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Infodienst Krankenhäuser - Ver.di

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Vor Ort<br />

STEFAN JUNGHEIM<br />

Uniklinikum Aachen: Privatisierung Mikrobiologie<br />

und Zentrallabor vom Tisch<br />

Pläne<br />

Der Vorstand des Universitätsklinikums<br />

Aachen plante, noch in<br />

<strong>di</strong>esem Jahr große Teile des Laborbereichs<br />

auszugliedern und von<br />

externen Anbietern betreiben zu<br />

lassen. Motiv für <strong>di</strong>eses Outsourcing<br />

von Klinischer Chemie und<br />

Mikrobiologie war eine erwartete<br />

Ersparnis »in niedriger Millionenhöhe«,<br />

so der Ärztliche Direktor<br />

und Vorstandsvorsitzende Henning<br />

Saß.<br />

Was mit den rund 110 MitarbeiterInnen<br />

geschehen sollte, sei<br />

»noch völlig unklar«. Die Lehrstühle<br />

sollten erhalten bleiben. In<br />

der Me<strong>di</strong>zinischen Fakultät wurde<br />

zumindest eine Abwertung der<br />

Mikrobiologie für sehr problematisch<br />

gehalten.<br />

Die Klinische Chemie ist zustän<strong>di</strong>g<br />

für <strong>di</strong>e Analyse aller physiologischen<br />

und biochemischen Werte,<br />

<strong>di</strong>e <strong>di</strong>e Me<strong>di</strong>ziner für Diagnose<br />

und Therapie der Patienten brauchen.<br />

In der auch zum Institut gehörenden<br />

Pathobiochemie werden<br />

<strong>di</strong>e molekularen Ursachen von<br />

■ 32<br />

Krankheiten erforscht. Dieser Teil<br />

sollte in der Uniklinik bleiben,<br />

während <strong>di</strong>e automatisierten<br />

Laboranalysen »leicht von einem<br />

Großbetrieb« gemacht werden<br />

könnten, so Saß.<br />

In der Me<strong>di</strong>zinischen Mikrobiologie<br />

werden krankheitserregende<br />

Mikroorganismen untersucht und<br />

erforscht, vor allem Bakterien und<br />

Pilze. Wesentliche Aufgabe ist<br />

auch <strong>di</strong>e Hygiene am Klinikum<br />

selbst, d.h. Hospitalinfektionen<br />

und ihre Vorbeugung. Da in <strong>di</strong>esem<br />

Bereich weniger massenhafte<br />

als in<strong>di</strong>viduelle Analysen zu machen<br />

sind und enger kommuniziert<br />

werden müsste, »suchen wir hier<br />

ein anderes Modell« als bei der<br />

der Klinischen Chemie. Wie <strong>di</strong>eses<br />

Modell aussehen könnte, werde<br />

noch <strong>di</strong>skutiert.<br />

Da beide Institute Aufgaben in<br />

der Krankenversorgung haben,<br />

hatte <strong>di</strong>e Fakultät nur begrenzt<br />

Einfluss auf deren Schicksal. »Als<br />

Wirtschaftsbetrieb ist es unsere<br />

Aufgabe, nach Bereichen zu suchen,<br />

<strong>di</strong>e möglicherweise optimiert<br />

werden können«, sagte Saß.<br />

Nach unseren Informationen ging<br />

eine Machbarkeitsstu<strong>di</strong>e der Firma<br />

GEBERA von einem Einsparpotenzial<br />

von gut drei Millionen Euro<br />

pro Jahr aus. Unglücklich war man<br />

in der Fakultät auf jeden Fall darüber,<br />

dass sich <strong>di</strong>e Berufungsverhandlungen<br />

für beide Lehrstühle<br />

hinzogen und schon Kan<strong>di</strong>daten<br />

abgesprungen waren.<br />

Die Vorhaben waren hoch riskant.<br />

Man hätte sich, befürchteten<br />

<strong>di</strong>e Me<strong>di</strong>ziner, von einer Firma abhängig<br />

gemacht, Forschung wäre<br />

nur noch begrenzt möglich gewesen,<br />

der jetzige Service rund<br />

um <strong>di</strong>e Uhr, um Infektionsherde<br />

schnell zu ermitteln, nicht mehr<br />

gewährleistet. »Ich befürchte<br />

einen Niveauverlust für Forschung<br />

und Lehre, aber auch einen Schaden<br />

für <strong>di</strong>e Krankenversorgung,<br />

wenn <strong>di</strong>e Mikrobiologie nicht<br />

mehr wie jetzt 365 Tage im Jahr<br />

rund um <strong>di</strong>e Uhr erreichbar ist«,<br />

sagte ihr im März 2008 pensionierter<br />

ehemaliger Direktor Prof.<br />

Rudolf Lütticken. Keine andere<br />

Uniklinik in Deutschland sei auf<br />

<strong>di</strong>e Idee gekommen, <strong>di</strong>e Mikrobiologie<br />

auszugliedern, »und <strong>di</strong>e wissen<br />

wohl, warum«.<br />

Wer kämpft, kann gewinnen!<br />

Ihre Zukunft haben dann <strong>di</strong>e<br />

rund 110 nicht-wissenschaftlichen<br />

Mitarbeiter, unterstützt von vielen<br />

ÄrztInnen, in <strong>di</strong>e eigenen Hände<br />

genommen. Am 12. März wurden<br />

<strong>di</strong>e betroffenen Beschäftigten<br />

endlich über <strong>di</strong>e Pläne des Vorstands<br />

informiert, nachdem man<br />

<strong>di</strong>e Hiobsbotschaft schon im<br />

Februar aus der Lokalpresse erfahren<br />

musste. Man hatte sich für <strong>di</strong>e<br />

härteste aller Maßnahmen entschieden,<br />

war zu hören. So sollten<br />

<strong>di</strong>e Beschäftigten nach § 613a<br />

BGB übergeleitet werden.<br />

Nachdem sich <strong>di</strong>e Beschäftigten<br />

nach vergeblichen Beschwichtigungsversuchen<br />

zur Wehr setzten,<br />

beschloss der Vorstand nach einer<br />

Aufsichtsratssitzung am 17. März<br />

<strong>di</strong>e Aussetzung der Maßnahmen<br />

bis zur Entscheidung des Auf-<br />

<strong>Info<strong>di</strong>enst</strong> <strong>Krankenhäuser</strong> Nr. 45 ■ Juni 2009

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