Konferenzbericht (PDF-Dokument, 3 MB) - SID
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Wissen wandert<br />
meiner Auffassung weltweit und auch in Berlin noch viel<br />
zu wenig statt.<br />
Das Institut für System- und Innovationsforschung in<br />
Karlsruhe hat einmal ausgerechnet, wie stark heute in<br />
die wichtigsten Schlüsseltechnologien wissenschaftli-<br />
ches Wissen eingeht. Natürlich geht es hier nicht um die<br />
Kommastelle, aber die Zahlen sind beeindruckend: Zum<br />
Beispiel Mikrochips: 70% des Preises der Mikrochips<br />
wird durch wissenschaftliches Wissen erzeugt. Bei So-<br />
larzellen sind es ebenfalls 70%, bei den Pharmaproduk-<br />
ten sogar 80% und das gesamte Wirtschaftswachstum<br />
basiert in den hochindustrialisierten Ländern zu etwa 70<br />
bis 80% auf wissenschaftlichem Wissen. Dieses wissen-<br />
schaftliche Wissen produziert in der Tat hocheffiziente<br />
ökonomische Innovationen, das Stichwort Informations-<br />
und Kommunikationstechnologien stehen hierfür bei-<br />
spielhaft. Aber wir zielen heute viel zu wenig darauf ab,<br />
diese Technologien im Sinne der Nachhaltigkeit einzu-<br />
setzen. Das aber erwarte ich für eine Stadt der Wis-<br />
sensvorsprünge.<br />
Zurzeit gibt es weltweit scheinbar eine Ernährungskrise.<br />
Diese Ernährungskrise kann ja nicht in wenigen Tagen<br />
vom Himmel gefallen sein und nun sind plötzlich viel<br />
weniger Nahrungsmittel da und die Weltmarktpreise<br />
explodieren. Tatsächlich sind es mehrere Faktoren, die<br />
hier zusammenwirken, die aber vor allem von mächtigen<br />
Spekulanten genutzt werden, um eine künstliche Ver-<br />
knappung zu erzeugen und um dann bei den enorm<br />
gestiegenen Preisen gigantische Gewinne zu machen.<br />
Diese Spekulanten schieben heute virtuell jeden Tag 4<br />
Tausend Milliarden Dollar durch die Finanzwelt. Mir hat<br />
bisher kein Finanzwissenschaftler klarmachen können,<br />
was das für Folgen hat. Ich behaupte, das weiß noch<br />
nicht einmal der Weltbankpräsident oder der Präsident<br />
der Europäischen Notenbank. Und dann fängt auf ein-<br />
mal das gesamte Gebäude an zu wackeln und dieses<br />
Gebäude bröckelt ja nicht nur virtuell im Finanzbereich,<br />
sondern schiebt sich ganz real etwa in den Ernährungs-<br />
bereich und in alle Bereiche von bis dahin einigermaßen<br />
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knowledge migrates<br />
stabilen ökonomischen Entwicklungen. So geht das, und<br />
da kommen dann regionale Missernten und eine forcier-<br />
te Nutzung von Biomasse für die Erzeugung oder gar<br />
die Zunahme der Bio-Fuel-Produktion gerade richtig, um<br />
die Öffentlichkeit und große Teile der Wirtschaft von den<br />
eigentlichen Krisenursachen, den wahnwitzigen Speku-<br />
lationen und Spekulationsgewinnen abzulenken.<br />
Solche Probleme müssen Wissensregionen mit dem<br />
Anspruch auf Wissensvorsprünge aufdecken und dafür<br />
Strategien, Instrumente und Maßnahmen zu ihrer Über-<br />
windung und Lösung entwickeln.<br />
Deshalb kann ich zusammenfassend nur noch einmal<br />
auf das rekurrieren, was Frau Süßmuth ausgeführt hat:<br />
Wir brauchen kulturelle und soziale Wissenskompetenz<br />
und internationale Zusammenarbeit. Die Voraussetzun-<br />
gen dafür sind bei uns noch unterentwickelt, nämlich die<br />
Ausbildung und Bildung der Menschen, insbesondere<br />
auch der Jugendlichen, durch Weiterbildung und Wei-<br />
terqualifizierung in Richtung Strukturwandel und Globali-<br />
sierung neues Orientierungs- und Handlungswissen zu<br />
erwerben: Wir reden zwar ständig von Globalisierung,<br />
aber wenn es um die konkrete praktische Umsetzung<br />
und Nutzung von Chancen und Verhinderung der Risi-<br />
ken geht, ist die internationale Sichtweise und multikultu-<br />
relles Handeln und Zusammenwirken nur ganz rudimen-<br />
tär ausgebildet.<br />
Ich hatte vor kurzem die Gelegenheit, das Thema mit<br />
der Ministerin für Entwicklungspolitik zu diskutieren und<br />
zum Glück fällt das im BMZ auf fruchtbaren Boden: „Ja,<br />
wir legen jetzt ein Programm auf für die spezielle Ausbil-<br />
dung unserer jungen Menschen, damit sie vermehrt in<br />
die Welt hinausgehen können“.<br />
Wir sollten überhaupt keine Bedenken haben, wenn<br />
unsere jungen Leute in die Welt hinausgehen – im Ge-<br />
genteil. Sie kommen ja auch mal wieder zurück und sie<br />
knüpfen dort entsprechend internationale Netze. Wir<br />
dürfen auch keine Berührungsangst haben, wenn Men-<br />
schen aus anderen Ländern zu uns kommen. Heute - in