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Infodienst Krankenhäuser - Ver.di

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zum ersten Mal seit meiner kurzen<br />

Übergabe meine anderen PatientInnen,<br />

<strong>di</strong>e bisher von mir nicht<br />

versorgt werden konnten. Alle anfallenden<br />

Routinetätigkeiten sind<br />

bisher nicht durchführbar gewesen<br />

und müssen jetzt in Angriff genommen<br />

werden.<br />

Dazu zählen u.a. Wechsel der<br />

Infusionstherapie, Blutentnahmen,<br />

Me<strong>di</strong>kamentengabe, alle standardmäßigen<br />

pflegerischen Tätigkeiten,<br />

wie Lagern, Mundpflege und<br />

<strong>di</strong>e stündliche Vitalzeichenkontrolle<br />

und -dokumentation. Die<br />

KollegInnen waren netterweise so<br />

umsichtig und haben letztere für<br />

mich und meine Kollegin durchgeführt.<br />

Als ich mein aufgelaufenes Arbeitspensum<br />

abgearbeitet habe,<br />

ist es mittlerweile 2 Uhr und ich<br />

denke das erste Mal daran, etwas<br />

zu trinken. Kaum ist <strong>di</strong>e Wassertasse<br />

gefüllt, geht der »Lenore«-<br />

Notruf bei uns ein. Im Nacht<strong>di</strong>enst<br />

ist es üblich, dass primär <strong>di</strong>e KollegInnen<br />

der Intensivstation mitlaufen<br />

und <strong>di</strong>e Anästhesiepflege<br />

nachkommt und auslöst.<br />

Diese Nacht werden beim Notfall<br />

auf Station viele Hände gebraucht,<br />

so dass ich auch nach<br />

Eintreffen der Anästhesie bei der<br />

<strong>Info<strong>di</strong>enst</strong> <strong>Krankenhäuser</strong> Nr. 45 ■ Juni 2009<br />

Reanimation weiter helfe. Nach<br />

über 30 Minuten gehe ich zurück<br />

auf <strong>di</strong>e Intensiv und berichte<br />

meinen KollegInnen, dass <strong>di</strong>eser<br />

Patient beatmet zu uns kommt.<br />

Da wir kein sauberes Beatmungsgerät<br />

mehr zur <strong>Ver</strong>fügung haben,<br />

müssen wir das Gerät eines überwiegend<br />

spontan atmenden Patienten<br />

nehmen und kurzfristig<br />

aufbereiten. Damit haben wir<br />

15 Beatmungen und ein offiziell<br />

aus Personalmangel gesperrtes<br />

Bett belegen müssen, ohne<br />

dass wir eine PatientIn verlegen<br />

können.<br />

Denn der einzig zu verlegende<br />

Patient müsste in ein externes<br />

Krankenhaus auf eine andere Intensivstation<br />

verlegt werden, was<br />

man nachts natürlich nicht machen<br />

möchte. Inzwischen ist es<br />

4 Uhr: So lange hat <strong>di</strong>e Erstversorgung<br />

des reanimierten Patienten<br />

gedauert.<br />

Über eine eventuelle <strong>Ver</strong>legung<br />

können wir uns auch gar keine<br />

Gedanken machen, denn zeitgleich<br />

extubiert sich ein anderer<br />

Patient im Tbc-Zimmer. Nach er-<br />

folgter Reintubation ist es dann<br />

auch mittlerweile 5 Uhr.<br />

Da sich der Zustand der Patientin<br />

im Akutraum zwischendurch<br />

verschlechtert, wird abgeklärt, ob<br />

<strong>di</strong>ese intubiert und beatmet werden<br />

muss. Dies wird letztlich nicht<br />

für sofort notwen<strong>di</strong>g gehalten.<br />

Bei einer anderen Entscheidung<br />

hätten wir uns ein Narkosegerät<br />

aus dem OP holen müssen, da wir<br />

kein Beatmungsgerät mehr haben.<br />

Neben all <strong>di</strong>esen Akuttätigkeiten<br />

müssen natürlich auch alle standardmäßigen<br />

Aufgaben durchgeführt<br />

werden, denn <strong>di</strong>e PatientInnen<br />

betten, lagern und säubern<br />

sich nicht allein. Pflegerische Qualität<br />

geht in <strong>di</strong>eser Nacht verloren,<br />

da ich Prioritäten setzen muss.<br />

Meinen Bedürfnissen und Ansprüchen<br />

an eine fachgerechte Pflege<br />

kann ich in <strong>di</strong>esem Dienst nicht<br />

nachkommen.<br />

Die Nacht ist vorbei, administrative<br />

Tätigkeiten, wie Auffüllen von<br />

Arbeitsmaterial, Leeren der Wäschesäcke<br />

usw. bleiben für den<br />

Früh<strong>di</strong>enst liegen. Auch <strong>di</strong>e Notfallwagen<br />

sind noch nicht aufbereitet.<br />

Um sechs Uhr übergibt der<br />

Nacht<strong>di</strong>enst <strong>di</strong>e Station an einen<br />

genauso schlecht besetzten Früh<strong>di</strong>enst.<br />

Wenn solche Nächte <strong>di</strong>e Ausnahme<br />

wären, wäre es nur ein<br />

unruhiger Dienst … aber leider<br />

häufen sie sich durch <strong>di</strong>e extrem<br />

enge Personalsituation. ■<br />

PrognOST, Zeitschrift der ver.<strong>di</strong>-<br />

Betriebsgruppe im Klinikum<br />

Bremen-Ost, April 2009, S. 2f.<br />

■ 23<br />

Berufspolitik

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