Insolvenzgericht die Restschuldbefreiung gemäß §291 InsO<br />
angekündigt hat, hatte sich der Senat in seinem Beschluss vom<br />
7.12.2004 (AnwZ [B] 40/04) zu befassen. Der Antragsteller war<br />
seit 1992 zur Rechtsanwaltschaft und als Rechtsanwalt bei verschiedenen<br />
Gerichten zugelassen. Nachdem imJahre 2000 ein<br />
Insolvenzverfahren über sein Vermögen eröffnet worden war,<br />
verzichtete er auf die Rechte aus der Zulassung. Die Zulassung<br />
wurde in der Folge widerrufen. Nachdem das Insolvenzverfahren<br />
nach der Schlussverteilung aufgehoben worden war,beantragte<br />
der Antragsteller seine Wiederzulassung.<br />
Der Antragsteller hat geltend gemacht, dass seine Vermögensverhältnisse<br />
nunmehr geordnet seien, weil er seine pfändbaren<br />
Bezüge an einen Treuhänder abgetreten habe (§287 Abs. 2<br />
InsO) und diese Abtretung regelmäßig bediene. Die so genannte<br />
Wohlverhaltensphase, mit deren Ende ihm die Restschuldbefreiung<br />
angekündigt worden sei, laufe noch bis zum 8.Oktober<br />
2006. Die Antragsgegnerin versagte ihm die Wiederzulassung.<br />
Den dagegen gerichteten Antrag auf gerichtliche Entscheidung<br />
hat der Anwaltsgerichtshof zurückgewiesen. Er hatte dies mit<br />
der ständigen <strong>Rechtsprechung</strong> des Senats begründet, nach der<br />
die im Rahmen eines Insolvenzverfahrens unter bestimmten<br />
Voraussetzungen bestehende Möglichkeit einer Restschuldbefreiung<br />
für das Vorliegen eines Widerrufstatbestandes – und<br />
folglich auch für die Versagung der Zulassung – unerheblich ist<br />
(vgl. Beschl. v. 13.3.2000 – AnwZ [B] 28/99, <strong>BRAK</strong>-Mitt. 2000,<br />
144; Beschl. v. 6.11.2000 – AnwZ [B] 1/00; Beschl. v.<br />
24.9.2001 –AnwZ [B] 34/01, NJW-RR 2002, 1718).<br />
Nach Auffassung des Senats hilft dieser Ansatz in dem Fall, in<br />
dem die Restschuldbefreiung gemäß § 291 InsO bereits angekündigt<br />
wurde, nicht weiter.Er hat gemeint, von einem Vermögensverfall<br />
könne in diesem Fall nicht mehr ausgegangen werden,<br />
obwohl die Schulden, derentwegen das Insolvenzverfahren<br />
eröffnet und durchgeführt wurde, gemäß § 300 Abs. 1InsO<br />
so lange fort bestehen, bis das Insolvenzgericht am Ende der<br />
Wohlverhaltensphase die Restschuldbefreiung bewilligt hat.<br />
Denn die Restschuldbefreiung, die während des Insolvenzverfahrens<br />
lediglich eine abstrakte Möglichkeit darstellte, hat sich<br />
nach dessen Beendigung und nach der Ankündigung des Insolvenzgerichts<br />
zu einer konkreten Aussicht verdichtet. Der<br />
Schuldner darf indiesem Fall davon ausgehen, dass er am Ende<br />
der Wohlverhaltensphase die Restschuldbefreiung erlangen<br />
wird, falls er den Obliegenheiten nach § 295 InsO nachkommt<br />
und die Voraussetzungen einer Versagung nach §297 InsO<br />
oder § 298 InsO nicht vorliegen.<br />
Der Senat setzt sich mit dieser Auffassung nicht in Widerspruch<br />
zu früheren Entscheidungen, in denen er ausgeführt hat, zu geordneten<br />
Vermögensverhältnissen gehöre es auch, dass die<br />
Gläubiger jedenfalls in absehbarer Zeit befriedigt würden<br />
(BGH, Beschl. v. 13.3.2000 – AnwZ [B] 28/99, <strong>BRAK</strong>-Mitt.<br />
2000, 144). Diese Aussage ist so zu verstehen, dass nicht auf<br />
unabsehbare Zeit Forderungen offen bleiben dürfen. Ein<br />
Schuldner,der ein Insolvenzverfahren und anschließend mit Erfolg<br />
ein Restschuldbefreiungsverfahren durchlaufen hat, hat –<br />
ohne dass die Gläubiger befriedigt worden sind –keine Verbindlichkeiten<br />
mehr. Dies muss zur Wiederherstellung geordneter<br />
Vermögensverhältnisse genügen. Andernfalls könnte der<br />
Schuldner gerade wegen der erfolgten Restschuldbefreiung nie<br />
mehr in – so verstandenen – finanziell geordneten Verhältnissen<br />
leben. Mit dem das neue Insolvenzrecht maßgeblich prägenden<br />
Gedanken, dass dem Schuldner mit dem Durchlaufen<br />
eines Insolvenzverfahrens eine Perspektive auf eine dauerhaft<br />
gesicherte Existenz – einen „fresh start“ oder Ausweg aus dem<br />
„modernen Schuldturm“ –gegeben werden soll (MünchKomm-<br />
InsO/ Ganter, §1 Rdnr.101; Uhlenbruck , InsO 12. Aufl. §1<br />
Rdnr.15; Kübler/Prütting/Wenzel, InsO § 286 Rdnr.1), wäre es<br />
schlecht vereinbar, ihm eine solche Existenz ausgerechnet<br />
während der Wohlverhaltensphase vorzuenthalten.<br />
Der Senat hatte weiter zu prüfen, ob die unterlassene Beantwortung<br />
der dem Antragsteller von der Antragsgegnerin gestellten<br />
Fragen die Versagung der Wiederzulassung rechtfertigte.<br />
Ausgehend von § 36a Abs. 2 Satz 2 BRAO, wonach der Antrag<br />
auf Gewährung von Rechtsvorteilen zurückzuweisen ist, wenn<br />
die Landesjustizverwaltung infolge der Verweigerung der Mitwirkung<br />
des Antragstellers den Sachverhalt nicht hinreichend<br />
klären kann, hat der Senat darauf hingewiesen, dass die Versagung<br />
der Zulassung aus diesem Grunde nur in Betracht kommt,<br />
wenn der nicht aufgeklärte Sachverhalt für die Zulassung von<br />
Bedeutung ist. Der Antragsgegnerin wurde Gelegenheit gegeben,<br />
selbst zu entscheiden, ob die geforderte Bedeutung vorliegt,<br />
indem sie verpflichtet wurde, den Zulassungsantrag des<br />
Antragstellers unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des<br />
Senats erneut zu bescheiden. Zu den vom Anwaltsgerichtshof<br />
aufgeworfenen und im Verfahren offen gebliebenen Fragen, ob<br />
zu den Verbindlichkeiten, die von dem Insolvenzverfahren erfasst<br />
waren, weitere hinzugekommen sind, wie der Antragsteller<br />
seinen Lebensunterhalt finanziert und ob er Einkünfte hat,<br />
hat der Senat dargelegt, das bloße Bestehen von neuen Verbindlichkeiten<br />
bei einem Berufsbewerber stehe einer Zulassung<br />
erst entgegen, wenn es ihretwegen zu Vollstreckungsmaßnahmen<br />
gekommen sei. Die Antragsgegnerin wurde deshalb<br />
auf die Möglichkeit verwiesen, entsprechende Auskünfte über<br />
Vollstreckungsmaßnahmen bei dem zuständigen Gerichtsvollzieher<br />
zu erlangen. Der Frage, ob der Antragsteller Einkünfte<br />
hat und wie er seinen Lebensunterhalt finanziert, maß der Senat<br />
mindere Bedeutung zu. Dies wurde damit begründet, dass<br />
dies in erster Linie den Treuhänder und die Insolvenzgläubiger<br />
interessiere, damit diese beurteilen könnten, ob der Antragsteller<br />
auch wirklich alle pfändbaren Einkünfte abführe.<br />
Der Senat hat weiter geprüft, ob durch die Zulassung des<br />
Schuldners zur Rechtsanwaltschaft während der Wohlverhaltensphase<br />
die Interessen der Rechtsuchenden gefährdet würden.<br />
Der Anwaltsgerichtshof hatte angenommen, es sei nicht<br />
gewährleistet, dass der Schuldner während der Wohlverhaltensphase<br />
„Fremdgeld und Anwaltsgebühren“ an den Treuhänder<br />
abführe, es bestehe vielmehr die Gefahr,dass er diese Gelder<br />
zur Tilgung anderer,etwa inzwischen entstandener neuer Verbindlichkeiten<br />
verwende, von denen der Treuhänder möglicherweisekeine<br />
Kenntnis habe. Dem ist der Senat nicht gefolgt.