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Dokumentation des Kongresses 1995 in Bonn - Landschaftsverband ...

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Schulverweigerung und dann?<br />

Zum Erziehungsauftrag der Schule<br />

Ulrich Thünken<br />

(M<strong>in</strong>isterium für Schule und Weiterbildung NRW)<br />

Die Schulpflicht ist e<strong>in</strong>e historische Errungenschaft, die z. B. im Lande Preußen<br />

1717 e<strong>in</strong>geführt wurde. Im geschichtlichen Kontext be<strong>in</strong>haltete sie eigentlich nicht<br />

e<strong>in</strong>e Anforderung an die Jugendlichen, sondern verpflichtete die Erwachsenen,<br />

Jugendlichen den Schulbesuch zu ermöglichen. In e<strong>in</strong>er Zeit, <strong>in</strong> der K<strong>in</strong>der und<br />

Jugendliche regelmäßig zur Erwerbsarbeit herangezogen wurden, war e<strong>in</strong>e Vorschrift<br />

zum Schutz der Jugend.<br />

Soviel zur Vergangenheit. Heute gibt es Probleme mit der Schulpflicht.<br />

Doch zunächst e<strong>in</strong>ige Gedanken zum Bildungsauftrag der Schule:<br />

1. Die Schule erhält ihren Auftrag, K<strong>in</strong>der und Jugendliche zu bilden, von der Gesellschaft.<br />

Sie soll u. a. Wissen vermitteln, zu verantwortlichen E<strong>in</strong>stellungen<br />

und Werthaltungen erziehen, zur praktischen Bewältigung <strong>in</strong>dividueller Lebenslagen<br />

h<strong>in</strong>führen. Die Anforderungen der Gesellschaft s<strong>in</strong>d allerd<strong>in</strong>gs sehr vielfältig:<br />

Kaum e<strong>in</strong> Tag vergeht, ohne daß e<strong>in</strong> Interessenverband an das M<strong>in</strong>isterium<br />

für Schule und Weiterbildung se<strong>in</strong>e Forderung nach e<strong>in</strong>er verstärkten Berücksichtigung<br />

der eigenen Belange durch die Schule anmeldet. Kurz: Anforderungen<br />

an die Schule aus verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen s<strong>in</strong>d so vielfältig,<br />

daß die Schule sie ke<strong>in</strong>esfalls gleichzeitig erfüllen kann.<br />

2.Die Gesellschaft gibt der Schule den speziellen Auftrag, Berechtigungen zu vergeben.<br />

Die Schule entscheidet darüber, welche<br />

Schulabschlüsse der e<strong>in</strong>zelne Jugendliche erreicht<br />

und welche Berufszugänge ihm damit offenstehen.<br />

Damit wird der Schule - ob sie es will oder nicht -<br />

e<strong>in</strong>e Selektionsfunktion zugewiesen: Sie muß Jugendlichen<br />

bestimmte Bildungsgänge verschließen,<br />

wegen Leistungsmängeln Klassen wiederholen lassen,<br />

Versagen dokumentieren und als Folge solchen<br />

Versagens Berufsmöglichkeiten beschneiden.<br />

Natürlich fordert die Gesellschaft neben dieser<br />

Selektionsfunktion auch Integration von der Schule:<br />

Sie erwartet, daß K<strong>in</strong>der und Jugendliche zu<br />

Klassengeme<strong>in</strong>schaften zusammengeführt werden,<br />

daß solidarisches Verhalten e<strong>in</strong>geübt wird, daß<br />

Randgruppen und Benachteiligte über die Schule<br />

<strong>in</strong> die Gesellschaft <strong>in</strong>tegriert werden. Diese widersprüchlichen<br />

Rollen von Schule machen es der Schule<br />

als System und auch vielen Lehrer<strong>in</strong>nen und Lehrern<br />

nicht leicht, wirklich pädagogisch und als<br />

Anwälte der K<strong>in</strong>der und Jugendlichen zu handeln.<br />

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