Konferenzbericht (PDF-Dokument, 3 MB) - SID
Konferenzbericht (PDF-Dokument, 3 MB) - SID
Konferenzbericht (PDF-Dokument, 3 MB) - SID
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Wissen wandert<br />
Mobilität und globale Arbeitsmärkte<br />
von Andreas Halbach, International Organisation<br />
for Migration – IOM, Deutschland<br />
Hinter den bildmächtigen Tagesthemen von irregulärer<br />
Migration, Menschenhandel und humanitären Situatio-<br />
nen verbirgt sich eine andere Tatsache: nämlich die,<br />
dass die Globalisierung nicht nur Waren-, Finanz- und<br />
Dienstleistungsverkehr erfasst hat, sondern nun auch<br />
die Arbeitskraft.<br />
Derzeit steht die Zahl internationaler Migranten bei 200<br />
Millionen, fast dreimal so viele wie vor 50 Jahren. Da-<br />
mals waren es etwas über 2% der Weltbevölkerung,<br />
heute sind es knapp über 3%.<br />
Während die Bevölkerung insgesamt weiter wächst,<br />
schwindet sie in den meisten Industrieländern, abgese-<br />
hen von den klassischen Einwanderungsländern.<br />
Absolute Armut ist weltweit rückläufig; trotzdem öffnet<br />
sich die Einkommensschere immer weiter.<br />
Vor diesem Hintergrund verschärft sich der globale<br />
Wettbewerb um Hochqualifizierte unter Industriestaaten;<br />
aber auch Angebot und Nachfrage bei geringer Qualifi-<br />
zierten rücken auf der politischen Agenda von Her-<br />
kunfts- und Aufnahmeländern nach und wollen in Ein-<br />
klang gebracht werden.<br />
Im besten Fall profitieren alle Beteiligten: die Migranten<br />
durch Einkommen und Erfahrung, die Herkunftsländer<br />
durch Abbau von Arbeitslosigkeit, Rücküberweisungen<br />
und Wissenstransfer, und die Aufnahmeländer durch<br />
Beseitigung von Engpässen und Stärkung ihrer eigenen<br />
Entwicklung. Im un-günstigsten Fall werden die ersteren<br />
ausgebeutet, verlieren die anderen ihre besten Köpfe<br />
und riskieren die letzteren eine Absenkung ihres Sozial-<br />
standards. Triple lose? Nullsumme? Oder vielleicht doch<br />
triple win?<br />
knowledge migrates<br />
Auf den verschlungenen Wegen und Irrwegen dorthin<br />
bewegt man sich landläufig auf drei Gestaltungsebenen:<br />
national, regional und global. Aber eine vierte Ebene ist<br />
mindestens genau so wichtig: nämlich die Lebensent-<br />
würfe der Migranten selbst.<br />
Da sie so eng mit nationaler Identität zusammenhängt,<br />
bleibt politische Migrationsgestaltung in erster Linie eine<br />
Angelegenheit nationaler Souveränität. In dem Maß<br />
jedoch, in dem diese Souveränität durch die Dynamik<br />
der Globalisierung und durch Vernetzungen aller Art<br />
qualifiziert wird, in demselben Maß lässt sich auch Mig-<br />
ration nicht mehr national einseitig gestalten.<br />
Das Thema Arbeitsmigration und Mobilität wird gerne als<br />
„unfinished business of globalization“ bezeichnet. Das<br />
zwischenstaatliche Globale Forum für Migration und<br />
Entwicklung wendet sich nun diesem „unfinished busi-<br />
ness“ zu und verankert den Entwicklungsaspekt an<br />
zentraler Stelle der Migrationsdebatte: Humankapital,<br />
Arbeitsmobilität, Rücküberweisungen sowie politische<br />
und partnerschaftliche Kohärenz kennzeichneten das<br />
erste Forum im Juli 2007; das kommende wird sich im<br />
Oktober 2008 mit Fragen der Menschenrechte und der<br />
Auswirkung legaler Migration auf Entwicklung sowie<br />
erneut mit dem Kohärenzthema befassen. Während<br />
globale Ansätze im Allgemeinen ihre Effekte in glazialem<br />
Tempo entfalten, bleibt doch bemerkenswert, dass sich<br />
auf diesem ersten globalen Forum keine Nord-Süd Spal-<br />
tung in Migrationsgewinner und –verlierer abzeichnete,<br />
sondern der potentielle Nutzen von allen Beteiligten<br />
anerkannt wurde. Arbeitsmigration wird langsam aber<br />
sicher zum integralen Bestandteil einer globalen Wirt-<br />
schaftsordnung.<br />
Zwischen nationale und globale Ebene schiebt sich die<br />
regionale Ebene, auf der im Allgemeinen am produktivs-<br />
ten zusammengearbeitet wird. In unserem Raum ist dies<br />
die EU, die auch in Migrationsangelegenheiten als welt-<br />
weit fortgeschrittenstes Modell regionaler Zusammenar-<br />
beit gelten kann, und zwar nicht nur im Verhältnis der<br />
31