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Infodienst Krankenhäuser - Ver.di

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Leserbrief Personalvertretung:<br />

Vom Co-Management zur Opposition?<br />

Von der Politik gewollt – von Arbeitgebern erwartet<br />

Eine aktuelle Situationsanalyse der betrieblich gelebten Kultur im<br />

öffentlichen Dienst anhand der Leitungen und Personalvertretungen<br />

in NRW und der Novellierung des Landespersonalvertretungsgesetzes.<br />

Zurück in <strong>di</strong>e Zukunft, bevor <strong>di</strong>e Finanzkrise im vollen Umfang auch den<br />

öffentlichen Dienst erreicht?<br />

Für Beschäftigte, Personalräte<br />

und Leitungen war lange Zeit klar:<br />

Regierung sind <strong>di</strong>e Arbeitgeber<br />

(Leitungen), Personalräte sind <strong>di</strong>e<br />

Opposition. Wie in der Politik wurden<br />

Vorschläge beidseitig vorerst<br />

torpe<strong>di</strong>ert, negativ bewertet und<br />

deutliche <strong>Ver</strong>besserung der Vorschläge<br />

gefordert. Die Muskelspiele<br />

der Macht auf beiden Seiten<br />

folgten. In der Konsequenz wurden<br />

Maßnahmen im Sinne der Beschäftigten<br />

und der entsprechenden<br />

Dienststellen verzögert oder<br />

gar nicht erst umgesetzt. Die zumeist<br />

öffentlich geführten Auseinandersetzungen<br />

führten nicht selten<br />

zur Stimmungsmache in den<br />

Betrieben und prägten <strong>di</strong>e Kultur<br />

des Arbeitsalltages.<br />

Immer deutlicher wurde mit der<br />

Zeit, dass <strong>di</strong>e gelebte vertrauensvolle<br />

Zusammenarbeit ein vorteilhaftes<br />

Mittel für <strong>di</strong>e erfolgreiche<br />

Arbeit im Ganzen und für <strong>di</strong>e positive<br />

Grundstimmung im Allgemeinen<br />

sorgte. Arbeitgeber und<br />

Leitungen erkannten, dass Personalräte<br />

weit nützlicher sein können,<br />

um ihnen bei unpopulären<br />

Maßnahmen stützend zur Seite zu<br />

stehen. Personalräte lernten, dass<br />

das Mitgestalten eine weit erfolgversprechendere<br />

Alternative zum<br />

Wohle der Kolleginnen und Kollegen<br />

erbrachte. Es entwickelte sich<br />

eine Zusammenarbeit, in der auf<br />

Augenhöhe gestaltet wurde, gemeinsam<br />

statt gegeneinander. Alsbald<br />

wurde das Mitgestalten der<br />

Personalräte als Co-Management<br />

weitgehend anerkannt.<br />

<strong>Info<strong>di</strong>enst</strong> <strong>Krankenhäuser</strong> Nr. 45 ■ Juni 2009<br />

Die Landesregierung NRW – gewohnt<br />

in Regierung und Opposition<br />

zu unterscheiden und scheinbar<br />

verhaftet im althergebrachten<br />

Handeln – novellierte das Landespersonalvertretungsgesetz.<br />

Sie<br />

entzog den Beschäftigten eine<br />

Vielzahl ihrer Rechte und änderte<br />

das Gesetz so, dass den Personalräten<br />

eine <strong>di</strong>rekte <strong>Ver</strong>tretung ihrer<br />

Kolleginnen und Kollegen in maßgeblichen<br />

Angelegenheiten kaum<br />

oder gar nicht mehr möglich ist.<br />

Schlimmer noch, sie verordnete<br />

den Arbeitgebern keinerlei Spielräume<br />

für ihre Dienststellen, wie<br />

sie mit demokratisch gewählten<br />

Interessenvertretungen verfahren<br />

können. Der Gipfel, <strong>di</strong>e Politik gab<br />

den Arbeitgebern das Recht, den<br />

demokratisch gewählten Personalrat<br />

aus dem Personalrat auszuschließen.<br />

All das, was sich in jahrelanger<br />

Arbeit in den Dienststellen zum<br />

Co-Management entwickelte, mit<br />

all seinen positiven Aspekten und<br />

jenseits der Gesetzeslage, wurde<br />

Kraft Gesetz ad absurdum geführt.<br />

Herrschaftsdenken wurde von der<br />

Politik gewollt und jetzt auch wieder<br />

von den Arbeitgebern erwartet.<br />

Zurück ins Mittelalter per Gesetz.<br />

Jetzt, nach einem guten Jahr<br />

<strong>di</strong>eser Novellierung, zeigen sich<br />

<strong>di</strong>e ersten Auswirkungen. Neben<br />

der geringeren, rechtlich formellen<br />

Beteiligungsverfahren, scheint<br />

eine neue Qualität der vertrauensvollen<br />

Zusammenarbeit Einzug zu<br />

halten. Informationen jeglicher Art<br />

fließen sehr zäh, müssen mühevoll<br />

ernervt werden oder werden nicht<br />

erteilt. Bei den Interessenvertretungen<br />

macht sich bereits Frust<br />

breit. Degra<strong>di</strong>ert durch <strong>di</strong>e neue<br />

Rechtslage, zusehend dass <strong>di</strong>e Kolleginnen<br />

und Kollegen leiden müssen<br />

ohne sich einsetzen zu dürfen<br />

und ungewöhnlich das Gefühl vermittelt<br />

zu bekommen, ihr werdet<br />

dumm sterben. Ohne umfassende<br />

aktuelle Informationen wird <strong>di</strong>e<br />

Mitgestaltung zum Mitwurschteln,<br />

verbunden mit der scheinbar unausweichlichen<br />

Prognose, dass das<br />

Co-Management Geschichte und<br />

<strong>di</strong>e Oppositionsarbeit realistische<br />

Zukunft wird.<br />

Der Pfad des konstruktiven Dialoges<br />

ist ins Schlingern geraten,<br />

<strong>di</strong>e Zusammenarbeit auf Augenhöhe<br />

nur noch mit Hilfsmitteln zu<br />

erreichen. Eine Situation, <strong>di</strong>e<br />

unterschiedlich aufgefasst und<br />

verarbeitet wird, verschiedenste<br />

Reaktionen hervorruft und Gefahr<br />

läuft, <strong>di</strong>e demokratisch legitimierte<br />

Macht der Interessenvertretungen<br />

in den Vordergrund treten<br />

zu lassen. Die langfristige Konsequenz<br />

wäre fatal: Regierung und<br />

Opposition – zurück in <strong>di</strong>e Zukunft.<br />

Vor dem Hintergrund der Finanzkrise,<br />

dessen katastrophalen Auswirkungen<br />

auf <strong>di</strong>e freie Wirtschaft<br />

und somit der Beschäftigten vor<br />

der Bundestagswahl wohl kaum in<br />

Gänze für uns zu erfassen ist, ist<br />

das Zusammenspiel von Leitung<br />

■ 25<br />

Deutschland<br />

FREESTYLE

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