Konferenzbericht (PDF-Dokument, 3 MB) - SID
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Wissen wandert<br />
Internationale Migration und Knowhow<br />
von Heino von Meyer, OECD Berlin Centre<br />
Die öffentliche Debatte um Migration, ihr Ausmaß, ihre<br />
Struktur und ihre Entwicklung, leidet vielfach darunter,<br />
dass sie von falschen Vorstellungen und unrealistischen<br />
Einschätzungen geprägt ist. Der folgende Beitrag ver-<br />
sucht dem entgegen zu wirken, indem er einen allge-<br />
meinen Überblick bietet zu Umfang und Tendenzen<br />
internationaler Migration, zur Arbeitsmarktsituation und<br />
–perspektive, sowie zu Bildung und Qualifikation von<br />
Migranten. Er basiert überwiegend auf international<br />
vergleichenden Statistiken für die 30 Mitgliedsländer der<br />
Organisation für wirtschaftliche Entwicklung und Zu-<br />
sammenarbeit (OECD).<br />
Die OECD veröffentlicht alljährlich den International<br />
Migration Outlook (IMO) mit aktuellen Daten und Analy-<br />
sen zu internationalen Migrationsthemen. Darüber hi-<br />
naus hat sie in den vergangenen Jahren weitere vertie-<br />
fende Studien zum Zusammenhang von Migration und<br />
Bildung, Beschäftigung und globaler Entwicklung erstellt,<br />
auf die in diesem Beitrag ebenfalls Bezug genommen<br />
wird.<br />
Die Abbildungen und Daten, auf die sich der folgende<br />
Text bezieht, sind in gesammelter Form am Ende dieses<br />
Textes zu finden. Die Daten, die den folgenden Abbil-<br />
dungen und Tabellen zugrunde liegen, werden zudem<br />
zum größten Teil im Internet unter den jeweils angege-<br />
ben OECD Stat-links zur Verfügung gestellt.<br />
Migration – Bedeutung und Dynamik<br />
Um eine realistische Einschätzung von Bedeutung und<br />
Dynamik der internationalen Migration zu gewinnen, gilt<br />
es zunächst einige grundlegende Fragen zu beantwor-<br />
ten.<br />
16<br />
knowledge migrates<br />
Wie bedeutend ist die internationale Migration im Zeital-<br />
ter der Globalisierung? Sicher wird es viele überraschen,<br />
dass der Anteil internationaler Migranten an der Weltbe-<br />
völkerung seit fast fünf Jahrzehnten nahezu konstant<br />
geblieben ist. Er macht insgesamt lediglich 2,5 bis 3 %<br />
der globalen Bevölkerung aus. Erhöht hat sich allerdings<br />
der Migrantenanteil in den entwickelten Industrieländern;<br />
von 1960 bis 1985 zunächst langsam von 3 bis 4 % auf<br />
4 bis 5 %, seit Mitte der 80er Jahre jedoch sprunghaft<br />
auf inzwischen 9 bis 10 % (vgl. Abb. 1).<br />
Welches sind die wichtigsten Herkunftsregionen der<br />
internationalen Migranten? Auch hierüber bestehen<br />
vielfach falsche Vorstellungen. Betrachtet man bei-<br />
spielsweise die Lage in Europa, so stammten um die<br />
Jahrtausendwende in den Mitgliedstaaten der EU-15<br />
weniger als 5 % der Migranten aus Lateinamerika, weni-<br />
ger als 10 % aus Asien, weniger als 15 % aus Afrika.<br />
Weitere 10 % stammten aus Nicht-EU-Europa sowie 6<br />
% aus der Türkei. Das aber bedeutet, der Rest, etwa<br />
jeder zweite Migrant in der Europäischen Union, kam<br />
aus einem andern EU-15-Land (vgl. Abb. 2).<br />
Lassen sich die Mitgliedsländer der OECD nach wie vor<br />
in typische Zuwanderungsländer (wie z.B. die USA,<br />
Kanada, Australien und Neuseeland, aber auch Frank-<br />
reich, Deutschland und das Vereinigte Königreich) ei-<br />
nerseits sowie klassische Auswanderungsländer (wie<br />
z.B. Irland, Italien, Spanien oder Portugal) andererseits<br />
unterscheiden? Auch diese traditionelle Unterscheidung<br />
hält einer empirischen Überprüfung nicht mehr stand<br />
(vgl. Abb. 3). Von Anfang der 50er Jahre bis Mitte der<br />
80er Jahre schwankte der Wanderungssaldo aller<br />
OECD Länder (ohne Mexiko, Türkei und Korea) in enger<br />
Bandbreite um +0,1 % der Wohnbevölkerung. Dabei lag<br />
er in den Zuwanderungsländern bei sinkender Tendenz<br />
zwischen 0,3 % und 0,15 %. In den Auswanderungslän-<br />
dern war er bis 1975 von -0,2 auf +0,1 % angestiegen<br />
und hielt sich dann bis Ende der 80er Jahre nahe 0 %.<br />
Seither stieg der jährliche Wanderungssaldo der OECD-<br />
Länder insgesamt von 0,1 % auf 0,4 % der Wohnbevöl-