Dokumentation des Kongresses 1995 in Bonn - Landschaftsverband ...
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Schulverweigerung und dann?<br />
Zum Erziehungsauftrag der Jugendhilfe<br />
Klaus Schäfer<br />
(M<strong>in</strong>isterium für Arbeit, Gesundheit und Soziales NRW)<br />
Der Rechtsanspruch auf Erziehung e<strong>in</strong>es jeden Jugendlichen ist das herausragende<br />
Merkmal und der Ausgangspunkt der Jugendhilfe. Deshalb ist es eigentlich<br />
selbstverständlich, den Erziehungsauftrag <strong>in</strong> der Jugendhilfe zu sprechen. Aber das<br />
Verständnis, was denn Erziehung der Jugendhilfe se<strong>in</strong> soll und vor allem, mit welchen<br />
Angeboten und mit welchen Methoden dieser Erziehungsauftrag realisiert<br />
werden soll, ist – historisch betrachtet – sehr verschieden gewesen. Deshalb möchte<br />
ich, ähnlich wie Herr Thünken, e<strong>in</strong>leitend e<strong>in</strong>en kurzen historischen Blick auf diesen<br />
Aspekt der Jugendhilfe richten.<br />
Jugendhilfe war, sowohl <strong>in</strong> ihrer Entstehungsphase, wie auch bis weit <strong>in</strong> die 60er<br />
Jahre dieses Jahrhunderts h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>, vorwiegend ordnungspolitisch motiviert. Vorrangig<br />
g<strong>in</strong>g es – die Jugendarbeit/Jugendpflege e<strong>in</strong>mal ausgenommen – um e<strong>in</strong><br />
Regelsystem, welches abweichen<strong>des</strong> Verhalten von K<strong>in</strong>dern und Jugendlichen verh<strong>in</strong>dern<br />
bzw. sanktionieren sollte und zwar überwiegend durch repressive Maßnahmen.<br />
Kennzeichen der erzieherischen Hilfen war <strong>des</strong>halb die Heimerziehung,<br />
als das klassische Instrument <strong>des</strong> E<strong>in</strong>griffes e<strong>in</strong>er staatlich reglementierten Jugendfürsorge.<br />
Dies war auch gesetzlich verankert. Das Reichsjugendwohlfahrtsgesetz aus dem<br />
Jahre 1922 und auch später das seit 1961 geltende Jugendwohlfahrtsgesetz waren<br />
von ihrem Grundsatz her von diesem Verständnis geprägt. Erst mit der Reformdiskussion<br />
Anfang der 70er Jahre begann e<strong>in</strong>e Neuorientierung<br />
<strong>in</strong> der Jugendhilfe sich breit zu machen.<br />
E<strong>in</strong> demokratisches Verständnis von Erziehung entwickelte<br />
sich, und vor allem die Erkenntnis, daß e<strong>in</strong>e<br />
gesetzliche Reform notwendig ist, die diesem neuen<br />
Verständnis e<strong>in</strong>e entsprechende Perspektive gibt.<br />
Mit dem K<strong>in</strong>der- und Jugendhilfegesetz aus dem<br />
Jahre 1991, wurde denn auch dieses offensive Verständnis<br />
von Erziehung und Bildung <strong>in</strong> der Jugendhilfe<br />
gesetzlich normiert. Zentrale Aufgabe der<br />
Jugendhilfe ist es danach:<br />
– junge Menschen <strong>in</strong> ihrer <strong>in</strong>dividuellen und sozialen<br />
Entwicklung fördern und dazu beitragen, Benachteiligungen<br />
zu vermeiden und abzubauen;<br />
– Eltern und andere Erziehungsberechtigte bei der<br />
Erziehung beraten und unterstützen;<br />
– K<strong>in</strong>der und Jugendliche vor Gefahren für ihr Wohl<br />
zu schützen;<br />
– dazu beitragen, positive Lebensbed<strong>in</strong>gungen für<br />
junge Menschen und ihre Familien sowie e<strong>in</strong>e<br />
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