Dokumentation des Kongresses 1995 in Bonn - Landschaftsverband ...
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– In der Schule gelten Regeln und Aufgaben, Ansprüche und Leistungskriterien<br />
allgeme<strong>in</strong>, ohne Ansehen der Geschichte und Lage der E<strong>in</strong>zelnen. Das schulische<br />
Alltagsgeschäft wird durchgesetzt gegen Gleichgültigkeit, Öde, Widerstände<br />
– bei Lehrkräften und Schüler<strong>in</strong>nen und Schülern.<br />
– In der Schule zählen Wissen, Stoff. Praktische und soziale Erfahrungen bleiben<br />
randständig.<br />
Provokant Thiersch: Schule verspiele die Chance zum Bildungsabenteuer <strong>in</strong> der<br />
Anstrengung um Wissensplunder.<br />
– Noten und Beurteilungen wirken zentral. Der Prüfstand ist selbstverständlich<br />
und allgegenwärtig. Dadurch ausgelösten Prozessen von Mißerfolg, Demütigung,<br />
Scheitern steht die Institution Schule mehr oder weniger achselzuckend h<strong>in</strong>nehmend<br />
gegenüber.<br />
Sozialpädagogik sieht e<strong>in</strong>e Schule, die mit ihrem Bildungsauftrag Schwierigkeiten<br />
hat und den Erziehungsauftrag nur viertelherzig annimmt.<br />
Allerd<strong>in</strong>gs: S<strong>in</strong>d Sozialpädagog<strong>in</strong>nen Pädagog<strong>in</strong>nen, die ke<strong>in</strong>e Lehrer<strong>in</strong>nen werden<br />
wollten, – nicht unüblich –, dann mischen sich <strong>in</strong> die analytische Sachlichkeit<br />
eigene Er<strong>in</strong>nerungen, Enttäuschungen und Abrechnungen.<br />
Manche Soziale def<strong>in</strong>ieren sich dann identifikatorisch womöglich als Rächer der<br />
Entrechteten. Jedoch, sich im Loft der lupenre<strong>in</strong>en, bedürfnisorientierten, alle<strong>in</strong><br />
auf Selbstbestimmung fußenden Menschenfreundlichkeit zu bewegen bzw. dies<br />
zu beanspruchen, ist e<strong>in</strong>e Selbsttäuschung bzw. e<strong>in</strong>e endliche Identität, die im<br />
Fegefeuer der Undankbarkeit verbrennt. Auch Sozialpädagogik, auch Jugendhilfe<br />
– mißt Jugendliche an generellen Durchschnittsnormen, verwaltet Zwänge und<br />
paßt an,<br />
– kann im Alltagsdruck eigenen, selbstauferlegten Maßstäben und Ansprüchen<br />
nicht immer gerecht werden, wird auch bestimmt durch Müdigkeit, Enttäuschung,<br />
Feigheit, Genügsamkeit,<br />
– grenzt aus und schiebt ab, zwischen Heim, Straße, Psychiatrie und Gefängnis<br />
etwa,<br />
– hat bereichs<strong>in</strong>tern Schwierigkeit mit Kollegialität, Partizipationsorientierung,<br />
Transparenz und anderem mehr.<br />
Es fiel schon immer leichter, eigene Sorgen am anderen, am Gegenüber zu bekämpfen.<br />
Nur darf diese Selbstkritik nicht den nüchternen Blick auf die Sache verstellen.<br />
Jedoch, für Bildungsprojekte, nicht zuletzt mit schulflüchtigen Jugendlichen, s<strong>in</strong>d<br />
sozialpädagogische Perspektiven unerläßlich. Zum Beispiel:<br />
1. Jugendhilfe berücksichtigt Biographie und aktuelle Lebenssituation von K<strong>in</strong>dern<br />
und Jugendlichen und ist pr<strong>in</strong>zipiell verstehend orientiert. Ihr zentrales Medium<br />
ist die Herstellung und Stabilisierung von Kontakt und Beziehung zwischen Professionellen<br />
und Adressaten. Für viele Jugendhilfejugendliche s<strong>in</strong>d Sozialpädagog<strong>in</strong>nen<br />
und Sozialpädagogen die Menschen, zu denen sie das meiste Vertrauen<br />
haben.<br />
Soziale s<strong>in</strong>d jedoch – nach me<strong>in</strong>er Vorstellung – nicht die Alimentierer und<br />
Alibisierer, die Tanzmariechen, die mechanisch auf jugendlichen Pfiff reagieren.<br />
Sozialpädagogik darf nicht mechanisch immer Verständnis haben. Das hat mit<br />
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