Infodienst Krankenhäuser - Ver.di
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Gesundheitspolitik<br />
EU-Kommission: Grünbuch »Arbeitskräfte<br />
im Gesundheitswesen in Europa«<br />
Grünbuch lässt<br />
viele Fragen offen<br />
Das Grünbuch »Arbeitskräfte<br />
im Gesundheitswesen in Europa«<br />
der EU-Kommission ist nach ver.<strong>di</strong>-<br />
Ansicht unausgegoren. Zwar begrüßt<br />
ver.<strong>di</strong>, dass sich <strong>di</strong>e Kommission<br />
überhaupt mit dem Thema<br />
befasst. Die Schlüsse aber, <strong>di</strong>e <strong>di</strong>e<br />
EU zieht, werden dem Problem<br />
nicht gerecht. ver.<strong>di</strong> dringt darauf,<br />
das Grünbuch gründlich zu überarbeiten.<br />
Wie auch <strong>di</strong>e Gewerkschaften<br />
und <strong>di</strong>e Wissenschaft sieht <strong>di</strong>e EU<br />
<strong>di</strong>e Gefahr, dass im Gesundheitswesen<br />
in Europa in absehbarer<br />
Zeit Fachkräfte händeringend gesucht<br />
werden.<br />
Der Grund dafür liegt auf der<br />
Hand: Der demografische Wandel<br />
hat zur Folge, dass <strong>di</strong>e Zahl der<br />
alten und sehr alten Menschen<br />
steigt, während <strong>di</strong>e Zahl der Menschen<br />
im erwerbsfähigen Alter<br />
eher sinkt. Gleichzeitig werden<br />
neue Me<strong>di</strong>zintechnologien eingeführt,<br />
neue Methoden der<br />
Diagnose und Behandlung. Ferner<br />
müsse damit gerechnet werden,<br />
http://europa.eu/documents/comm/green_papers/index_de.htm<br />
■ 6<br />
dass neue Gesundheitsgefahren<br />
auftreten – wie me<strong>di</strong>kamentenresistente<br />
Viren oder Bakterien.<br />
Um <strong>di</strong>ese Aufgaben bewältigen<br />
zu können, seien »effiziente und<br />
effektive Arbeitskräfte« in ausreichender<br />
Zahl und von höchster<br />
Qualität notwen<strong>di</strong>g, so <strong>di</strong>e EU-<br />
Kommission im Grünbuch.<br />
Das Gesundheitswesen<br />
im Binnenmarkt<br />
Damit es im Gesundheitswesen<br />
auch in Zukunft noch genügend<br />
Fachkräfte gibt, setzt <strong>di</strong>e EU auf<br />
den Binnenmarkt und auf <strong>di</strong>e Freizügigkeit<br />
– sowohl bei den Beschäftigten<br />
als auch bei der Gesundheits<strong>di</strong>enstleistung<br />
selbst.<br />
Vor <strong>di</strong>esem Hintergrund schlägt<br />
sie eine Reihe von Maßnahmen<br />
vor. Zuerst Aus-, Weiter- und Fortbildung.<br />
Sie setzt darauf, dass Arbeitskräfte<br />
sehr mobil sind – auch<br />
über <strong>di</strong>e nationalen Grenzen hinweg.<br />
Das will sie organisieren. Sie<br />
will ferner den Umgang mit neuen<br />
Technologien und Behandlungsmethoden<br />
fördern als auch <strong>di</strong>e<br />
»Selbststän<strong>di</strong>gkeit« der Anbieter<br />
von Gesundheits<strong>di</strong>enstleistungen<br />
ausbauen.<br />
Dabei ist eines klar: Die Kommission<br />
betrachtet das Gesundheitswesen<br />
als einen der dynamischsten<br />
Wirtschaftsbereiche der EU.<br />
Sie sieht das Gesundheitswesen<br />
vorrangig als einen Markt, der das<br />
Potenzial hat, Innovationsmotor zu<br />
sein. Diese Sicht der Dinge spiegelt<br />
sich auch in dem Blick, den<br />
<strong>di</strong>e EU-Kommission auf das Fachkräftepotential<br />
im Gesundheitswesen<br />
richtet. Sie will Arbeitskräfte<br />
»effizient und effektiv«.<br />
Und <strong>di</strong>ese sollen durch Qualifizierung<br />
und einen Mentalitätswandel<br />
http://gesundheitspolitik.ver<strong>di</strong>.de/internationales/europa/gruenbuch_arbeitskraefte_des_gesundheitswesens_in_europa<br />
auf <strong>di</strong>e neuen Herausforderungen<br />
eines freizügigen »europäischen<br />
Gesundheitsmarktes« vorbereitet<br />
werden.<br />
ver.<strong>di</strong> kritisiert: Dieser Blickwinkel<br />
ist viel zu eingeschränkt. Das<br />
Gesundheitswesen ist eben nicht<br />
ausschließlich Markt. Gesundheits<strong>di</strong>enstleistungen<br />
sind eben nicht in<br />
erster Linie als Güter und Patienten<br />
und Patientinnen nicht als<br />
Kunden zu sehen. Gesundheits-,<br />
Pflege- und auch soziale Dienste<br />
haben eine existenzielle Bedeutung<br />
für <strong>di</strong>e Nutzer und Nutzerinnen<br />
und deren besondere Schutzbedürfnisse.<br />
Die Weiterentwicklung der<br />
»Gesundheitswirtschaft« darf <strong>di</strong>e<br />
sozialpolitischen Ziele wie Qualität<br />
und Gerechtigkeit in der <strong>Ver</strong>sorgung,<br />
gute Zugangschancen für<br />
sozial Schwache oder den Solidaritätsgedanken<br />
nicht aus den Augen<br />
verlieren. Das gleiche trifft auf <strong>di</strong>e<br />
Arbeitskräfte zu: Wer <strong>di</strong>e Förderung<br />
des Nachwuchses und <strong>di</strong>e<br />
Weiterbildung der Beschäftigten<br />
allein aus wirtschaftspolitischen<br />
Gesichtspunkten sieht, wird<br />
Schiffbruch erleiden.<br />
Dreh- und Angelpunkt<br />
»Demografie«<br />
Das Grünbuch arbeitet mehr mit<br />
Unterstellungen und weniger mit<br />
Analyse. Ein herausstechendes<br />
Beispiel dafür ist <strong>di</strong>e Frage: Warum<br />
sind <strong>di</strong>e Belegschaften in den<br />
Einrichtungen des Gesundheitswesens<br />
und der Pflege so alt? Kein<br />
Zweifel, gesellschaftlich ist der<br />
demografische Wandel in vollem<br />
Gange. Doch <strong>di</strong>e Kommission<br />
unterstellt, dass eine Bevölkerung,<br />
<strong>di</strong>e altert, auch zwangsläufig zu<br />
alternden Belegschaften führen<br />
muss. Doch da irrt <strong>di</strong>e Kommission.<br />
Zwar weisen in Deutschland<br />
<strong>di</strong>e Belegschaften heute schon ein<br />
<strong>Info<strong>di</strong>enst</strong> <strong>Krankenhäuser</strong> Nr. 45 ■ Juni 2009