Konferenzbericht (PDF-Dokument, 3 MB) - SID
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Wissen wandert<br />
bildete Frau aus Ghana, sollte mit Putzen mein Geld<br />
verdienen. Es war eine sehr harte Arbeit für mich, am<br />
Schlimmsten die großen Spiegel im Ballettsaal von<br />
denen ich noch heute Angstträume habe. Während ich<br />
schwer arbeitete, flog mein Mann nach England und<br />
kassierte von meinen Eltern das von mir erbetene Un-<br />
terstützungsgeld. Davon erhielt ich keinen Pfennig. Er<br />
verbot mir auch, dass ich von unserem gemeinsamen<br />
Konto Geld abhob. Ich, die einst unabhängige und<br />
selbstbewusste Frau, war praktisch mittellos.<br />
Der Tiefpunkt meines Lebens in Deutschland war für<br />
mich der Tag, an dem ich bettelnd am Oberhausener<br />
Bahnhof stand!<br />
Endlich flüchtete ich mit Hilfe einer deutschen Nachbarin<br />
in das Frauenhaus in Düsseldorf. Dort lernte ich, dass<br />
nicht nur afrikanische Männer gegenüber ihren Frauen<br />
zu Gewalt greifen. Während meines Aufenthaltes im<br />
Frauenhaus stabilisierte sich meine Lage soweit, dass<br />
ich einen Versuch unternahm, beruflich auf eigenen<br />
Füssen zu stehen. Ich bewarb mich in einem Düsseldor-<br />
fer Krankenhaus für den Pflegedienst und wurde trotz<br />
fehlender Sprachkenntnisse eingestellt. Zwei Wochen<br />
hatte ich schon dort gearbeitet und ich war derart stolz<br />
auf mich, dass ich wieder zu meinem Ehemann zurück-<br />
ging. Als ich wieder in seiner Wohnung war, wollte er mit<br />
Gewalt verhindern, dass ich zu meiner neuen Arbeits-<br />
stelle ging. Es gelang mir durch eine geschlossene<br />
Fensterscheibe zu fliehen. Bei dieser Flucht verletzte ich<br />
mich, sodass ich im Krankenhaus behandelt werden<br />
musste. Anschließend meldete ich mich wieder im Frau-<br />
enhaus, wo man mich natürlich nicht aufnehmen wollte.<br />
Da ich ja eine Arbeit hatte, erklärte sich das Sozialamt<br />
dennoch bereit, die Aufenthaltskosten für das Frauen-<br />
haus zu übernehmen. Als ich mit meinen blutbefleckten<br />
Kleidern auf meiner Arbeitsstelle erschien und den Vor-<br />
fall erklärte, schickte man mich sofort wieder zurück und<br />
kündigte mir in der Probezeit. Ich meldete mich beim<br />
Wohnungsamt als wohnungssuchend. In den nächsten 6<br />
60<br />
knowledge migrates<br />
Wochen im Frauenhaus verging keine Nacht ohne dass<br />
ich nicht mein Kopfkissen vollgeweint hätte. Alles schien<br />
so trostlos in meinem Leben. Was mir in dieser Zeit, in<br />
dem großen Schlafsaal des Frauenhauses Trost gege-<br />
ben hat, war die deutsche Radiomusik, die von den<br />
Mitbewohnerinnen den ganzen Tag über gespielt wurde.<br />
Nach den sechs Wochen erhielt ich dann eine Woh-<br />
nung. Wahrscheinlich, weil ich dem Amt jeden zweiten<br />
Tag auf die Nerven ging. Jetzt hatte ich einen festen<br />
Wohnsitz und konnte mich beim Arbeitsamt melden.<br />
Nach 2 Terminen wurde mir eine Stelle auf der Messe<br />
Düsseldorf als Reinigungskraft vermittelt. Ich stellte mich<br />
vor und wurde genommen. Aufgrund meiner fehlenden<br />
Sprachkenntnisse hatte ich natürlich viele Probleme und<br />
es passierten deshalb auch Fehler. So sollte ich aus<br />
diesem Grund nach einem halben Jahr gekündigt wer-<br />
den. Ich ging zur Vorarbeiterin und habe sie unter Trä-<br />
nen gebeten, dass sie mich in der Firma lässt. Ich ver-<br />
sprach auf eigene Kosten (von dem sehr geringen Lohn)<br />
einen Deutschkurs beim ASG-Bildungsforum zu besu-<br />
chen. Daraufhin durfte ich bei der Reinigungsfirma wei-<br />
ter arbeiten. Der Intensivkurs dauerte fast 1 Jahr. Als<br />
ich etwa zwei Jahre gearbeitet hatte, fragte ich beim<br />
Arbeitsamt wegen der Umschulung nach. Schließlich<br />
wollte ich nicht mein Leben lang als Putzfrau arbeiten.<br />
Da hieß es, dass es diese Förderungsmöglichkeit nicht<br />
mehr gibt, weil das Gesetz geändert worden sei. Also<br />
was blieb mir übrig? Ich habe weiter geputzt. Bemühte<br />
mich aber immer wieder, durch Kurse (z.B. Schreibma-<br />
schine, Fremdsprachen, Programmiersprachen) eine<br />
bessere Qualifikation zu erreichen. Jedes Mal aber,<br />
wenn ich mich zu einem derartigen Kurs nach Arbeits-<br />
ende mit hohem finanziellem und zeitlichem Aufwand<br />
einschrieb, wechselte meine Arbeitgeberin die Dienst-<br />
pläne und ich musste länger arbeiten. So konnte ich die<br />
Kurse nur unregelmäßig oder gar nicht besuchen und<br />
ich gab nach einigen Monaten auf.<br />
Ein Messebesucher, der auf mich aufmerksam wurde,<br />
war niedergelassener Arzt. Er glaubte, dass ich ein<br />
Talent für manuelle Tätigkeiten hätte und sponsorte mir