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Dokumentation des Kongresses 1995 in Bonn - Landschaftsverband ...

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...!“ Die Unzufriedenheit mit der eigenen Situation und das daraus resultierende<br />

reduzierte Selbstbewußtse<strong>in</strong> s<strong>in</strong>d wohl der Grund für solche Äußerungen. Langzeitarbeitslosigkeit,<br />

Sozialhilfebezug, Scheidung, ke<strong>in</strong>e abgeschlossene Berufsausbildung,<br />

Suchtstrukturen (z. B. Alkoholismus) und wenig bzw. unrealistische Zukunftspläne<br />

s<strong>in</strong>d die Themen bzw. die Vorbilder, mit denen sich die Mädchen<br />

ause<strong>in</strong>andersetzen müssen. Alle<strong>in</strong> diese Vielzahl der geschilderten Problembereiche<br />

haben eher beh<strong>in</strong>dernde als unterstützende Wirkung. Die Weitergabe von tradierten<br />

Geschlechterrollenzuweisungen, die Reduktion auf die Versorgungsfunktion<br />

der Frau für Mann und K<strong>in</strong>der sowie Gewalt gegen Frauen und sexueller Mißbrauch<br />

gehören ebenso dazu. . Auch wenn die betroffenen Familien ihre Unzulänglichkeiten<br />

und Schwierigkeiten nur ungern e<strong>in</strong>gestehen bzw. nicht wahrhaben wollen<br />

(der Sche<strong>in</strong> nach außen wird grundsätzlich gewahrt), so sehen sie sich doch spätestens<br />

dann damit konfrontiert, wenn die Mitarbeiter/<strong>in</strong>nen der sozialen Dienste<br />

der Familie wieder e<strong>in</strong>en Besuch abstatten. Gründe der Schulverweigerung werden<br />

so vielleicht deutlicher. Allerd<strong>in</strong>gs sollte hierbei beachtet werden, daß nicht<br />

alle gemachten Aussagen auf alle Mädchen gleichermaßen zutreffen. Tendenzen<br />

können zwar beschrieben werden, der E<strong>in</strong>zelfall ist dabei aber nicht aus dem Auge<br />

zu verlieren. Im Anschluß daran folgt e<strong>in</strong> Förderkonzept, das auf die soziale bzw.<br />

geschlechtsspezifische Ausgangslage der Mädchen e<strong>in</strong>geht.<br />

Die psychosoziale Situation der Mädchen<br />

... ist geprägt durch die Widersprüche, die sie zu Hause erleben und den Vorstellungen<br />

von der eigenen Zukunft, die größtenteils zwar sehr klar, aber zumeist genauso<br />

unrealistisch s<strong>in</strong>d, wie die ihrer Eltern („heile Welt“- Vorstellungen von Beruf,<br />

Partnerschaft und Familie).<br />

Zukunft wird eher erlebt als etwas, was sich <strong>in</strong> weiter Ferne abspielt und was<br />

man nicht heute schon leben bzw. bee<strong>in</strong>flussen kann: Die Zukunft wird geträumt<br />

– gelebt wird eher zufällig. Dieser Widerspruch zwischen Traum und Wirklichkeit,<br />

das ständige Scheitern an den eigenen überhöhten Ansprüchen hat Resignation<br />

zur Folge und bee<strong>in</strong>flußt auch das Verhältnis zur Zeit. Zeit wird als etwas erlebt,<br />

von dem man unendlich viel zur Verfügung hat. Anstrengungen zur Realisierung<br />

der eigenen Ziele bzw. zur Veränderung unbefriedigender Situationen, werden „irgendwann<br />

demnächst“ <strong>in</strong> Angriff genommen, weil man jetzt ja doch nichts verändern<br />

kann.<br />

So wird zum Thema Berufs- und Lebensplanung der Zugang fast ausschließlich<br />

über Träumen gefunden und nicht über realistische Planung und dementsprechen<strong>des</strong><br />

Verhalten. Da über Leistungen im Bereich Schule und Berufsausbildung aktuell<br />

ke<strong>in</strong>e Anerkennung bezogen werden kann, versuchen die Mädchen, sich dies <strong>in</strong><br />

anderen Bereichen zu holen. Dies manifestiert sich tendenziell <strong>in</strong> zwei Verhaltensweisen<br />

Zum e<strong>in</strong>en über sehr rollenkonformes Verhalten, d. h. z. B. die Reduktion<br />

über die weibliche Versorgungsfunktion wird gerne angenommen, <strong>in</strong>dem häufig<br />

sehr liebevoll und verantwortungsbewußt, aber vor allen D<strong>in</strong>gen mit e<strong>in</strong>em hohen<br />

Maß an Selbständigkeit für kle<strong>in</strong>e Geschwister (oder Nachbarsk<strong>in</strong>der etc.) gesorgt<br />

wird.<br />

Dabei ist der Aspekt <strong>des</strong>-Drucks durch die Familie nicht zu unterschätzen. Viele<br />

Mädchen beziehen nur durch diese Familienarbeit ihre Anerkennung von Seiten

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