Dokumentation des Kongresses 1995 in Bonn - Landschaftsverband ...
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Der Jugendliche, der wegen fehlender Unterstützung <strong>des</strong> Elternhauses Schulunterricht<br />
versäumt, gerät leicht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Spirale <strong>des</strong> Mißerfolgs: Durch versäumten<br />
Unterricht bleibt positive Bestätigung aus, Schule wird mißerfolgsbesetzt, Ausweichen<br />
davor führt zu e<strong>in</strong>er Massierung von weiteren Schulproblemen. Aufmerksamkeit<br />
<strong>in</strong> der Schule können solche Jugendlichen hauptsächlich durch Störungen erreichen,<br />
diese wiederum verstärken den Negativtrend. Durch daraus folgen<strong>des</strong><br />
Sitzenbleiben wird dem Jugendlichen die Bezugsgruppe, die vielleicht den Schulbesuch<br />
noch attraktiv machte, entzogen, die Spirale dreht sich weiter. Es liegt auf<br />
der Hand, daß e<strong>in</strong>e solche Entwicklung vom Jugendlichen alle<strong>in</strong>, wenn sie denn<br />
e<strong>in</strong>mal massiv e<strong>in</strong>gesetzt hat, schwer zu durchbrechen ist. Wenn Elternhaus und<br />
Schule ke<strong>in</strong>e geeignete Interventionsmöglichkeit f<strong>in</strong>den, ist das Desaster vorprogrammiert.<br />
3.Schule ist als System nicht drauf angelegt, ihre Ressourcen auf die Drop-Outs zu<br />
konzentrieren. Leider erhält sie hierzu auch ke<strong>in</strong>e gesellschaftlichen Anreizsysteme.<br />
Nach wie vor wird <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er breiten Öffentlichkeit eher die Schule als e<strong>in</strong>e gute<br />
Schule angesehen, die gute Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler hat. E<strong>in</strong>e Schule, der es gel<strong>in</strong>gt,<br />
K<strong>in</strong>der und Jugendliche aus besonderen Problemsituationen herauszuführen<br />
und ihnen Unterstützung zu geben, f<strong>in</strong>det <strong>in</strong> der Öffentlichkeit kaum Resonanz.<br />
Sie muß sich dagegen häufig noch den Vorwurf gefallen lassen, daß sie schwierige<br />
Schüler habe, daß Gewalt und Krim<strong>in</strong>alität an der Tagesordnung seien, daß ihre<br />
Schüler weniger leisteten als andere o. ä. Diese Wahrnehmung kann man bis <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>zelne Klassen, bei Elternabenden oder <strong>in</strong> Lehrerkonferenzen verfolgen: Die Lehrer<strong>in</strong>/der<br />
Lehrer, der sich darauf konzentriert, Jugendlichen <strong>in</strong> besonderen Problemsituationen<br />
<strong>in</strong>tensiv nachzugehen, muß sich oft der Kritik stellen, er vernachlässige<br />
die anderen K<strong>in</strong>der und Jugendlichen se<strong>in</strong>er Klasse. E<strong>in</strong>e Schule, die viele<br />
Jugendliche mit Problemen an andere Schulen abgibt, muß sich <strong>des</strong>halb kaum der<br />
Kritik stellen, sie wird eher als besonders leistungsstark und anspruchsvoll geachtet.<br />
Auch die Gliederung unseres Schulsystems <strong>in</strong> höhere und niedere Schulen, <strong>in</strong><br />
Gymnasien und Hauptschulen, trägt zu dieser Wahrnehmung bei.<br />
4.Am Ende der Negativentwicklung e<strong>in</strong>es Jugendlichen stößt die Schule sehr schnell<br />
an ihre Grenzen. Daher müssen Wege gefunden werden, Schule so zu verändern,<br />
daß die Schule früher auf Probleme der Jugendlichen reagieren kann.<br />
Dies kann hier nur schlagwortartig dargestellt werden: E<strong>in</strong>e k<strong>in</strong>dgerechte Grundschule,<br />
e<strong>in</strong>e Jugendschule, die, wie es Hartmut von Hentig sagt, Lebensraum für<br />
Jugendliche ist, verständnisvoller und professioneller Umgang von Lehrer<strong>in</strong>nen und<br />
Lehrern mit Krisen im häuslichen Umfeld der Jugendlichen, verbesserte Kooperation<br />
unter Schülern, Abbau von Konkurrenz zugunsten von Kooperation könnten<br />
hier Stichworte se<strong>in</strong>. Wenn man sich <strong>in</strong> der Realität unserer Schulen genauer umschaut,<br />
kann man hierzu schon viele positive Beispiele entdecken: Ungezählte K<strong>in</strong>der<br />
und Jugendliche beschäftigen uns <strong>in</strong> diesem Kongreß nicht, weil sie frühzeitig<br />
sensible Erwachsene trafen, die ihre Problemlage erkannten, die als Vertrauenspersonen<br />
angenommen wurden, die Hilfen gaben, stabilisierten, Mut machten und<br />
über Durststrecken h<strong>in</strong>weghalfen und die im Endeffekt dafür sorgten, daß e<strong>in</strong>e<br />
Negativspirale erst gar nicht <strong>in</strong> Gang kam, sondern e<strong>in</strong> ganz normaler Schulbesuch<br />
wieder erreicht werden konnte.<br />
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