Dokumentation des Kongresses 1995 in Bonn - Landschaftsverband ...
Dokumentation des Kongresses 1995 in Bonn - Landschaftsverband ...
Dokumentation des Kongresses 1995 in Bonn - Landschaftsverband ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
64<br />
– Andererseits wirkt Schule gehemmt, wenn es darum geht, neue Komb<strong>in</strong>ationen<br />
<strong>in</strong> dem Wirken von Erziehung von unterschiedlichen Erziehungs<strong>in</strong>stitutionen zu<br />
nutzen und e<strong>in</strong>e offensive Kooperation mit der Jugendhilfe e<strong>in</strong>zuklagen und<br />
umzusetzen. Erfahrungen mit Jugendlichen, die Schulschwierigkeiten haben und<br />
sich an Projekten beteiligen, die praktisches Können voraussetzen, zeigen, daß<br />
Jugendliche über andere Tätigkeiten als kognitives Lernen durchaus motivierbar<br />
wären.<br />
Hat sich Jugendhilfe <strong>in</strong> der Vergangenheit immer sehr stark dagegen gewehrt,<br />
die Funktionen/Aufgaben anderer gesellschaftlicher Bereiche zu erfüllen und vor<br />
allem e<strong>in</strong>e dezidierte Haltung gegen die Auffassung e<strong>in</strong>genommen, auch Angebote<br />
an junge Menschen im Rahmen der Schulpflichterfüllung zu machen, so zeigt<br />
sich im Wandel <strong>des</strong> Aufgabenverständnisses, daß Jugendhilfe mehr und mehr bereit<br />
ist, diejenigen Jugendlichen <strong>in</strong> ihrer Arbeit e<strong>in</strong>zubeziehen, die zur Überw<strong>in</strong>dung<br />
von Schulschwierigkeiten gerade für e<strong>in</strong>en bestimmten Zeitraum e<strong>in</strong>e Alternative<br />
außerhalb von Schule <strong>in</strong> anderen Lebenszusammenhängen haben müssen,<br />
damit sie dort mit Werkstoffen und anderen Möglichkeiten qualifiziert und emotional<br />
zufriedener lernen und sich Fähigkeiten aneignen können, die für sie von<br />
größerem und e<strong>in</strong>sichtigem Wert s<strong>in</strong>d.<br />
Mit dem Projekt „Schulmüde Jugendliche“ haben wir <strong>des</strong>halb e<strong>in</strong>en neuen<br />
Erprobungsweg entwickelt, der S<strong>in</strong>n macht. Wir wollen nämlich erproben, ob es<br />
möglich ist, junge Menschen, die – aus welchen Gründen auch immer – <strong>in</strong> der<br />
Schule immer weniger ihre Chancen sehen, e<strong>in</strong>e entsprechende Perspektive zu<br />
entwickeln, durch andere Lernorte neu zu motivieren und sie wieder zum Lernen<br />
<strong>in</strong> die Schule zurückführen zu können. Dieser Gew<strong>in</strong>n e<strong>in</strong>er neuen S<strong>in</strong>nhaftigkeit<br />
<strong>des</strong> Lernens und <strong>des</strong> Begreifens von der Bedeutung e<strong>in</strong>es schulischen Abschlusses,<br />
ist die Chance von Jugendwerke<strong>in</strong>richtungen, <strong>in</strong> Kooperation mit der Schule neue<br />
Wege gehen können.<br />
Erkennbar aber ist heute schon, daß e<strong>in</strong> zentrales Paradigma dieses Projektes <strong>in</strong><br />
sehr widersprüchlicher Weise ausgeprägt ist: Die zw<strong>in</strong>gende Bed<strong>in</strong>gung, das Jugendliche,<br />
die über e<strong>in</strong>en bestimmten Zeitraum ihre Schulpflicht <strong>in</strong> Werke<strong>in</strong>richtungen<br />
der Jugendhilfe erfüllen <strong>in</strong> die Schule rückgeführt“ werden müssen und<br />
Schule von daher sich selbst verändern muß. Genauer gesagt: Es ist nicht das Ziel<br />
dieses Projektes, schulmüde Jugendliche aus der Schule herauszunehmen und Schule<br />
aus dem Obligo zu entlassen. Es geht darum, durch Jugendhilfe Motivationsstrukturen<br />
zurückzugew<strong>in</strong>nen und durch Förderung von Reflektionsprozessen <strong>in</strong><br />
der Schule, Veränderung <strong>des</strong> Schulalltags zu ermöglichen.<br />
Denn, e<strong>in</strong> Grundpr<strong>in</strong>zip muß erhalten bleiben: Die Schulpflicht ist e<strong>in</strong> hohes gesellschaftliches,<br />
soziales und bildungspolitisches Gut. Es dürfen ke<strong>in</strong>e Diskussionen<br />
über solche Projekte gefördert werden, die auf e<strong>in</strong>e tendenzielle Abkehr von<br />
der Schulpflicht abzielen. Jugendhilfe und <strong>in</strong>sbesondere Jugendsozialarbeit darf<br />
<strong>des</strong>halb auch ke<strong>in</strong>e Alternative zur Schule se<strong>in</strong> und gewissermaßen Ersatzlernort<br />
werden. Sie hätte dann auch ihre Funktion als die schulischen Prozesse ergänzende<br />
Erziehungs<strong>in</strong>stanz für diejenigen jungen Menschen, die entsprechend gefördert<br />
werden müssen, verloren.<br />
Die Chancen und Möglichkeiten der Jugendhilfe, im Kontext der Jugend- bzw.<br />
Schulsozialarbeit liegen <strong>des</strong>halb dar<strong>in</strong>, neue Ansätze und Räume anzubieten, die<br />
e<strong>in</strong> weiteres Abgleiten verh<strong>in</strong>dern und soziale Des<strong>in</strong>tegrationsprozesse abmildern