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Dokumentation des Kongresses 1995 in Bonn - Landschaftsverband ...

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3.Wie wird die Schule von K<strong>in</strong>dern und Jugendlichen selbst gesehen?<br />

Von den Schüler<strong>in</strong>nen und Schülern wird heute mehr denn je an die Schule der<br />

Anspruch gestellt, Lebensraum zu se<strong>in</strong>. In Familien, <strong>in</strong> denen nur wenige Begegnungen<br />

mit anderen K<strong>in</strong>dern möglich s<strong>in</strong>d, die durch Medienkonsum und oft<br />

mangelhaft ausgeprägte Kommunikation gekennzeichnet s<strong>in</strong>d, wird für die Jugendlichen<br />

die Schule als Begegnungsraum mit Gleichaltrigen immer wichtiger.<br />

Nach e<strong>in</strong>er Befragung von Kölner Schülern durch andere Schüler ihrer Schule<br />

geben etwa 50 % an, sich <strong>in</strong> der Schule sehr oder meistens wohl zu fühlen, 42 %<br />

antworten mit mal ja, mal ne<strong>in</strong> und nur 8 % fühlen sich häufiger nicht oder gar<br />

nicht wohl <strong>in</strong> der Schule. Analysiert man die Untersuchungsergebnisse näher, so<br />

zeigt sich, daß dieses Wohlbef<strong>in</strong>den hauptsächlich auf außerunterrichtlichen Begegnungen<br />

beruht. Fachliches Lernen ist zwar aus Sicht der Schüler wichtig, wird<br />

aber nicht une<strong>in</strong>geschränkt als positiv gesehen. In der Befragung gaben <strong>in</strong>sbesondere<br />

die jüngeren Schüler an, daß sie lieber längere Pausen hätten und damit längere<br />

Zeit <strong>in</strong> der Schule verbr<strong>in</strong>gen möchten.<br />

Eigentlich, so kann man jedenfalls dieser Schüleruntersuchung entnehmen, hat<br />

die Schule gute Chancen, bei K<strong>in</strong>dern und Jugendlichen Akzeptanz zu f<strong>in</strong>den. Trotzdem<br />

wird sie <strong>in</strong> ihren Methoden und Organisationsformen als erneuerungsbedürftig<br />

empfunden. So würden z. B. sehr viele Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler anstelle von<br />

frontalen Unterrichtsmethoden und Lehrervorträgen lieber selbst aktiv werden,<br />

mit Mitschüler<strong>in</strong>nen und Mitschülern zusammenarbeiten und stärker an <strong>in</strong>nerschulischen<br />

Entscheidungen sowohl im fachlichen Bereich als auch beim Leben <strong>in</strong><br />

der Schule beteiligt werden. Sicher e<strong>in</strong> Appell an die Schule, sich zu ändern!<br />

Wenn ich nun vor diesem H<strong>in</strong>tergrund der Aufgaben von Schule heute zum Problem<br />

der Schulverweigerer, der Jugendlichen, die von Schule nicht mehr erreicht<br />

werden, komme, so möchte ich hierzu e<strong>in</strong>ige Thesen formulieren.<br />

1. Schulversagen ist <strong>in</strong>sgesamt eher seltener geworden, im E<strong>in</strong>zelfall für den betroffenen<br />

Jugendlichen aber viel massiver und folgenreicher.<br />

Heute verlassen <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen nur noch etwa 6 % der Schüler e<strong>in</strong>es<br />

Jahrgangs die allgeme<strong>in</strong>bildende Schule ohne e<strong>in</strong>en Schulabschluß. Diese Quote<br />

ist ständig gesunken, noch vor 20 Jahren war sie mehr als doppelt so hoch. Für die<br />

Jugendlichen, die am Ende ihrer Pflichtschulzeit ke<strong>in</strong>en Schulabschluß erreichen,<br />

weil ihre Leistungen nicht ausreichten oder weil sie den Schulbesuch ohneh<strong>in</strong> <strong>in</strong><br />

den letzten Jahren versäumt hatten, s<strong>in</strong>d jedoch die Chancen, e<strong>in</strong>en Arbeitsplatz<br />

zu f<strong>in</strong>den und damit dauerhaft für ihren eigenen Lebensunterhalt aufzukommen,<br />

drastisch gesunken.<br />

E<strong>in</strong>fache Arbeitsplätze, die ke<strong>in</strong>e qualifizierte Ausbildung erfordern, s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>folge<br />

der technischen und wirtschaftlichen Entwicklung so drastisch reduziert worden,<br />

daß für viele leistungsgem<strong>in</strong>derte Jugendliche kaum e<strong>in</strong>e reale Chance besteht,<br />

sich mit e<strong>in</strong>igermaßen stabilen Aussichten <strong>in</strong>s Arbeitsleben zu <strong>in</strong>tegrieren. H<strong>in</strong>zu<br />

kommt, daß z. Zt. auch Jugendliche mit guten Schulabschlüssen auf dem engen<br />

Ausbildungsstellenmarkt unter erheblichen Druck geraten und leistungsgem<strong>in</strong>derte<br />

Jugendliche an den Rand drängen.<br />

2.„Schulschwänzen“ hat <strong>in</strong> den massiven Fällen, von denen hier die Rede ist, selten<br />

die Ursache <strong>in</strong> der Schule, die Schule verstärkt jedoch häufig die negative<br />

Entwicklung.

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