Dokumentation des Kongresses 1995 in Bonn - Landschaftsverband ...
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Podiumsdiskussion<br />
Brauchen wir e<strong>in</strong> neues Regelsystem für Schüler und<br />
Schüler<strong>in</strong>nen, die sich der Schulpflicht entziehen?<br />
das war die Fragestellung, mit der sich das Podium ause<strong>in</strong>anderzusetzen hatte.<br />
Schulpflicht hieße nicht nur, daß K<strong>in</strong>der und Jugendliche verpflichtet s<strong>in</strong>d, die Schule<br />
zu besuchen; sie verpflichte auch die Eltern und vor allem die Schule, das <strong>in</strong>dividuelle<br />
Recht auf Bildung zu verwirklichen.<br />
Dies schiene bei e<strong>in</strong>er beträchtlichen Zahl von jungen Schulverweigerern nicht<br />
zu funktionieren, stellte Markus Schnapka <strong>in</strong> der Anmoderation fest. Und ergänzend<br />
fügte er h<strong>in</strong>zu, die Bildungs- und Jugendhilfeverantwortlichen reagierten auf<br />
das Phänomen der Schulmüdigkeit mit Modellprojekten oder vor Ort mit <strong>in</strong>dividuellen<br />
Initiativen. E<strong>in</strong> Regulativ gäbe es nicht. Es sei von Zufällen abhängig, ob vor<br />
der Schule Geflüchtete wahrgenommen werden, Kooperationen von Jugendhilfe,<br />
Schule und Arbeitsverwaltung koord<strong>in</strong>iert werden und sich daraus Chancen für<br />
junge Menschen ergeben. Und bewußt provokant setzte er h<strong>in</strong>zu: Schule kann<br />
offensichtlich alle<strong>in</strong>e nicht mehr weiter!<br />
Wer aber sucht und f<strong>in</strong>det die Schulflüchtigen und wo sehen Sie Ihre Verantwortlichkeiten,<br />
war die erste Frage an Andreas Henseler, Schuldezernent der Stadt<br />
Köln. Henseler konzidierte, daß es e<strong>in</strong>e organisierte Bearbeitung dieses Problemfel<strong>des</strong><br />
aus se<strong>in</strong>er Sicht <strong>in</strong> Schule nicht gäbe, und beklagte den Umstand, daß e<strong>in</strong><br />
frühzeitiges Reagieren vernachlässigt würde. Statt <strong>des</strong>sen käme es sehr schnell zu<br />
e<strong>in</strong>em Prozeß der Ausgrenzung. Es sei aber an der Zeit, daß Schule das Problem<br />
wahrnähme und entsprechende präventive Strategien entwickelte. Schließlich<br />
müsse sich Schule darauf bes<strong>in</strong>nen, daß sie strukturell<br />
darauf angelegt ist, Ausgrenzung zu verh<strong>in</strong>dern.<br />
Es sei und bliebe e<strong>in</strong>e orig<strong>in</strong>äre Aufgabe von Schule,<br />
aus dem System heraus, Schulmüdigkeit und -<br />
verweigerung gar nicht erst aufkommen zu lassen.<br />
Dr<strong>in</strong>gend warnte Henseler davor, e<strong>in</strong>en Ausstiegskanal<br />
aus der Schulpflicht zu etablieren. E<strong>in</strong> neues<br />
Regelsystem zwischen Schule und Jugendhilfe würde<br />
nicht gebraucht.<br />
Daß es nicht darum gehe, e<strong>in</strong>en Ausstiegskanal zu<br />
<strong>in</strong>stallieren, machte auch Ulrich Thünken vom M<strong>in</strong>isterium<br />
für Schule und Weiterbildung <strong>in</strong> NRW klar. Er<br />
gab aber zu bedenken, daß zur Betrachtung der Frage,<br />
warum Jugendliche <strong>in</strong> die Schule gehen oder nicht,<br />
auch gesehen werden müßte, welche Chancen sie im<br />
Anschluß eigentlich noch haben. E<strong>in</strong>e beträchtliche<br />
Anzahl von jungen Leuten, auch von denen, die brav<br />
zur Schule gehen, haben ke<strong>in</strong>e Perspektiven, weil sie<br />
den Konkurrenzanforderungen <strong>in</strong> den normalen Berufen<br />
nicht gewachsen s<strong>in</strong>d. Darauf müsse die gesamte<br />
Gesellschaft reagieren, nicht nur die Schule, forder-<br />
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