Dokumentation des Kongresses 1995 in Bonn - Landschaftsverband ...
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4.Ausfall elterlicher Unterstützung, Orientierung, Kontrolle (erhebungsproblematisch<br />
h<strong>in</strong>sichtlich der ursächlichen Ebene, nicht verstanden und nachgewiesen<br />
als quasiautomatische Folgeersche<strong>in</strong>ung)<br />
Zirkulär dynamisierend bei allen drei Typen wirken – und letztlich ist nicht mehr<br />
unterscheidbar, was Ursache, Wirkung und damit erneut kausal prägend wurde:<br />
– Des<strong>in</strong>teresse bzw. Aufgeben und Fraternisieren im Elternhaus,<br />
– das Gefühl, <strong>in</strong> der Lehrerschaft abgeschrieben zu se<strong>in</strong>,<br />
– Gewöhnung an Ablehnung und demzufolge Resistenz gegenüber Sanktionierung,<br />
– ger<strong>in</strong>ge Kompetenzerwartungen und neue Furcht vor Versagen sowie dann auch<br />
reale erneute Mißerfolgserfahrung,<br />
– ke<strong>in</strong>e Chance mehr zu haben und dann letztlich aufzugeben und völlig fern zu<br />
bleiben.<br />
Verweigererschule: „Schule <strong>des</strong> Lebens“<br />
In diesen Kontexten <strong>des</strong> Totalausstiegs ohne Rückfahrsche<strong>in</strong> f<strong>in</strong>den wir die Klientel<br />
der „Schule <strong>des</strong> Lebens“ mit durchschnittlich siebenmonatiger Schulabwesenheit.<br />
Was passiert <strong>in</strong> der Schule <strong>des</strong> Lebens? Vielleicht zur Illustrierung e<strong>in</strong><br />
ausschnitthafter E<strong>in</strong>blick <strong>in</strong> den Tagesablauf.<br />
Morgens rollt der schuleigene VW–Bus 90 M<strong>in</strong>uten durch den Landkreis, um die<br />
Jugendlichen an vere<strong>in</strong>barten Treffpunkten abzuholen. Auch Lehrkräfte nehmen<br />
auf ihrem Weg zur Schule e<strong>in</strong>zelne Jugendliche mit. Schwänzen gibt es bei uns<br />
nicht; der Krankenstand ist <strong>in</strong> der Regel niedrig. Selten muß man jemanden aus<br />
dem Bett kl<strong>in</strong>geln. Im Auto wird palavert; man startet mit dichtem Kontakt und<br />
gew<strong>in</strong>nt E<strong>in</strong>blick <strong>in</strong> die Verfassung der Jugendlichen. Der Erwachsene ist Vertrauensperson,<br />
man duzt sich, kann erste Absprachen für den Tag treffen. Spätestens<br />
beim E<strong>in</strong>treffen <strong>in</strong> der Waldvilla wird die erste Zigarette gequalmt. Sie begrüßen<br />
die anderen und wir merken: Viele kommen nicht zuletzt <strong>des</strong>halb, weil sie die Geme<strong>in</strong>schaft<br />
suchen und brauchen. Am Vormittag gibt es e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e Pause, die die<br />
PädagogInnen nach dem Stand der Arbeit und der Verfassung der Jugendlichen<br />
festlegen. Nach den 90m<strong>in</strong>ütigen Blöcken ist Aktivitäten- bzw. Fachwechsel angesagt.<br />
Die Atmosphäre entwickelt sich unterschiedlich. Manchmal herrscht fast gespenstische<br />
Ruhe, dann gibt es Lachen, Schreien, Toben.<br />
Oft sieht man <strong>in</strong> der Arbeitszeit ke<strong>in</strong>e<br />
Jugendlichen, dann wieder versuchen e<strong>in</strong>zelne, unentschieden<br />
zu pendeln. Sie werden sofort angesprochen.<br />
Vorbildlich, ohne jede Unregelmäßigkeit<br />
und Beanstandungen wird <strong>in</strong> der Werkstatt geschafft.<br />
Die Arbeit <strong>in</strong> den Lernbereichen und den AGs verläuft<br />
mit wechselndem Engagement. Wir erleben H<strong>in</strong>gabe<br />
und Des<strong>in</strong>teresse, Ausweichverhalten und Leidenschaft,<br />
Talentiertheit und lahme Suche, starke und<br />
schwache Arbeitsergebnisse.<br />
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