Dokumentation des Kongresses 1995 in Bonn - Landschaftsverband ...
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Die Hauptschule ist verpflichtet, den ihr <strong>in</strong> den Lehrplänen vorgegebenen Stoff<br />
<strong>in</strong> sechs Schuljahren zu vermitteln. Muß sie zusätzlich die zum Teil immensen Lernund<br />
Leistungsdefizite vieler Fünftklässler abbauen, um e<strong>in</strong> Fundament für den erfolgreichen<br />
Besuch der Hauptschule zu legen, hat sie <strong>in</strong>sgesamt dafür nicht mehr<br />
Zeit zur Verfügung. Die Lehrer<strong>in</strong>nen und Lehrer müssen also mehr Lern<strong>in</strong>halte <strong>in</strong><br />
derselben Zeit unterrichten – vor allem komprimiert <strong>in</strong> der 5. und 6. Jahrgangsstufe;<br />
das bedeutet e<strong>in</strong>e faktische Schulzeitverkürzung nach dem Schulwechsel<br />
gerade für solche Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler, die besonders förderbedürftig s<strong>in</strong>d –<br />
e<strong>in</strong>e paradoxe, kaum lösbare Aufgabe.<br />
Die Hauptschule muß als e<strong>in</strong>zige Schulform der Sekundarstufe I die Beschulungspflicht<br />
der Allgeme<strong>in</strong>en Schule garantieren und <strong>in</strong> diesem Zusammenhang<br />
auch die gescheiterten K<strong>in</strong>der und Jugendlichen der anderen weiterführenden Schulen<br />
– auch der Gesamtschule – übernehmen, denn viele schwierige Schüler<strong>in</strong>nen<br />
und Schüler von anderen Schulformen hatten Probleme und Mißerfolge und kommen<br />
aus diesem Grund später zur Hauptschule.<br />
Damit erhält sie e<strong>in</strong>e wichtige gleichsam „hygienische“ Funktion für die anderen<br />
Schulen der Sekundarstufe I – allerd<strong>in</strong>gs auch für die Primarstufe, die sich ebenfalls<br />
durch die verdeckte Förderdef<strong>in</strong>ition der Hauptschule entlasten kann. Es besteht<br />
vielfach die Hoffnung <strong>in</strong> der Grundschule, daß die Hauptschule die Förderung<br />
dieser K<strong>in</strong>der <strong>in</strong> ihren homogenen Lerngruppen, bezogen auf die Leistungen, besser<br />
realisieren kann.<br />
Im Rahmen der Beschulungspflicht fällt im Sekundarbereich I überwiegend der<br />
Hauptschule die Aufgabe zu, ausländische Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler zu <strong>in</strong>tegrieren.<br />
Mehr als die Hälfte aller Kölner Hauptschüler<strong>in</strong>nen und -schüler s<strong>in</strong>d ausländische<br />
K<strong>in</strong>der und Jugendliche. Das Ausmaß dieses Auftrages führt oft zu konfliktträchtigen<br />
Konstellationen und sozialen Lernbed<strong>in</strong>gungen, die sowohl Vorurteile<br />
und Ablehnungen bis h<strong>in</strong> zum Ausländerhaß begünstigen oder verstärken als auch<br />
manifestes Ause<strong>in</strong>andersetzen auslösen können.<br />
Die Hauptschule hat sich zu e<strong>in</strong>er Schulform mit hohem Integrationsauftrag entwickelt.<br />
So muß sie auch Jugendliche an der Schwelle zu Sonderschulen für Lernbeh<strong>in</strong>derte<br />
und Erziehungshilfe beschulen. Wechsel <strong>in</strong> diese Schulformen bleiben<br />
Ausnahmen und können vor allem <strong>in</strong> den oberen Klassen praktisch nicht mehr<br />
durchgeführt werden, da die Sonderschulen <strong>in</strong> der Regel die Erfolgsaussichten bei<br />
e<strong>in</strong>er verspäteten Maßnahme als sehr ger<strong>in</strong>g e<strong>in</strong>schätzen. H<strong>in</strong>zu kommt, daß die<br />
Hauptschule die Zielgruppe der schulmüden Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler <strong>in</strong>tegrieren<br />
soll, die zwar noch schulpflichtig s<strong>in</strong>d, für die jedoch aufgrund meist chronifizierter<br />
Mißerfolgskarrieren kaum noch positive Schulaussichten bestehen.<br />
In der Schulverweigerung spiegeln und verknüpfen sich Teilprobleme, die dazu<br />
anregen, die Frage der Schulpflicht und ihrer <strong>in</strong>haltlichen Ausgestaltung für diese<br />
Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler zu überdenken:<br />
1. Die Schulpflicht ist bei vielen Jugendlichen<br />
nicht mehr durchsetzbar<br />
Viele Eltern s<strong>in</strong>d nicht mehr <strong>in</strong> der Lage, ihre heranwachsenden Söhne und Töchter<br />
zum Schulbesuch zu veranlassen. Sie suchen oft nach e<strong>in</strong>greifender externer<br />
Unterstützung und s<strong>in</strong>d enttäuscht, wenn dieser erhoffte Zwang nicht mehr aus-