Infodienst Krankenhäuser - Ver.di
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Tarifpolitik<br />
Siehe auch <strong>Info<strong>di</strong>enst</strong><br />
43, S. 30,<br />
42, S. 22,<br />
40, S. 22 und<br />
39, S. 22<br />
Zum Streikrecht<br />
siehe auch <strong>Info<strong>di</strong>enst</strong><br />
36, S. 15<br />
Sie suchen<br />
billige<br />
Unterkunft<br />
mit Frühstück?<br />
»Wir waren dabei« –<br />
Beschäftigte der Diakonie wehren sich<br />
Streiken für einen Tarifvertrag<br />
– Arbeitgeber verlegen sich<br />
aufs Drohen<br />
Streik- und Aktionswoche in der<br />
Diakonie: In der ersten Maiwoche<br />
legten über 250 Beschäftigte in<br />
verschiedenen Einrichtungen der<br />
Diakonie <strong>di</strong>e Arbeit nieder. An<br />
Unterstützungsaktionen nahmen<br />
rund 2000 Kolleginnen und Kollegen<br />
teil. Die Diakonie-Beschäftigten<br />
forderten mit den Warnstreiks<br />
<strong>di</strong>e Arbeitgeber auf, mit ver.<strong>di</strong><br />
über einen Tarifvertrag zu verhandeln,<br />
der dem Niveau des Tarifvertrages<br />
für den öffentlichen Dienst<br />
(TVöD) entspricht. Das lehnt der<br />
<strong>Ver</strong>band <strong>di</strong>akonischer Dienstgeber<br />
in Deutschland (VdDD) bisher ab.<br />
»Wer seinem Maultier kein Futter<br />
gibt, geht bald zu Fuß« – das<br />
war eine der Parolen, <strong>di</strong>e Beschäftigte<br />
der Diakonie während der<br />
Aktionstage auf Plakate geschrieben<br />
hatten. Auf anderen stand:<br />
»Gottes Lohn allein macht nicht<br />
satt« oder »Tarifvertrag jetzt –<br />
das Para<strong>di</strong>es später«. Das Ziel<br />
der Aktionen: Ordentliche Lohnerhöhungen<br />
und eine Absicherung<br />
durch einen Tarifvertrag. Die<br />
Arbeitgeber sollen an<br />
den <strong>Ver</strong>handlungstisch<br />
und einen Tarifvertrag<br />
unterschreiben.<br />
■ 16<br />
Wir auch!<br />
Demnächst, nicht nur<br />
zum Kirchentag!<br />
Warum?<br />
■ Weil auch <strong>di</strong>e <strong>di</strong>akonischen Arbeitgeber Ihres<br />
Gastlandes Bremen uns Beschäftigten <strong>di</strong>e<br />
überfällige Lohnanpassung schul<strong>di</strong>g bleiben.<br />
■ Weil Lohnabschlüsse anderer Sozialverbände<br />
wie z.B. Caritas, öffentlicher Dienst nicht übernommen<br />
wurden.<br />
■ Weil uns <strong>di</strong>e <strong>di</strong>akonischen Arbeitgeber mit<br />
Einmalzahlungen statt einer Lohnerhöhung<br />
abspeisen.<br />
■ Weil uns <strong>di</strong>e letzte Lohnerhöhung im Juli 2004<br />
gewährt wurde.<br />
■ Weil wir einen Reallohnverlust von über 8% zu<br />
beklagen haben.<br />
Bitte helfen Sie uns mit Ihrer Stimme!<br />
Tragen Sie unser Anliegen in Ihre<br />
Kirchengemeinden und <strong>di</strong>akonischen Werke!<br />
Lassen wir <strong>di</strong>e <strong>di</strong>akonischen Arbeitgeber nicht zu<br />
»Billigheimern« verkommen!<br />
v.i.S.d.P. ver.<strong>di</strong> Bremen-Nordniedersachsen,<br />
Uwe Schmid, Bahnhofsplatz 22-28, 28195 Bremen,<br />
Tel. 0421 / 3301-137, uwe.schmid@ver<strong>di</strong>.de<br />
Herstellung: freeStyle grafik, Hannov<br />
<strong>Ver</strong>einte<br />
Dienstleistungsgewerkschaft<br />
Ob Johanneswerk oder das<br />
Ev. Krankenhaus in Bielefeld, ob<br />
Jugend- oder Altenhilfe Birkenhof<br />
in Hannover, ob <strong>di</strong>e Werkstätten<br />
Märkischer Kreis, <strong>di</strong>e Ev. Jugendhilfe<br />
Friedenshort oder <strong>di</strong>e Mosbacher<br />
Anstalten – in sieben Einrichtungen<br />
der Diakonie in drei<br />
Bundesländern kam es zwischen<br />
dem 4. und dem 6. Mai zu Streiks.<br />
»Wir waren dabei«, bilanziert<br />
einer der Teilnehmer den Streik<br />
und lächelt. Wie seine Kolleginnen<br />
und Kollegen, <strong>di</strong>e mitgestreikt haben,<br />
ist er stolz und zufrieden darüber,<br />
dass sie ihren Unmut über<br />
<strong>di</strong>e Haltung der Diakonie als Arbeitgeber<br />
deutlich gemacht haben.<br />
Um was geht es?<br />
Die <strong>di</strong>akonischen Einrichtungen<br />
setzen weiter auf den Dritten<br />
Weg. Das heißt: Sie weigern sich,<br />
Tarifverträge abzuschließen. Die<br />
Beschäftigten werden nach den<br />
Arbeitsvertragsrichtlinien (AVR)<br />
des <strong>di</strong>akonischen Werkes der<br />
Evangelischen Kirche in Deutschland<br />
(EKD) bezahlt. Seit 2004<br />
wurde <strong>di</strong>e Tabelle nicht mehr erhöht.<br />
Es gab nur Einmalzahlungen.<br />
Die Folge: Krankenschwestern<br />
oder Pfleger, <strong>di</strong>e in einem Krankenhaus<br />
der Diakonie arbeiten,<br />
ver<strong>di</strong>enen deutlich weniger als <strong>di</strong>e<br />
Kolleginnen oder Kollegen eines<br />
städtischen Krankenhauses oder<br />
einer Uniklinik. Am stärksten<br />
benachteiligt aber sind <strong>di</strong>e<br />
geringer qualifizierten Berufsgruppen<br />
und Beschäftigte im<br />
Osten.<br />
Hinzu kommt: In den vergangenen<br />
Jahren schlossen<br />
sich Kliniken der Diakonie zusammen,<br />
wobei <strong>di</strong>e einen nach<br />
TVöD bezahlen, <strong>di</strong>e anderen<br />
Flyer des ver.<strong>di</strong>-Bezirks Bremen-<br />
Nordniedersachsen zum Kirchentag<br />
Soziale Arbeit ist mehr wert<br />
Tarifbewegung Diakonie<br />
Streikrecht ist Grundrecht<br />
Auch für Beschäftigte der Diakonie<br />
ver.<strong>di</strong> hat im August 2008 den Arbeitgeberverband beitgeber wie hier der VdDD<br />
VdDD zu Tarifverhandlungen aufgefordert, <strong>di</strong>e <strong>di</strong>eser <strong>Ver</strong>handlungen über einen<br />
ablehnte. Deshalb gab es im Oktober erste Warnstreiks. Tarifvertrag ablehnt und<br />
Die Arbeitgeber haben versucht, <strong>di</strong>e Warnstreiks zu ver.<strong>di</strong> <strong>di</strong>e <strong>Ver</strong>handlungen<br />
verhindern, in dem sie ihre Mitarbeiter/innen bedroh- für gescheitert erklärt, kann<br />
ten und unter Druck setzten.<br />
ver.<strong>di</strong> jederzeit zum Streik<br />
Man ging sogar so weit, <strong>di</strong>e Teilnahme am Streik als »rechts- aufrufen. Dazu noch einmal<br />
widrig« verbieten zu wollen und drohte mit Abmahnungen bis hin Jürgen Kühling: »Streik im<br />
zu fristlosen Kün<strong>di</strong>gungen unter Missachtung des Grundgesetzes. eigentlichen Sinne ist ein<br />
Dreist behaupteten sie: »Arbeitskampfmaßnahmen in Kirche <strong>Ver</strong>söhnungsmittel, das auf<br />
und Diakonie sind nach herrschender Meinung in Literatur und einen Friedensschluss ausge-<br />
Rechtsprechung unzulässig«.<br />
richtet ist. Denn am Ende eines Streiks steht in der Regel ein von<br />
beiden Seiten akzeptierter Kompromiss«.<br />
Wahr ist: Es gibt bisher keine Rechtsprechung zu Streiks im<br />
Kirchenbereich.<br />
Wahr ist: Wiedergegeben wurde le<strong>di</strong>glich <strong>di</strong>e Meinung von<br />
Kirchenjuristen, <strong>di</strong>e <strong>di</strong>e Meinung der Arbeitgeber<br />
vertreten.<br />
Wahr ist: Harald Schliemann, Richter am Bundesarbeitsgericht<br />
a.D. und Präsident des Kirchengerichtshofes der EKD<br />
sagt dagegen klar und deutlich: das Streikverbot, das<br />
kirchliche Arbeitgeber immer wieder behaupten, ist<br />
juristischer Unsinn.<br />
Wahr ist: Für Dr. Jürgen Kühling, Bundesverfassungsrichter<br />
a.D., ist <strong>di</strong>e Koalitionsfreiheit nach Art. 9 Grundgesetz<br />
ein ganz besonders geschütztes Grundrecht, weshalb<br />
auch <strong>di</strong>e Beschäftigten bei kirchlichen Trägern das<br />
Recht zum Streiken haben.<br />
Das alles scheinen auch <strong>di</strong>e Arbeitgeber zu wissen. Denn es<br />
gab überhaupt keine arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen<br />
bei den Streiks in <strong>di</strong>akonischen Einrichtungen – weder 2001 in<br />
Vlotho, noch 2007 in Stuttgart und auch nicht 2008 in Bielefeld,<br />
Mosbach und Hannover. Nirgendwo haben <strong>di</strong>e Arbeitgeber<br />
versucht, eine Klärung durch ein Gerichtsverfahren herbeizuführen.<br />
Auch <strong>di</strong>e Behauptung der Arbeitgeber, »das Vorgehen von<br />
ver.<strong>di</strong> sei rechtswidrig«, entbehrt jeder Grundlage. Wenn ein Ar-<br />
Wenn ver.<strong>di</strong> zum Streik aufruft, haben alle betroffenen<br />
Arbeitnehmer/innen, auch Nicht-Gewerkschaftsmitglieder,<br />
das Recht, sich an dem Streik zu beteiligen.<br />
Wenn ein Arbeitgeber trotzdem versucht, Mitarbeiter/innen<br />
wegen Teilnahme am Streik zu benachteiligen, wird <strong>di</strong>e Gewerkschaft<br />
ihre Mitglieder schützen und sich mit allen Mitteln gegen<br />
<strong>di</strong>eses rechtswidrige Vorgehen wehren. Als ver.<strong>di</strong>-Mitglied<br />
bekommt man in solchem Fall kompetente Beratung, gewerkschaftlichen<br />
Rechtsschutz und Unterstützung im Betrieb.<br />
Beschäftigte der Diakonie lassen sich ihr Grundrecht<br />
auf Streik nicht nehmen und sich nicht auf das Para<strong>di</strong>es<br />
vertrösten. Sie werden auch in Zukunft an Streiks<br />
teilnehmen, um Tarifverhandlungen und einen guten<br />
Tarifvertrag durchzusetzen. Bange machen gilt nicht!<br />
Gesundheit, Soziale Dienste,<br />
Wohlfahrt und Kirchen<br />
<strong>Ver</strong>einte<br />
Dienstleistungsgewerkschaft<br />
nach AVR. Inzwischen vermischen<br />
sich <strong>di</strong>e Teams. Und so machen<br />
auf einer Station, in einer Einrichtung<br />
Frauen und Männer <strong>di</strong>e gleiche<br />
Arbeit, werden aber unterschiedlich<br />
bezahlt. Das betrifft<br />
auch <strong>di</strong>e neuen Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter, <strong>di</strong>e nach den niedrigeren<br />
Arbeitsvertragsrichtlinien<br />
bezahlt werden.<br />
V03-0044 Anzeige Streikrecht Kirche.indd 1 20.03.09 11:26<br />
Doch das ist noch nicht alles:<br />
Die Diakonie ist nach wie vor im<br />
Ausgründungsfieber. Vor allem<br />
Servicebetriebe sind davon betroffen.<br />
Zudem greifen <strong>di</strong>e Einrichtungen<br />
auf Leiharbeitsfirmen zurück –<br />
oder sie gründen gar selbst solche<br />
Firmen, dann aller<strong>di</strong>ngs außerhalb<br />
der Diakonie. Unterm Strich senken<br />
sie so <strong>di</strong>e Löhne und schaffen<br />
<strong>di</strong>e betriebliche Altersvorsorge ab.<br />
»Immer wieder appellieren <strong>di</strong>e<br />
Chefs der Diakonie an <strong>di</strong>e Moral<br />
der Beschäftigten, an deren <strong>Ver</strong>antwortung<br />
und an deren Bereitschaft,<br />
sich für <strong>di</strong>e Hilfsbedürftigen<br />
aufzuopfern«, klagt ein<br />
Beschäftigter. Doch für <strong>di</strong>e Diakonie<br />
als Unternehmen gelten solche<br />
Leitsätze offenbar nicht. Dann<br />
zählt nur noch betriebswirtschaftliches<br />
Management, <strong>di</strong>e <strong>Ver</strong>antwortung<br />
für <strong>di</strong>e Beschäftigten<br />
wird zur Nebensache.<br />
<strong>Info<strong>di</strong>enst</strong> <strong>Krankenhäuser</strong> Nr. 45 ■ Juni 2009