Konferenzbericht (PDF-Dokument, 3 MB) - SID
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Wissen wandert<br />
fordert zum Wohle der Stadt eine „offensive Zuwande-<br />
rungspolitik nicht nur wegen der gravierenden Verände-<br />
rungen in der Bevölkerung. Hinzu kommt, dass der<br />
ständige Zustrom aktiver Neubürger ein Ferment ist, das<br />
Stadtgesellschaften dynamisiert und auch die Entwick-<br />
lung Berlins geprägt hat. Zuwanderer, die aus eigenem<br />
Antrieb kommen, sind meistens besonders aktiv ... Da-<br />
bei bringen Zuwanderer neben fachlichen Qualifikatio-<br />
nen auch kulturelle Anregungen in die Stadt. Berlin ist<br />
nicht nur im Kampf um Investitionen ein Global Player,<br />
sondern auch im Wettbewerb um kluge und aktive Men-<br />
schen.“<br />
III.<br />
Aber diese grundlegenden Erkenntnisse der Berlin-<br />
Studie versickerten angesichts der übermächtigen Defi-<br />
zitdiskurse um Einwanderung und Integration. "Wir sind<br />
kein Einwanderungsland" - dieser Standardsatz der<br />
konservativen Einwanderungspolitik hatte zur Folge,<br />
dass die Ressourcen der Einwanderer in vielen Fällen<br />
systematisch verschleudert wurden. Das ging und geht<br />
soweit, dass die Gruppe der Asylbewerber künstlich vom<br />
Arbeitsmarkt ferngehalten werden - ob es sich nun um<br />
Ärzte, Wissenschaftler oder einfach um junge Menschen<br />
mit Ideen und Selbstbehauptungswillen handelt.<br />
Mehrsprachigkeit, diese zentrale Kommunikationsres-<br />
source, wurde nicht gefördert, sondern häufig als Defizit<br />
angesehen. Viele, die sich schnell aktiv einbringen woll-<br />
ten, standen vor fast unüberwindbaren Mauern aus<br />
Vorschriften, gesetzlichen Einschränkungen, berufs-<br />
ständischen Fernhalteklauseln. Statt ein Klima des Will-<br />
kommens zu schaffen und eine Einladung, diese Gesell-<br />
schaft mit zu gestalten, wurden mentale und formale<br />
Hürden aufgebaut. Statt zu fragen, was bringst du mit an<br />
formalen und informellen Qualifikationen, war und ist die<br />
Grundfrage: woher kommst du, warum bist du nicht dort<br />
geblieben und wann gehst du wieder zurück? Als wir im<br />
Rahmen einer aktuellen Untersuchung Ende 2007 Berli-<br />
ner Arbeitsamtsberater nach den Potenzialen ihrer<br />
Kundschaft mit "Migrationshintergrund" gefragt haben,<br />
76<br />
knowledge migrates<br />
antworteten mehr als die Hälfte, sie könnten dort nur<br />
Defizite und keine Potenziale erkennen!<br />
IV.<br />
Aber in den letzten Jahren verändert sich die Blickrich-<br />
tung. „Berlin – Comeback einer Weltstadt“, so titelte der<br />
Spiegel“ im März 2007. Es wird deutlicher, dass Ein-<br />
wanderung Teil der internationalen Vernetzung ist und<br />
der Stadt zahlreiche Chancen bringen. Als west-östliche<br />
Drehscheibe profitiert Berlin von der wirtschaftlichen und<br />
kulturellen Öffnung in die Welt auf vielfältige Weise.<br />
Denn im Hinblick auf Standortentscheidungen werden<br />
Städte zunehmend auch aufgrund ihres internationalen<br />
Flairs, ihrer Innovationsbereitschaft und ihrer Offenheit<br />
gegenüber der Vielfalt moderner Lebensweisen beurteilt.<br />
Künstler, Wissenschaftlerinnen und Studierende kom-<br />
men nach Berlin. Die Lebenshaltungskosten sind im<br />
Vergleich zu anderen europäischen Metropolen wie<br />
Paris oder London niedrig. Freiräume zur kreativen<br />
Entfaltung sind nach wie vor leicht zu finden. Nirgendwo<br />
in Europa gibt es so viele Galerien, laufend werden<br />
Modelabels gegründet, Film- und Fernsehproduktionen<br />
verlegen ihre Standorte nach Berlin.<br />
Günter Piening<br />
In allen Branchen sind die unternehmerischen Aktivitä-<br />
ten von Migranten/-innen ein Motor für den Wirtschafts-<br />
standort Berlin geworden. Die Bereitschaft von Einwan-<br />
derern, sich auf das Risiko einer Unternehmensgrün-<br />
dung einzulassen, ist überdurchschnittlich. 2006 lag der<br />
Anteil von Ausländern/-innen bei den Einzelgründungen