Dokumentation des Kongresses 1995 in Bonn - Landschaftsverband ...

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86 Auf die Probleme der Jugendlichen kann im relativ autonom entscheidenden Team flexibel und zügig reagiert werden, unterschiedlichen Leistungsanforderungen kann mit externen und internen Differenzierungen begegnet werden, ohne daß der mit dem gemeinsamen Projektverfahren und mit der ganzheitlichen Betreuung durch ein Team ermöglichten „Geborgenheit“ in den auch äußerlich überschaubaren Verhältnissen (Gebäudegröße und Beschäftigungszahlen) Abbruch getan würde. Es beherrschen kein gewinndominierter Produktionszwang, kein entmotivierender Stundentakt und keine einengenden Rechtsvorschriften die Lage. Zudem besteht die Möglichkeit, Jugendliche, für deren Fortkommen es von Bedeutung ist, die Arbeitsbereiche auch über die Projektgrenzen hinaus flexibel wechseln zu lassen, ohne dabei die Integrationschancen der Jugendlichen zu vernachlässigen. Diese Möglichkeit scheint eine zentrale Rolle bei der Einleitung persönlicher Stabilisierungsprozesse gerade dieser jungen, oftmals überdurchschnittlich desorientierten Jugendlichen zu spielen. Eine solide Berufsfindung im weitesten Sinne, bestehend aus Informationen zu den (regionalen) Berufsbildungswegen, aus Reflexionen des eigenen Selbstbilds und des (beruflichen) Zukunftsentwurfs, aus Kontroll- und Selbstkontrollverfahren zu den eigenen Fähigkeiten, aus Wegen zu deren Weiterentwicklung, aus- sozialpädagogischen Trainingselementen und ggf. Betriebspraktika, schließt selbstverständlich auch mit ein, daß den Jugendlichen die Chance eingeräumt werden muß, in verschiedenen Arbeitsfeldern Erfahrungen sammeln und ihre Stärken und: Grenzen erleben zu können. Flexibilität meint auch, daß es prinzipiell möglich sein muß, jedem der wenigen Schülerteilnehmer/ -innen eine individuelle Förderung zukommen zu lassen, die sich in einem mehrmals anzupassenden, ggf. durchaus von allen anderen „Stundenplänen“ abweichenden Wochenarbeitsplan niederschlagen muß. In den Projektwerkstätten der Kreisvolkshochschule Aurich werden Lernprozesse nach der Projektmethode organisiert. Wir verstehen unter Projektmethode zum einen die Durchführung eines i. d. R. Jahres–Projektverfahren und zum anderen die Durchführung von Einzelprojekten außerhalb oder mit Anbindung an das Jahresprojekt. Das Jahresprojekt ist im allgemeinen ein einer Projektgruppe in Auftrag gegebenes oder von dieser ermitteltes und nach den Arbeitsbedingungen der Projektgruppe entsprechenden Kriterien ausgewähltes Objekt. Dieses Projekt wird im einzelnen je nach Leistungsvermögen von den Teilnehmer-innen geplant, errichtet und an den Auftraggeber innerhalb eines bestimmten vereinbarten und also einzuhaltenden Zeitrahmens übergeben. Es dominiert den Lehrplan für die theoretischen Anteile, deren Notwendigkeit den oftmals „lernmüden“ jungen Menschen einsichtiger ist, soweit sie am eigenen Objekt nachvollzogen werden können. Darüber hinaus ist die Möglichkeit gegeben, den Lernprozeß konkreter, anschaulicher zu gestalten als anhand von Objekten und Aufgabenstellungen außerhalb des eigenen Arbeitsbereichs. Dazu zählt auch ein Verständnis des Bildungsprozesses, das Theorie nicht von Praxis trennt und sich Bildung auch in Werkstätten, Büros und auf Baustellen vorstellen kann, wo der Stoff unmittelbar vorgeführt, praktisch umgesetzt und eingeübt werden kann. Von zentraler Bedeutung für die jungen Menschen ist der Ernstfallcharakter der Projekte: sie beteiligen sich an gesellschaftlich nützlicher Arbeit, für deren Erledigung sie gewisse Ansprüche einhalten müssen. Sie arbeiten im wesentlichen nicht

an Objekten für sieh selber (das ist allerdings im Rahmen freier Kapazitäten möglich) und nicht für den Papierkorb (Übungsstücke nur als nachvollziehbare Vorübung für Beiträge zum Projekt und möglichst als nutzbare Objekte). Kurz: es wird nicht gewerkelt, sondern gebaut. Hinzu treten Praxis und Theorie verknüpfende Einzelprojekte für die gesamte Projektgruppe oder – häufiger – für Teile davon oder für gar aus verschiedenen Projekten gemischte Teilnehmergruppen. Sie sollten – dem klassischen Projektgedanken entsprechend – interdisziplinär, methodisch vielfältig, produktorientiert (d. h., immer mit werkstattpraktischen Aufgaben und/oder anderen zu veröffentlichenden Produkten verbunden) und teilnehmerorientiert angelegt sein. Das SiJu–Aufnahmeverfahren Die Teilnahme an diesem Angebot der Jugendprojektwerkstätten ist für die betreffenden Schüler/-innen freiwillig. Sie müssen diese Entscheidung mittragen. Dazu ist es erforderlich, den Zweck einer möglichen Schulpflichterfüllung in der Jugendwerkstatt zu kennen und die Einrichtung durch einen Besuch, möglichst auch durch ein paar Schnuppertage im Frühsommer kennenzulernen Über die Aufnahme in die Modellversuchsgruppe entscheidet eine mehrmals im Jahr tagende Kommission aus Schulaufsichtsamt, Berufsberatung, Jugendamt, Berufsbildender Schule, Kreisvolkshochschule und Bezirksregierung. Die nach Konsensprinzip entscheidende Kommission orientiert sich dabei an folgenden Aufnahmekriterien: A. Die Jugendlichen müssen Minimalvoraussetzungen für eine Aufnahme mitbringen. Diese Mindestansprüche sind: – die berechtigte Annahme, daß der Betreffende angesichts der neuen Beschäftigungs- und Qualifizierungsperspektiven zumindest auf mittlere Sicht zu einer kontinuierlichen Mitarbeit bereit sein wird und – daß der Betreffende minimale Interaktionsfähigkeiten in der Gruppe mitbringt. B. Die Jugendlichen haben ihre Schulunlust durch manifeste Verhaltensweisen über einen längeren Zeitraum deutlich werden lassen. Erhebliche Schulversäumnisse in den letzten zwei zuruckliegenden Jahren bzw. nicht unerhebliche Schulversäumnisse gepaart mit massiven Störungen des Unterrichts oder durchgängigen passiven Verweigerungen sind dafür ausschlaggebende Indizien. Davon abweichend kann eine verläßliche Prognose einer mit dem Schulbesuch an der BBS einsetzenden Schulverweigerung herangezogen werden. C. Auf die Jugendlichen trifft eines oder mehrere der üblichen sozialen Unterprivilegierung zu: – materiell unterprivilegierte häusliche Verhältnisse (Sozialhilfeempfänger, längere bzw. regelmäßig wiederkehrende Arbeitslosigkeit bzw. schlecht entlohnte Einfacharbeit, Verschuldung, enge Wohnverhältnisse), - geschiedene oder getrennt lebende Eltern bzw. vielköpfige Familie (natürlich nur insofern, als dies offensichtlich soziale Benachteiligung bedingt), – kriminelles bzw. gewalttätiges Milieu (ohne verfestigten kriminellen Karrierebeginn bzw. hohe, unkalkulierbare Gewaltbereitschaft des Jugendlichen); 87

an Objekten für sieh selber (das ist allerd<strong>in</strong>gs im Rahmen freier Kapazitäten möglich)<br />

und nicht für den Papierkorb (Übungsstücke nur als nachvollziehbare Vorübung<br />

für Beiträge zum Projekt und möglichst als nutzbare Objekte). Kurz: es wird<br />

nicht gewerkelt, sondern gebaut.<br />

H<strong>in</strong>zu treten Praxis und Theorie verknüpfende E<strong>in</strong>zelprojekte für die gesamte<br />

Projektgruppe oder – häufiger – für Teile davon oder für gar aus verschiedenen<br />

Projekten gemischte Teilnehmergruppen. Sie sollten – dem klassischen Projektgedanken<br />

entsprechend – <strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>är, methodisch vielfältig, produktorientiert<br />

(d. h., immer mit werkstattpraktischen Aufgaben und/oder anderen zu veröffentlichenden<br />

Produkten verbunden) und teilnehmerorientiert angelegt se<strong>in</strong>.<br />

Das SiJu–Aufnahmeverfahren<br />

Die Teilnahme an diesem Angebot der Jugendprojektwerkstätten ist für die betreffenden<br />

Schüler/-<strong>in</strong>nen freiwillig. Sie müssen diese Entscheidung mittragen. Dazu<br />

ist es erforderlich, den Zweck e<strong>in</strong>er möglichen Schulpflichterfüllung <strong>in</strong> der<br />

Jugendwerkstatt zu kennen und die E<strong>in</strong>richtung durch e<strong>in</strong>en Besuch, möglichst<br />

auch durch e<strong>in</strong> paar Schnuppertage im Frühsommer kennenzulernen<br />

Über die Aufnahme <strong>in</strong> die Modellversuchsgruppe entscheidet e<strong>in</strong>e mehrmals im<br />

Jahr tagende Kommission aus Schulaufsichtsamt, Berufsberatung, Jugendamt,<br />

Berufsbildender Schule, Kreisvolkshochschule und Bezirksregierung. Die nach<br />

Konsenspr<strong>in</strong>zip entscheidende Kommission orientiert sich dabei an folgenden<br />

Aufnahmekriterien:<br />

A. Die Jugendlichen müssen M<strong>in</strong>imalvoraussetzungen für e<strong>in</strong>e Aufnahme mitbr<strong>in</strong>gen.<br />

Diese M<strong>in</strong><strong>des</strong>tansprüche s<strong>in</strong>d:<br />

– die berechtigte Annahme, daß der Betreffende angesichts der neuen<br />

Beschäftigungs- und Qualifizierungsperspektiven zum<strong>in</strong><strong>des</strong>t auf mittlere Sicht<br />

zu e<strong>in</strong>er kont<strong>in</strong>uierlichen Mitarbeit bereit se<strong>in</strong> wird und<br />

– daß der Betreffende m<strong>in</strong>imale Interaktionsfähigkeiten <strong>in</strong> der Gruppe mitbr<strong>in</strong>gt.<br />

B. Die Jugendlichen haben ihre Schulunlust durch manifeste Verhaltensweisen<br />

über e<strong>in</strong>en längeren Zeitraum deutlich werden lassen. Erhebliche Schulversäumnisse<br />

<strong>in</strong> den letzten zwei zuruckliegenden Jahren bzw. nicht unerhebliche<br />

Schulversäumnisse gepaart mit massiven Störungen <strong>des</strong> Unterrichts oder durchgängigen<br />

passiven Verweigerungen s<strong>in</strong>d dafür ausschlaggebende Indizien. Davon<br />

abweichend kann e<strong>in</strong>e verläßliche Prognose e<strong>in</strong>er mit dem Schulbesuch an der<br />

BBS e<strong>in</strong>setzenden Schulverweigerung herangezogen werden.<br />

C. Auf die Jugendlichen trifft e<strong>in</strong>es oder mehrere der üblichen sozialen Unterprivilegierung<br />

zu:<br />

– materiell unterprivilegierte häusliche Verhältnisse (Sozialhilfeempfänger, längere<br />

bzw. regelmäßig wiederkehrende Arbeitslosigkeit bzw. schlecht entlohnte<br />

E<strong>in</strong>facharbeit, Verschuldung, enge Wohnverhältnisse), - geschiedene oder getrennt<br />

lebende Eltern bzw. vielköpfige Familie (natürlich nur <strong>in</strong>sofern, als dies<br />

offensichtlich soziale Benachteiligung bed<strong>in</strong>gt),<br />

– krim<strong>in</strong>elles bzw. gewalttätiges Milieu (ohne verfestigten krim<strong>in</strong>ellen Karrierebeg<strong>in</strong>n<br />

bzw. hohe, unkalkulierbare Gewaltbereitschaft <strong>des</strong> Jugendlichen);<br />

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