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PDF mit schwulem Schwerpunkt - Löwenherz

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<strong>mit</strong> wärmsten empfehlungen<br />

Veit empfiehlt<br />

Wolfgang Ehmer:<br />

Anderer Welten Kind.<br />

D 2011, 421 S., Broschur, € 15.32<br />

Christian ist 16 und<br />

wächst in den beklemmenden<br />

50er Jahren auf.<br />

Das Leben steht immer<br />

noch unter dem Eindruck<br />

des verlorenen Krieges,<br />

die Städte sind zerstört<br />

und werden gerade erst<br />

wieder aufgebaut, die<br />

Generation der Eltern hat<br />

ihre Verstrickung in den<br />

Nationalsozialismus noch<br />

nicht überwunden. Christian ist ein unsicherer<br />

Junge. Seinem autoritären Vater kann er kaum<br />

Widerstand entgegen setzen, seine ältere Schwester<br />

führt ihn erfolgreich am Gängelband. Als<br />

Heimatvertriebene hat die ganze Familie ohnehin<br />

einen schweren Stand in der neuen Stadt,<br />

auch in der Schule bekommt es Christian zu<br />

spüren, gesellschaftlich nur zweite Garnitur zu<br />

sein. Dementsprechend bemüht er sich zu gefallen,<br />

versucht vor allem <strong>mit</strong> sportlichen Leistungen<br />

bei seinen Mitschülern wie bei der Schulleitung<br />

zu punkten. Auch sexuell ist Christian unsicher.<br />

In der Klasse und <strong>mit</strong> seinem besten Freund,<br />

Stefan, beziehen sich erotische Gespräche natürlich<br />

nur auf Mädchen. Doch beim Onanieren<br />

denkt Christian stets an seinen Klassenkameraden,<br />

und als die beiden zum ersten Mal<br />

gemeinsam Wichsen und er nur noch an Stefans<br />

Schwanz denken kann, dämmert ihm, dass<br />

sein Interesse offenbar über kameradschaftliche<br />

Freundschaft hinaus geht. Vor allem aber will Christian<br />

Maler werden. Vor kurzem gab es in seiner<br />

neuen Heimatstadt einen veritablen Kunst-Skandal,<br />

ein örtlicher Maler hatte im großen Stil historische<br />

Bilder gefälscht. Weil dieser Maler sein<br />

Atelier in einem abgelegenen Haus im nahen<br />

Moor hat, treibt es Christian häufig dorthin, um<br />

dem Maler vermeintlich zufällig begegnen zu<br />

können. Doch das Atelier ist untervermietet und<br />

so trifft Christian den jungen schwulen Maler<br />

Ricky von Dülmen, der sich sein Geld vor allem<br />

<strong>mit</strong> manierierten schwul-pornographischen Männerbildern<br />

verdient. Als Christian eines dieser<br />

Bilder von Ricky gezeigt bekommt, ist er ebenso<br />

fasziniert wie verwirrt – sowohl von der deftigen<br />

Darstellung als auch von Ricky. Immer wieder<br />

sucht Christian Rickys Nähe. Gleichzeitig versucht<br />

er, ein normales, erwartbares Leben zu<br />

führen. Die Freundschaft zu Helga scheint perfekt<br />

dazu geeignet, auch sich selbst vorzumachen,<br />

sein Interesse an Ricky sei nur in der<br />

Malerei begründet. So schwankt Christian zwischen<br />

zwei völlig gegensätzlichen Welten. Helga<br />

spürt, dass Rickys Verhältnis zu Christian in Konkurrenz<br />

zu ihrem steht, und setzt alles daran, die<br />

beiden auseinander zu bringen. Ohne zu wissen,<br />

dass die beiden tatsächlich auch Sex hatten,<br />

verrät sie Christian, als sie ihn auf einem Foto <strong>mit</strong><br />

Ricky erkennt. Für Christian bricht die Hölle los.<br />

Diese Geschichte allein schon wäre erzählenswert,<br />

doch »Anderer Welten Kind« ist vor allem<br />

durch den Erzählstil und die ebenso gekonnte<br />

wie zurückhaltende Verflechtung der Haupthandlung<br />

<strong>mit</strong> zahlreichen Nebensträngen empfehlenswert.<br />

Der Erzählstil ist vor allem dadurch<br />

gekennzeichnet, dass die Schilderung der Orte<br />

und Zeitverhältnisse, der Wohnzimmer, der von<br />

Zerstörung und Wiederaufbau geprägten Straßen,<br />

der hierarchischen Familienordnung, der<br />

Obrigkeitshörigkeit, der Schulen, die damals noch<br />

Anstalten hießen, breiter Raum zukommt. Dagegen<br />

beschränkt sich die direkte psychologische<br />

Darstellung auf Christian, alle anderen Personen<br />

erhalten ihre Prägnanz und charakterliche<br />

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