Konferenzbericht (PDF-Dokument, 3 MB) - SID
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Wissen wandert<br />
te ihrer insgesamt drei Jahre dauernden Ausbildung in<br />
Polen zu verbringen.<br />
Nach Berlin kommen aber auch die, die in dieser Stadt<br />
nicht dauerhaft leben, sondern als Pendler arbeiten<br />
wollen. Wer am Montagmorgen einmal mit dem Zug vom<br />
polnischen Kostrzyn/Küstrin nach Berlin fährt, bekommt<br />
eine Ahnung von der Lage Berlins als erster Stadt des<br />
Westens. Etwa 100.000 Pendler halten sich regelmäßig<br />
in Berlin auf. Was für die einen Arbeitsmigranten sind,<br />
die das noch immer sehr hohe Lohngefälle an der<br />
deutsch-polnischen Grenze ausnutzen, sind für andere<br />
die Pioniere eines neuen Europa. Wegen seiner Lage<br />
als Grenzstadt ist Berlin geradezu ein Labor für die neue<br />
Gestalt des "Transmigranten", der kulturell, sozial wie<br />
wirtschaftlich sowohl auf der einen, wie auch der ande-<br />
ren Seite der Grenze zu Hause ist.<br />
Und dann gibt es noch die Touristen und Shopping-<br />
Reisenden. Vor allem vor Weihnachten macht das Ka-<br />
DeWe fast die Hälfte des Umsatzes mit russischen Kun-<br />
den. Aber auch die Polen haben Berlin als Einkaufsstadt<br />
entdeckt. 40 % aller Umsätze ausländischer Kunden<br />
entfallen inzwischen auf russische und polnische Touris-<br />
ten. Allein in einem Umkreis von 300 Kilometern um<br />
Berlin leben zwischen Szczecin/ Stettin, Poznan/ Posen<br />
und Wroclaw/Breslau neun Millionen Polen. Das Ein-<br />
zugsgebiet des Kurfürstendamms, des Potsdamer-, aber<br />
auch des Alexanderplatzes, hat längst die Grenzen<br />
überschritten. Selbst die Berliner Wirtschaftsförderer<br />
werben inzwischen unter dem Slogan "Go West - Go<br />
Berlin".<br />
Berlin ist aber nicht nur für polnische Pendler interes-<br />
sant, sondern mehr und mehr auch für polnische Inves-<br />
toren. Das geht weit über die 30 Firmen hinaus, die sich<br />
jetzt schon im Ost-West-Kompetenzzentrum in Adlershof<br />
angesiedelt haben. Schätzungsweise 4.500 Unterneh-<br />
men aus dem Nachbarland arbeiten in Berlin. Sie haben<br />
sich vor allem in zwei Bezirken niedergelassen. In Char-<br />
lottenburg ballen sich im Kiez um die Wilmersdorfer<br />
90<br />
knowledge migrates<br />
Straße die Gewerbetreibenden und freien Berufe. In<br />
Neukölln haben sich die vielen Fliesenleger und Multi-<br />
Handwerker aus dem Nachbarland, die in Berlin ihr<br />
Glück suchen, niedergelassen.<br />
Nach vorne scheint es auch für polnische Großunter-<br />
nehmen in Berlin zu gehen. In den neuen "Wilmersdor-<br />
fer Arcaden" hat die Kinderwaren-Kette "Smyk" gerade<br />
ihre neue Filiale in Berlin eröffnet. Die Warschauer nut-<br />
zen die deutsche Hauptstadt als Testmarkt für die Ex-<br />
pansion nach Westeuropa. Das Geschäft läuft gut und<br />
auch die Erfahrungen in den Läden im "Schloss" in<br />
Steglitz und der "Alexa" in Mitte sind positiv. Es kommen<br />
viele polnische Kunden, die die "Smyk"-Hausmarke<br />
schon kennen. Aber auch türkische und deutsche Fami-<br />
lien kaufen die Waren, die zum Teil in Polen produziert<br />
werden.<br />
Polnische Zuwanderung nach Berlin ist seit Jahrhunder-<br />
ten ein Massenphänomen. Das belegen nicht nur alte<br />
Berliner Namen polnischen Ursprungs, wie jener der<br />
Familie Gotzkowsky, deren Sohn Johann Ernst vor mehr<br />
als 200 Jahren die Königliche Porzellan Manufaktur<br />
gegründet hat.<br />
Ob Feinkostläden, schnelle Sportwagen oder Pizza und<br />
Pasta, in ihrer Italienbegeisterung sind sich die Deut-<br />
schen einig. Italienische Lebensart ist auch aus Berlin<br />
kaum noch wegzudenken. In den 60er Jahren entdeck-<br />
ten die Berliner das Urlaubsland Italien, während Italie-<br />
ner im Gegenzug nach Berlin kamen um hier zu arbei-<br />
ten. Doch die gemeinsame Geschichte begann schon