Dokumentation des Kongresses 1995 in Bonn - Landschaftsverband ...
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Verstehen als Aufspürung und Ressourcenerweiterung nicht unbed<strong>in</strong>gt etwas zu<br />
tun. Jugendhilfe wird damit <strong>in</strong>tern und extern unglaubwürdig. Gegen e<strong>in</strong>engende<br />
Modernismen sollte Jugendhilfe sich m.E. die gesamte Breite möglicher pädagogischer<br />
Kontaktmodalitäten erlauben.<br />
Sie ist jedoch ke<strong>in</strong>esfalls – zur anderen Seite gesprochen – der verlängerte Arm,<br />
das Dienstmädchen von Schule, oder auch nicht: Der Speck, mit dem man Mäuse<br />
fängt.<br />
Forderung 1: Schulische Bildung muß die Beziehungsebene stärken.<br />
2. Jugendhilfe mit ihren Erfahrungen von Rand und Krise sieht mit greller Deutlichkeit<br />
strukturelle Veränderungen <strong>in</strong> der Gesellschaft und die Auswirkungen auf<br />
junge Menschen.<br />
So erlebt zum Beispiel die Helferschaft sehr viel unmittelbarer e<strong>in</strong>e Jugendkultur,<br />
die geprägt ist durch Eigenwilligkeit, Gegenwärtigkeit, Expressivität. Jugendhilfe<br />
hat e<strong>in</strong>en ganz anderen Blick auf Gesellung, auf Gruppengrößen, auf jugendliche<br />
Bewegkräfte, auf Erfolgskriterien und Belohnungssysteme, auf Kommunikation<br />
und Dialog, auf Angebotsorientierung jenseits von Sanktion und Gratifikation.<br />
Sie versteht zu werben, sich <strong>in</strong> offenen Situationen zu verhalten, Geist,<br />
Körper und Seele zusammenzuschauen und sich – manche bedauern das – <strong>in</strong><br />
der Zielsicherheit immer wieder zu relativieren. Und Jugendhilfe kennt beglükkende<br />
Erfahrungen von Leidenschaft, Durchhaltekraft und Eigens<strong>in</strong>n <strong>in</strong> bester<br />
Wortbedeutung.<br />
Forderung 2: Schule muß sich mehr als angebotsorientierter Dienstleistungsbetrieb<br />
verstehen und dabei den ganzen Menschen wiederentdecken.<br />
3. Jugendhilfe weiß um die Unabd<strong>in</strong>gbarkeit von Teamarbeit, Kollegialberatung<br />
und angeleiteter Selbstreflexion. Tradition und Berufsverständnis machen Lehrkräfte<br />
zu E<strong>in</strong>zelkämpfern.<br />
Forderung 3: Schule muß auch ihrem Personal das abnötigen, was sie ihren Schüler<strong>in</strong>nen<br />
und Schülern abverlangt: Den S<strong>in</strong>n für das Ganze, für schulische Geme<strong>in</strong>schaft<br />
und enge kollegiale Kooperation.<br />
4. Jugendhilfe zentriert ihr Bemühen um den unverwechselbaren E<strong>in</strong>zelnen und<br />
bemüht sich um Kompetenzorientierung. Schule favorisiert das reibungslose<br />
Funktionieren <strong>des</strong> Großbetriebs, sieht das System, fokussiert Neben- und Folgewirkungen<br />
<strong>in</strong>dividualisierender, besondernder Schritte. Aus Sicht von Schule wird<br />
immer die Lernproblematik bzw. die Schulstörung akzentuiert, verbunden mit<br />
Abhilfeverlangen, auch mit Blick auf die Lerngruppe, Schulaufsicht, Schulleitung,<br />
Eltern, Nachbar-, Über-, Unterschulen.<br />
Forderung 4: Schule muß schemasprengende Individualisierung zulassen und Unterstützungsprämissen<br />
prioritär setzen.<br />
Nun kann es nicht gehen, daß Schule <strong>in</strong> der Sekundarstufe I Sozialpädagogik pur<br />
betreibt. Zusammenwirken <strong>in</strong> Koexistenz ist angesagt, und zwar auch, weil der<br />
Zusammenhang von Schul- und Sozialkarriere im positiven wie im S<strong>in</strong>n <strong>des</strong> Mißl<strong>in</strong>gens<br />
bekannt ist. Wer <strong>in</strong> Schule scheitert, hat durchschnittlich perspektivisch kaum