Mediziner dringend gesucht
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Arbeitsmarktinformation<br />
für Fach- und Führungskräfte<br />
<strong>Mediziner</strong><br />
<strong>dringend</strong> <strong>gesucht</strong>
Impressum<br />
Herausgeber:<br />
Zentralstelle für Arbeitsvermittlung der<br />
Bundesagentur für Arbeit (ZAV)<br />
Villemombler Str. 76<br />
53123 Bonn<br />
Tel.: 02 28 - 7 13 – 0<br />
Bonn-ZAV.ams@arbeitsagentur.de<br />
Autoren:<br />
Marion Rang<br />
Arbeitsmarkt-Informationsservice<br />
(AMS)<br />
Manfred Bausch, Oliver Rühl (AMS)<br />
Grafiken:<br />
Karin Rosenberg (AMS)<br />
Satz:<br />
Heike Pach (AMS)<br />
Redaktion:<br />
AMS<br />
Stand:<br />
Januar 2007<br />
Arbeitsmarkt-Information /2007<br />
ZAV – 115 – 0104 – 0/07<br />
Der einfacheren Lesbarkeit wegen<br />
wird im Text nur stellenweise Femininum<br />
und Maskulinum nebeneinander<br />
verwendet. Dennoch gelten - soweit<br />
nicht anders vermerkt - die Aussagen<br />
für Frauen und Männer gleichermaßen.<br />
2
Inhalt<br />
Überblick: Bewegte Zeiten<br />
für <strong>Mediziner</strong><br />
.............................................Seite 7<br />
Erwerbstätigkeit:<br />
Der Altersdurchschnitt steigt<br />
.............................................Seite 10<br />
Studierende und Absolventen:<br />
Mehr Frauen gehen in die Medizin<br />
.............................................Seite 16<br />
Praktisches Jahr (PJ) im Ausland -<br />
Interview mit Medizinstudentin<br />
Julia S. über Erfahrungen in<br />
Kanada: „Mehr Praxis,<br />
früherer Patientenkontakt"<br />
.............................................Seite 22<br />
Teilarbeitsmärkte der Humanmedizin<br />
.............................................Seite 24<br />
Klinikkarriere oder Niederlassung?<br />
Interview mit dem Orthopäden<br />
Dr. W. aus F.<br />
.............................................Seite 35<br />
Ärzte und Arbeitslosigkeit<br />
.............................................Seite 39<br />
Exkurs Ärztemangel - Potenziale<br />
und wie man sie nutzen kann<br />
.............................................Seite 48<br />
Die Gesundheitsreformen und ihre<br />
Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt<br />
..............................................Seite 53<br />
Hausarzt aus Überzeugung -<br />
Interview mit dem Hausarzt und<br />
Internisten Dr. K.<br />
..............................................Seite 58<br />
Beschäftigungsmöglichkeiten im<br />
Ausland<br />
..............................................Seite 65<br />
Alternativen: Jenseits der klassischen<br />
<strong>Mediziner</strong>tätigkeit<br />
............................................Seite 82<br />
Hinweise zur Einkommenssituation<br />
.............................................Seite 90<br />
Angebote der Bundesagentur für<br />
Arbeit<br />
.............................................Seite 92<br />
Autorin Marion Rang<br />
.............................................Seite 93<br />
Autor Manfred Bausch<br />
.............................................Seite 94<br />
3
Abbildungsverzeichnis<br />
Abb. 1....................................Seite 10<br />
In welchen Bereichen arbeiten Ärzte<br />
2005<br />
Abb. 2....................................Seite 14<br />
Sozialversicherungspflichtig beschäftigte<br />
Ärzte - Zunahme 2000 bis 2006<br />
Abb. 3....................................Seite 16<br />
Mehr Frauen, weniger Männer - Absolventen<br />
im Fach Medizin<br />
Abb. 4...................................Seite 17<br />
Wieder mehr Studienanfänger im Bereich<br />
Humanmedizin<br />
Abb. 5...................................Seite 25<br />
Welche Arbeitgeber suchten Assistenzärzte?<br />
Abb. 6....................................Seite 26<br />
Starke Stellenzuwächse in Berlin, im<br />
Saarland und in Mecklenburg-Vorpommern<br />
Abb. 7....................................Seite 28<br />
Welche Ärzte wurdeen <strong>gesucht</strong>?<br />
Abb. 8...................................Seite 30<br />
Welche Arbeitgeber suchten Fachärzte?<br />
4<br />
Abb. 9...................................Seite 31<br />
Weniger Stellen für Fachärzte -<br />
Starke Rückgänge in Bremen und<br />
Hamburg<br />
Abb. 10a................................Seite 39<br />
Assistenzärzte und Teilzeitstellen - Anteil<br />
am Gesamtstellenzugang<br />
Abb. 10b................................Seite 40<br />
Assistenzärzte und Teilzeit - Anteil der<br />
Arbeitssuchenden im Vergleich<br />
Abb. 11...................................Seite 41<br />
Fachärzte und Teilzeit - Arbeitssuchende<br />
und Stellen im Vergleich<br />
Abb. 12.................................Seite 42<br />
Wie alt sind arbeitslose Ärzte?<br />
Abb. 13.................................Seite 43<br />
Wie lange sind Ärzte arbeitslos?<br />
Abb. 14................................Seite 44<br />
Arbeitslose Assistenzärzte - Vergleich<br />
2004/2005<br />
Abb. 15..................................Seite 45<br />
Entwicklung der Arbeitslosigkeit von<br />
Ärzten im Vergleich
Abb. 16.................................Seite 46<br />
Zahl der Hausärzte (ohne Kinderärzte)<br />
in Ostdeutschland<br />
Abb. 17.................................Seite 48<br />
Dem Osten fehlen Hausärzte -<br />
Offene Planungsbereiche 2005<br />
Abb. 18.................................Seite 49<br />
Anteil der unter 35-jährigen<br />
berufstätigen <strong>Mediziner</strong> rückläufig<br />
Abb. 19.................................Seite 50<br />
In Deutschland tätige ausländische<br />
Ärzte<br />
Abb. 20.................................Seite 51<br />
Alternativen - Wo Ärzte arbeiten,<br />
wenn sie nicht heilen<br />
5
Überblick:<br />
Bewegte Zeiten für <strong>Mediziner</strong><br />
Streiks, geschlossene Praxen, Demonstrationen:<br />
<strong>Mediziner</strong> standen im<br />
Herbst 2006 im Mittelpunkt des öffentlichen<br />
Interesses. Die Protestaktionen,<br />
die immer wieder die Schlagzeilen<br />
beherrschten, gingen sowohl<br />
von Krankenhaus- als auch von niedergelassenen<br />
Ärzten aus: Den <strong>Mediziner</strong>n<br />
in Kliniken und Krankenhäusern<br />
ging es vor allem um familienfreundlichere<br />
Dienstpläne, bessere Arbeitsbedingungen<br />
und bessere Bezahlung,<br />
den Praxisärzten um die geplanten<br />
strukturellen Veränderungen und den<br />
Sparkurs im Gesundheitswesen, den<br />
Bundesärztekammerpräsident Prof.<br />
Dr. Jörg-Dietrich Hoppe in einem Interview<br />
als einen Weg „weg von der Versorgung<br />
nach der medizinischen Notwendigkeit<br />
hin zur Zuteilungsmedizin“<br />
bezeichnete. Gleichzeitig wurde den<br />
Ärzten von der Gegenseite vorgeworfen,<br />
sich ausschließlich um ihre Besitzstandswahrung<br />
zu sorgen. In einer<br />
Pressemitteilung zur „Gesundheitsreform<br />
2006“ reagierte Bundesgesundheitsministerin<br />
Ulla Schmidt auf<br />
die Bedenken der Ärzteschaft: „Mit<br />
dem (…) Beschluss lösen wir den Arzt-<br />
6<br />
beruf von alten Standesfesseln und<br />
machen ihn attraktiver. Die neuen Regelungen<br />
im Vertragsarztrecht bieten<br />
den Ärzten viele Gestaltungsmöglichkeiten<br />
und erfüllen damit viele ihrer<br />
Forderungen. So kann jeder Arzt und<br />
jede Ärztin frei wählen, ob er oder sie<br />
im Krankenhaus, in der niedergelassenen<br />
Praxis arbeitet oder über eine Teilzulassung<br />
beides macht, also sowohl<br />
im stationären als auch im niedergelassenen<br />
Bereich tätig ist. Nun gilt es,<br />
im Rahmen der anstehenden Gesundheitsreform<br />
auch das ärztliche Vergütungssystem<br />
auf eine neue Grundlage<br />
zu stellen und damit eine leistungsgerechte<br />
Bezahlung der Ärztinnen und<br />
Ärzte zu realisieren."<br />
Die Gesundheitsreform wird voraussichtlich<br />
am 01. April 2007 in Kraft<br />
treten. Die Ärztegewerkschaft Marburger<br />
Bund (MB) und die Tarifgemeinschaft<br />
deutscher Länder (TdL) haben<br />
sich am 16. Juni 2006 auf den Abschluss<br />
eines Ärzte-Tarifvertrages verständigt<br />
und entsprechende Eckpunkte<br />
unterzeichnet.
In der Statistik sind nach einer Phase<br />
des Negativtrends wieder Zuwachsraten<br />
zu verzeichnen; 2005 gab es laut<br />
Bundesärztekammer mit 400.562 gut<br />
1,6 % mehr Ärzte in Deutschland als<br />
im Vorjahr. Die Gesamtsituation<br />
scheint sich zu beruhigen.<br />
Trotzdem schätzen Bundesärztekammer<br />
und Kassenärztliche Bundesvereinigung<br />
(KBV) die Lage auf dem Ärztearbeitsmarkt<br />
weiterhin als kritisch ein:<br />
„Wenn wir jetzt nicht handeln, ist eine<br />
Unterversorgung der Bevölkerung vorprogrammiert“,<br />
heißt es in einer Stellungnahme<br />
des Vorstandsvorsitzenden<br />
der KBV, Dr. Andreas Köhler. Das Problem<br />
seien weniger die sinkenden Studierendenzahlen,<br />
sondern vielmehr die<br />
Abwanderung ausgebildeter Ärzte in<br />
nicht-kurative Bereiche, in denen bessere<br />
Bedingungen herrschten, was Arbeitszeit<br />
und Gehalt betrifft. Dass die<br />
Zahl der Ärztinnen und Ärzte ohne<br />
ärztliche Tätigkeit steigt, ist eine Tatsache:<br />
um 5,7 % im Jahre 2005 im<br />
Vergleich zum Vorjahr, soweit bei den<br />
Landesärztekammern registriert.<br />
Ist der Ärztemangel in Deutschland<br />
noch abwendbar? Zumindest im Osten<br />
des Landes besteht er bereits nachweislich.<br />
Fast 82 % der Planungsbereiche<br />
der Kassenärztlichen Vereinigungen<br />
für Hausärzte (die deckungsgleich<br />
sind mit Landkreisen und kreisfreien<br />
Städten) in den östlichen Bundeslän-<br />
dern sind offen, das heißt, dass dort<br />
der Versorgungsgrad mit Ärzten unter<br />
110 % liegt und sich Ärzte frei niederlassen<br />
können. In Brandenburg und<br />
Sachsen-Anhalt sind sogar über 90 %<br />
der Planungsbereiche offen. Rückgänge<br />
der Ärztezahlen um gut ein Prozent<br />
sind im Osten unter anderem bei den<br />
Frauenärzten, Augenärzten, Radiologen,<br />
Kinderärzten und Hautärzten zu<br />
verzeichnen. Laut Prognose der KBV<br />
werden ab 2008 auch Chirurgen und<br />
Orthopäden nicht mehr ausreichend<br />
Nachfolger für ihre Praxen finden. Was<br />
die Krankenhäuser betrifft, gibt es laut<br />
Bundesärztekammer momentan etwa<br />
4.800 vakante Klinik-Arztstellen in<br />
Deutschland. Gleichzeitig nimmt die<br />
Arbeitslosigkeit unter Ärzten seit 2004<br />
leicht zu.<br />
Wo die Zahl der deutschen Ärzte zurückgeht,<br />
rücken die ausländischen<br />
nach. Um fast 30 % ist ihre Zahl in den<br />
vergangenen fünf Jahren gestiegen<br />
(auf über 18.000); weit mehr als die<br />
Hälfte von ihnen arbeitet in Krankenhäusern.<br />
Der Großteil kommt aus osteuropäischen<br />
Ländern. Gleichzeitig<br />
wandern immer mehr deutsche Ärzte<br />
ins Ausland ab: Medien berichten bereits<br />
vom Brain-Drain-Problem deutscher<br />
Krankenhäuser. Laut KBV arbeiteten<br />
Ende 2005 rund 12.000 deutsche<br />
Ärzte im Ausland, gut 1.000<br />
mehr als vor fünf Jahren. Und das Interesse<br />
wächst; vor allem in den<br />
7
skandinavischen Ländern locken hohe<br />
Gehälter und mehr Freizeit.<br />
Mit dem Gesetz zur Stärkung des<br />
Wettbewerbs in der Gesetzlichen<br />
Krankenversicherung wird es für Ärzte<br />
mehr denn je zu einer Herausforderung,<br />
Patientenwohl und Wirtschaftlichkeit<br />
unter einen Hut zu bringen.<br />
Der Anteil an Verwaltungsaufgaben,<br />
die Ärzte neben der Patienten-<br />
8<br />
versorgung zu bewältigen haben, wird<br />
größer. Viele der Neuregelungen werden<br />
sich auch auf den Arbeitsmarkt<br />
für <strong>Mediziner</strong> auswirken, etwa die Einsparungen<br />
von 500 Millionen Euro, die<br />
für den Kliniksektor vorgesehen sind.
Erwerbstätigkeit:<br />
Der Altersdurchschnitt steigt<br />
Die Bundesärztekammer (BÄK) und<br />
das Statistische Bundesamt haben<br />
zum Stichtag 31. Dezember 2005 eine<br />
Gesamtzahl von 400.562 der bei den<br />
Landesärztekammern gemeldeten Ärztinnen<br />
und Ärzten ermittelt (+1,6 % gegenüber<br />
dem Vorjahr). Davon waren<br />
insgesamt 307.577 auch als Arzt tätig<br />
(+0,4 %). Damit hat sich die Zahl der<br />
berufstätigen Ärzte ein weiteres Mal in<br />
geringerem Ausmaß erhöht als die Gesamtzahl<br />
der bei den Kammern gemeldeten<br />
Ärzte.<br />
Von den berufstätigen Ärzten waren<br />
134.798 ambulant tätig, 1,1 % mehr<br />
als im Vorjahr. Unter den ambulant tätigen<br />
Ärzten befanden sich 126.252<br />
niedergelassene Ärzte (+ 1,6 %).<br />
146.511 Ärzte arbeiteten im stationären<br />
Sektor, damit beträgt die Steigerungsrate<br />
hier nur noch 0,1 %. Im<br />
Jahr 2001 hatte sie noch 2 % betragen.<br />
Bei Behörden und Körperschaften<br />
waren 9.824 Ärztinnen und Ärzte tätig,<br />
was einen recht massiven Rückgang<br />
um 3,7 % bedeutet. Dagegen war in<br />
den sonstigen Bereichen, zu denen vor<br />
allem die Privatwirtschaft zählt, etwa<br />
die Pharmazeutische Industrie, ein geringer<br />
Zuwachs gegenüber 2004 um<br />
0,5 % auf 16.444 zu verzeichnen<br />
(siehe Abb.1).<br />
Die Bundesärztekammer schätzt die<br />
derzeitige Lage auf dem Ärztearbeitsmarkt<br />
wie folgt ein: „Altersbedingte<br />
Abgänge machen schon heute einen<br />
Ersatzbedarf von über 40.000 Ärzten<br />
in den nächsten fünf Jahren notwendig.<br />
Hinzu tritt der bereits bestehende<br />
Nachwuchsmangel im Krankenhausbereich<br />
und in der hausärztlichen Versorgung<br />
(…) Der Trend im Ausland zu<br />
arbeiten hält unvermindert an, wie<br />
auch eine Untersuchung der Bayerischen<br />
Landesärztekammer gezeigt<br />
hat. Danach wanderten im Jahr 2001<br />
184 bayerische Ärzte ins Ausland ab;<br />
im Jahre 2004 waren es schon 544<br />
Ärzte (…) Hinzu kommt noch die Altersentwicklung<br />
der Ärzte: Das Durchschnittsalter<br />
der Hausärzte beträgt inzwischen<br />
54 Jahre und Nachwuchs ist<br />
nicht in Sicht.“<br />
Die Zahl der arbeitslosen Humanärzte<br />
war jahrelang rückläufig; doch Ende<br />
9
Dezember 2005 zählte die Statistik<br />
der Bundesagentur für Arbeit (BA)<br />
6.916 arbeitslose Ärzte, 1,5 % mehr<br />
als 2004. Nach dem Wegfall der Ausbildungsphase<br />
Arzt im Praktikum im<br />
Oktober 2004 und den damit verbundenen<br />
Unsicherheiten war die Zahl der<br />
arbeitslosen Assistenzärzte deutlich<br />
um rund 10 % angestiegen. Inzwischen<br />
ist Normalität eingekehrt, die Arbeitslosenzahl<br />
hat sich wieder verringert,<br />
und zwar von Dezember 2004 bis Dezember<br />
2005 um 4,6 %.<br />
Die Zahl der arbeitslosen Fachärzte,<br />
die ebenfalls jahrelang kontinuierlich<br />
gesunken war, ist im Dezember 2005<br />
um 14,2 % gegenüber dem Vorjahr ge-<br />
10<br />
stiegen. Besonders stark wuchs die<br />
Arbeitslosigkeit bei HNO-Ärzten<br />
(+ 89,5 %) und bei Frauenärzten<br />
(+ 53,8 %). Die Zunahme bei allen<br />
Facharztgruppen steht im Widerspruch<br />
zu den Mangelerscheinungen,<br />
die die Standesvertretungen der Ärzteschaft<br />
dokumentieren.<br />
Die Ergebnisse einer Studie der KBV<br />
über die Altersstruktur- und Arztzahlentwicklung<br />
bestätigen ebenfalls den<br />
bevorstehenden bzw. in Teilbereichen<br />
bereits eingetretenen Ärztemangel:<br />
Das Durchschnittsalter von Vertragsärzten<br />
ist seit 1993 um 3,5 auf 51 Jahre<br />
in 2005 gestiegen. 2005 waren<br />
20.797 Vertragsärzte 60 Jahre und äl-
ter. Das waren 17,5 % aller Vertragsärzte.<br />
Bei den Krankenhausärzten erhöhte<br />
sich im gleichen Zeitraum die<br />
Zahl der über 50-Jährigen um 5 % auf<br />
knapp 29.000. Gleichzeitig verringerte<br />
sich die Zahl der unter 35-jährigen<br />
Krankenhausärzte um 4,6 %. Das<br />
Durchschnittsalter der Krankenhausärzte<br />
stieg 2005 auf 40,9 Jahre (1995:<br />
38,7 Jahre).<br />
Weibliche Ärzte sind im Schnitt jünger<br />
als männliche. Während der Anteil der<br />
unter 35-Jährigen bei den berufstätigen<br />
Ärztinnen 2005 bei 20,1 % lag,<br />
war er bei den Männern mit 12,4 %<br />
deutlich niedriger. Entsprechend fiel<br />
auch der Unterschied bei den über<br />
59-Jährigen aus: Zu dieser Gruppe gehörten<br />
bei den Frauen 8,3 % und bei<br />
den Männern 14,4 %.<br />
11
Exkurs:<br />
Junge Ärzte meiden den Osten<br />
Der Verdienst jedes Facharztes ist begrenzt,<br />
im Osten Deutschlands besonders.<br />
Im Vergleich zu Fachärzten im<br />
Westen verdienen die Ärzte in den östlichen<br />
Bundesländern rund ein Fünftel<br />
weniger. Das führt dazu, dass eine<br />
Praxisgründung im Westen wesentlich<br />
lukrativer ist: weniger Arbeit, mehr<br />
Geld. Deshalb gilt für junge Ärzte wie<br />
für andere Jobsuchende: Wer kann,<br />
geht in den Westen.<br />
Die Ursachen dafür liegen nach Ansicht<br />
Ralf Herres von der Kassenärztlichen<br />
Vereinigung Brandenburg in der<br />
Berechnung des hausärztlichen Bedarfs<br />
zu Beginn der 90er Jahre. Als<br />
Grundlage seien damals die Ausgaben<br />
der ersten Jahreshälfte 1992 herangezogen<br />
worden. Damals aber war das<br />
Hausarztsystem im Osten gerade im<br />
Aufbau. Viele Behandlungsmethoden,<br />
die heute zum ambulanten Standard<br />
gehören, wurden damals nur in Krankenhäusern<br />
angewandt. Aus diesem<br />
Grund wurde für Ärzte im Osten ein<br />
deutlich geringeres Budget errechnet.<br />
Unversehens ging die Schere zwischen<br />
West und Ost in den folgenden<br />
Jahren immer weiter auf. Denn gesetzlich<br />
war vorgesehen, dass die Budgets<br />
nur so stark wachsen dürften wie die<br />
Durchschnittslöhne steigen. Weil die<br />
Einkommen im Westen aber schneller<br />
12<br />
stiegen als im Osten, hatten die Ärzte<br />
im Westen immer mehr Geld zur Verfügung<br />
als ihre Kollegen im Osten.<br />
Die Folgen sind heute in den ländlichen<br />
Regionen Ostdeutschlands zu<br />
spüren. Mit den Stimmen der Koalitionsmehrheit<br />
verabschiedete der Bundestag<br />
im Oktober 2006 einen Regierungsentwurf,<br />
der dazu beitragen soll,<br />
dem Ärztemangel in strukturschwachen<br />
Regionen, insbesondere in Ostdeutschland,<br />
entgegenzuwirken. Danach<br />
darf ein niedergelassener Arzt<br />
künftig Praxen in mehreren Zulassungsbezirken<br />
führen. Krankenhausärzte<br />
können ab 2007 zusätzlich in<br />
Praxen tätig sein. In Regionen mit<br />
niedriger Arztdichte werden zudem<br />
geltende Altersgrenzen aufgehoben.<br />
So können <strong>Mediziner</strong> dort in Zukunft<br />
eine Zulassung beantragen, auch<br />
wenn sie älter als 55 Jahre sind. Ihren<br />
Beruf können sie noch jenseits der<br />
bisherigen Altersgrenze von 68 Jahren<br />
ausüben. Zudem dürfen niedergelassene<br />
Ärzte künftig beliebig viele weitere<br />
Ärzte auch anderer Fachrichtungen<br />
mit flexibler Arbeitszeit beschäftigen.<br />
Bisher war nur die Anstellung eines in<br />
Vollzeit arbeitenden Arztes erlaubt.<br />
Die Situation junger Ärzte im Osten zu<br />
verbessern und ihnen zu besseren Ar-
eitszeiten und einer besseren Bezahlung<br />
zu verhelfen, spielt bei dem Entwurf<br />
keine Rolle; es geht allein darum,<br />
der Unterversorgung mit Ärzten in bestimmten<br />
Gebieten entgegenzuwirken.<br />
Sozialversicherungspflichtig<br />
beschäftigte Ärzte<br />
Stärker als die Zahl der berufstätigen<br />
Ärzte ist mit 1,3 % die Zahl der sozialversicherungspflichtig<br />
beschäftigten<br />
Ärzte gestiegen (siehe Abb 2). Am 31.<br />
März 2006 befanden sich insgesamt<br />
166.879 Ärzte in einer versicherungspflichtigen<br />
Tätigkeit, darunter waren<br />
74.279 Frauen.<br />
Die Zahl der Ärztinnen stieg um 2,8 %<br />
gegenüber dem Vorjahr, die der Männer<br />
nur um 0,1 %.<br />
Rund 82 % waren Angestellte in Krankenhäusern,<br />
5,5 % waren angestellte<br />
Ärzte im niedergelassenen Bereich,<br />
weitere 2,2 % in anderen patientennahen<br />
Bereichen des Gesundheitswesens,<br />
z.B. dem Rettungswesen. 3,8 %<br />
waren in verschiedenen Bereichen der<br />
öffentlichen Verwaltung beschäftigt,<br />
darunter 1,3 % in den Bereichen Sozial-<br />
und Krankenversicherung sowie<br />
der Arbeitsförderung. Etwa 0,5 % arbeiteten<br />
in Einrichtungen des Sozialwesens,<br />
wie Behinderten- und Seniorenheimen.<br />
Knapp 1.000 Ärzte waren<br />
13
in der Industrie beschäftigt, überwiegend<br />
in der chemischen und pharmazeutischen<br />
Industrie, weitere 1.000<br />
bei Verbänden und Vereinigungen.<br />
0,7 % arbeiteten in Einrichtungen von<br />
Forschung und Entwicklung. Auch in<br />
allen anderen Branchen waren Ärzte in<br />
kleiner Anzahl beschäftigt.<br />
Mit Werten um die 10 % fielen die Zuwächse<br />
im Vergleich März 2006 zu<br />
März 2001 in Bremen, Bayern und<br />
Sachsen besonders hoch aus.<br />
5,2 % waren Ausländer (vor fünf Jahren<br />
noch 3,4 %). Österreich, Griechenland,<br />
Russland und Polen stellten die größten<br />
Kontingente.<br />
14<br />
23,3 % aller Frauen befanden sich Ende<br />
März 2006 in einem Beschäftigungsverhältnis<br />
auf Teilzeitbasis, bei<br />
den Männern waren dies nur 4,9 %.<br />
Der Anteil der Teilzeitbeschäftigten<br />
hat sich damit in den vergangenen<br />
fünf Jahren erhöht: 2001 waren es<br />
18,9 beziehungsweise 3,5 %. Dennoch<br />
ist hier vermutlich noch ein unausgeschöpftes<br />
Potenzial vorhanden, da die<br />
Teilzeitwünsche arbeitsloser Ärztinnen<br />
deutlich ausgeprägter sind als der Anteil<br />
entsprechender Stellenangebote.
Studierende und Absolventen:<br />
Mehr Frauen gehen in die Medizin<br />
Für eine Beurteilung der Arbeitsmarktsituation<br />
von Ärztinnen und Ärzten ist<br />
neben der Analyse der aktuellen Arbeitsmarktdaten<br />
insbesondere auch<br />
die Entwicklung der Studierendenund<br />
Absolventenzahlen im Bereich<br />
der Humanmedizin von Bedeutung,<br />
denn die Zahl von Ärzten auf dem<br />
deutschen Arbeitsmarkt wird in erster<br />
Linie durch die Zahl der nachrückenden<br />
Jungmediziner bestimmt. Die öffentliche<br />
Diskussion um die Situation<br />
von Ärzten hat sich bisher nicht negativ<br />
auf die Zahl der Studienanfänger<br />
ausgewirkt; deren Zahl steigt kontinuierlich,<br />
wenn auch nur leicht (nach einem<br />
kurzen Einbruch im WS 2004/<br />
2005). Doch in absehbarer Zeit wird<br />
sich der Nachwuchs aus den Universitäten<br />
reduzieren.<br />
Die Beobachtung der Absolventenzahlen<br />
über einen längeren Zeitraum<br />
macht die Entwicklung deutlich: Der<br />
Blick zurück zeigt, dass (auf der Basis<br />
der Angaben des Statistischen Bundesamtes)<br />
im Jahr 1987 mit 10.657<br />
abgeschlossenen ärztlichen Prüfungen<br />
ein erster Höchststand erreicht wurde.<br />
Nach Einführung der Arzt-im-Praktikum-Phase<br />
(AiP) im Jahr 1988 war eine<br />
deutliche Abnahme zu verzeichnen<br />
(1988: 9.846 Absolventen), und in den<br />
Folgejahren blieb die Zahl mit 9.300<br />
bis 9.600 Absolventen jährlich in etwa<br />
auf gleichem Niveau (nur alte Bundesländer<br />
einschließlich West-Berlin).<br />
Ab 1993 stiegen die Absolventenzahlen<br />
deutlich auf rund 11.500 an, bedingt<br />
durch die erstmalig vorgenommene<br />
statistische Einbeziehung der<br />
östlichen Bundesländer. Seitdem sind<br />
sie rückläufig; im Studienjahr 2005<br />
haben sie mit 8.849 den niedrigsten<br />
Stand seit 1997 erreicht (Abb. 3).<br />
Der Anteil der Frauen an den Absolventen<br />
steigt seit dem Jahr 2000 stetig<br />
an; 2005 wurden 54,3 % der Humanmedizin-Prüfungen<br />
von Frauen abgelegt<br />
(4.802).<br />
Die Zahl der Promotionen war von<br />
2002 auf 2003 deutlich zurückgegangen<br />
(um mehr als 11 %); von 2004 auf<br />
2005 ist sie wieder um 11 % gestiegen<br />
und lag zuletzt bei 7.173. Der Anteil<br />
der Frauen, der in den vergangenen<br />
15
zehn Jahren stetig gewachsen war,<br />
ging von 2004 auf 2005 wieder leicht<br />
zurück, allerdings nur um 0,6 % auf<br />
49,1 %. Im Promotionsverhalten ist<br />
zwischen Frauen und Männern kein<br />
großer Unterschied mehr auszumachen.<br />
Die in den 90er Jahren angesichts erheblicher<br />
Arbeitsmarktprobleme geführte<br />
Diskussion um eine weitere Absenkung<br />
der Ausbildungskapazität für<br />
Studienanfänger in der Medizin hat<br />
sich auf die Bewerberzahlen um Studienplätze<br />
im Bereich Humanmedizin<br />
ausgewirkt. Hinzu kamen Warnungen<br />
von berufsständischen Organisationen<br />
vor hohen Arbeitslosenzahlen; teilwei-<br />
16<br />
se war eine Zahl von 60.000 arbeitslosen<br />
Ärzten für das Jahr 2000 vorausgesagt<br />
worden. Noch Mitte der 80er-<br />
Jahre konkurrierten fünf bis sechs Bewerber<br />
um einen Medizinstudienplatz.<br />
Im Wintersemester 2003/2004 waren<br />
es rechnerisch 3,6. Inzwischen scheint<br />
das Interesse am Arztberuf wieder zuzunehmen:<br />
Im Wintersemester 2005/<br />
2006 haben sich nach Angaben der<br />
Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen<br />
(ZVS) rechnerisch 4,4<br />
Kandidaten auf einen Studienplatz beworben.<br />
Die Studienanfänger-Zahlen sind seit<br />
1993 fast konstant geblieben (Abb. 4),<br />
mit einer leichten Tendenz nach oben
in den Jahren ab 2001; zum Wintersemester<br />
2005/2006 schrieben sich<br />
12.746 Männer und Frauen für den<br />
Studienbereich Humanmedizin ein.<br />
Der Frauenanteil, der noch Mitte der<br />
70er Jahre rund ein Drittel betrug,<br />
übertrifft seit 1995 die Zahl der männlichen<br />
Studienanfänger. Dieser Trend<br />
hat sich weiter mit steigender Tendenz<br />
fortgesetzt (WS 2005/2006: 62,6 %).<br />
Das Medizinstudium an sich dauert<br />
heute im Durchschnitt 13 Fachsemester.<br />
Nach der Prüfungsstatistik des<br />
Statistischen Bundesamtes benötigt<br />
ein Abiturient vom Schulabschluss bis<br />
zum Staatsexamen in Medizin - einschließlich<br />
der „Übergangszeit“ zwi-<br />
schen Schule und Hochschule – in der<br />
Regel sogar rund neun Jahre, bei einem<br />
Durchschnittsalter bei Abschluss<br />
des Studiums von 28,6 Jahren.<br />
In der aktuellen Debatte um die Mangelsituation<br />
auf dem Ärztearbeitsmarkt<br />
geht es oft auch um die zurückgehende<br />
Attraktivität des Arztberufs.<br />
In diesem Zusammenhang spielt der<br />
Schwund der Medizinstudenten bis<br />
zum Abschluss des Studiums eine Rolle.<br />
Es wird behauptet, dieser<br />
Schwund, der bei einer Gegenüberstellung<br />
der Studienanfänger des Jahres<br />
1997 mit den Absolventen des<br />
Jahres 2005 etwa 24 % beträgt, habe<br />
früher praktisch nicht existiert. Die An-<br />
17
nahme, ein derartiger Schwund habe<br />
früher nicht bestanden, lässt sich aufgrund<br />
der vorliegenden Statistiken<br />
kaum belegen; auch in der ersten Hälfte<br />
der 90er Jahre gab es bei den Absolventen<br />
bereits einen entsprechenden<br />
Verlust von deutlich mehr als<br />
10 %. Überdies ist dieses Problem<br />
längst auch aus anderen Studiengängen,<br />
wie etwa dem Maschinenbau, bekannt.<br />
Hier erreicht derzeit nicht einmal<br />
die Hälfte der Studienanfänger eine<br />
Abschlussprüfung als Diplomingenieur.<br />
In geisteswissenschaftlichen<br />
Disziplinen betrug die Abbrecherquote<br />
mitunter sogar bis zu 65 %.<br />
Dass Studiengänge häufiger abgebrochen<br />
oder gewechselt werden, ist also<br />
eher einem Wandel im Verhalten der<br />
Studierenden zuzuschreiben und keinem<br />
speziellen Phänomen bei der <strong>Mediziner</strong>ausbildung.<br />
So stellt denn auch<br />
die Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung<br />
und Forschungsförderung<br />
(BLK) fest, dass die „Neigung zu<br />
einem Studienabbruch in den medizinischen<br />
Fächern im Vergleich zum<br />
Durchschnitt aller anderen Fächer als<br />
unterdurchschnittlich zu bezeichnen“<br />
sei.<br />
Die gleichwohl vorhandene Steigerung<br />
der Studienabbrecher-Quote im Fach<br />
Medizin dürfte deshalb sowohl auf die<br />
bis vor wenigen Jahren vermeintlich<br />
ungünstige Arbeitsmarktsituation zu-<br />
18<br />
rückzuführen sein als auch auf die zurückgegangene<br />
Attraktivität des Arztberufes.<br />
Eine Umfrage der Bundesvertretung<br />
der Medizinstudierenden in<br />
Deutschland e.V. (BVMD) von Anfang<br />
2006, an der sich über 3.600 Studierende<br />
beteiligten, spricht Bände: 78 %<br />
der Befragten schätzten etwa die Vereinbarkeit<br />
von Familie und Arztberuf<br />
als „sehr schwierig“ oder „schwierig“<br />
ein. Im Kommentarteil der Umfrage<br />
sind Aussagen wie: „So wie es heute<br />
im Krankenhaus aussieht, gibt es für<br />
mich keinen Grund, Arzt zu werden“<br />
oder „Ich bin nicht bereit, mich für diesen<br />
– zugegeben schönen Beruf – physisch<br />
und psychisch zu deformieren.“<br />
Die Studienreform von 2003 – Sind<br />
Auswirkungen zu spüren?<br />
Im Jahre 2003 trat ein Gesetz zur Neuordnung<br />
der ärztlichen Ausbildung in<br />
Kraft. Die Ziele dieser Reform waren<br />
unter anderem die Verbesserung des<br />
praxisbezogenen Unterrichts insbesondere<br />
beim Untersuchen von Patienten,<br />
die Straffung und Neuausrichtung<br />
des Prüfungswesens, die Einführung<br />
der Allgemeinmedizin als obligatorisches<br />
Lehrgebiet und als mögliches<br />
Wahlfach im Praktischen Jahr<br />
und die Abschaffung der Arzt-im-<br />
Praktikum-Phase (AiP).
Die Bundesärztekammer hatte gemeinsam<br />
mit dem Marburger Bund die<br />
ersatzlose Streichung der AiP-Phase<br />
und den sofortigen Erhalt der Vollapprobation<br />
für alle Ärztinnen und Ärzte<br />
ab dem 01.10.2004 gefordert. Mit<br />
dieser Regelung sollte ein Nebeneinander<br />
von bereits berufserfahrenen<br />
AiP'lern und noch ganz am Berufsanfang<br />
stehenden Assistenzärzten verhindert<br />
werden.<br />
Direkt nach Abschluss ihres praktischen<br />
Jahres und bestandenem 3.<br />
Staatsexamen können <strong>Mediziner</strong> seitdem<br />
die Approbation beantragen, was<br />
ihnen die Beschäftigung als Assistenzarzt<br />
ermöglicht. Der Befürchtung, dass<br />
die Abschaffung der AiP-Phase wegen<br />
der kritischen Finanzlage vieler Kliniken<br />
zu zahlreichen arbeitslosen Ärzten<br />
führen würde, konnte laut Tätigkeitsbericht<br />
der Bundesärztekammer 2005<br />
durch eine zwischen dem Marburger<br />
Bund und den Spitzenverbänden der<br />
Krankenkassen getroffenen bundesweiten<br />
Vereinbarung entgegengewirkt<br />
werden.<br />
Im Ergebnis zeigte eine Aufstellung<br />
der Landesärztekammern im Jahr<br />
2005, dass keine vermehrten Kündigungen,<br />
sondern eine reibungslose<br />
Übernahme von AiP'lern in den Assistenzarztstatus<br />
zu registrieren war. Nur<br />
wenige Kliniken waren verunsichert<br />
und boten ihren Ärzten im Praktikum<br />
erst einmal keine Assistentenverträge<br />
an. Problematisch gestaltete sich die<br />
AiP-Abschaffung in den Praxen niedergelassener<br />
Fachärzte, die Schwierigkeiten<br />
sahen, weil die Mehrbelastung<br />
für die volle Finanzierung einer Assistenzarztstelle<br />
unter den Praxisbudgets<br />
schwer zu erwirtschaften ist.<br />
Die Zahl der Studenten, denen Methoden<br />
am Patienten demonstriert werden,<br />
wurde von acht auf sechs pro Demonstration<br />
begrenzt. Als Folge ist die<br />
Zahl der Studienplätze leicht gesunken,<br />
ihre Attraktivität aber gestiegen.<br />
Da die Neuregelungen erst zum Wintersemester<br />
2003/2004 umgesetzt<br />
wurden, sind Auswirkungen der Reform<br />
auf den Arbeitsmarkt erst ab<br />
2010 zu erwarten.<br />
Die berufsständischen Organisationen<br />
der Ärzteschaft begrüßen auf jeden<br />
Fall die mit der Änderung der Approbationsordnung<br />
einhergehende Straffung<br />
und größere Praxisbezogenheit<br />
des Studiums.<br />
Die Abschaffung des AiP dürfte mittelfristig<br />
kaum Konsequenzen nach sich<br />
ziehen. Für die Krankenhäuser sollte<br />
die höhere Dotierung wegen der beabsichtigten<br />
Ausgleichszahlungen durch<br />
die Krankenkassen kostenneutral<br />
sein. Trotzdem kam es zu Klagen –<br />
und mittlerweile auch zu Urteilen:<br />
19
Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes<br />
im November 2006:<br />
"Das Bundesarbeitsgericht hat der<br />
Vergütungsklage eines Arztes stattgegeben,<br />
dessen Arbeitsverhältnis nach<br />
Abschaffung des "Arztes im Praktikum"<br />
fortgesetzt worden war.<br />
Die Klinik beschäftigte den Kläger, der<br />
auf deren Aufforderung hin die Approbation<br />
beantragt und ihr deren Erteilung<br />
nachgewiesen hatte, ab dem 1.<br />
Oktober 2004 bis zu dem im Ausbildungsvertrag<br />
vereinbarten Fristende<br />
am 31. Juli 2005 weiter, bot ihm aber<br />
keinen Assistentenvertrag an. Sie hatte<br />
die von dem Kläger geltend gemachte<br />
Vergütung nach VergGr. IIa<br />
BAT-O abgelehnt, die für approbierte<br />
Ärzte als Eingangsvergütung vorgesehen<br />
ist. Diese Vergütung ist erheblich<br />
höher als das frühere tarifliche Entgelt<br />
für AiP."<br />
20
Praktisches Jahr (PJ) im Ausland -<br />
Interview mit Medizinstudentin<br />
Julia S. über Erfahrungen in<br />
Kanada:<br />
„Mehr Praxis, früherer Patientenkontakt“<br />
Frage: Wenn Sie auf Ihr Medizinstudium<br />
in Deutschland zurückblicken - was<br />
würden Sie spontan verbessern wollen?<br />
Mehr Patientenkontakt, mehr Einbezug<br />
des Studenten in den medizinischen<br />
Alltag, kleinere Lerngruppen,<br />
mehr Kurse.<br />
Sie haben einen großen Teil Ihrer praktischen<br />
Ausbildung im Ausland absolviert.<br />
Was hat Sie dazu bewogen?<br />
Ich wollte ein neues Medizinsystems<br />
kennenlernen. Außerdem soll die Arzt-<br />
Ausbildung in Kanada besser sein als<br />
in Deutschland. Außerdem spielten<br />
natürlich Neugierde und die Suche<br />
nach Abwechslung zum deutschen<br />
Medizinstudentenalltag eine Rolle.<br />
Können Sie die Unterschiede der <strong>Mediziner</strong>ausbildung<br />
in Deutschland zu den<br />
Ländern, in denen Sie Erfahrungen gesammelt<br />
haben, schildern?<br />
In Kanada etwa haben Studenten viel<br />
früher Patientenkontakt, sie betreuen<br />
in den letzten zwei Jahren ihrer Ausbil-<br />
dung eigene Patienten und machen alle<br />
alltäglichen Arbeiten auf den Stationen.<br />
Es gibt nur zwei Studenten in einem<br />
Team, auch die Lerngruppen sind<br />
sehr klein. Es wird auch sehr viel Wert<br />
auf die Lehre gelegt, die mehrere<br />
Stunden am Tag einnimmt; alles andere<br />
kommt anschließend. Jeder kümmert<br />
sich um seinen Patienten und<br />
macht nicht die unangenehmen, "niederen"<br />
Arbeiten für andere. Sollte dies<br />
trotzdem häufiger vorkommen, muss<br />
der Betroffene darüber berichten. Es<br />
gibt ein ständiges Feedback von<br />
Teammitgliedern und dem persönlichen<br />
Tutor über die eigenen Leistungen.<br />
Was läuft in Kanada besser? Gibt es<br />
auch Punkte, die in Deutschland besser<br />
sind?<br />
In Deutschland gibt es mehr Zeit zum<br />
Selbststudium, in Kanada hat man<br />
zeitweise kaum Zeit dazu, außerdem<br />
gibt es sehr wenig Ferien. Darüber hinaus<br />
muss der Urlaub oft mit freiwilligen<br />
Praktika gefüllt werden, um einen<br />
guten Eindruck in Hinblick auf einen<br />
21
späteren guten Weiterbildungsplatz in<br />
einem Ausbildungsprogramm zu hinterlassen.<br />
Werden Sie auch die Weiterbildung im<br />
Ausland absolvieren? Wenn ja beziehungsweise<br />
nein, warum?<br />
Das kann ich nicht sagen, es hängt<br />
von sehr vielen Faktoren ab. Aber es<br />
würde mich persönlich reizen.<br />
Bachelor und Master – Werden die<br />
neuen Abschlüsse kommen?<br />
In der Bologna-Deklaration der europäischen<br />
Bildungsminister war einer<br />
der Hauptpunkte die flächendeckende<br />
Einführung der Bachelor/Master-<br />
Studienstruktur. Als die entsprechenden<br />
Fachorganisationen diese Struktur<br />
für den Studienbereich Medizin ablehnten,<br />
wurde dieser Punkt für die<br />
Medizin auf unbestimmte Zeit ausgesetzt<br />
– wie auch für andere Bereiche<br />
mit Staatsexamensprüfungen. Doch<br />
Bologna soll grundsätzlich für alle gelten.<br />
Deshalb gibt es mittlerweile Überlegungen,<br />
etwa des Bundesbildungsministeriums,<br />
Studiengänge mit<br />
Staatsexamensprüfungen (wie etwa<br />
Rechtswissenschaft und eben Medizin)<br />
in absehbarer Zukunft in die gestufte<br />
Struktur zu überführen.<br />
22<br />
Bei den Ärzte-Organisationen stoßen<br />
diese Überlegungen größtenteils auf<br />
Ablehnung. Denn die Ausgangslage ist<br />
schwierig: Ein Bachelorstudiengang<br />
soll drei bis maximal vier Jahre dauern,<br />
ein Masterstudium maximal zwei, die<br />
Kombination aus beidem maximal drei<br />
Jahre. In Deutschland benötigen Medizinstudenten<br />
zurzeit durchschnittlich<br />
knapp sieben Jahre für ihr Studium, in<br />
anderen Ländern, etwa in Großbritannien,<br />
sind fünf Jahre üblich. Eine Straffung<br />
des Studiums wäre also womöglich<br />
auch in Deutschland machbar.<br />
Welche Berufsmöglichkeiten könnte<br />
ein Bachelor im Fach Medizin haben?<br />
Denn der Bachelor soll schließlich in<br />
jedem Fall berufsqualifizierend sein.<br />
Eine ärztliche Tätigkeit könnte er sicherlich<br />
nicht ausüben, dafür aber medizinbezogene<br />
Aufgaben in der Pharmaindustrie,<br />
der Medizintechnik oder<br />
im Fachjournalismus übernehmen. Außerdem<br />
hätte ein Studierender im Bachelorstudiengang<br />
die Möglichkeit,<br />
sich bei Zweifeln an seiner Eignung<br />
zum Arztberuf frühzeitig umzuorientieren.<br />
Masterstudiengänge für <strong>Mediziner</strong>, die<br />
durch eine Fortbildung ihre Karrierechancen<br />
– auch international – verbessern<br />
wollen, gibt es bereits; die Universität<br />
Duisburg etwa bietet ab 2007<br />
einen Masterabschluss in pharmazeutischer<br />
Medizin an.
Teilarbeitsmärkte der<br />
Humanmedizin<br />
Humanärzte insgesamt<br />
Eckdaten des Arbeitsmarktes für Humanärzte<br />
insgesamt:<br />
Arbeitslose<br />
Dezember 2005: 6.916 (+1,5 %)<br />
Frauenanteil: 60,3 % (2004: 61,1 %)<br />
Stellenzugang 2005: 7.419 (-7,8 %)<br />
Die Zahl der arbeitslosen Humanärzte<br />
(ohne Zahnärzte) ist im Laufe des Jahres<br />
2005 zwar leicht angestiegen,<br />
aber auf einem sehr niedrigen Niveau<br />
geblieben. Bezogen auf die knapp<br />
307.600 berufstätigen Ärztinnen und<br />
Ärzte in Deutschland errechnet sich<br />
für 2005 eine Arbeitslosenquote von<br />
knapp über zwei Prozent. Ein Wert, der<br />
in diesem Segment Vollbeschäftigung<br />
signalisiert. Eine deutliche Diskrepanz<br />
ist zu erkennen zwischen dem Frauenanteil<br />
an den arbeitslosen Ärzten<br />
(60,3 %) und dem an den berufstätigen,<br />
der Ende 2005 nur 39,2 % betrug.<br />
Die gegenwärtige Struktur der Arbeitslosigkeit<br />
scheint in erster Linie auf die<br />
Probleme von Frauen hinzuweisen, die<br />
aufgrund stärkerer sozialer und famili-<br />
ärer Bindungen regional weniger mobil<br />
sind und bei der Arbeitszeit eher familienfreundliche<br />
Lösungen anstreben,<br />
die bei vielen Kliniken noch immer<br />
nicht durchsetzbar sind.<br />
Fachärzte aller Gebiete hatten längere<br />
Zeit kaum Probleme bei der Stellensuche,<br />
aber auch Assistenzärzte trafen<br />
auf einen aufnahmefähigen Arbeitsmarkt.<br />
Der Nachfragerückgang bei<br />
den Dienststellen der Bundesagentur<br />
für Arbeit spiegelt wohl auch wieder,<br />
dass die Vermittler in den Agenturen<br />
für Arbeit angesichts der geringen Arbeitslosenzahl<br />
nur selten in der Lage<br />
waren, geeignete Bewerber zu vermitteln.<br />
Dies gilt vor allem für weite Teile<br />
Ostdeutschlands und für ländliche Regionen<br />
Westdeutschlands. Zunehmend<br />
klagen aber auch viele große<br />
Krankenhäuser an attraktiven Standorten<br />
über Probleme bei der Stellenbesetzung.<br />
Die Situation wird insgesamt<br />
dadurch verschärft, dass das Interesse<br />
der jungen Ärzte an nicht kurativen<br />
Tätigkeiten oder Beschäfti-<br />
23
gungsmöglichkeiten im Ausland nach<br />
wie vor sehr groß ist.<br />
Ärzte ohne Gebietsbezeichnung<br />
(Assistenzärzte)<br />
Eckdaten des Arbeitsmarktes für Ärzte<br />
ohne Gebietsbezeichnung<br />
(Assistenzärzte):<br />
Arbeitslose<br />
Dezember 2005: 4.406 (-4,6 %)<br />
Frauenanteil: 61,5 % (2004: 62,5 %)<br />
Stellenzugang 2005: 2.327 (-15 %)<br />
Ende Dezember 2005 wurden 4.406<br />
arbeitslose Ärzte ohne Gebietsbezeichnung<br />
bei den Dienststellen der<br />
Bundesagentur für Arbeit gezählt; das<br />
waren 4,6 % weniger als im Vorjahr.<br />
Der Anteil der Frauen betrug 61,5 %<br />
und ist damit gegenüber dem Vorjahr<br />
leicht gesunken. Der Anteil der in Ostdeutschland<br />
arbeitslos gemeldeten<br />
Personen dieser Berufsgruppe betrug<br />
19,4 %; im Vorjahr hatte er noch<br />
17,9 % betragen.<br />
Die Abnahme der Arbeitslosigkeit bei<br />
Ärzten ohne Gebietsbezeichnung spiegelt<br />
wohl unter anderem wider, dass<br />
sich die Verunsicherung über die gesetzliche<br />
Neuregelung, insbesondere<br />
die Abschaffung der AiP-Phase, mittlerweile<br />
gelegt hat. Diese Verunsicherung<br />
schlägt sich allerdings offensicht-<br />
24<br />
lich immer noch auf die Zahl von Stellenangeboten<br />
nieder, die sich im Vergleich<br />
zum Vorjahr erneut reduziert<br />
hat.<br />
Dennoch kann – zumindest mittelfristig<br />
- von einer aus Sicht der Bewerber<br />
entspannten Situation auf diesem Teilarbeitsmarkt<br />
gesprochen werden. Der<br />
vermehrte altersbedingte Abgang von<br />
Klinik- und niedergelassenen Ärzten<br />
ist in den nächsten Jahren nicht mehr<br />
durch die Absolventengenerationen<br />
deutscher Hochschulen zu decken.<br />
Damit der künftig absehbare Mangel<br />
an Fachärzten nicht zusätzlich verschärft<br />
wird, müssten die Klinikträger<br />
seitens der Politik die Möglichkeit eingeräumt<br />
bekommen, kurzfristig auch<br />
über Bedarf auszubilden.<br />
Die wichtigsten Interessenvertretungen<br />
der Ärzteschaft sind sich weiter<br />
darin einig, dass die Zahl der neuapprobierten<br />
Ärzte mittelfristig nicht<br />
mehr ausreichen wird, um den Ärztebedarf<br />
zu decken.<br />
Wer bot Assistenzärzten Stellen<br />
an?<br />
Eine Auswertung der den Dienststellen<br />
der Bundesagentur im Jahr 2005 gemeldeten<br />
Stellen nach Auftraggebern<br />
hat folgendes ergeben: Der Anteil Angebote<br />
aus Krankenhäusern war mit
58 % niedriger als ein Jahr zuvor<br />
(60,5 %). Auch der Anteil der Offerten<br />
von niedergelassenen Ärzten (10,6 %)<br />
ging gegenüber dem Vorjahr zurück;<br />
2004 waren es 11,9 %. Dagegen stieg<br />
der Anteil der Reha-Einrichtungen auf<br />
6,3 % (Vorjahr: 3 %). Auch die Nachfrage<br />
aus der Privatwirtschaft, vor allem<br />
aus der pharmazeutischen Industrie,<br />
ging mit einem Anteil von nur noch<br />
10,4 % zurück (2004: 11,6 %). Der<br />
sonstige öffentliche Dienst (z. B. Gesundheitsämter)<br />
war mit 6 % der Vakanzen<br />
vertreten (Vorjahr: 5,2 %). Daneben<br />
lagen Angebote von Interessenvertretungen,<br />
Versicherungen und von<br />
Hochschulen vor (Abb. 5).<br />
Forderungen nach besonderen zusätzlichen<br />
Fachqualifikationen wurden aufgrund<br />
des tendenziellen Ärztemangels<br />
seitens der Arbeitgeber nur selten aufgestellt.<br />
In der Regel reichte das berufsübliche<br />
Ausbildungsprofil aus.<br />
Auch die außerfachlichen Qualifikationen<br />
spielten aufgrund der für die<br />
Nachwuchsärzte insgesamt komfortablen<br />
Arbeitsmarktsituation nur eine<br />
sehr untergeordnete Rolle. Bedingung<br />
bei Ausländern, Aussiedlern und Kontingentflüchtlingen<br />
waren gute deutsche<br />
Sprachkenntnisse sowie eine<br />
vorhandene Berufserlaubnis.<br />
25
Stellenangebote nach<br />
Bundesländern<br />
Ein Vergleich der Stellenzugänge bei<br />
den Agenturen für Arbeit im Laufe des<br />
Jahres 2005 mit dem Vorjahr ergibt<br />
einen deutlichen Nachfragerückgang.<br />
Prozentual am stärksten zurückgegangen,<br />
mit nur 22 Angeboten für Assistenzärzte<br />
im Jahr 2005, ist die Nachfrage<br />
in Bremen (-73,8 %). In Sachsen-<br />
Anhalt hat sich die Nachfrage mehr als<br />
halbiert (-52,2 %). In Niedersachsen<br />
ging das Angebot um 37,9 % zurück, in<br />
Schleswig-Holstein um 37 %. Rückgänge<br />
über 20 % gab es auch in Nordrhein-Westfalen,<br />
Sachsen, Bremen<br />
und im Saarland. Nur in Berlin<br />
26<br />
ergibt sich ein anderes Bild: Hier erhöhte<br />
sich der Stellenzugang um 186<br />
% auf 243. Nur in Mecklenburg-Vorpommern<br />
gab es noch Zuwächse<br />
(18,6 %).<br />
Das Bewerberpotenzial<br />
Unter den bei der BÄK registrierten<br />
Ärzten befanden sich Ende 2005<br />
90.177 ärztlich tätige <strong>Mediziner</strong> ohne<br />
Gebietsbezeichnung; weitere 31.174<br />
dieser Ärztegruppe waren laut BÄK<br />
nicht als Ärzte tätig.
Bedingt durch die ungünstige Altersstruktur<br />
der deutschen Ärzteschaft<br />
insgesamt gehen viele Ärzte in der<br />
nächsten Zeit in den Ruhestand. Zugleich<br />
bricht der Nachwuchs weg, da<br />
immer weniger junge <strong>Mediziner</strong> bereit<br />
sind, in der kurativen Patientenversorgung<br />
tätig zu werden.<br />
Assistenzärzte können bei einem Mindestmaß<br />
an Mobilität in der Regel mit<br />
einer Einstellung rechnen. Dabei liegt<br />
der Schwerpunkt des Interesses bei<br />
den großen Krankenhäusern, vorzugsweise<br />
Universitätskliniken, die über<br />
volle Weiterbildungsermächtigungen<br />
in den einzelnen Fachgebieten verfügen.<br />
Weiterbildungen bei kleineren<br />
Häusern oder niedergelassenen Ärzten<br />
sind in der Regel aus Sicht der Bewerber<br />
zweite Wahl.<br />
Dem Nachwuchsmangel an deutschen<br />
Ärzten wird zunehmend dadurch begegnet,<br />
dass verstärkt Ärzte im europäischen<br />
Ausland angeworben werden.<br />
Schwierigkeiten bei der Suche nach<br />
Arbeitsplätzen hatten vor allem Bewerberinnen<br />
und Bewerber, die ihre ärztliche<br />
Qualifikation im Ausland erworben<br />
haben; hier waren oft Anpassungsmaßnahmen<br />
erforderlich, um die Berufserlaubnis<br />
in Deutschland zu erlangen.<br />
Auch fehlende deutsche Sprachkenntnisse<br />
bilden oft eine Barriere und<br />
konnten hier und da mit Unterstützung<br />
der Agenturen für Arbeit ausgeglichen<br />
werden.<br />
Ärzte mit Gebietsbezeichnung<br />
(Fachärzte)<br />
Eckdaten des Arbeitsmarktes für<br />
Fachärzte im Dezember 2005:<br />
Arbeitslose: 2.510 (+14,2 %)<br />
Frauenanteil: 58,2 % (2004: 58,0 %)<br />
Stellenzugang<br />
für Fachärzte 2005: 2.800 (-8,1 %)<br />
Die Zahl der arbeitslosen Fachärzte ist<br />
deutlich gestiegen. Im Dezember<br />
2005 waren 2.510 Männer und Frauen<br />
mit abgeschlossener Facharztausbildung<br />
bei den Dienststellen der Bundesagentur<br />
für Arbeit arbeitslos gemeldet.<br />
Trotz des Anstiegs der Arbeitslosenzahl<br />
ergibt sich eine Arbeitslosenquote<br />
von nur knapp über 1 %,<br />
mithin Vollbeschäftigung. Außer in wenigen<br />
Ballungsräumen (zum Beispiel in<br />
Berlin und Nordrhein-Westfalen) bleibt<br />
der Markt praktisch leergefegt.<br />
Bis Mitte der 90er Jahre konnte der erhöhte<br />
Bedarf noch relativ problemlos<br />
durch die nachrückenden Fachärztinnen<br />
und Fachärzte gedeckt werden;<br />
deren Zahl reicht inzwischen jedoch<br />
nicht mehr aus, nicht zuletzt aufgrund<br />
der stark rückläufigen Zahl an erfolg-<br />
27
eich abgeschlossenen Weiterbildungen.<br />
Wurden 1995 von den Landesärztekammern<br />
noch insgesamt 15.600<br />
Facharztanerkennungen ausgesprochen,<br />
waren es 2005 nur noch 12.493<br />
(allerdings sind die Zahlen des Jahres<br />
2005 nur begrenzt mit den Zahlen der<br />
Vorjahre vergleichbar, da mit der Umsetzung<br />
der neuen Weiterbildungsordnung<br />
auch die Statistik modifiziert<br />
wurde). Eine Entspannung der Lage ist<br />
mit Blick auf die rückläufigen Absolventenzahlen<br />
nicht in Sicht.<br />
Im Gegensatz zur gesunkenen Nachfrage<br />
aus dem Klinikbereich, von niedergelassenen<br />
Ärzten und Reha-Einrichtungen<br />
nahmen die Beschäfti-<br />
28<br />
gungsmöglichkeiten in der Forschung,<br />
im öffentlichen Dienst und in der Privatwirtschaft<br />
– im kurativen Bereich<br />
insgesamt - zu, so dass Ärzte im Rahmen<br />
ihrer Berufsplanung eher Alternativen<br />
wählen konnten und vermehrt<br />
dem Krankenhaus den Rücken kehrten.<br />
Nach Fachgebieten verteilten sich die<br />
arbeitslosen Fachärzte prozentual wie<br />
folgt:<br />
Internisten, Allgemeinmediziner und<br />
Kinderärzte 36,5 % (Frauenanteil:<br />
66,2 %), Chirurgen und Orthopäden<br />
13,3 % (25,4 %), Frauenärzte 10,4 %<br />
(75,8 %), Neurologen, Psychiater und
Psychotherapeuten 8,3 % (60,6 %), Augenärzte<br />
3,8 % (62,1 %), Radiologen<br />
3,2 % (59,3 %), Hals-, Nasen- und Ohrenärzte<br />
2,9 % (59,7) und andere<br />
Fachärzte 20 % (54 %).<br />
Welche Facharztqualifikationen<br />
werden <strong>gesucht</strong>?<br />
Eine stichprobenartige Untersuchung<br />
der bei den Dienststellen der Bundesagentur<br />
für Arbeit gemeldeten Stellen<br />
für Fachärzte ergab Ende 2006 im Hinblick<br />
auf die Fachgebiete die größte<br />
Nachfrage für Internisten (15,2 %), gefolgt<br />
von Anästhesisten (10,8 %), Gynäkologen<br />
und Allgemeinmedizinern<br />
(jeweils 10,1 %), Orthopäden und Chirurgen<br />
(jeweils 8 %), Psychiatern und<br />
Psychotherapeuten (7,7 %), Kinderärzten<br />
(7,2 %), Radiologen (4,9 %), Arbeitsmedizinern<br />
(4,3 %), Dermatologen<br />
(3,2 %), Augenärzten (2,6 %), Urologen<br />
(2 %), HNO-Ärzten (1,8 %) und Ärzten<br />
für physikalische und rehabilitative<br />
Medizin (1,4 %). 2,6 % der Stichprobe<br />
fielen auf andere, kleinere Fachgebiete<br />
(siehe Abb. 7).<br />
Die hohe Nachfrage nach Internisten<br />
relativiert sich allerdings dadurch,<br />
dass es sich hierbei auch um die größte<br />
Bewerbergruppe unter den Fachärzten<br />
handelt, so dass hier rein rechnerisch<br />
eine wesentlich höhere Zahl potenzieller<br />
Bewerber auf eine Stelle<br />
kam als etwa bei Psychiatern oder<br />
Neurologen. 44 % der Positionen kamen<br />
aus dem Bereich Kliniken und<br />
Krankenhäuser, 19 % von niedergelassenen<br />
Ärzten und ebensoviele aus der<br />
Privatwirtschaft, 6 % von Interessenvertretungen,<br />
4 % von Kur- und Reha-<br />
Einrichtungen, ebenfalls 4 % aus der<br />
Forschung und jeweils 2 % aus der<br />
Verwaltung und von Versicherungen<br />
(siehe Abb. 8).<br />
Die Erwartungen der Arbeitgeber beziehen<br />
sich derzeit im Wesentlichen<br />
auf die <strong>gesucht</strong>e Facharztqualifikation.<br />
Bei der Frage, mit welcher Facharztqualifikation<br />
der Zutritt auf den Arbeitsmarkt<br />
beziehungsweise der<br />
Wechsel in eine neue Position am<br />
leichtesten fällt, spielen nicht nur absolute<br />
Zahlen der Stellenangebotsseite<br />
eine wichtige Rolle, sondern auch<br />
die Zahl der potenziellen Bewerberinnen<br />
und Bewerber.<br />
Dieser Frage kann man zum einen<br />
nachgehen, indem man die Zahl derjenigen,<br />
die ganz offensichtlich auf der<br />
Suche nach entsprechenden Positionen<br />
sind, nämlich die arbeitslos gemeldeten<br />
Fachärzte, mit der Zahl der<br />
gemeldeten Stellen im jeweiligen<br />
Fachgebiet vergleicht. Bei Anwendung<br />
dieser Methode gab es Ende 2005<br />
bundesweit kein Fachgebiet mit mehr<br />
offenen Stellen als Bewerbern; im<br />
Durchschnitt betrug das Verhältnis ar-<br />
29
eitsloser Bewerber zu den offenen<br />
Stellen 3:1. Am günstigsten war die<br />
Lage bei Neurologen und Psychiatern<br />
(1:1). Es folgten Chirurgen, Orthopäden<br />
und Radiologen (jeweils 2:1), Allgemeinärzte,<br />
Internisten und Frauenärzte<br />
(jeweils 4:1), HNO-Ärzte (8:1)<br />
und Augenärzte (9:1). Die Relation war<br />
überwiegend in den Fachgebieten besonders<br />
ungünstig, bei denen es auch<br />
einen hohen Frauenanteil an den Arbeitslosen<br />
gab, wie bei Augen- und<br />
Frauenärzten.<br />
30<br />
Die Nachfrage nach Fachärzten bei<br />
den Agenturen für Arbeit und in der<br />
Fachpresse<br />
Betrachtet man den Stellenzugang für<br />
Fachärzte bei den Agenturen für Arbeit,<br />
kommt die größte absolute Nachfrage<br />
aus Nordrhein-Westfalen, Bayern,<br />
Baden-Württemberg, und Sachsen.<br />
Der größte Rückgang an Vakanzen<br />
war 2005 in Bremen zu verzeichnen<br />
(-71,9 %), gefolgt von Hamburg<br />
(-39,2 %), Sachsen-Anhalt (-37,3 %)<br />
und Brandenburg (-37,1 %). Zuwächse<br />
gab es dagegen im Saarland (+<br />
51,1 %), in Hessen (+20,3 %), Bayern<br />
(+20,1 %) und Mecklenburg-Vorpommern<br />
(+16,3 %). Fast 30 % der regional
zuzuordnenden Stellenangebote kamen<br />
2005 aus Ostdeutschland; 2003<br />
waren es noch über 40 % gewesen.<br />
Der Nachfragerückgang war hier deutlicher<br />
ausgeprägt (-63,2 %) als mit<br />
-41,9 % in Westdeutschland (siehe<br />
Abb.9).<br />
Der <strong>dringend</strong>e Facharztbedarf, nicht<br />
nur in Ostdeutschland, spiegelt sich<br />
eher in einer Studie des Personaldienstleisters<br />
Mainmedico wider, bei<br />
der die Stellenausschreibungen für<br />
Fachärzte im Deutschen Ärzteblatt<br />
vom 1. Halbjahr 2005 und vom 1.<br />
Halbjahr 2006 miteinander verglichen<br />
wurden. Es ergibt sich ein Stellenzuwachs<br />
von 31,5 %. „Selten war die<br />
Diskrepanz zwischen Angebot und<br />
Nachfrage so groß wie zurzeit. Die<br />
Nachwuchssorgen nehmen zu“, kommentiert<br />
Mainmedico das Ergebnis,<br />
und weiter: „Momentan können sich<br />
Ärztinnen und Ärzte nahezu aller Fachgebiete<br />
über eine außergewöhnlich<br />
starke Nachfrage freuen (…) In Zeiten<br />
zunehmender Konkurrenz erweitern<br />
die Krankenhäuser ihr Leistungsspektrum<br />
und etablieren zusätzliche operative<br />
Schwerpunkte oder bauen bestehende<br />
Angebote aus. Dafür benötigen<br />
sie die entsprechenden Spezialisten<br />
unter den Fachärzten.“<br />
31
Aufstiegschancen<br />
Fach- und Oberarztstellen adäquat zu<br />
besetzen, ist nach wie vor besonders<br />
für Krankenhäuser in strukturschwachen<br />
Regionen sehr schwierig. Dies<br />
betrifft in erster Linie Akuthäuser im<br />
Osten Deutschlands, Reha-Kliniken,<br />
aber immer öfter auch Häuser der<br />
Grund- und Regelversorgung in ländlichen<br />
Gebieten Westdeutschlands.<br />
Anders sieht es in den städtischen<br />
Ballungsräumen aus. Hier ist allerdings<br />
auch festzustellen, dass immer<br />
mehr Fachärzte lieber auf einer nachgeordneten<br />
Stelle verbleiben, als für<br />
den nächsten Karriereschritt in eine<br />
ländliche Region zu wechseln. Auf diese<br />
Weise werden Chancen, die der<br />
ärztliche Arbeitsmarkt derzeit tatsächlich<br />
bietet, zu wenig genutzt.<br />
Führungspositionen – Frauen sind<br />
nach wie vor unterrepräsentiert<br />
Zurzeit werden laut Mainmedico fast<br />
dreimal soviele Chefarztpositionen<br />
ausgeschrieben wie Ende der 90er<br />
Jahre. Da für viele der zurzeit rund<br />
26.000 Oberärzte und -ärztinnen die<br />
Chefarztposition nach wie vor das<br />
endgültige Karriereziel ist, ist laut Marburger<br />
Bund der Wettbewerb um Chefarztpositionen<br />
nach wie vor groß -<br />
trotz Stellenzuwachs: „Mag auf der<br />
Facharztebene auch ein Ärztemangel<br />
32<br />
vorhanden sein, bei der Bewerbung<br />
um Chefarztpositionen können die<br />
Krankenhausträger in der Regel unter<br />
einer Vielzahl hochqualifizierter Bewerber<br />
auswählen.“<br />
Stellen für Oberärzte sind schwerer zu<br />
besetzen als nichtleitende Positionen.<br />
Wegen des zunehmenden Nachwuchsmangels<br />
stehen immer weniger potenzielle<br />
Bewerber zur Verfügung. An dieser<br />
Stelle ist es sinnvoll, den steigenden<br />
Frauenanteil auf der Facharztebene<br />
näher zu betrachten. Obwohl der<br />
Anteil der Frauen in allen Facharztbereichen<br />
kontinuierlich steigt, ändert<br />
sich an ihrem Anteil bei den Führungspositionen<br />
wenig.<br />
Auch am Beispiel des Frauenanteils an<br />
der (insgesamt rückläufigen) Zahl der<br />
Habilitationen in Medizin, der laut Statistischem<br />
Bundesamt 2005 bei knapp<br />
20 % lag, wird die schwache Beteiligung<br />
von Frauen an herausgehobenen<br />
Positionen deutlich. Noch geringer ist<br />
der Anteil an C4-Professuren; hier waren<br />
nur 6 % mit einer Frau besetzt<br />
(Vergleich Sprach- und Kulturwissenschaften:44<br />
%). Auch in der Industrie,<br />
in den berufsständischen Organisationen<br />
und der außeruniversitären Forschung<br />
sind Frauen deutlich unterrepräsentiert.
Deshalb hält die Bund-Länder-<br />
Kommission für Bildungsplanung und<br />
Forschungsförderung (BLK) es in ihrer<br />
„Ausführungsvereinbarung Gleichstellung“<br />
für erforderlich, „durch gezielte<br />
und verstärkte Anstrengungen auf allen<br />
Ebenen (Hochschulen, außerhochschulische<br />
Forschungseinrichtungen)<br />
und Bereichen (DFG) dazu beizutragen,<br />
das durch den hohen Anteil von<br />
Frauen bei den Studierenden zur Verfügung<br />
stehende Potenzial mehr als<br />
bisher für die qualitativ hochwertige<br />
Besetzung von Führungspositionen zu<br />
erschließen.<br />
Handlungsbedarf besteht insbesondere<br />
hinsichtlich der strukturellen Bedingungen<br />
sowie der gezielten Förderung<br />
von Frauen nach der Promotion“ - ein<br />
Beitrag zur Qualitätssicherung, Leistungssteigerung<br />
und Stärkung der<br />
Wettbewerbsfähigkeit in der medizinischen<br />
Forschung und Lehre sowie in<br />
der Gesundheitsversorgung in<br />
Deutschland.<br />
33
Klinikkarriere oder Niederlassung?<br />
Interview mit dem Orthopäden Dr.<br />
W. aus F.<br />
Fühlten Sie sich nach Antritt der ersten<br />
Arbeitsstelle als Assistenzarzt gut genug<br />
ausgebildet, um die Anforderungen<br />
des Krankenhausalltags erfüllen zu<br />
können?<br />
Dr. W.: Der menschliche Kontakt und<br />
die Wahrnehmung der Patienten standen<br />
zu Beginn meiner Assistenzarzttätigkeit<br />
nicht im Vordergrund. Meine<br />
Aufgaben bestanden in der ersten Zeit<br />
darin, medizinisch-technische Handreichungen<br />
zu erbringen. Dennoch habe<br />
ich das Gefühl gehabt, während der<br />
Weiterbildung alles Notwendige gelernt<br />
zu haben, um meinen Beruf ordentlich<br />
ausüben zu können. Ich hatte<br />
auch das Gefühl, durch das Studium<br />
und die vorangegangenen Ausbildungsabschnitte<br />
ein relativ vernünftiges<br />
Rüstzeug für meine Arbeit mitzubringen.<br />
Grundsätzlich teile ich die<br />
Klagen über die schlechte universitäre<br />
Ausbildung nicht.<br />
Haben Sie persönlich den Eindruck,<br />
dass sich die Ausbildung an den Hochschulen<br />
in den letzten Jahren eher verbessert<br />
oder verschlechtert hat?<br />
Ich persönlich finde, dass die Anforderungen<br />
an den Hochschulen heute<br />
34<br />
sehr hoch sind. Auch denke ich, dass<br />
sich die Qualität nach der Studienreform<br />
deutlich verbessert hat. Meine<br />
Tochter hat kürzlich das Medizinstudium<br />
begonnen und hat bereits im 1.<br />
Semester Fragestellungen zum Patientenumgang<br />
behandelt, mit denen ich<br />
während des ganzen Studiums nicht<br />
konfrontiert wurde.<br />
Wie haben Sie die Arbeitssituation im<br />
Krankenhaus erlebt, vor allem hinsichtlich<br />
der Arbeitszeit?<br />
Ich muss sagen, dass ich von Anfang<br />
an Arzt aus Leidenschaft war. Schon<br />
zu Beginn meiner Assistenzarztzeit habe<br />
ich mich so oft wie möglich zu<br />
Nachtdiensten und am Wochenende<br />
auch als Notarzt einteilen lassen. Insofern<br />
habe ich die Arbeitszeit auch<br />
nicht als etwas Belastendes empfunden.<br />
Den relativ hohen Zuverdienst habe<br />
ich als angenehme Begleiterscheinung<br />
registriert.<br />
Welche Eigenschaften sollten für die<br />
Funktion eines leitenden Arztes an<br />
Akutkrankenhäusern vorliegen?<br />
Für eine leitende Tätigkeit etwa als<br />
Chefarzt ist die Bereitschaft, in hohem
Maße Verantwortung zu übernehmen,<br />
von zentraler Bedeutung. Hinzu kommen<br />
Teamfähigkeit und die Fähigkeit<br />
zur Delegation von Aufgaben. Fachlich<br />
gut leitende Ärzte, die nichts von ihren<br />
Aufgaben abgeben können, stehen<br />
bald auf verlorenem Posten. In einer<br />
leitenden ärztlichen Funktion sollte<br />
man auch über Erfahrungen in der<br />
Verwaltungsarbeit und Organisationstalent<br />
verfügen. Auch ein gewisses<br />
Maß an kaufmännischen Grundkenntnissen<br />
ist von Vorteil, vor allem, um<br />
ein ernstzunehmender Verhandlungspartner<br />
des Klinikmanagements sein<br />
zu können.<br />
Nach Jahren als Chefarzt haben Sie<br />
sich als Facharzt für Orthopädie niedergelassen.<br />
Bedauern Sie gelegentlich<br />
diesen Schritt im Rückblick und im Vergleich<br />
zur Arbeit an Kliniken?<br />
Ich habe seinerzeit meine Funktion als<br />
Chefarzt aus familiären – regional bedingten<br />
- Gründen aufgeben müssen.<br />
Meine Familie kam damals nicht mit<br />
dem Standort zurecht. Insofern war<br />
ich froh, dass ich die Möglichkeit zur<br />
Niederlassung hatte.<br />
Die Tätigkeit als Chefarzt hatte und<br />
hat in meiner Wahrnehmung durchaus<br />
Schattenseiten. Vor allem ist die Konkurrenz<br />
unter den leitenden Ärzten<br />
sehr ausgeprägt. Fragen wie: Wer hat<br />
den besseren Namen in der Öffentlich-<br />
keit? Wer hat den besseren Kontakt zu<br />
den Arztpraxen (und damit mehr<br />
„Kunden“)? Wer macht die besseren<br />
Marketingaktionen in eigener Sache?<br />
etc. spielen dabei oft eine wichtige<br />
Rolle. Letztlich ist entscheidend, wer<br />
die Betten am besten füllen kann. An<br />
den Universitätskliniken kommt noch<br />
die Frage hinzu: Wer hat wie oft und in<br />
welchen Medien publiziert?<br />
Allerdings ist die finanzielle Ausstattung<br />
der Chefarztverträge heute – aus<br />
gutem Grund – lange nicht mehr so lukrativ<br />
wie noch in den 70er Jahren. Ich<br />
selbst kannte damals einen Chefarzt,<br />
der 15 Millionen DM im Jahr zusammenoperierte,<br />
während seine Oberärzte<br />
eine Zulage von 150 DM im Monat<br />
bekamen. Es ist gut, dass hier eine<br />
Entwicklung in Richtung Normalisierung<br />
eingesetzt hat. Chefärzte können<br />
auch in anderen Dingen lange nicht<br />
mehr so autonom entscheiden wie in<br />
früheren Jahren. Während früher Investitionen<br />
und Innovationen relativ<br />
leicht durchzusetzen waren, sind heute<br />
aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen<br />
langwierige Prozeduren bis<br />
zur (unsicheren) Realisierung zu<br />
durchlaufen.<br />
Als leidenschaftlicher Operateur kann<br />
ich zwar kleinere Eingriffe ambulant in<br />
meiner Praxis durchführen, es fehlt<br />
mir hier allerdings die medizinische<br />
Vielfalt und die Möglichkeit, an-<br />
35
spruchsvolle und komplizierte Operationen<br />
durchführen zu können. Insofern<br />
fühle ich mich im Rückblick gegenüber<br />
der Tätigkeit in den Kliniken<br />
heute etwas eingeschränkt.<br />
Von BÄK, KBV, Marburger Bund und anderen<br />
Institutionen wird seit einigen<br />
Jahren vor einem Ärztemangel gewarnt<br />
– teilen Sie diese Einschätzung?<br />
In meiner Region (Westdeutschland)<br />
kann ich heute noch keine Mangelerscheinungen<br />
feststellen. Ich sehe eher<br />
die Tendenz, dass teure und teilweise<br />
auch überflüssige medizinische Versorgung<br />
immer weiter eingeschränkt<br />
wird. Das hat in meiner Praxis zur Konsequenz,<br />
dass ich bei leichteren Befunden<br />
(z.B. Knieschmerzen) nicht automatisch<br />
eine Kernspin-Tomographie<br />
veranlasse. Die auch durch die Rechtsprechung<br />
erzwungene, manchmal<br />
auch überzogene Dokumentationsflut,<br />
die heute dazu führt, dass jede medizinische<br />
Handlung mit hohem Zeitaufwand<br />
gerichtsfest schriftlich festgehalten<br />
werden muss, ist für jüngere <strong>Mediziner</strong><br />
sicher nicht besonders attraktiv.<br />
Auch dieser Umstand könnte dazu beitragen,<br />
dass sich junge Ärzte nach Alternativen<br />
oder im Ausland umsehen.<br />
Welche Ratschläge würden Sie einem<br />
Hochschulabsolventen geben, der eine<br />
Niederlassung anstrebt?<br />
36<br />
Hinsichtlich der Facharztqualifikation<br />
würde ich keine Ratschläge erteilen,<br />
das hängt von den persönlichen Präferenzen<br />
ab, vielleicht auch von der<br />
Überlegung, welche Rolle die Verdienstmöglichkeiten<br />
spielen. Was die<br />
Niederlassung betrifft, fehlen den Ärzten<br />
vor allem betriebswirtschaftliche<br />
und abrechnungstechnische Kenntnisse.<br />
Ich könnte bis zum heutigen Tage<br />
nicht alleine eine Quartalsabrechnung<br />
zustande bringen. Hier müssen die<br />
Kassenärztlichen Vereinigungen niederlassungswilligen<br />
Ärzten besseres<br />
Rüstzeug durch Seminarangebote und<br />
Schulungen an die Hand geben.<br />
Die unentschlossene Generation<br />
Aus der Ärztezeitung vom 27. April<br />
2006: „Beim Blick in die eigene Zukunft<br />
überkommt manche jungen Ärzte<br />
Unsicherheit. Ein Leben lang in der<br />
Klinik zu arbeiten, darauf vergeht einigen<br />
durch die Erfahrungen in der<br />
Facharztausbildung die Lust. Die Niederlassung<br />
allerdings scheint auch<br />
nicht mehr die Alternative zum Kliniker-Dasein<br />
zu sein (…) Berichte über<br />
die Honorierung der Niedergelassenen<br />
und die wachsende Bürokratie in der<br />
Praxis – „das schreckt schon ab“, sagt<br />
eine Medizinstudentin, die gerade ihr<br />
Praktisches Jahr (…) absolviert. (…) Dafür<br />
ist „man in der Klinik nicht so frei.<br />
In der Praxis kann man sich schon
esser selbst verwirklichen“, grübelt<br />
die 29-Jährige. Ähnlich unentschlossen<br />
sind auch die meisten ihrer Freunde,<br />
auch wenn sie derzeit noch eher<br />
zur Niederlassung tendieren".<br />
Ausblick<br />
Krankenhausärzte:<br />
In gut 28 % aller Krankenhäuser können<br />
laut Deutschem Krankenhausinstitut<br />
zurzeit offene Stellen nicht besetzt<br />
werden, in den östlichen Bundesländern<br />
sind sogar 55 % aller Krankenhäuser<br />
betroffen. Was die Fachbereiche<br />
angeht, waren vor allem die Chirurgie,<br />
Innere Medizin und Gynäkologie<br />
betroffen. Dass sich diese Probleme in<br />
Zukunft noch verstärken könnten,<br />
macht die Prognose der BÄK für die altersbedingten<br />
Abgänge von Krankenhausärzten<br />
deutlich: Ab 2006 bis<br />
2015 werden voraussichtlich mehr als<br />
16.000 Ärzte die Krankenhäuser verlassen.<br />
Ob sie ohne Schwierigkeiten<br />
durch Absolventen, deren Zahl seit<br />
Jahren rückläufig ist, ersetzt werden<br />
können, ist fraglich.<br />
Nur durch grundlegende Strukturveränderungen<br />
in den Krankenhäusern<br />
kann der Beruf des Klinikarztes wieder<br />
an Attraktivität gewinnen.<br />
Dabei spiegelt das Stichwort<br />
„Arbeitszeitgesetz“ nur eine Facette<br />
der Problematik wider; Arbeits- und<br />
Gehaltsstrukturen stehen nach wie vor<br />
generell auf dem Prüfstand.<br />
Niedergelassene Ärzte:<br />
Die Zahl der ambulant tätigen Ärztinnen<br />
und Ärzte steigt weiter (um 1,1 %<br />
auf 134.798 Ende 2005). Der Frauenanteil<br />
betrug hier 37 % und war damit<br />
um 0,5 Prozentpunkte höher als ein<br />
Jahr zuvor.<br />
Die zukünftige generelle Entwicklung,<br />
die von einem Ärztemangel im niedergelassenen<br />
Bereich gekennzeichnet<br />
sein dürfte, lässt sich besser an der<br />
Altersverteilung verdeutlichen. So ist<br />
der Anteil der unter 40-jährigen niedergelassenen<br />
Ärztinnen und Ärzte<br />
binnen Jahresfrist von 7,9 % (2004)<br />
auf nur noch 6,7 % (2005) gesunken,<br />
während der Anteil der 60-jährigen<br />
und älteren von 19 auf 19,4 % angestiegen<br />
ist. Das Mittelfeld macht nach<br />
wie vor den Großteil bei der Altersverteilung<br />
aus. Doch der Altersdurchschnitt<br />
lag 2005 schon bei 51 Jahren<br />
(1995: 47, 6).<br />
37
Ärzte und Arbeitslosigkeit<br />
Bei der Diskussion über die Entwicklung<br />
der Arbeitslosigkeit im ärztlichen<br />
Bereich war in der Vergangenheit häufiger<br />
die These zu hören, dass hier der<br />
Anteil der verdeckten Arbeitslosigkeit<br />
besonders hoch sei. Diese Sicht wird<br />
von den Fachkräften der Bundesagentur<br />
für Arbeit nicht geteilt. Da <strong>Mediziner</strong><br />
nach jeder unfreiwilligen Unterbrechung<br />
der Weiterbildung – etwa durch<br />
Kündigung - in der Regel Arbeitslosengeldansprüche<br />
erworben haben, die<br />
jeweils Meldungen bei der Agentur für<br />
Arbeit nach sich ziehen, kann man von<br />
einer relativ lückenlosen Erfassung der<br />
Arbeitslosigkeit, vor allem bei jüngeren<br />
<strong>Mediziner</strong>n, ausgehen. Deshalb ist<br />
der Teil beschäftigungsloser Ärztinnen<br />
und Ärzte, die zwar auf Arbeitsuche<br />
sind, aber nicht in der offiziellen Arbeitslosenstatistik<br />
erscheinen, zumindest<br />
nicht größer als bei anderen Akademikergruppen.<br />
Diese Debatte hat<br />
mit dem Paradigmenwechsel von der<br />
Ärzteschwemme hin zu einem sich abzeichnenden<br />
Ärztemangel ein vorläufiges<br />
Ende gefunden.<br />
38<br />
Arbeitslose Ärztinnen<br />
Frauen waren im Vergleich zu ihrem<br />
Anteil an den berufstätigen Ärzten ohne<br />
Gebietsbezeichnung (Ende 2005:<br />
51,5 %) im Jahr 2005 – wie schon in<br />
den Vorjahren - deutlich überproportional<br />
(61,5 %) bei den Arbeitslosen<br />
vertreten. Zwar ist die absolute Zahl<br />
der arbeitslosen Ärztinnen in den vergangenen<br />
Jahren deutlich zurückgegangen,<br />
aber zunächst nicht in dem<br />
gleichen Maße wie bei ihren männlichen<br />
Kollegen. Noch ungünstiger ist<br />
dieses Verhältnis im Bereich der Ärzte<br />
mit Gebietsbezeichnung. Unverändert<br />
waren hier im Dezember 2005 etwa<br />
58 % der arbeitslosen Frauen, während<br />
ihr Anteil an den Berufstätigen<br />
Ende 2005 bei nur 34 % lag (Ende<br />
2004: 35,4 %).<br />
Der Frauenanteil an den Arbeitslosen<br />
war bundesweit deutlich überdurchschnittlich<br />
bei den Gynäkologen<br />
(75,8 %), Allgemeinmedizinern, Internisten<br />
und Kinderärzten (66,2 %) sowie<br />
den Augenärzten (62,1 %). Der hohe<br />
Frauenanteil bei den arbeitslosen
Gynäkologen erklärt sich auch dadurch,<br />
dass sich immer mehr Frauen<br />
und immer weniger Männer für eine<br />
Weiterbildung in diesem Fachgebiet<br />
entscheiden. Möglicherweise gibt es<br />
unter den arbeitslosen Ärztinnen kleine<br />
Reserven für die zunehmend mangelhafte<br />
ärztliche Versorgung in einigen<br />
Regionen. Die sollte allerdings angesichts<br />
der nur 209 arbeitslosen Allgemeinmedizinerinnen<br />
in Deutschland<br />
(Ostdeutschland: 147) nicht überschätzt<br />
werden.<br />
Auch der hohe, seit 2004 allerdings<br />
stagnierende Anteil von <strong>Mediziner</strong>innen,<br />
die keine ärztliche Tätigkeit ausüben<br />
(49 %) korrespondiert mit der et-<br />
was ungünstigeren Arbeitsmarktlage<br />
von <strong>Mediziner</strong>innen. Es bleibt das kleine<br />
positive Signal, dass die Diskrepanz<br />
zwischen geringerer Erwerbsbeteiligung<br />
der Frauen und signifikant<br />
höherem Arbeitslosenanteil leicht zurückgegangen<br />
ist.<br />
Arbeitszeit und<br />
Frauenarbeitslosigkeit:<br />
Die Diskrepanz zwischen der Zahl der<br />
Teilzeitangebote, die Arbeitgeber unterbreiten,<br />
und den Teilzeitwünschen<br />
der arbeitsuchenden Ärzte ist groß.<br />
Die Teilzeitwünsche werden überwiegend<br />
und bei den Fachärzten sogar<br />
39
fast ausschließlich von Frauen geäußert.<br />
Bei den Ärzten ohne Gebietsbezeichnung<br />
(in der Regel Assistenzärzte)<br />
scheint sich dabei der Wunsch nach<br />
Teilzeitarbeit inzwischen auch in den<br />
Angeboten der Arbeitgeber widerzuspiegeln.<br />
Der Anteil der im Dezember<br />
2005 teilzeitarbeitsuchenden, arbeitslos<br />
gemeldeten Assistenzärztinnen betrug<br />
knapp 14 % (bei den Männern<br />
0,4 %) – im Vergleich dazu waren immerhin<br />
fast 16 % der für Assistenzärzte<br />
ausgeschriebenen Positionen Teilzeitstellen.<br />
Der Wunsch mit reduzierter<br />
Arbeitszeit tätig zu werden, war dabei<br />
in Ostdeutschland weniger stark<br />
40<br />
ausgeprägt als im Westen<br />
(Abb.10a und 10b).<br />
Ähnliches gilt für die Fachärzte. 17 %<br />
aller im Dezember 2005 arbeitslos gemeldeten<br />
Fachärzte suchten Teilzeitstellen,<br />
nahezu ausschließlich Frauen.<br />
Beim Vergleich zwischen Ost- und<br />
Westdeutschland fällt eine sehr große<br />
Diskrepanz auf: Gut 33 % der arbeitslosen<br />
Fachärztinnen in Westdeutschland<br />
suchten nach einer Teilzeitstelle,<br />
aber nur knapp 14 % der ostdeutschen.<br />
In den einzelnen Fachgebieten<br />
sind die Diskrepanzen zum Teil noch<br />
größer: In Chirurgie und Orthopädie<br />
etwa suchten 22% der Ärztinnen im<br />
Westen nach einer Teilzeitbeschäfti-
gung und nur 4 % im Osten. Bei den<br />
Frauenärztinnen war das Verhältnis 31<br />
zu 11 %, bei den Radiologen 34 zu<br />
15 %.<br />
Lediglich bei den Chirurgen und Orthopäden<br />
hielten sich Angebot und Nachfrage<br />
bei Teilzeitstellen in etwa die<br />
Waage. Bei allen anderen Fachgebieten<br />
konnte die Nachfrage nach Teilzeitpositionen<br />
– soweit es die jeweiligen<br />
Anteilswerte betrifft - bei weitem<br />
nicht gedeckt werden. Extreme Abweichungen<br />
gab es bei den Frauenärzten:<br />
Hier suchten 20,8 % der Arbeitslosen<br />
eine Teilzeitstelle, aber nur 14 % der<br />
angebotenen Positionen waren entsprechend<br />
ausgewiesen.<br />
Auch bei den Radiologen<br />
(Teilzeitangebote: 6,7 %, Teilzeitarbeitsuchende:<br />
17,3 %), den Psychiatern<br />
und Psychotherapeuten (11,6 zu<br />
19,2 %) und den Allgemeinmedizinern,<br />
Internisten und Kinderärzten (12,3 zu<br />
21,6 %) gab es starke Diskrepanzen.<br />
Bei den übrigen Facharztgruppen waren<br />
auch Ungleichgewichte sichtbar.<br />
Hier müssten die Arbeitgeber noch ein<br />
wenig auf die teilzeitarbeitsuchenden<br />
Fachärztinnen zugehen, um die <strong>dringend</strong><br />
benötigten Arbeitsmarktreserven<br />
auch voll ausschöpfen zu können<br />
(Abb.11).<br />
41
Alter der Arbeitslosen und Dauer<br />
der Arbeitslosigkeit<br />
Ärzte ohne Gebietsbezeichnung:<br />
Im Dezember 2005 waren 34,2 % der<br />
arbeitslos gemeldeten Ärzte ohne Gebietsbezeichnung<br />
unter 35 Jahre alt,<br />
38,3 % waren zwischen 35 und 44 Jahre<br />
alt, und 27,5 % älter als 45 Jahre.<br />
Der Vergleich mit der Gesamtgruppe<br />
belegt, dass ältere Ärzte ohne Gebietsbezeichnung<br />
relativ selten arbeitslos<br />
waren. Bedenkt man, dass sicherlich<br />
die meisten Ärzte in der Zeit<br />
zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr<br />
ihre Weiterbildung abgeschlossen haben,<br />
ist der Anteil der älteren Arbeits<br />
42<br />
losen trotzdem erstaunlich hoch und<br />
belegt, dass eine berufliche Eingliederung<br />
für Ärzte ohne abgeschossene<br />
Weiterbildung schwierig ist (Abb. 12).<br />
Der hohe Anteil der jüngeren Ärzte ohne<br />
Gebietsbezeichnung macht auf der<br />
anderen Seite den Charakter der Friktionsarbeitslosigkeit<br />
innerhalb der<br />
Weiterbildungsphase deutlich. Häufigere<br />
Unterbrechungen der Weiterbildung<br />
und kürzere Laufzeiten der Verträge<br />
führen immer wieder zur Arbeits-
losmeldung und sind mitverantwortlich<br />
für den hohen Anteil in diesen Altersgruppen.<br />
Fachärzte:<br />
Bei der Untersuchung der Altersstruktur<br />
arbeitsloser Fachärzte ergibt sich<br />
ein etwas anderes Bild. Der Anteil der<br />
unter 35-jährigen ist hier mit 21,4 %<br />
deutlich niedriger als bei den Assistenzärzten.<br />
Dies ist mit Sicherheit darauf<br />
zurückzuführen, dass ein größerer<br />
Teil in dieser Lebensaltersgruppe die<br />
Weiterbildung noch nicht ganz abgeschlossen<br />
hat. Bei den mittleren Jahrgängen<br />
(zwischen 35 und 44) ist der<br />
prozentuale Anteil deutlich höher<br />
(48 %), auch im Vergleich mit allen Arbeitslosen,<br />
bei denen der Anteil an<br />
dieser Altersgruppe bei 28 % liegt.<br />
Spätestens mit Ende 30 hat die Mehrzahl<br />
der Ärzte die Facharztausbildung<br />
abgeschlossen und ist dann auf der<br />
Suche nach neuen Berufsperspektiven<br />
oder strebt die Niederlassung an. Aus<br />
diesen Lebensumständen dürfte sich<br />
der überdurchschnittliche Anteil der<br />
bei den Agenturen für Arbeit<br />
gemeldeten Fachärzte dieser Altersgruppe<br />
erklären.<br />
Bei den älteren Fachärzten insgesamt<br />
(über 45 Jahre) gleichen sich die Werte<br />
denen der Vergleichsgruppe an. Al-<br />
43
le diese Werte müssen jedoch im Licht<br />
der nach wie vor niedrigen absoluten<br />
Zahl (2.510) der arbeitslos gemeldeten<br />
Fachärzte in Deutschland gesehen<br />
werden. Arbeitsmarktprobleme tauchen<br />
im Grunde nur bei klar zu definierenden<br />
Personen mit bestimmten Defiziten<br />
auf. Bei Ausländern liegen diese<br />
zum Beispiel im sprachlichen Bereich,<br />
in der noch nicht erteilten Berufserlaubnis<br />
oder in einem Kenntnisstand,<br />
der dem in Deutschland notwendigen<br />
medizinischen Wissen nicht entspricht.<br />
Unterdurchschnittlich ist – ähnlich wie<br />
bei den Assistenzärzten – der Anteil<br />
der langzeitarbeitslosen Fachärzte<br />
44<br />
ausgeprägt. 14,7 % der im Dezember<br />
2005 arbeitslos gemeldeten Fachärzte<br />
waren zu diesem Zeitpunkt länger als<br />
ein Jahr arbeitslos, 21,3 % waren es<br />
bei den Assistenzärzten. Zum Vergleich:<br />
Bei der Gesamtheit der Arbeitslosen<br />
in Deutschland waren es über<br />
40 % (Abb. 13).<br />
Die Entwicklung der Arbeitslosigkeit<br />
nach Fachgebieten<br />
Die vierstelligen Berufskennziffern<br />
(BKZ), die der Arbeitslosenstatistik der<br />
Bundesagentur für Arbeit zugrunde liegen,<br />
erlauben nicht für jedes einzelne<br />
Fachgebiet eine gesonderte Betrach-
tung. In einzelnen BKZ sind mehrere<br />
Facharztgruppen zusammengefasst.<br />
Die durchschnittliche Zunahme der Arbeitslosigkeit<br />
bei allen Ärzten mit Gebietsbezeichnung<br />
betrug im Dezember<br />
2005 gegenüber dem Vorjahr 14,2 %<br />
(Abb. 14), bei Ärzten ohne Gebietsbezeichnung<br />
ging die Arbeitslosigkeit um<br />
4,1 % zurück (Abb. 15). Bezogen auf<br />
einzelne Fachgebiete ergab sich der<br />
größte Anstieg bei HNO-Ärzten (+89,6<br />
%, wobei die absolute Zahl mit 72 sehr<br />
klein ist), gefolgt von den Gynäkologen<br />
(+53,8 %) bei einer Gesamtzahl<br />
von 260 Arbeitslosen. Ebenfalls eine<br />
starken Zunahme (+18,9 %) hatten<br />
Psychiater und Neurologen zu verzeichnen.<br />
Auch bei den Allgemeinme-<br />
dizinern, Internisten und Kinderärzten<br />
nahm die Arbeitslosigkeit zu, und zwar<br />
um 14 %, ebenso wie bei den Chirurgen<br />
und Orthopäden. Geringere Zuwächse<br />
gab es auch bei allen anderen<br />
Facharztgruppen.<br />
Regionale Aspekte der<br />
Arbeitslosigkeit<br />
Bezogen auf alle arbeitslos gemeldeten<br />
Humanmediziner ergab sich Ende<br />
2005 in Westdeutschland ein Rückgang<br />
der Arbeitslosigkeit um 6,4 %,<br />
während sie in Ostdeutschland um<br />
3,4 % anstieg. In Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern,<br />
Sachsen-Anhalt<br />
45
und Nordrhein-Westfalen ergaben sich<br />
- zum Teil hohe - zweistellige Steigerungen,<br />
die aber im Wesentlichen<br />
kompensiert wurden durch Rückgänge<br />
in Bayern, Schleswig-Holstein, Thüringen,<br />
Rheinland-Pfalz, Hessen und Niedersachsen.<br />
Die Zunahme der Arbeitslosigkeit<br />
geht in den betroffenen Bundesländern<br />
überwiegend auf das Konto<br />
der Ärzte ohne Gebietsbezeichnung.<br />
46
Exkurs Ärztemangel – Potenziale<br />
und wie man sie nutzen kann<br />
Die Versorgungsdefizite in Ostdeutschland<br />
verschärfen sich. Schon<br />
jetzt kann mancherorts die flächendeckende<br />
hausärztliche Versorgung<br />
nicht mehr sichergestellt werden<br />
(siehe Abb.16); in elf von 99 Planungsbezirken<br />
in Ostdeutschland gibt es sie<br />
nach Einschätzung der Bundesärztekammer<br />
bereits nicht mehr<br />
(siehe Abb.17). Glaubt man Berichten<br />
der Tagespresse, herrscht eine regelrechte<br />
Landflucht unter <strong>Mediziner</strong>n –<br />
so dass einigen Zeitungsmeldungen<br />
zufolge die Bundesregierung sogar<br />
darüber nachgedacht hat, die Honorare<br />
für Ärzte in Städten zu kürzen.<br />
Laut Kassenärztlicher Bundesvereinigung<br />
(KBV) beträgt der Ersatzbedarf<br />
an Ärzten im kurativen Bereich bis<br />
2008 28.800. Bis 2013 müssten<br />
62.000 Ärzte ersetzt werden, um den<br />
Status quo zu halten. Einer der Gründe:<br />
Immer mehr Ärzte setzen sich vor<br />
der Altersgrenze zur Ruhe. Gleichzeitig<br />
sinkt der Anteil der unter 35-jährigen<br />
an allen berufstätigen Ärzten<br />
(siehe Abb.18).<br />
Arbeitslose<br />
Bei dem Versuch, noch nicht ausgeschöpfte<br />
Erwerbspotenziale bei Ärzten<br />
aufzuspüren, fällt der Blick zunächst<br />
auf die Arbeitslosen. Mehr als drei<br />
Viertel der arbeitslos gemeldeten Ärzte<br />
sind ohne Gebietsbezeichnung, also<br />
überwiegend Ärzte in Weiterbildung.<br />
Insofern kann die Höhe der Arbeitslosenzahl<br />
lediglich ungefähre Anhaltspunkte<br />
für vorhandene Erwerbspersonenpotenziale<br />
im ärztlichen Bereich<br />
liefern. Zumal es starke regionale Unterschiede<br />
gibt: In Berlin etwa liegt<br />
das Problem häufig in der fehlenden<br />
Bereitschaft der arbeitslos gemeldeten<br />
Ärzte, im Brandenburger Umland<br />
tätig zu werden - zumindest soweit<br />
dies mit einem Wohnungswechsel verbunden<br />
wäre.<br />
Finanzielle Garantien<br />
In unterversorgten Regionen können<br />
die Kassenärztlichen Vereinigungen<br />
(KV) Sicherstellungspraxen mit Mindestumsatzgarantien<br />
einrichten; mehre-<br />
47
e Praxen sind in Sachsen-Anhalt auf<br />
diese Weise so bereits wieder besetzt<br />
worden. Die KV Sachsen-Anhalt vergibt<br />
Haltezuschläge an ältere und<br />
Startzuschläge an jüngere Ärzte. Die<br />
KV Brandenburg nimmt Altpraxen in<br />
Kommission und beschäftigt darin junge<br />
Ärzte. Auch Kommunen sind inzwischen<br />
dazu übergegangen, Hausärzte<br />
bei der Einrichtung von Praxen und<br />
Wohnungen finanziell zu unterstützen.<br />
48<br />
Einsatz ausländischer Ärzte<br />
Insgesamt hat die Zahl der ausländischen<br />
Ärzte in Deutschland in den<br />
letzten Jahren einen erheblichen Zuwachs<br />
erfahren (siehe Abb.19). Am<br />
31.12.2003 gab es laut Kammerstatistik<br />
fast 18.600 ausländische Ärzte in<br />
Deutschland, 3,3 % mehr als im Jahr<br />
zuvor und sogar 7,3 % mehr als 2003.<br />
Die meisten von ihnen sind in Krankenhäusern<br />
tätig. Allein in Sachsen-<br />
Anhalt z.B. hat sich ihre Zahl in den<br />
vergangenen drei Jahren fast verdoppelt.<br />
Ende 2005 waren hier 461 ausländische<br />
Ärzte tätig.
Die meisten kommen aus Osteuropa,<br />
vor allem aus Russland, Bulgarien und<br />
Polen. In Brandenburg ist die Zahl der<br />
ausländischen Ärzte in einem Jahr um<br />
mehr als 15 % gestiegen, auf 336 Ende<br />
2006. Zum Teil versuchen auch Kliniken<br />
in Ostdeutschland, Ärzte aus<br />
dem benachbarten Ausland, vor allem<br />
Tschechien und Polen, zu gewinnen.<br />
Nach dem EU-Beitritt sind hier die arbeits-<br />
und ausländerrechtlichen Hürden<br />
auch nicht mehr so unüberwindbar<br />
wie zuvor, so dass im Einzelfall<br />
entsprechende Erfolge verbucht werden<br />
konnten.<br />
Frauenpotenzial nutzen<br />
Aus dem Tätigkeitsbericht BÄK 2004:<br />
„Anhand der heutigen Datenlage ist<br />
ersichtlich, dass nach wie vor in der<br />
Medizin der Gedanke des „Gender<br />
Mainstreaming“ ungenügend berücksichtigt<br />
ist. Dies ist (…) eine Voraussetzung<br />
dafür, dass auch in Zukunft<br />
kein Ärztinnen- und Ärztemangel<br />
herrscht.“ Im Jahre 2006 hat sich daran<br />
offensichtlich noch nicht sehr viel<br />
geändert. Ein Blick auf das Fachgebiet<br />
Frauenheilkunde zeigt, dass hier inzwischen<br />
75 % der Facharztanerkennungen<br />
von Frauen erworben werden. Ärztinnen<br />
machen hier also den größten<br />
Teil des tatsächlichen Bewerberpoten-<br />
49
zials aus. Kliniken sollten sich demzufolge<br />
– auch bei der Besetzung von<br />
Führungspositionen - nicht nur auf<br />
männliche Bewerber konzentrieren<br />
und damit die bestehenden Personalengpässe<br />
ignorieren. Da der Frauenanteil<br />
in der Medizin in allen Bereichen<br />
ansteigt, ist ein Umdenken erforderlich,<br />
um auch in anderen Fachbereichen<br />
drohendem Personalmangel vorzubeugen.<br />
2006 ist das Handbuch „Karriereplanung<br />
für Ärztinnen“ der Charité<br />
Universitätsmedizin Berlin in Zusammenarbeit<br />
mit der Bundesärztekammer<br />
erschienen. Die erste Auflage des<br />
Buchs wird an junge Ärztinnen anläss-<br />
50<br />
lich ihrer Anmeldung zum Praktischen<br />
Jahr bzw. anlässlich ihres Examens<br />
kostenfrei verteilt und soll dazu beitragen,<br />
Frauen den Einstieg und Wiedereinstieg<br />
in den Beruf zu erleichtern.<br />
Ärzte ohne ärztliche Tätigkeit<br />
Die Zahl der ausgebildeten Ärztinnen<br />
und Ärzte, die nicht als <strong>Mediziner</strong> arbeiten<br />
- soweit sie bei den Landesärztekammern<br />
registriert sind - hat sich<br />
2005 wie schon in den Vorjahren erhöht,<br />
und zwar um 5,7 % auf etwa<br />
93.000. Der Zuwachs liegt damit wiederum<br />
deutlich höher als im Vorjahr,<br />
als die Steigerungsrate 4,7 % betrug.<br />
Von den Ärzten ohne ärztliche Tätig-
keit befinden sich 55,8 % im Ruhestand,<br />
2 % sind berufsunfähig, 0,7 %<br />
befinden sich in der Freistellungsphase<br />
der Altersteilzeit, 5,4 % sind ausschließlich<br />
im Haushalt tätig, 2,7 %<br />
sind berufsfremd tätig, 5,2 % befinden<br />
sich in der Elternzeit, 11,2 % sind arbeitslos<br />
und 17,1 % geben einen sonstigen<br />
Grund an. Somit kann ein Großteil<br />
der Ärzte ohne ärztliche Tätigkeit<br />
zum Potenzial zur Beseitigung eines<br />
Ärztemangels dazugerechnet werden.<br />
Fast die Hälfte der Ärzte ohne ärztliche<br />
Tätigkeit sind Frauen. Aus dem<br />
Tätigkeitsbericht der BÄK 2004: „Um<br />
die große Ressource der nichtärztlich<br />
tätigen Ärztinnen nutzen zu können,<br />
sollten Wiedereinstiegskurse von den<br />
Kammern vermehrt angeboten bzw.<br />
die inzwischen erfolgreich gestarteten<br />
fortgesetzt werden.“ Um das brachliegende<br />
Potenzial der nicht ärztlich tätigen<br />
Ärztinnen zu mobilisieren, hat die<br />
BÄK außerdem eine Modernisierung<br />
der Mutterschutzgesetzgebung und<br />
ein Mentoringprogramm für Ärztinnen<br />
ins Auge gefasst.<br />
51
Die Gesundheitsreformen und ihre<br />
Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt<br />
Ärzte blicken überwiegend pessimistisch<br />
in die Zukunft und rechnen mit<br />
einer ungünstigen wirtschaftlichen<br />
Entwicklung für sich selbst. Das ist<br />
das Ergebnis eines erstmals erhobenen<br />
Medizinklimaindex, den die Gesellschaft<br />
für Gesundheitsmarktanalyse<br />
im November 2006 veröffentlicht<br />
hat. 48,2 % aller befragten niedergelassenen<br />
Ärzte erwarteten demnach,<br />
dass ihre Praxis in einem halben Jahr<br />
schlechter dasteht als zum Befragungszeitpunkt.<br />
Damit sind die Ärzte<br />
deutlich pessimistischer als die Vertreter<br />
anderer Branchen. Eine Studie<br />
der Europa-Fachhochschule Fresenius<br />
in Kooperation mit den HELIOS-Kliniken<br />
belegt die schlechte Stimmung<br />
auch unter Assistenzärzten. Dabei<br />
steht allem Anschein nach die Entlohnung<br />
nicht an erster Stelle: Vor allem<br />
die hohe Anzahl nicht-medizinischer<br />
Tätigkeiten und mangelnde Entwicklungspotenziale<br />
sind laut der Umfrage<br />
Gründe für viele Ärzte, sich für einen<br />
Ausstieg aus ihrem Beruf zu entscheiden.<br />
52<br />
Die schlechte Stimmung verdeutlichen<br />
auch die großen Ärztestreiks im Jahr<br />
2006, als bundesweit erneut Tausende<br />
gegen eine 1:1-Umsetzung der Reform<br />
protestierten. Die großen ÄrzteundGesundheitspersonal-Vereinigungen<br />
haben gemeinsam eine Mängelliste<br />
zu den geplanten Veränderungen<br />
vorgelegt. Sie sehen zum Teil gar Verfassungs-<br />
und Rechtsprobleme mit der<br />
geplanten Reform verbunden.<br />
Das Gesundheitsstrukturgesetz (GSG)<br />
hat seit seinem Inkrafttreten mit verschiedenen<br />
Novellierungen seit Beginn<br />
der 1990er Jahre für eine außergewöhnliche<br />
Unruhe bei Ärzten, Medizinstudenten,<br />
Krankenhausträgern und<br />
anderen betroffenen Gruppen gesorgt.<br />
Dem Gesetz lag die Absicht zugrunde,<br />
die Kosten des gesamten Gesundheitswesens<br />
für einen bestimmten<br />
Zeitraum einzufrieren. Die letzte Gesundheitsreform,<br />
das Gesetz zur Modernisierung<br />
der Gesetzlichen Krankenversicherung(GKV-Modernisierungsgesetz<br />
- GMG), wurde unter Beteiligung<br />
vieler gesellschaftlich relevanter<br />
Gruppen und fast aller im Bundes-
tag vertretenen Parteien als Kompromisslösung<br />
auf den Weg gebracht und<br />
ist 2004 in Kraft getreten. Das oberste<br />
Ziel war dabei, die Beitragssätze in der<br />
Gesetzlichen Krankenversicherung<br />
mittelfristig auf unter 13 Prozent zu<br />
senken und damit einen Beitrag zur<br />
Senkung der Lohnnebenkosten zu leisten.<br />
Die Gesundheitsreform 2007, von den<br />
Machern als Durchbruch, vom überwiegenden<br />
Teil der Ärzteschaft als unzulänglich<br />
betrachtet, wird erneut<br />
weitreichende Änderungen mit sich<br />
bringen. Ihre wichtigsten Elemente:<br />
höhere Beiträge, um drohende Milliardenlöcher<br />
bei den Krankenkassen zu<br />
stopfen; die beitragsfreie Mitversicherung<br />
von Kindern; ein Gesundheitsfond,<br />
in den die Beiträge von Arbeitgebern<br />
und Arbeitnehmern fließen und<br />
aus dem die Krankenkassen einen Einheitsbetrag<br />
für ihre Versicherten erhalten;<br />
ein Risikostrukturausgleich,<br />
mit dem die ungleiche Verteilung von<br />
Kranken in den einzelnen Kassen ausgeglichen<br />
werden soll; die Verpflichtung<br />
privater Krankenkassen, einen<br />
Basistarif ohne Gesundheitsprüfung<br />
anzubieten; ein einfacheres Vergütungssystem<br />
für Ärzte, das an die Stelle<br />
des Honorarsystems nach Punkten<br />
treten soll; kleinere Änderungen bei<br />
Leistungen und Tarifen der Kassen<br />
(zum Beispiel sollen die Versicherungen<br />
künftig Hausarzttarife anbieten);<br />
Einsparungen bei Arzneimitteln (zum<br />
Beispiel durch Höchstpreise bei Medikamenten);<br />
Änderungen in Organisation<br />
und Ablauf des Gesundheitssystems.<br />
Der infolge der Gesundheitsreform zu<br />
erwartende verstärkte Wettbewerb auf<br />
dem Gesundheitsmarkt könnte auch<br />
Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt<br />
für Ärzte haben.<br />
Vertragsärzte (Kassenärzte)<br />
An der Beschränkung der Zulassung<br />
von Vertragsärzten wird auch nach der<br />
neuen Gesundheitsreform weiter festgehalten.<br />
Für niederlassungswillige<br />
Ärzte werden Zulassungen nur noch<br />
ausgesprochen, wenn für die betreffende<br />
Facharztgruppe und die ausgewählte<br />
Region keine Überversorgung<br />
besteht. Von einer Überversorgung<br />
wird dann ausgegangen, wenn der allgemeine,<br />
bedarfsgerechte Versorgungsgrad,<br />
der vom Bundesausschuss<br />
der Ärzte und Krankenkassen auf der<br />
Grundlage des tatsächlichen Versorgungsstandes<br />
vom 31.12.1990 für eine<br />
Arztgruppe in einem Planungsbereich<br />
ermittelt wurde, um mehr als<br />
10 % überschritten wird. Für ganz<br />
Deutschland sind zurzeit insgesamt<br />
395 Planungsbereiche festgelegt, die<br />
zumeist mit den Landkreisen und<br />
kreisfreien Städten übereinstimmen.<br />
53
Um die spezifischen Bedingungen der<br />
einzelnen Regionen (Ballungsgebiete,<br />
Städte, ländliche Räume) berücksichtigen<br />
zu können, werden die Planungsbereiche<br />
zehn verschiedenen Kategorien<br />
zugeordnet. Das Hauptkriterium<br />
dieser Zuordnung ist dabei die Einwohnerdichte.<br />
Auf dieser Grundlage<br />
ist die Einwohner/Arzt-Relation ermittelt<br />
worden. Hieraus ergeben sich die<br />
spezifischen Verhältniszahlen für die<br />
einzelnen Planungsbereiche und die<br />
jeweilige Ärztegruppe.<br />
Im November 2006 wurde ein neues<br />
Gesetz zur Änderung des Vertragsarztrechts<br />
verabschiedet. Das Gesetz ermöglicht<br />
es, den aus der Zulassung<br />
folgenden Versorgungsauftrag auf die<br />
Hälfte einer hauptberuflichen Tätigkeit<br />
zu beschränken (Teilzulassung), und<br />
soll damit zur besseren Vereinbarkeit<br />
von Beruf und Familie beitragen. Außerdem<br />
soll Vertragsärzten gestattet<br />
werden, gleichzeitig auch als angestellte<br />
Ärzte in Krankenhäusern zu arbeiten.<br />
Die Altersgrenze für den Zugang<br />
zur vertragsärztlichen Tätigkeit<br />
von 55 Jahren soll ganz und die Altersgrenze<br />
für das Ende der vertragsärztlichen<br />
Tätigkeit von 68 Jahren in unterversorgten<br />
Gebieten aufgehoben werden.<br />
Die vertragsärztliche Tätigkeit an weiteren<br />
Orten (Zweigpraxen) – auch den<br />
Bezirk einer Kassenärztlichen Vereini-<br />
54<br />
gung überschreitend – soll erleichtert<br />
und örtliche und überörtliche Berufsausübungsgemeinschaften<br />
zwischen<br />
allen zur vertragsärztlichen Versorgung<br />
zugelassenen Leistungserbringern<br />
sollen zugelassen werden. Darüber<br />
hinaus enthält das Gesetz unter<br />
anderem Regelungen zur Beseitigung<br />
von Schwierigkeiten bei der Gründung<br />
von medizinischen Versorgungszentren,<br />
zur Abmilderung von regionalen<br />
Versorgungsproblemen, zur Verlängerung<br />
der Anschubfinanzierung für die<br />
integrierte Versorgung um zwei Jahre,<br />
zur Klarstellung und finanziellen Absicherung<br />
der Beteiligung der Patientenvertreterinnen<br />
und -vertreter in den<br />
Selbstverwaltungsgremien sowie zur<br />
grenzüberschreitenden Inanspruchnahme<br />
von Gesundheitsleistungen in<br />
der Schweiz. Schließlich sieht der Gesetzentwurf<br />
zur Verbesserung der<br />
wirtschaftlichen Situation von Ärzten,<br />
Zahnärzten und Hebammen in den<br />
neuen Ländern vor, dass der dort bislang<br />
noch geltende Vergütungsabschlag<br />
für privatärztliche Leistungen<br />
aufgehoben wird. Das Gesetz ist am 1.<br />
Januar 2007 in Kraft getreten.<br />
Ein Beispiel für die Niederlassungsproblematik<br />
bei Vertragsärzten: Augenarzt<br />
X möchte sich im Planungsgebiet<br />
Y niederlassen. Das Planungsgebiet Y<br />
gehört zur Kategorie 2 - Hochverdichtete<br />
Kreise. Hier ist zum 31.12.1990<br />
eine Einwohnerzahl von 20.725 je nie-
dergelassenen Augenarzt ermittelt<br />
worden. Zum Zeitpunkt der Antragstellung<br />
des Arztes wird festgestellt, dass<br />
das konkrete Planungsgebiet, in dem<br />
sich Dr. X niederlassen will, ein Verhältnis<br />
von 16.000 Einwohnern auf<br />
einen Augenarzt aufweist. Da das Gebiet<br />
damit gegenüber der Stichtagserhebung<br />
zum Jahresende 1990 um<br />
mehr als 10 % "überversorgt" ist, wird<br />
sich der niederlassungswillige Dr. X<br />
nach regionalen Alternativen umsehen<br />
müssen.<br />
Allerdings gibt es auch Ausnahmeregelungen.<br />
Weitere Informationen zur<br />
Niederlassungsproblematik bei Vertragsärzten<br />
finden Sie auf der Internetseite<br />
des Gemeinsamen Bundesausschusses<br />
(G-BA, Gremium der gemeinsamen<br />
Selbstverwaltung von Ärzten,<br />
Krankenkassen und Krankenhäusern)<br />
unter www.g-ba.de > Vertragsärztliche<br />
Versorgung > Richtlinien > Bedarfsplanungsrichtlinien<br />
Ärzte.<br />
Hausärztliche Versorgung<br />
Im SGB V zur Gesetzlichen Krankenversicherung<br />
ist die hausärztliche Versorgung<br />
definiert. Danach gehören zu<br />
den Hausärzten im Sinne der Bedarfsplanung<br />
Allgemeinärzte, Ärzte ohne<br />
Gebietsbezeichnung (Ärzte, Praktische<br />
Ärzte) und Internisten, die sich für die<br />
hausärztliche Versorgungsform ent-<br />
schieden haben. Kinderärzte sind Hausärzte,<br />
bilden jedoch eine eigene Arztgruppe<br />
im Sinne der Bedarfsplanung.<br />
Die Richtlinien des Bundesausschusses<br />
der Ärzte und Krankenkassen<br />
2002 wurden dementsprechend geändert.<br />
Für Hausärzte gibt es nach der<br />
neuerlichen Festsetzung der Verhältniszahlen<br />
günstigere Möglichkeiten<br />
der Niederlassung als für alle anderen<br />
von der Planung erfassten Arztgruppen.<br />
2004 wurde das Hausarztprinzip<br />
vom Gesetzgeber nochmals unterstrichen:<br />
„Versicherte können sich gegenüber<br />
ihrer Krankenkasse schriftlich<br />
verpflichten, ambulante fachärztliche<br />
Leistungen nur auf Überweisung des<br />
von ihnen aus dem Kreis der Hausärzte<br />
nach Absatz 2 gewählten Hausarztes<br />
in Anspruch zu nehmen<br />
(hausarztzentrierte Versorgung). Der<br />
Versicherte ist an diese Verpflichtung<br />
und an die Wahl seines Hausarztes<br />
mindestens ein Jahr gebunden; er soll<br />
den gewählten Hausarzt nur bei Vorliegen<br />
eines wichtigen Grundes wechseln“.<br />
Aufgrund der Altersstruktur und des<br />
Niederlassungsverhaltens der Hausärzte<br />
zeichnet sich nach der Auffassung<br />
der Bundesärztekammer heute<br />
eine Mangelsituation ab, die sich in<br />
den nächsten Jahren eher noch verschärfen<br />
dürfte. Dieser Erwartung<br />
wurde insofern Rechnung getragen,<br />
als es den Kassenärztlichen Vereini-<br />
55
gungen und den Krankenkassen möglich<br />
ist, „zur Sicherstellung der hausarztzentrierten<br />
Versorgung mit (…)<br />
Hausärzten Verträge zu schließen.“<br />
Als erste Kassenärztliche Vereinigung<br />
(KV) hat die KV Brandenburg auf der<br />
neuen gesetzlichen Grundlage ein<br />
“Sicherstellungsstatut“ beschlossen.<br />
Damit soll dem sich abzeichnenden<br />
Ärztemangel begegnet werden. Insbesondere<br />
in den ländlichen Gebieten<br />
Brandenburgs zeigen sich – wie in fast<br />
allen östlichen Bundesländern - bereits<br />
Engpässe in der ambulanten Versorgung.<br />
Insgesamt waren in Ostdeutschland<br />
2006 weit über 700 Vertragsarztsitze<br />
nicht besetzt – Tendenz<br />
steigend. Das Sicherstellungsstatut<br />
versetzt die Kassenärztliche Vereinigung<br />
beispielsweise in die Lage, Ärzten,<br />
die man in unterversorgten Gebieten<br />
ansiedeln möchte, eine Umsatzgarantie<br />
für die ersten acht Quartale der<br />
Praxistätigkeit zu gewähren. Ebenso<br />
kann niederlassungswilligen Ärzten erlaubt<br />
werden, einen so genannten Sicherstellungsassistenten<br />
anzustellen.<br />
Auch eine Zweigpraxis ist möglich. Offenbar<br />
zeigen die Maßnahmen der KV<br />
Brandenburg erste Erfolge. Zunehmend<br />
gingen Anfragen von interessierten<br />
Ärzten ein, heißt es in einer Mitteilung<br />
der KV.<br />
56<br />
Aus der Sicht des Gesetzgebers<br />
kommt dem Facharzt für Allgemeinmedizin<br />
künftig ein besonderer Stellenwert<br />
zu. Er soll „Lotse durch das<br />
Gesundheitswesen” sein. Deshalb ist<br />
gesetzlich geregelt, dass seit 2006 frei<br />
werdende Hausarztsitze grundsätzlich<br />
nur noch durch Fachärzte für Allgemeinmedizin<br />
(mit einer fünfjährigen<br />
Weiterbildung) zu besetzen sind. Allerdings<br />
nimmt die Zahl der Praktischen<br />
Ärzte aufgrund der Altersstruktur dieser<br />
Arztgruppe ohnehin schnell ab.
Hausarzt aus Überzeugung –<br />
Interview mit dem Hausarzt und<br />
Internisten Dr. K.<br />
Fühlten Sie sich nach Antritt der ersten<br />
Arbeitsstelle als Assistenzarzt gut genug<br />
ausgebildet, um die Anforderungen<br />
des Krankenhausalltags erfüllen zu<br />
können?<br />
Ende der 70er Jahre habe ich meine<br />
erste Assistenzarztstelle in einem kleinen<br />
Krankenhaus angetreten. Ich fühlte<br />
mich in keiner Weise auf den Klinikalltag<br />
vorbereitet. Es war damals kurz<br />
vor Ostern und ich wurde sofort für<br />
die verschiedenen Feiertagsdienste<br />
eingeteilt, ohne die Möglichkeit, Atem<br />
zu holen und mich eingewöhnen zu<br />
können.<br />
Haben Sie persönlich den Eindruck,<br />
dass sich die Ausbildung an den Hochschulen<br />
in den letzten Jahren eher verbessert<br />
oder verschlechtert hat?<br />
Aus meiner Kenntnis, die ich von jungen<br />
Menschen, die in meiner Umgebung<br />
Medizin studieren, bestätigt bekomme,<br />
habe ich überhaupt nicht den<br />
Eindruck, dass sich irgendetwas verbessert<br />
hat. Die jungen Ärztinnen und<br />
Ärzte müssten wesentlich schonender<br />
an den Klinikalltag herangeführt werden,<br />
um den Praxisschock abzufedern.<br />
Die nach wie vor unbefriedigende und<br />
über Gebühr belastende Arbeitssitua-<br />
tion führt doch in so manchem Fall dazu,<br />
dass sich Ärzte leider vom kurativen<br />
Bereich ganz abwenden. Hier<br />
muss noch viel verbessert werden.<br />
Wie haben Sie als junger Assistenzarzt<br />
seinerzeit die Arbeitssituation im Krankenhaus<br />
hinsichtlich Arbeitszeit, Bürokratieaufwand<br />
und Verantwortung für<br />
die Patienten erlebt? Was hat sich nach<br />
Ihrer Auffassung seither geändert?<br />
Ich kann mich nicht daran erinnern, jemals<br />
normale Arbeitszeiten gehabt zu<br />
haben, und ich denke auch, bis heute<br />
hat sich da noch nicht viel geändert.<br />
Überstunden geltend zu machen galt<br />
damals und gilt auch heute noch als<br />
mit dem Berufsethos nicht zu vereinbaren,<br />
so dass junge Ärzte nach wie<br />
vor schnell zum Ziel von (Selbst-) Ausbeutung<br />
werden können. Soweit ich<br />
den Überblick habe, hat sich der bürokratische<br />
Aufwand in den Kliniken, der<br />
seinerzeit schon sehr hoch war, inzwischen<br />
eher noch weiter aufgebaut.<br />
Vor einigen Jahren haben Sie sich als<br />
Internist niedergelassen. Bedauern Sie<br />
gelegentlich diesen Schritt im Rückblick<br />
und im Vergleich zur Arbeit an Kliniken?<br />
57
Nein, diesen Schritt habe ich im Grunde<br />
nie bereut. Es gibt allerdings eine<br />
kleine Ausnahme: Gelegentlich stelle<br />
ich fest, dass ich als Hausarzt-Internist<br />
nicht mehr verdiene als ein angestellter<br />
Facharzt im Klinikbereich. Aber im<br />
Vordergrund steht doch die Freude an<br />
der selbstständigen Arbeit mit Patienten.<br />
Wie haben sich in den letzten Jahren<br />
die Reformgesetze im Gesundheitsbereich<br />
auf Ihre Arbeit als niedergelassener<br />
Arzt ausgewirkt?<br />
In den vergangenen zehn Jahren ist die<br />
Freude an meiner Arbeit häufig getrübt<br />
worden durch die vielen Änderungen<br />
in der Gesundheitsgesetzgebung.<br />
Immer wieder wird die Gebührenordnung<br />
geändert, jedes Mal ist<br />
dies mit einem hohen Lernaufwand<br />
verbunden. Hinzu kommt, dass die Patienten<br />
über gesetzliche Änderungen<br />
vom Hausarzt aufgeklärt werden müssen;<br />
noch dazu die aufwändige Diagnoseverschlüsslung<br />
nach ICD<br />
(International Classification of Diseases<br />
– d. Verf.). Für die Krankenkassen<br />
sind Statistiken für Desease Management<br />
Programme zu erstellen, um die<br />
Versorgung chronisch Kranker zu verbessern.<br />
Insgesamt schätze ich, dass<br />
der bürokratische Aufwand in den vergangenen<br />
zehn Jahren für mich als niedergelassenen,<br />
hausärztlich tätigen Internisten<br />
um 10 bis 20 Prozent gestie-<br />
58<br />
gen ist, ein Mehraufwand, der mir bei<br />
der eigentlichen Arbeit mit den Patienten<br />
schmerzlich fehlt.<br />
Welche Umstände haben Sie bewogen,<br />
als Internist an der Hausarztversorgung<br />
teilzunehmen? Wo liegen die Vorteile<br />
und Nachteile, welche finanziellen Auswirkungen<br />
ergeben sich daraus?<br />
An der Tätigkeit als Hausarzt hat mich<br />
vor allem die Synthese von Diagnose<br />
und Therapie gereizt. Man kann die<br />
Patienten mit ihren Erkrankungen intensiver<br />
und länger begleiten als das<br />
einem fachärztlich tätigen und spezialisierten<br />
Internisten möglich ist. Gerade<br />
die betagten Patienten in meiner<br />
Praxis sind oft mehrfach erkrankt. Ihre<br />
Behandlung stellt oft eine Gratwanderung<br />
zwischen potenzieller Verbesserung<br />
und möglichen Nebenwirkungen<br />
dar. Psychische und soziale Faktoren<br />
spielen eine wesentliche Rolle, weshalb<br />
ein multidimensionaler Therapieansatz<br />
wichtig ist, den ich als Hausarzt<br />
in wesentlich besser beurteilen und<br />
begleiten kann.<br />
Welche Ratschläge würden Sie einem<br />
Hochschulabsolventen, der eine Niederlassung<br />
anstrebt, hinsichtlich der<br />
Wahl der anzustrebenden Fachrichtung,<br />
dem allgemeinen Vorgehen, aber<br />
auch bezüglich betriebswirtschaftlicher<br />
Kenntnisse geben?
Bei den meisten jungen Ärzten steht<br />
zu Beginn des beruflichen Einstiegs als<br />
Assistenzarzt aus meiner Kenntnis das<br />
Interesse an einzelnen Fachgebieten<br />
im Vordergrund und weniger berufliche<br />
Perspektiven als Klinikarzt oder<br />
niedergelassener Arzt. Das finde ich<br />
auch gut so. Die Weichenstellung in<br />
Richtung Niederlassung oder Klinik<br />
sollte erst nach Abschluss der Facharztausbildung<br />
vorgenommen werden.<br />
Bei der Wahl des Hauses, an dem die<br />
Weiterbildung absolviert werden soll,<br />
würde ich aus meiner Erfahrung nicht<br />
ausschließlich Universitäts- oder Großkliniken<br />
einbeziehen. An kleineren und<br />
mittleren Krankenhäusern ist der Lerneffekt<br />
oft größer, weil hier im Alltag<br />
eher der Normalbefund im Vordergrund<br />
steht, während bei den Unikliniken<br />
in der Regel ein sehr hoher Spezialisierungsgrad<br />
vorhanden ist, der<br />
unter Umständen den Blick für die Alltagserkrankungen<br />
verstellen kann.<br />
Jungen Menschen, die vor der Entscheidung<br />
stehen, ob sie ein Medizinstudium<br />
aufnehmen sollen, würde ich<br />
empfehlen, genau zu prüfen, ob das<br />
Engagement und die Freude beim Umgang<br />
mit Patienten wirklich vorhanden<br />
sind. Am ehesten kann man das durch<br />
ein Pflegepraktikum vor Aufnahme des<br />
Studiums erfahren. Aber auch eine<br />
Ausbildung zum Rettungssanitäter<br />
könnte ebenso den Klärungsprozess<br />
vorantreiben wie eine entsprechende<br />
Arbeit im medizinischen oder Pflegebereich,<br />
während des Zivildienstes<br />
oder eines Freiwilligen Sozialen<br />
Jahres.<br />
Gesundheitsreformgesetze und<br />
Teilarbeitsmarkt Krankenhaus<br />
Seit 1998 dürfen die Ausgaben der<br />
Krankenhäuser nicht schneller steigen<br />
als die Grundlohnsumme. Da etwa<br />
70 % der Kosten an Krankenhäusern<br />
und Kliniken Personalkosten sind, hat<br />
sich hier ein großer Spardruck aufgebaut.<br />
Zumal die Gesundheitsreform<br />
2007 vorsieht, 500 Millionen Euro von<br />
den Krankenhäusern als „Sanierungsbeitrag“<br />
einzuziehen.<br />
Überlagert wurden die Personalprobleme<br />
an den Krankenhäusern zunächst<br />
durch den Niederlassungsboom, der<br />
seinerzeit durch das Gesundheitsstrukturgesetz<br />
(GSG) mit herbeigeführt<br />
wurde. Da tatsächlich ein großer<br />
Teil der niederlassungswilligen Krankenhausärzte<br />
(circa 10.000) seine Absicht<br />
realisiert hat, war vorübergehend<br />
Bewegung auf dem Teilarbeitsmarkt<br />
Krankenhaus entstanden. Aufgrund<br />
der finanziellen Fesseln entstand aber<br />
mittelfristig eine Stagnation in der Personalplanung.<br />
Auch die Einstellung<br />
von Assistenzärzten auf Weiterbildungsstellen<br />
wurde durch die skizzierte<br />
Entwicklung zeitweise erheblich<br />
59
eeinflusst und die prekäre Stellensituation<br />
für Assistenzärzte an den<br />
Krankenhäusern zwischenzeitlich<br />
durch die Einrichtung von Teilzeitstellen<br />
überlagert und verdeckt.<br />
Auf dem Teilarbeitsmarkt Krankenhaus<br />
hat ein Paradigmenwechsel<br />
stattgefunden. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft<br />
(DKG) warnte bereits<br />
im Jahr 2002 vor einem dramatischen<br />
Ärztemangel in den Kliniken. In Ostdeutschland<br />
ist die Lage nach Einschätzung<br />
der DKG inzwischen besonders<br />
prekär. Außer der Optimierung ihrer<br />
Arbeitsorganisation bliebe den<br />
Krankenhäusern bisher keine andere<br />
Möglichkeit, die Arbeitsbelastung der<br />
Ärzte zu vermindern. Diese Möglichkeiten<br />
seien nun endgültig ausgeschöpft.<br />
Es sei nunmehr erstrangige<br />
Aufgabe der Politik, sich dem Problem<br />
des Rückgangs an Arbeitskräften bei<br />
gleichzeitig zunehmender Nachfrage<br />
an Gesundheitsleistungen zu stellen.<br />
Von Anfang 2004 bis zur Jahresmitte<br />
2006 haben laut Krankenhausbarometer<br />
40 % der Krankenhäuser Arbeitszeitmodelle<br />
nach dem neuen Arbeitszeitgesetz<br />
von 2004 eingeführt. Dazu<br />
zählen zum Beispiel die normale regelmäßige<br />
Arbeitszeit, Arbeitsbereitschaft,<br />
Überstunden, die gesamte Zeit<br />
des Bereitschaftsdienstes und die Inanspruchnahme<br />
während der Rufbereitschaft<br />
zur Arbeitszeit. Die wö-<br />
60<br />
chentliche Arbeitszeit darf 48 Stunden<br />
nicht überschreiten. Gegenüber dem<br />
entsprechenden Vergleichswert des<br />
Vorjahres bedeuten diese 40 % nur eine<br />
leichte Steigerung von circa drei<br />
Prozentpunkten. Bei einem Drittel der<br />
Häuser ist eine neue Arbeitszeitorganisation<br />
konkret in Planung. Hier ist gegenüber<br />
dem Vorjahr eine etwas größere<br />
Steigerung um gut zehn Prozentpunkte<br />
zu verzeichnen. Knapp 20 %<br />
der Krankenhäuser hatten zur Jahresmitte<br />
2006 allerdings noch keine konkreten<br />
Pläne, wie sie das neue Arbeitszeitgesetz<br />
hausintern umsetzen<br />
würden. Im Falle der vollen Umsetzung<br />
wird mit einem zusätzlichen Personalbedarf<br />
von bis zu 27.000 Ärztinnen<br />
und Ärzten an deutschen Krankenhäusern<br />
gerechnet. Bundesgesundheitsministerin<br />
Ulla Schmidt forderte<br />
die Umsetzung des Arbeitszeitgesetzes<br />
bis Ende 2006.<br />
Mehr zum neuen Arbeitszeitgesetz unter<br />
www.marburger-bund.de > Unsere<br />
Themen > Krankenhauspolitik.<br />
Das Fallpauschalengesetz<br />
Mit dem Fallpauschalengesetz von<br />
2002 wurde das bisherige System der<br />
Krankenhausvergütung aus tagesgleichen<br />
Pflegesätzen, Fallpauschalen,<br />
Sonderentgelten und Krankenhausbudgets<br />
auf eine leistungsorientierte
Vergütung umgestellt. Das neue Fallpauschalensystem<br />
basiert auf den so<br />
genannten Diagnosis Related Groups,<br />
die unterschiedliche Diagnosen und<br />
Krankheiten in einen Katalog einordnen,<br />
nach dem abgerechnet wird. Die<br />
Struktur des deutschen DRG-Systems<br />
ist bundesweit einheitlich. Seit 2004<br />
ist das DRG-System für alle Krankenhäuser<br />
(bis auf wenige Ausnahmen, etwa<br />
psychiatrische Krankenhäuser)<br />
Pflicht; allerdings ist die Bundesregierung<br />
im Rahmen des Zweiten Fallpauschalenänderungsgesetzes<br />
in Teilen<br />
den Vorschlägen der Ärzteschaft entgegen<br />
gekommen, die Konvergenzphase<br />
auf fünf Jahre (bis Ende 2009)<br />
auszudehnen.<br />
Einerseits soll durch ein einheitliches<br />
System von Fallpauschalen die Kostenstruktur<br />
in den Kliniken transparenter<br />
und damit günstiger gestaltet werden;<br />
auf der anderen Seite kommen<br />
durch das neue System auf die Krankenhäuser<br />
zusätzlich hohe Investitions-<br />
und Personalkosten zu. Insbesondere<br />
in den Bereichen EDV-Ausstattung,<br />
Controlling und Qualitätsmanagement<br />
werden den Krankenhäusern<br />
zusätzliche Leistungen abgefordert,<br />
die den Bedarf an entsprechendem<br />
Fachpersonal bereits erhöht haben.<br />
Laut der Absicht des Gesetzgebers<br />
sollen die zusätzlichen Leistungen<br />
ausgabenneutral zwischen den Krankenhäusern<br />
umverteilt werden, so<br />
dass Mehrbelastungen angeblich nicht<br />
zu erwarten sind.<br />
Den Text zum Fallpauschalengesetz<br />
können Sie unter<br />
www.die-gesundheitsreform.de ><br />
Gesundheitspolitik > Gesetze und Meilensteine<br />
> Fallpauschalengesetz<br />
(FPG) einsehen.<br />
Weitere arbeitsmarktrelevante<br />
Entwicklungen<br />
Neue Tarifverträge<br />
Ein Fazit des dreimonatigen Streiks<br />
der Ärzte an den Universitätskliniken<br />
war 2006 ein eigener arztspezifischer<br />
Tarifvertrag. Der Marburger Bund (MB)<br />
und die Tarifgemeinschaft deutscher<br />
Länder (TdL) einigten sich im Oktober<br />
auf einen Tarifvertrag für die rund<br />
22.000 <strong>Mediziner</strong> an den bundesweit<br />
40 Universitäts- und Landeskliniken.<br />
Unter anderem wurde eine faktische<br />
Anhebung der Entgelte um 10 bis 20<br />
Prozent für Ärzte an Universitätskliniken<br />
vereinbart. Danach verdient ein<br />
Berufsanfänger an einer Uniklinik nun<br />
statt 3.091 € gut 500 € mehr.<br />
Der erste arztspezifische Tarifvertrag<br />
für die rund 55.000 kommunalen<br />
Krankenhausärzte folgte im November:<br />
Die Große Tarifkommission der<br />
Ärztegewerkschaft Marburger Bund<br />
61
(MB) und kurz darauf auch die Vereinigung<br />
der kommunalen Arbeitgeberverbände<br />
(VKA) stimmten dem Tarifvertrag<br />
zu.<br />
Zu den Kerninhalten des Tarifvertrages<br />
zählt eine wöchentliche Arbeitszeit der<br />
kommunalen Krankenhausärzte von<br />
40 Stunden und der Ärzte an Unikliniken<br />
von 42 Stunden.<br />
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft<br />
(DKG) schätzt, dass zur Einhaltung<br />
der neuen Tarifverträge 1,3 Milliarden<br />
Euro mehr Budget vonnöten<br />
sein werden. „Für viele Kliniken stellt<br />
sich angesichts der Tatsache, dass die<br />
Personalmehrkosten nach geltendem<br />
Recht nicht refinanziert werden können,<br />
die Existenzfrage“, so DKG-<br />
Hauptgeschäftsführer Georg Baum in<br />
einer Pressemitteilung vom August<br />
2006.<br />
Mehr zu den neuen Tarifverträgen unter<br />
www.marburger-bund.de > Unsere<br />
Themen > MB-Tarifverträge.<br />
Gesundheitszentren<br />
Seit dem GKV-Modernisierungsgesetz<br />
gibt es Medizinische Versorgungszentren<br />
(MVZ), auch Gesundheitszentren<br />
genannt, die von Ärztinnen und Ärzten<br />
geleitet werden können. Ihre Zahl ist<br />
laut BÄK im 1. Quartal 2006 um 26,3<br />
62<br />
Prozent auf 341 angestiegen; Ende Juni<br />
2006 waren es bereits 491.<br />
Gesundheitszentren bieten eine Versorgung<br />
aus "einer Hand", sind also<br />
fachübergreifend tätig. Nur Leistungserbringer,<br />
die an der medizinischen<br />
Versorgung der gesetzlichen Krankenversicherung<br />
teilnehmen, dürfen sie<br />
gründen. Die Krankenkassen können<br />
mit diesen Gesundheitszentren im<br />
Rahmen der Integrierten Versorgung<br />
Direktverträge abschließen.<br />
Befürworter und Gegner liefern sich<br />
kontroverse Diskussionen. Parallelen<br />
zu den Polikliniken der ehemaligen<br />
DDR werden gezogen, von ihrer Renaissance<br />
ist die Rede.<br />
Nach Auffassung der BÄK werden die<br />
geplanten neuen Gesundheitszentren<br />
eher dafür sorgen, dass die ambulante<br />
fachärztliche Versorgung weiter ausdünnt.<br />
Ausgehend von der Befürchtung,<br />
dass die Zahl der Krankenhäuser<br />
im Zuge des Wettbewerbs erheblich<br />
reduziert wird, erwartet der Präsident<br />
der BÄK, Jörg-Dietrich Hoppe, in strukturschwachen<br />
Gebieten noch weit größere<br />
Versorgungsprobleme als bisher<br />
vermutet.<br />
Rainer Schwitalski, stellvertretender<br />
Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes<br />
der Gesundheitszentren und<br />
Praxisnetze e. V., sieht dagegen gera-
de in den dünn besiedelten Flächenländern<br />
Ostdeutschlands durch die<br />
Gesundheitszentren sehr gute Chancen,<br />
eine umfassende qualitativ gute<br />
medizinische Versorgung mit kurzen<br />
Wegen unter einem Dach zu leisten.<br />
Diese Einrichtungen böten Ärztinnen<br />
und Ärzten die Möglichkeit einer beruflichen<br />
Perspektive ohne hohe Kreditbelastung<br />
für den Einzelnen.<br />
Damit könnten sie einen wirksamen<br />
Beitrag leisten, dem Ärztemangel entgegen<br />
zu treten und die medizinische<br />
Versorgung der Patientinnen und Patienten<br />
zu verbessern. Welche Einschätzung<br />
zutreffender ist, müssen die<br />
nächsten Jahre zeigen.<br />
63
Beschäftigungsmöglichkeiten<br />
im Ausland<br />
In den 1990er Jahren war der Berufseinstieg<br />
für viele junge Ärzte extrem<br />
schwierig geworden. Die Arbeitslosigkeit<br />
stieg, die Perspektiven in<br />
Deutschland – sowohl im klinischen<br />
Bereich wie bei den Niederlassungen -<br />
waren mit vielen negativen Vorzeichen<br />
belegt. Diese Rahmenbedingungen haben<br />
mit dazu beigetragen, das Interesse<br />
für eine Weiterbildung oder eine<br />
fachärztliche Tätigkeit im Ausland zu<br />
wecken. Heute hat sich das Blatt gewendet;<br />
vor allem die berufsständischen<br />
Organisationen der Ärzteschaft,<br />
aber auch die Kliniken sprechen zunehmend<br />
von einem Ärztemangel.<br />
Hier und da wird sogar eine „Green<br />
Card“ für Ärzte, das heißt, eine Anwerbung<br />
ausländischer Ärzte nach<br />
Deutschland, gefordert.<br />
Die aktuellen Arbeitsmarktdaten belegen<br />
ebenfalls die Wende am Arbeitsmarkt,<br />
die vor Jahren niemand für<br />
möglich gehalten hätte. Obwohl der<br />
Arbeitsmarkt in Deutschland sich für<br />
Ärzte verbessert hat, interessieren<br />
sich noch immer viele für eine Beschäftigung<br />
im Ausland. Bessere Ar-<br />
64<br />
beitsbedingungen und höhere Gehälter<br />
locken. Doch selbstverständlich<br />
können offizielle deutsche Stellen unter<br />
diesen Umständen nicht mehr offensiv<br />
für eine Abwanderung deutscher<br />
Ärzte in andere Industrieländer<br />
eintreten. Ein Beleg dafür: Immer<br />
mehr Medizinstudenten belegen<br />
schon ab dem ersten Semester<br />
Sprachkurse in Schwedisch oder Norwegisch,<br />
wie in einer Umfrage der<br />
Bundesvereinigung der Medizinstudierenden<br />
in Deutschland zutage kam.<br />
Unabhängig von der Lage auf dem nationalen<br />
deutschen Arbeitsmarkt entdecken<br />
immer mehr Medizinstudentinnen<br />
und -studenten, Ärzte in der Weiterbildung<br />
und auch Fachärzte die Vorzüge<br />
einer vorübergehenden Tätigkeit<br />
im Ausland, wo sie häufig wesentlich<br />
praxisbezogener arbeiten können.<br />
Auch die Motivation, in medizinisch<br />
unterversorgten Entwicklungsländern<br />
praktische Hilfe zu leisten, spielt eine<br />
Rolle. Die Erfahrungen, die deutsche<br />
Ärzte im Ausland sammeln, kommen<br />
letztlich wieder der medizinischen Versorgung<br />
in Deutschland zugute. Dies
kann sowohl durch wissenschaftliche<br />
Erkenntnisse wie auch durch die außerhalb<br />
Deutschlands in sozialen und<br />
kulturellen Fragen erworbene Kompetenz<br />
geschehen.<br />
Der Weg ins Ausland ist nicht immer<br />
ganz einfach, denn außer ausreichenden<br />
Kenntnissen der jeweiligen Landessprache<br />
werden - insbesondere in<br />
den außereuropäischen Ländern - zusätzliche<br />
Prüfungen verlangt.<br />
Das beliebteste Land bei Ärzten, die<br />
ins Ausland gehen wollen, sind die<br />
USA. Im europäischen Ausland steht<br />
Großbritannien traditionell an der Spitze<br />
der Wunschliste, neuerdings bieten<br />
auch Schweden und Norwegen interessante<br />
und gute Chancen. Daneben<br />
gibt es Arbeitsmöglichkeiten für deutsche<br />
<strong>Mediziner</strong> in Frankreich, in den<br />
Niederlanden und Dänemark sowie in<br />
der Schweiz. Insgesamt eröffnet der<br />
Blick auf das europäische Ausland die<br />
Erkenntnis, dass Ärztemangel kein<br />
deutsches, sondern ein europäisches<br />
Problem ist. Die Länder, die sich im<br />
Rennen um qualifiziertes medizinisches<br />
Fachpersonal in Kliniken und<br />
um niederlassungswillige <strong>Mediziner</strong><br />
am besten positionieren können, werden<br />
dem Ärztemangel am erfolgreichsten<br />
entgegentreten können.<br />
Die Suche nach Stellenangeboten im<br />
Ausland kann bereits von Deutschland<br />
aus auf dem Internetportal der Bundesagentur<br />
für Arbeit unter<br />
www.arbeitsagentur.de beginnen. Hier<br />
hat man Zugang zum Virtuellen Arbeitsmarkt,<br />
der Stellenbörse der Agentur<br />
für Arbeit. Um aktuelle Stellenangebote<br />
im europäischen Ausland finden<br />
zu können, müssen Sie mindestens<br />
für die Felder "Art der Nachfrage"<br />
und "Land" eine Auswahl treffen. Die<br />
Mehrzahl der Stellenangebote, die<br />
deutsche Firmen für einen Auslandseinsatz<br />
melden, stammen aus der mittelständischen<br />
Wirtschaft. Aber auch<br />
Beratungsunternehmen fordern häufig<br />
Personal für eine befristete Auslandstätigkeit<br />
an.<br />
Weitere Infomationen zum Thema und<br />
rund um die Leistungen und Angebote<br />
der Zentralstelle für Arbeitsvermittlung<br />
(ZAV) zur internationalen Bildungsund<br />
Arbeitsmarktmobilität sind auf der<br />
Internetseite des Europaservice der<br />
Bundesagentur für Arbeit (ES-BA) unter<br />
www.europaserviceba.de zu finden.<br />
Die Bundesagentur für Arbeit hat sich<br />
als öffentliche Arbeitsverwaltung in<br />
Deutschland auf die Internationalisierung<br />
der Märkte eingestellt und bietet<br />
Arbeitnehmern, Auszubildenden, Studierenden<br />
und Arbeitgebern eine breite<br />
Palette von Informations- und Beratungsdienstleistungen<br />
an. Im Zentrum<br />
der Berichterstattung steht das Thema<br />
„Arbeiten im Ausland“ und der Blick<br />
auf die Arbeitsmärkte der Europäi-<br />
65
schen Union sowie der neuen Beitrittskandidaten.<br />
Im internationalen Teil der<br />
Webseite werden darüber hinaus auch<br />
Länder vorgestellt, in denen Stellen<br />
angeboten werden und in denen die<br />
arbeits- und aufenthaltsrechtlichen<br />
Voraussetzungen für die Besetzung<br />
von Stellen durch deutsche Fach- und<br />
Führungskräfte gegeben sind.<br />
Wer grundsätzliche Fragen zum Thema<br />
"Arbeiten im Ausland“ hat oder erste<br />
Informationen zu einem bestimmten<br />
Land benötigt, sollte sich direkt an die<br />
Europa- und Auslands-Hotline der Bundesagentur<br />
für Arbeit wenden. Die<br />
Hotline ist aus dem deutschen Festnetz<br />
über die Telefonnummer 0180 –<br />
100 30 60 (4,6 Cent / Minute) zu erreichen.<br />
Die Europa- und Auslandshotline<br />
ist Montag bis Freitag von 8 bis<br />
18 Uhr erreichbar. Per E-Mail ist das<br />
Hotline-Team unter Bonnzav.auslandsinfo@arbeits-agentur.de<br />
zu erreichen.<br />
Beschäftigungsmöglichkeiten in<br />
einzelnen Ländern<br />
Schweden<br />
Der schwedische Arbeitsmarkt ist quasi<br />
leergefegt und die Arbeitslosenquote<br />
liegt unter 4 %. Vor allem im medizinischen<br />
Bereich werden Arbeitskräfte<br />
66<br />
<strong>gesucht</strong>; Ärzte sind Mangelware. Daher<br />
haben deutsche Fach- und Assistenzärzte<br />
gute Chancen, in Schweden<br />
Arbeit zu finden. Zurzeit sind in dem<br />
Land 200 deutsche Ärzte unter Vertrag;<br />
2005 haben sich insgesamt rund<br />
1.000 ausländische Ärzte um eine Zulassung<br />
in Schweden beworben, die<br />
meisten von ihnen aus Osteuropa und<br />
Spanien. Gleichzeitig werden in<br />
Schweden jährlich nur etwa 1.000 junge<br />
Ärzte ausgebildet. Jedoch können<br />
nach wie vor bis zu 450 Arztstellen<br />
nicht besetzt werden. Dieser Trend<br />
wird voraussichtlich weiter voran<br />
schreiten und im Jahre 2010 seinen<br />
Höhepunkt finden.<br />
Grund für den akuten Ärztemangel in<br />
Schweden ist die strenge Zugangsregelung<br />
zu den medizinischen Fakultäten.<br />
Die wenigen einheimischen Bewerber,<br />
die die hohen Hürden zur Zulassung<br />
an den Universitäten des Landes<br />
genommen haben, gehen nach<br />
dem Abschluss ihres Studiums vor allem<br />
in die wenigen Großstädte, so<br />
dass vor allem in den ländlichen Gebieten<br />
ein großer Mangel an <strong>Mediziner</strong>n<br />
herrscht. Außerdem gibt es relativ<br />
wenige Weiterbildungsstellen; desweiteren<br />
schreibt der nationale Handlungsplan<br />
zur Entwicklung der Gesundheitsversorgung<br />
in den Kommunen<br />
eine größere Zahl von Gesundheitsfachkräften<br />
vor. Allerdings wird<br />
die Realisierung dieser Zielset-
zung durch die Finanzlage der jeweiligen<br />
Region beeinflusst, so dass die<br />
Zahl der ausgeschriebenen Stellen unter<br />
Umständen nicht dem tatsächlichen<br />
Bedarf entspricht.<br />
In Schweden werden vor allem Fachärzte<br />
für Allgemeine Medizin, Innere<br />
Medizin, Anästhesie, Radiologie, Rehabilitation,<br />
Psychiatrie, Chirurgie, Urologie,<br />
Gynäkologie, Pädiatrie, Augenheilkunde<br />
und Pathologie <strong>gesucht</strong>.<br />
Den deutschen Bewerbern werden<br />
von der schwedischen Arbeitsverwaltung<br />
kostenlose Sprachkurse angeboten,<br />
in denen sie sich auf ihren Aufenthalt<br />
vorbereiten können.<br />
Ärzte im fortgeschrittenen Stadium<br />
der Weiterbildung für Allgemeine Medizin<br />
haben auch gute Chancen, eine<br />
Stelle in einer “Värdcentral” zu erhalten.<br />
Eine Värdcentral ist ein Behandlungszentrum<br />
in öffentlicher Hand und<br />
fungiert als Anlaufstelle für jede Art<br />
von Patienten, vergleichbar mit den<br />
Polikliniken der DDR oder den heutigen<br />
Medizinischen Versorgungszentren<br />
in Deutschland. Das Aufgabenfeld<br />
ist somit vielseitig und schließt Bereiche<br />
der Kinderheilkunde, Familienplanung,<br />
HNO- und Augenheilkunde ein.<br />
Norwegen<br />
In Norwegen werden zurzeit vor allem<br />
Ärzte der Fachrichtungen Zahnmedizin,<br />
Allgemeinmedizin sowie der Fachrichtungen<br />
Anästhesiologie, Gynäkologie,<br />
Innere Medizin und Pädiatrie <strong>gesucht</strong>.<br />
Bewerber müssen sich auch<br />
darüber im Klaren sein, dass sich die<br />
Arbeitsstellen zum Teil an der Westküste<br />
und im Norden Norwegens befinden,<br />
also in weniger attraktiven,<br />
ländlichen Gegenden. Das durchschnittliche<br />
Gehalt für Fachärzte in<br />
Norwegen liegt bei 60.000 bis<br />
75.000 €.<br />
Bewerben können sich nur voll approbierte<br />
Ärztinnen und Ärzte sowie<br />
Fachärztinnen und Fachärzte, die ihr<br />
Abschlussexamen an einer Universität<br />
in einem EU- oder EWR Land absolviert<br />
haben und neben Norwegisch<br />
oder Schwedisch auch Englisch beherrschen.<br />
Weitere Informationen: Norwegische<br />
Zentralstelle für die Zulassung von<br />
Personal im Gesundheitswesen:<br />
www.safh.no<br />
67
Dänemark<br />
Auch in Dänemark besteht Bedarf an<br />
ausländischen Ärzten aller Fachrichtungen,<br />
wenngleich es kein Sonderprogramm<br />
gibt. Dänische Sprachkenntnisse<br />
sind keine Voraussetzung,<br />
gute Englischkenntnisse genügen.<br />
Trotzdem werden Sprachkurse von<br />
den dänischen Arbeitgebern bezahlt<br />
und in Dänemark durchgeführt, wobei<br />
parallel bereits in Krankenhäusern in<br />
Teilzeitbeschäftigung gearbeitet wird.<br />
Interessenten können sich unter anderem<br />
an die Vermittlungsstellen der dänischen<br />
Ärztekammer wenden oder<br />
sich auf Stellenanzeigen in der Fachzeitschrift<br />
„Ugeskrift for Laeger“ unter<br />
„stillingsbanken“ www.dadl.dk bewerben.<br />
Die neue Grundgehaltstabelle für Assistenzärzte<br />
besteht aus 3 Stufen.<br />
Während der ersten drei Jahre erfolgt<br />
die Einstufung nach Stufe 1<br />
(21.750,17 dkr = circa 2.900 €), in<br />
den nächsten 2 Jahren nach Stufe 2<br />
(22.888,92 dkr = circa 3.100 €), und<br />
nach 5 Jahren wird die Endstufe erreicht<br />
(25.026,33 dkr = circa<br />
3.360 €).<br />
Weitere Informationen: Vermittlungsstelle<br />
der Dänischen Ärztekammer:<br />
Den Almindelige Danske Laegeforenings<br />
Bureau, Esplanaden 8C, DK<br />
1263 Kobenhavn,<br />
68<br />
Tel: 0045/31385500-386 oder -387,<br />
Fax 0045/ 33983833. Dänische Arbeitsverwaltung<br />
unter www.af.de<br />
Großbritannien<br />
Englands Gesundheitswesen, der National<br />
Health Service (NHS), hat gerade<br />
die größten Veränderungen seit<br />
seiner Gründung hinter sich. Unter anderem<br />
wurde ein „New Contract“ ausgehandelt,<br />
der eine neue Bezahlstruktur<br />
für Ärzte beinhaltet. Weitere Reformen:<br />
die Einrichtung 100 neuer Krankenhausprogramme<br />
und 7.000 neuer<br />
Betten bis zum Jahr 2010 sowie<br />
12.000 neue Chefärzte und 3.000<br />
neue Allgemeinärzte bis zum Jahr<br />
2009. Es sind zusätzliche Studienund<br />
Ausbildungsplätze für Ärzte eingerichtet<br />
worden, doch wird es noch einige<br />
Jahre dauern, bevor die britischen<br />
Universitäten den Bedarf an voll ausgebildeten<br />
Fachärzten decken können.<br />
Die Umsetzung des NHS-Plans ist ohne<br />
die Anwerbung ausländischer Fachkräfte<br />
nicht möglich. Mit einer internationalen<br />
Rekrutierungskampagne versuchen<br />
die Briten gezielt, europaweit<br />
Ärzte zu gewinnen, zum Beispiel auch<br />
als „flying doctors“, die Wochenenddienste<br />
in Großbritannien schieben.
Während in den vergangenen Jahren<br />
insbesondere Bedarf an Ärzten im<br />
Praktikum und Assistenzärzten artikuliert<br />
wurde, ist die Kampagne nun bemüht,<br />
Allgemeinmediziner und Chefärzte<br />
mit Erfahrung in der Onkologie,<br />
Herzchirurgie, Kardiologie, Radiologie,<br />
Psychiatrie, Histopathologie, Anästhesie,<br />
Orthopädie, Augenheilkunde und<br />
Allgemeine Innere Medizin zu gewinnen.<br />
Fachärzte können sich in das<br />
Specialist-Register eintragen lassen<br />
und als Consultant tätig werden. Derzeit<br />
werden insbesondere im Bereich<br />
Psychiatrie bzw. Kinder- und Jugendpsychiatrie<br />
und –psychotherapie verstärkt<br />
Fachkräfte <strong>gesucht</strong>.<br />
Immer mehr deutsche Jungmediziner<br />
und -medizinerinnen haben in den vergangenen<br />
Jahren Interesse daran geäußert,<br />
Zeiten ihrer Weiterbildung in<br />
Großbritannien zu absolvieren. Für flexible<br />
Berufsanfänger mit guten englischen<br />
Sprachkenntnissen bieten sich<br />
hier nicht alltägliche und gute Möglichkeiten<br />
zum Einstieg in den Beruf<br />
und zur ärztlichen Weiterbildung an.<br />
Die Einstiegsgehälter von Fachärzten<br />
liegen bei cirka 80.000 Euro jährlich<br />
und können innerhalb von fünf Jahren<br />
auf bis zu 105.000 Euro steigen. Britische<br />
Hausärzte gehören inzwischen zu<br />
den bestbezahlten Allgemeinmedizinern<br />
Europas; das Durchschnittsgehalt<br />
übersteigt nach Angaben des britischen<br />
Ärztebundes (British Medical<br />
Association, www.bma.org.uk)<br />
100.000 Pfund (155.000 €) pro Jahr.<br />
Interessierte müssen mit zeitaufwändigen<br />
Bewerbungsverfahren rechnen.<br />
Weitere Informationen finden Sie<br />
hier:<br />
National Health Service International<br />
Recruitment Eileen Calline, Tel 0113<br />
306 3030, E-Mail:<br />
Eileen.Calline@nhsemployers.org<br />
www.nhsemployers.org > Workforce ><br />
Recruitment and retention > International<br />
recruitment<br />
Frankreich<br />
Deutsche Fachärztinnen und Fachärzte<br />
werden auch in Frankreich <strong>gesucht</strong>.<br />
Es mangelt insbesondere an Anästhesisten,<br />
Chirurgen, Gynäkologen und<br />
Notfallärzten. Momentan arbeiten<br />
über 800 deutsche Ärzte in Frankreich.<br />
Immer mehr niedergelassene Ärzte<br />
verabschieden sich bereits vor ihrem<br />
65. Lebensjahr aus dem Berufsleben.<br />
Dieser Trend könnte den Ärztemangel,<br />
der in den nächsten zehn Jahren auf<br />
Grund der demographischen Entwicklung<br />
ohnehin erwartet wird, weiter verschärfen.<br />
Der Mangel ist in ländlichen<br />
Regionen bereits da, denn in Frankreich<br />
ist es Ärzten völlig freigestellt,<br />
wo sie sich niederlassen wollen – so<br />
69
dass sich, laut einem Artikel aus der<br />
„Welt“ vom Januar 2006, in der gesamten<br />
Region Limousin nur 2.400<br />
<strong>Mediziner</strong> finden, an der Côte d’Azur<br />
dagegen 29.500. Inzwischen hat die<br />
französische Regierung entschieden,<br />
dass Ärzte in unterversorgten Gebieten<br />
20 % mehr Honorar erhalten sollen,<br />
um <strong>Mediziner</strong>n einen Anreiz zu<br />
schaffen, sich auf dem Lande niederzulassen.<br />
Krankenhäuser beklagen zunehmend<br />
einen Mangel an Praktikanten. Die<br />
Pharmaindustrie stellt zunehmend<br />
Nachwuchsärzte in ihren Forschungsund<br />
Marketingabteilungen ein. Letztendlich<br />
bieten auch die Bereiche Arbeits-,<br />
Schulmedizin und die medizinische<br />
Beratung durch die Krankenkassen<br />
Berufseinsteigern einen leichten<br />
Zugang zum Arbeitsmarkt.<br />
Niederlande<br />
In den Niederlanden werden vorwiegend<br />
Betriebsärzte, Pflegeheimärzte<br />
und Versicherungsärzte aus Deutschland<br />
<strong>gesucht</strong>, wogegen der Bedarf an<br />
Ärzten im operativen Bereich in letzter<br />
Zeit deutlich zurückgegangen ist.<br />
Zum Jahreswechsel 2005/2006 hat<br />
es in den Niederlanden eine Gesundheitsreform<br />
gegeben, durch die die<br />
Position der Hausärzte gestärkt wur-<br />
70<br />
de. Sie werden laut Ärzte-Zeitung von<br />
den Krankenkassen offensichtlich als<br />
Leistungs- und Kostenmanager betrachtet<br />
und erhalten dafür finanzielle<br />
Anreize bis hin zur Subventionierung<br />
der Praxiseinrichtung oder der Bezahlung<br />
einer Arzthelferin.<br />
Irland<br />
In Irland fehlen mehr als 1.600 Krankenhausärzte,<br />
wie Anfang 2006 die irische<br />
Gesundheitsministerin Mary Harney<br />
verkündete. Irland hat ein Primärarztsystem,<br />
die Fachärzte praktizieren<br />
in den Krankenhäusern. Laut dem irischen<br />
Ärztebund müssten mindestens<br />
3.600 leitende Fachärzte in den Krankenhäusern<br />
neu eingestellt werden,<br />
um eine gute Patientenversorgung zu<br />
gewährleisten. Eine Rekrutierung von<br />
ausländischen Ärzten ist in Planung.<br />
Im irischen Health Service, werden<br />
Krankenhausärzte gestaffelt entlohnt:<br />
Für einen Registrar - einen Arzt, der<br />
sich noch in Ausbildung zum Facharzt<br />
befindet - liegen die Gehälter zwischen<br />
34.400 und 36.200 €, für Senior Registrars<br />
zwischen 45.400 und 55.900<br />
€. Chefärzte können es auf bis zu<br />
114.300 € bringen, während Allgemeinmediziner<br />
mit einem jährlichen<br />
Salär von 64.200 € rechnen dürfen.
Österreich<br />
Im Gegensatz zu vielen anderen europäischen<br />
Ländern besteht in Österreich<br />
kein Mangel an Ärzten; dort ist<br />
eher noch von einer „Ärzteschwemme“<br />
die Rede – wenn auch in den Medien<br />
eine angeblich drohende Mangelsituation<br />
diskutiert wird.<br />
Seit Anfang der 60er Jahre hat sich die<br />
Zahl der Ärzte in Österreich mehr als<br />
verdreifacht, so dass dort mehr <strong>Mediziner</strong><br />
als je zuvor ihren Dienst versehen.<br />
Mittlerweile kommen statistisch<br />
gesehen rund 440 Ärzte auf 100.000<br />
Menschen. In Wien werden Absolventen<br />
auf eine Warteliste gesetzt. 2007<br />
gilt hier als frühestmöglicher Zeitpunkt<br />
für einen Berufsstart in einer städtischen<br />
Klinik. Aufgrund der schwierigen<br />
Lage in Österreich ist nur in Ausnahmefällen<br />
eine Tätigkeit deutscher<br />
Ärzte in Österreich denkbar.<br />
Das Überangebot an Ärzten ist natürlich<br />
auch in Deutschland registriert<br />
worden. Die Zentralstelle für Arbeitsvermittlung<br />
(ZAV) in Bonn hat bereits<br />
Informationsveranstaltungen in Österreich<br />
durchgeführt, um junge Ärzte zu<br />
animieren, ihre Weiterbildung in<br />
Deutschland durchzuführen.<br />
Schweiz<br />
In der Schweiz arbeiten zurzeit laut<br />
Schweizer Ärzteverband mehr als<br />
2.000 Ärzte mit deutschem Pass.<br />
2004 ist hier der so genannte<br />
„Inländervorrang“ gefallen,<br />
so dass die Erteilung einer Arbeitsgenehmigung<br />
für deutsche Ärzte kein<br />
Problem mehr ist, zumal die deutsche<br />
Facharztausbildung anerkannt wird.<br />
An Unikliniken in der Schweiz arbeiten<br />
inzwischen bis zu einem Drittel ausländische<br />
Ärzte.<br />
Da es große Unterschiede in Arbeitsbedingungen<br />
und Bezahlung zwischen<br />
den 26 Schweizer Kantonen gibt, sollten<br />
sich Bewerber bereits im Vorfeld<br />
überlegen, in welchem Teil der<br />
Schweiz sie arbeiten wollen. In Luzern<br />
zum Beispiel verdienen Assistenzärzte<br />
zwischen 3.900 und 6.200 €, Oberärzte<br />
zwischen 5.600 und 7.200 €. Studenten<br />
im Praktischen Jahr verdienen<br />
bis zu 900 €. Allerdings sind auch die<br />
Arbeitszeiten länger als in Deutschland:<br />
bis zu 60 Stunden pro Woche.<br />
Spanien<br />
Palmen, Sonne, Meerblick und einen<br />
berechenbaren Patientenstamm zu haben,<br />
lässt viele <strong>Mediziner</strong> hierzulande<br />
angesichts Millionen deutscher Touristen<br />
von einer Praxis auf Mallorca träu-<br />
71
men. Die Idylle kann täuschen. Etwa<br />
150 deutsche Ärzte decken bereits<br />
fast alle Fachgebiete ab. Es fehlen lediglich<br />
noch Psychotherapeuten.<br />
Trotz der Vielzahl an Touristen und<br />
fast 50.000 Deutscher mit Wohnsitz<br />
auf Mallorca ist der Markt für Ärzte<br />
schwierig. Erkrankte Touristen kommen<br />
in den meisten Fällen nur einmal<br />
oder warten mit dem Arztbesuch bis<br />
nach dem Urlaub. Da spanische Ärzte<br />
billiger und vor allem häufig deutschsprachig<br />
sind, werden sie von Residenten<br />
gegenüber ihren deutschen<br />
Kollegen bevorzugt. Ein Ausweg<br />
scheint die neuere EU-<br />
Rechtsprechung zu bieten. Seitdem<br />
Krankenkassen medizinische Leistungen<br />
in anderen EU-Ländern erstatten<br />
müssen, werben nun deutsche Ärzte<br />
nach dem Motto: Den Urlaub mit dem<br />
Arztbesuch unter Palmen verbinden.<br />
Insgesamt gesehen ist der Ärztearbeitsmarkt<br />
in Spanien eher angespannt<br />
und bietet kaum Beschäftigungsmöglichkeiten<br />
für deutsche<br />
Ärzte.<br />
Osteuropa<br />
In Polen herrscht Niederlassungsfreiheit<br />
für Ärzte. Mit der Folge, dass sich<br />
auch hier die Ärzte in städtischen Regionen<br />
ballen. Außerdem herrscht ein<br />
regelrechter Ärztetreck nach Westeu-<br />
72<br />
ropa und vor allem nach Deutschland.<br />
Die polnische Regierung spricht bereits<br />
vom brain drain im Gesundheitswesen<br />
und versucht, ihn durch Steuerund<br />
Lohnnebenkostensenkungen zu<br />
stoppen.<br />
Auch in der Slowakischen Republik<br />
beklagt die hiesige Ärztekammer<br />
einen Ärztemangel. Seit Mai 2004 erhielten<br />
3.000 slowakische <strong>Mediziner</strong><br />
die Bestätigung ihrer Qualifikation im<br />
Ausland. Die slowakische Ärztegewerkschaft<br />
fordert eine Erhöhung der<br />
Gehälter um 30 %.<br />
USA<br />
Die USA sind das beliebteste Land bei<br />
deutschen Ärzten, die im Ausland arbeiten<br />
wollen. Hier leben und arbeiten<br />
inzwischen 2.700 deutsche <strong>Mediziner</strong>.<br />
In den USA gibt es die besten Verdienstmöglichkeiten<br />
für Klinikärzte.<br />
Es gilt aber einige Hürden in Form von<br />
zahlreichen Prüfungen zu überwinden,<br />
wenn man in den USA als Arzt tätig<br />
sein will. Die Prüfungsgebühren sind<br />
sehr hoch. Als Prüfungsorte sind neben<br />
Atlanta und Philadelphia auch Chicago,<br />
Houston und Los Angeles vorgesehen.<br />
In Deutschland befinden sich<br />
die dafür eigens eingerichteten Testzentren<br />
in Hamburg, Frankfurt a.M.<br />
und Berlin.
Auch Nichtapprobierte können eine<br />
Weiterbildung in den USA beginnen.<br />
Nach ein bis zwei Jahren ärztlicher Tätigkeit<br />
an einem amerikanischen Krankenhaus<br />
muss dann ein weiteres Examen<br />
abgelegt werden. Seit 2004<br />
müssen ausländische Ärzte neben ihrem<br />
Arztdiplom auch ein „Final Medical<br />
School Transcript“, eine von der jeweiligen<br />
Universität ausgestellte Bescheinigung<br />
über die während des<br />
Studiums besuchten Seminare und<br />
Beurteilungen, bei der Educational<br />
Commission for Foreign Medical Graduates<br />
(ECFMG, www.ecfmg.org) einreichen.<br />
In einigen US-Staaten scheinen sich<br />
die Chancen für deutsche und andere<br />
ausländische Ärzte zu verschlechtern,<br />
weil dort die Mittel für die Weiterbildung<br />
der “Residents” erneut gekürzt<br />
worden sind und auch Krankenhäuser,<br />
vor allem in Ballungsgebieten, Konzentrationsprozessen<br />
unterliegen und<br />
schließen müssen.<br />
Nach erfolgreichem Bestehen der Prüfungen<br />
und nach Erhalt des ECFMG-<br />
Zeugnisses sehen sich ausländische<br />
Bewerber der amerikanischen Konkurrenz<br />
um die Stellen ausgesetzt. Gute<br />
Chancen hat nur, wer die Multiple-Choice<br />
Tests mit „gut“ bis „sehr gut“ besteht<br />
und räumlich flexibel ist. Möglichkeiten<br />
bestehen vor allem in den<br />
Primary-Care- und den operativen Fä-<br />
chern sowie der Pädiatrie. Eine Arbeitsaufnahme<br />
in den Sonnenstaaten<br />
Kalifornien oder Florida ist ebenso<br />
schwierig wie eine Weiterbildung an<br />
einer renommierten Klinik. Ausländer<br />
haben vor allem dort Chancen, wo<br />
Amerikaner nicht hingehen.<br />
Wem es aber gelingt, eine Weiterbildung<br />
in den USA zu absolvieren, sollte<br />
sich unbedingt noch vor dem USA-<br />
Aufenthalt von den zuständigen Landes-<br />
und Bezirksärztekammern wegen<br />
der Anerkennung der Weiterbildungsabschnitte<br />
in Deutschland beraten lassen.<br />
Das Auslandsreferat des Marburger<br />
Bundes bietet Mitgliedern und solchen,<br />
die es werden wollen, umfassende<br />
Informationen und Beratung zu<br />
ärztlichen Tätigkeiten in den USA. Der<br />
Bund arbeitet beispielsweise seit vielen<br />
Jahren mit verschiedenen US-<br />
Agenturen zusammen, die ständig junge<br />
deutsche Ärztinnen und Ärzte mit<br />
dem “Standard-ECFMG-Certificate” für<br />
renommierte US-Krankenhäuser suchen.<br />
Weitere Informationen unter<br />
www.marburger-bund.de > Unser Service<br />
> Auslandstätigkeit,<br />
www.ecfmg.org und www.usmle.org<br />
73
Australien, Neuseeland und<br />
Kanada<br />
Außer den USA sind Australien, Neuseeland<br />
und auch Kanada die gefragtesten<br />
Länder bei Ärzten außerhalb<br />
der Europäischen Union. Zwar<br />
herrscht auch in diesen Ländern teilweise<br />
ein akuter Ärztemangel, jedoch<br />
gehen die jeweiligen Behörden von einem<br />
Ärzteüberschuss in ihren Ländern<br />
aus und betreiben eine sehr restriktive<br />
Politik, wenn es um die Arbeitsgenehmigung<br />
für ausländische Ärzte geht.<br />
Wie in den USA müssen in diesen Ländern<br />
neben einem Sprachtest auch<br />
noch zusätzliche Examina absolviert<br />
werden. Diese beinhalten eine theoretische<br />
Prüfung, meist in Form eines<br />
Multiple Choice Tests, sowie ein klinisch-praktisches<br />
Examen. Für eine<br />
ärztliche Tätigkeit in Neuseeland haben<br />
deutsche Ärzte in der Regel die<br />
Voraussetzungen zum ECFMG-Certificate<br />
(USMLE und TOEFL-Test) zu erfüllen.<br />
Kanada und Australien haben<br />
allerdings eigene Prüfungsverfahren<br />
für ausländische Ärzte entwickelt und<br />
erkennen die in den USA absolvierten<br />
Examina im Unterschied zu Neuseeland<br />
nicht an.<br />
Aber auch nach Absolvieren aller Prüfungen<br />
bestehen derzeit nach den Erfahrungen<br />
des Auslandsreferates des<br />
Marburger Bundes kaum Aussichten,<br />
74<br />
in Australien eine Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis<br />
zu bekommen und<br />
wenn, dann nur in den entlegensten<br />
Gebieten und auf fünf Jahre befristet.<br />
Zur Anerkennungsproblematik<br />
Wer es schafft, Abschnitte oder gar<br />
die gesamte Weiterbildung im außereuropäischen<br />
Ausland zu absolvieren,<br />
wird spätestens bei der Rückkehr<br />
nach Deutschland feststellen, dass<br />
das im Ausland erworbene Facharztzeugnis<br />
nicht anerkannt wird und somit<br />
eine automatische Umschreibung<br />
nicht erfolgen kann.<br />
Allerdings ist eine Anrechnung der im<br />
außereuropäischen Ausland abgeleisteten<br />
Weiterbildungszeiten möglich,<br />
wenn die Qualifizierung den Grundsätzen<br />
der deutschen Weiterbildungsordnung<br />
entspricht und ein Jahr der Weiterbildung<br />
in dem angestrebten Gebiet<br />
in der Bundesrepublik Deutschland abgeleistet<br />
wird. Danach kann die Anmeldung<br />
zur mündlichen Prüfung in<br />
Deutschland erfolgen und der Facharzttitel<br />
verliehen werden.<br />
Weiterführende Informationsquellen:<br />
Das Auslandsreferat des Marburger<br />
Bundes, Riehler Str. 6, 50668 Köln,<br />
Tel. 0221/9731678, hält für Mitglieder<br />
neben einer Fülle detaillierter Informationen<br />
zu den hier genannten
Ländern auch Merkblätter und Broschüren<br />
für Ärzte zu Themen wie<br />
„Krankenversicherung bei Auslandstätigkeit“<br />
oder „Arbeitslosigkeit bei<br />
Rückkehr aus dem Ausland“ bereit<br />
(www.marburger-bund.de).<br />
Ärzte in Entwicklungsländern:<br />
Noch immer liegt natürlich ein<br />
Schwerpunkt der alternativen Einsatzmöglichkeiten<br />
für Ärzte im Ausland im<br />
Rahmen der Entwicklungsarbeit in den<br />
Ländern der Dritten Welt. Dabei stehen<br />
im Vordergrund der Arbeit:<br />
• Aufbau des öffentlichen Gesundheitswesens<br />
• Einrichtung und der Betrieb von<br />
Ausbildungsstätten<br />
• Durchführung von Gesundheitsprogrammen<br />
und präventiv-medizinischen<br />
Projekten<br />
• medizinische Basisversorgung, insbesondere<br />
in den ländlichen Gebieten,<br />
Mütterschulungen /Familienplanung<br />
• Ernährungsberatung<br />
• Impfkampagnen, Einsatz von<br />
“Rolling Clinics”(überwiegend in<br />
Großstadtslums)<br />
• Hygiene- und Sanitärmaßnahmen<br />
• Bekämpfung von Tropenkrankheiten,<br />
Seuchen<br />
• Aus- und Fortbildung von medizinischem<br />
Personal<br />
Für ärztliche Tätigkeiten in der Dritten<br />
Welt sind dementsprechend vordringlich<br />
Zusatzkenntnisse aus den Bereichen<br />
der Tropenmedizin, der Epidemiologie,<br />
der Bakteriologie und Sozialmedizin<br />
ausgesprochen hilfreich und<br />
nützlich, zum Teil sind sie Vorbedingung.<br />
Folgende staatliche, private, kirchliche<br />
und parteinahe Organisationen suchen<br />
grundsätzlich Ärztinnen und Ärzte verschiedener<br />
Fachrichtungen mit mindestens<br />
anderthalbjähriger Berufserfahrung<br />
(außer Allgemeinmedizinern<br />
werden vor allem Chirurgen, Gynäkologen,<br />
Internisten und Kinderärzte benötigt)<br />
für ihre verschiedenen Projekte<br />
in Ländern der Dritten Welt:<br />
Ärzte aller Fachrichtungen:<br />
• Arbeitsgemeinschaft für Entwicklungshilfe<br />
(AGEH, www.ageh.de),<br />
• Ärzte für die Dritte Welt<br />
(www.aerzte3welt.de)<br />
• Ärzte ohne Grenzen<br />
(www.aerzte-ohne-grenzen.de)<br />
• Centrum für internationale Migration<br />
und Entwicklung (CIM,<br />
www.cimonline.de)<br />
• Christliche Fachkräfte International<br />
(CFI,<br />
www.christliche-fachkraefte.de)<br />
• Deutscher Freiwilligendienst in<br />
Übersee (DFÜ)<br />
• Deutsches Rotes Kreuz (DRK,<br />
www.drk.de/drk-recruiting)<br />
75
• Komitee Cap Anamur<br />
(www.cap-anamur.de)<br />
• Allgemeinmedizin: Arbeitsgemeinschaft<br />
für Entwicklungshilfe (AGEH)<br />
• Augenärzte: Christoffel-Blindenmission<br />
(CBM,<br />
www.christoffel-blindenmission.de)<br />
• Anästhesie: Ärzte ohne Grenzen<br />
• Chirurgie: Arbeitsgemeinschaft für<br />
Entwicklungshilfe (AGEH), Ärzte ohne<br />
Grenzen, Deutscher Entwicklungsdienst<br />
(DED, www.ded.de)<br />
• Gynäkologie: Arbeitsgemeinschaft<br />
für Entwicklungshilfe (AGEH), Deutscher<br />
Entwicklungsdienst (DED),<br />
Dienste in Übersee (DÜ)<br />
• Innere Medizin: Deutscher Entwicklungsdienst<br />
(DED)<br />
• Kinderheilkunde: Dienste in Übersee<br />
(DÜ)<br />
• Psychiatrie: Dienste in Übersee<br />
(DÜ)<br />
• Public Health: Deutsche Gesellschaft<br />
für Technische Zusammenarbeit<br />
(GTZ, www.gtz.de)<br />
• Augenmedizinisches Fachpersonal:<br />
Christoffel-Blindenmission (CBM)<br />
• Rehabilitationsfachkräfte: Christoffel-Blindenmission<br />
(CBM)<br />
Grundsätzlich gibt es vier Formen des<br />
Einsatzes für Ärzte bei den verschiedenen<br />
Entsendeorganisationen, in Ländern<br />
der Dritten Welt tätig zu sein.<br />
Dieses kann als Entwicklungshelfer,<br />
Entsandte Fachkraft (Experte), Integrierte<br />
Fachkraft oder als Senior Ex-<br />
76<br />
perte geschehen und ist vom jeweiligen<br />
Programm bzw. der jeweiligen<br />
Entsendeorganisation abhängig.<br />
Ärzte können grundsätzlich nach § 1<br />
des Entwicklungshilfegesetzes für<br />
mindestens zwei Jahre als Entwicklungshelfer<br />
bei den sechs anerkannten<br />
Trägerorganisationen tätig werden.<br />
Entwicklungshelfer unterscheiden sich<br />
von den Experten und Integrierten<br />
Fachkräften dadurch, dass sie ohne<br />
Erwerbsabsicht in Entwicklungsländern<br />
tätig sind und lediglich ein Unterhaltsgeld<br />
erhalten (in Einzelfällen kann<br />
dies auch eine Alternative zum Wehroder<br />
Zivildienst sein). Weitere Auskünfte<br />
erteilen u.a.:<br />
Deutscher Entwicklungsdienst (DED)<br />
Arbeitsgemeinschaft für Entwicklungshilfe<br />
(AGHE)<br />
Dienste in Übersee (DÜ)<br />
Christliche Fachkräfte International<br />
(CFI)<br />
EIRENE - Internationaler Christlicher<br />
Friedensdienst<br />
Weltfriedensdienst (WFD)<br />
Ärzte bei internationalen<br />
Hilfsorganisationen:<br />
Diverse Hilfsorganisationen entsenden<br />
Ärzte in die Krisenregionen der Welt.<br />
Etwa 60 Millionen Menschen - vor allem<br />
in Afrika, Asien, im Nahen Osten<br />
und in Südamerika - sind auf humani-
täre Hilfsmaßnahmen internationaler<br />
Hilfsorganisationen angewiesen.<br />
Die medizinische Arbeit vor Ort ist oft<br />
nur unter erschwerten technischen<br />
und klimatischen Bedingungen und<br />
nicht selten unter Gefährdung des eigenen<br />
Lebens möglich. Wer an einem<br />
dieser Projekte teilnehmen möchte,<br />
muss Idealismus, persönliche Reife<br />
und auch möglichst einige Jahre praktische<br />
Berufserfahrung mitbringen.<br />
Bei den zahlreichen Hilfsorganisationen<br />
kann man prinzipiell zwischen solchen<br />
unterscheiden, die sich auf die<br />
Versorgung mit Geräten und Medikamenten<br />
konzentrieren - zum Beispiel<br />
medico international, Care, die<br />
Deutsche Welthungerhilfe oder die<br />
Deutsche Ärztegemeinschaft für medizinische<br />
Zusammenarbeit - oder andere,<br />
die ihren Schwerpunkt in der humanitären<br />
Hilfe haben - wie beispielsweise<br />
das Komitee Ärzte für die Dritte<br />
Welt, Ärzte ohne Grenzen sowie die<br />
Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmond-Gesellschaften.<br />
Darüber hinaus gibt es weitere Organisationen,<br />
die ad hoc Nothilfemaßnahmen<br />
durchführen, wie beispielsweise<br />
das Komitee des Internationalen Roten<br />
Kreuzes (IKRK), die Johanniter-Unfallhilfe<br />
(JUH) und der Malteser Hilfsdienst<br />
oder Organisationen, die langfristige<br />
Entwicklungshilfeprojekte betreuen,<br />
wie z.B. die Arbeitsgemein-<br />
schaft Entwicklungshilfe (AGEH) oder<br />
Dienste in Übersee (DÜ).<br />
Die Vielzahl der verschiedenen Hilfsorganisationen<br />
sollte nicht dazu führen,<br />
die Zahl der jeweils konkret vorhandenen<br />
Stellenangebote in diesem Bereich<br />
zu überschätzen; dennoch können<br />
sich gerade für die Berufsgruppe<br />
der Ärzte durchaus Beschäftigungsaussichten<br />
im Ausland eröffnen, auch<br />
unter dem Aspekt, beruflich wertvolle<br />
Erfahrungen sammeln zu können.<br />
Allen Entwicklungsländern bzw. Krisengebieten<br />
ist eines gemeinsam: Es<br />
gibt so gut wie nie moderne oder gar<br />
High-Tech-Untersuchungsbedingun<br />
gen vor Ort. Medizinische Geräte<br />
auch einfachster Art fehlen, Laboruntersuchungen<br />
sind meist nicht möglich.<br />
Neben beruflicher Erfahrung sind<br />
Improvisationstalent sowie die Bereitschaft,<br />
sich auf Extremsituationen einzulassen,<br />
gefordert.<br />
Die zeitliche Dauer dieser Einsätze<br />
reicht bei den verschiedenen Hilfsorganisationen<br />
von vier bis sechs Wochen<br />
über drei Monate bis hin zu maximal<br />
zwei bis drei Jahren.<br />
Während die Anforderungen der verschiedenen<br />
Organisationen an die Ärztinnen<br />
und Ärzte weitgehend übereinstimmen,<br />
unterscheiden sich die Einsatzbereiche<br />
deutlich:<br />
77
Das Komitee des Internationalen Roten<br />
Kreuzes (IKRK), Genf, als älteste<br />
und einzige völkerrechtlich anerkannte<br />
Organisation für Hilfsmaßnahmen,<br />
darf nach den Genfer Konventionen<br />
nur in Kriegsgebieten arbeiten und<br />
dort nur Kriegsverletzte behandeln.<br />
Auslandseinsätze beim IKRK in Krisengebieten<br />
sind in der Regel vertraglich<br />
auf maximal drei Monate befristet.<br />
Der Dachverband aller 178 Verbände,<br />
die Föderation der Rotkreuz- und<br />
Rothalbmond-Gesellschaften in Genf,<br />
entsendet im Gegensatz zum IKRK vor<br />
allem in Gebiete, in denen sich Naturkatastrophen<br />
ereignet haben, Migrationsbewegungen<br />
stattfinden oder ethnische<br />
Spannungen (Aufbau und Betrieb<br />
von Flüchtlingslagern) herrschen.<br />
Für den Basisgesundheitsdienst werden<br />
in erster Linie Allgemeinmediziner,<br />
Kinderärzte, Gynäkologen und Internisten<br />
mit mindestens anderthalbjähriger<br />
Berufserfahrung benötigt.<br />
Weitere Voraussetzungen sind gute<br />
Englisch- und oft auch Französischkenntnisse,<br />
Tropentauglichkeit, Alter<br />
bis 55 Jahre. Prävention von Epidemien<br />
und Unterernährung, Impfprogramme<br />
oder kurative Maßnahmen sind die<br />
vordringlichsten Aufgaben für die Ärzte<br />
vor Ort.<br />
78<br />
Eine weitere Organisation, die Nothilfemaßnahmen<br />
in Ländern der Dritten<br />
Welt durchführt, ist 1999 für ihr Engagement<br />
mit dem Friedensnobelpreis<br />
ausgezeichnet worden: Ärzte ohne<br />
Grenzen. Sie ist der in Bonn ansässige<br />
Zweig der 1971 in Frankreich unter<br />
dem Namen “Medicins sans Frontieres”(MSF)<br />
gegründeten Organisation.<br />
Die Einsätze von Ärzte ohne Grenzen<br />
dauern zwischen sechs und zwölf Monaten,<br />
bei Chirurgen und Anästhesisten<br />
auch vier bis sechs Wochen. Es<br />
wird eine Aufwandsentschädigung<br />
von € 600 netto gezahlt, Reisekosten<br />
und Versicherungen werden übernommen.<br />
Bewerber sollten psychisch wie<br />
physisch belastbar sein, Flexibilität<br />
und Organisationstalent besitzen und<br />
bereit sein, sich auf Extremsituationen<br />
(Isolation, Sicherheitsrisiken, Teamleben,<br />
Arbeiten unter einfachsten, teils<br />
primitiven Bedingungen) einzustellen.<br />
Die Voraussetzungen für eine Mitarbeit:<br />
Berufserfahrung in den Bereichen<br />
der Allgemeinmedizin, Pädiatrie, Chirurgie<br />
oder Gynäkologie und oft auch<br />
tropenmedizinische Kenntnisse. Im<br />
Jahr 2005 wurden insgesamt 335 Projektstellen<br />
in 36 Ländern von 262 in<br />
Deutschland lebenden Mitarbeitern<br />
besetzt.<br />
Das Komitee Ärzte für die Dritte Welt,<br />
Frankfurt am Main, arbeitet innerhalb<br />
fester Langzeitprojekte speziell in den
Slums von Millionenstädten der Dritten<br />
Welt. Die Organisation entstand<br />
1983 aus der Überlegung heraus, dass<br />
es vielen interessierten und hilfswilligen<br />
Ärztinnen und Ärzten aus familiären,<br />
wirtschaftlichen und beruflichen<br />
Gründen nicht möglich ist, für längere<br />
Zeit in Länder der Dritten Welt zu gehen.<br />
Deshalb organisiert diese Organisation<br />
für Ärzte aller Fachrichtungen<br />
mit mindestens eineinhalbjähriger Berufserfahrung<br />
in der Regel sechswöchige<br />
Einsätze (z.B. anstatt Jahresurlaub)<br />
in Armutsgebieten weltweit.<br />
Dreijährige Entsendungen (mit Verlängerungsmöglichkeiten)<br />
von Ärzten in<br />
Länder der Dritten Welt zu kirchlichen<br />
Entwicklungshilfeprojekten vermitteln<br />
sowohl die Arbeitsgemeinschaft für<br />
Entwicklungshilfe (AGEH) in Köln, ein<br />
Personaldienst der katholischen Kirche,<br />
als auch Dienste in Übersee beim<br />
Evangelischen Entwicklungsdienst<br />
EED in Bonn, eine Arbeitsgemeinschaft<br />
evangelischer Kirchen in<br />
Deutschland. Beide Organisationen rekrutieren<br />
Ärztinnen und Ärzte für etablierte<br />
Entwicklungshilfeprojekte beispielsweise<br />
von Caritas, Brot für die<br />
Welt oder Misereor.<br />
Schwerpunkte der Tätigkeiten von <strong>Mediziner</strong>n<br />
bei diesen Organisationen<br />
sind der Aufbau und Betrieb von Gesundheitsstationen<br />
vor Ort, die medizinische<br />
Schulung und Ausbildung lokaler<br />
Mitarbeiter, präventive und kurati-<br />
ve Maßnahmen zum Beispiel bei Malaria-,<br />
Lepra- oder Tuberkolose-Erkrankungen<br />
oder die Mitarbeit in lokalen<br />
Krankenhäusern.<br />
Für diese Projekte werden in erster Linie<br />
Allgemeinmediziner, Kinderärzte,<br />
Chirurgen und Gynäkologen benötigt.<br />
Im Gegensatz zu Hilfsorganisationen,<br />
die ihren Schwerpunkt auf Katastrophen-<br />
und Nothilfemaßnahmen setzen,<br />
ist es bei diesen längerfristigen Einsätzen<br />
möglich, den Ehepartner bzw. die<br />
Familie ins Gastland mitzunehmen.<br />
Die AGEH setzt vier bis fünf Jahre Berufserfahrung<br />
(bei Gesundheitsprogrammen<br />
zusätzlich den “Master of<br />
Public Health”), “Dienste in Übersee”<br />
mindestens zwei Jahre Berufserfahrung<br />
voraus. Bei den kirchlichen Hilfsorganisationen<br />
ist daneben die Zugehörigkeit<br />
zu einer christlichen Religionsgemeinschaft<br />
eine Voraussetzung.<br />
Für eine ärztliche Tätigkeit in Übersee<br />
wird Unterhaltsgeld gemäß dem Entwicklungshilfegesetz<br />
(EhfG) gewährt,<br />
bei der AGEH wird ein steuerfreier Unterhalt<br />
zwischen circa 1.300 € und<br />
2.300 € monatlich gezahlt. Vor Ort<br />
wird eine kostenlose Unterkunft zur<br />
Verfügung gestellt. Zudem werden<br />
Beihilfen für Reise- und Umzugskosten<br />
sowie für die Wiedereingliederung bei<br />
der Rückkehr nach Deutschland gegen<br />
Vertragsende gewährt. Zusätzlich werden<br />
während des Auslandsaufenthal-<br />
79
tes die Beiträge zur Ärzteversorgung<br />
komplett von der AGEH übernommen.<br />
Das in Köln beheimatete Komitee Cap<br />
Anamur hat sich den Auf- und Ausbau<br />
von Gesundheitsdiensten, die medizinischen<br />
Versorgung von Flüchtlingen<br />
und die Medikamentenhilfe in den<br />
Ländern der Dritten Welt zur Aufgabe<br />
gemacht. Geographische Schwerpunkte<br />
sind Afrika, Asien und Osteuropa.<br />
Dazu werden Ärztinnen und Ärzte für<br />
eine mindestens sechsmonatige Dauer<br />
<strong>gesucht</strong>. Vorausgesetzt wird eine<br />
mindestens dreijährige Berufserfahrung.<br />
80<br />
Neben einer sozialen Absicherung beträgt<br />
die Vergütung monatlich circa<br />
1.100 € brutto.<br />
Weiterführende Informationen:<br />
Alle genannten und weitere Institutionen<br />
sowie Adressen, Telefon- und Faxnummern,<br />
E-Mail-Adressen und die Internetseiten<br />
finden Sie unter<br />
www.inwent.org > Informations- und<br />
Servicestellen > Publikationen > Online-Institutionendatenbank.
Alternativen: Jenseits der<br />
klassischen <strong>Mediziner</strong>tätigkeit<br />
Die Gründe für die Suche nach Arbeits-<br />
und Berufsfeldern außerhalb der<br />
klassischen ärztlichen Tätigkeiten sind<br />
vielfältig. Sie resultieren sowohl aus<br />
der Sorge um die unsichere Entwicklung<br />
im deutschen Gesundheitswesen<br />
als auch aus dem Wunsch oder der<br />
Notwendigkeit heraus, sich beruflich<br />
zu verändern. Der Druck, der bis Ende<br />
der 90er Jahre vom Arbeitsmarkt auf<br />
die beruflichen Entscheidungen der<br />
jungen Ärzte ausging, ist inzwischen<br />
weitestgehend einem aus Sicht der<br />
Bewerber eher komfortablen Verhältnis<br />
zwischen Angebot und Nachfrage<br />
gewichen. Hinzu kommt, dass der Arbeitsplatz<br />
Krankenhaus, aber auch die<br />
Tätigkeit als niedergelassener Arzt,<br />
viel von ihrer früheren Attraktivität<br />
verloren haben. Aus diesen und anderen<br />
Gründen nehmen die Überlegungen,<br />
sich trotz des derzeit guten Arbeitsmarktes<br />
auch außerhalb der<br />
nichtkurativen Berufsfelder umzusehen,<br />
bei vielen Medizinstudenten und<br />
jungen Ärzten einen festen Platz bei<br />
der Planung ihrer beruflichen Perspektiven<br />
ein.<br />
Arbeitsmedizin-/-Betriebsmedizin<br />
Zurzeit haben rund 14.000 <strong>Mediziner</strong><br />
eine betriebsmedizinische Qualifikation.<br />
Arbeitsmedizinern werden angesichts<br />
zukünftig zu besetzender oder<br />
noch einzurichtender Stellen in diesem<br />
Bereich aufgrund der noch ausstehenden<br />
Umsetzung von gesetzlichen<br />
Vorgaben zur Verbesserung der<br />
Sicherheit und des Gesundheitsschutzes<br />
von Beschäftigten in der Europäischen<br />
Union günstige Beschäftigungsmöglichkeiten<br />
in den nächsten Jahren<br />
vorausgesagt.<br />
In der Bundesrepublik sind derzeit nur<br />
etwa die Hälfte aller Arbeitnehmer arbeitsmedizinisch<br />
versorgt, vor allem in<br />
großen und mittleren Unternehmen.<br />
Die andere Hälfte ist in Unternehmen<br />
mit weniger als 20 Mitarbeitern beschäftigt,<br />
die über 90 % aller Betriebe<br />
ausmachen. Da aber zukünftig selbst<br />
Kleinstbetriebe arbeitsmedizinisch<br />
versorgt sein müssen, besteht nach<br />
wie vor ein höherer Bedarf an entsprechend<br />
ausgebildeten Ärzten, die<br />
haupt- oder nebenberuflich die Versor-<br />
81
gung der noch nicht betreuten Arbeitnehmer<br />
sicherstellen. Sowohl die Arbeitgeber<br />
der Wirtschaft als auch der<br />
öffentliche Dienst sind verpflichtet,<br />
Betriebsärzte (haupt- oder nebenamtlich)<br />
anzustellen. Großbetriebe haben<br />
oft sehr gut ausgestattete werksärztliche<br />
Einrichtungen.<br />
Die Schwerpunkte ärztlicher Tätigkeit<br />
in diesem Bereich lassen sich grundsätzlich<br />
in die Bereiche Beratung und<br />
Prävention, Diagnostik, Rehabilitation<br />
und arbeitsmedizinische Forschung<br />
unterteilen. Arbeitsmediziner können<br />
auch in der Forschung, an Universitäten<br />
und Instituten tätig sein. Von<br />
großem Vorteil dürfte nach wie vor<br />
sein, dass arbeitsmedizinische Praxen<br />
nicht dem Arbeitssicherheitsgesetz<br />
und dem Vertragsarztrecht unterliegen,<br />
ihre Leistungen also unabhängig<br />
von den Krankenkassen mit den Betrieben<br />
frei verhandeln dürfen und somit<br />
auch nicht durch Niederlassungsbeschränkungen<br />
an ihrer freien Berufsausübung<br />
gehindert werden können.<br />
Öffentliches Gesundheitswesen,<br />
Public Health<br />
Dieser vielfältige und größte Bereich<br />
umfasst neben dem öffentlichen Gesundheitsdienst(Gesundheitsabteilungen<br />
der Länderministerien,<br />
82<br />
Medizinalderzernate der Regierungsbezirke,<br />
Gesundheitsämter der Kreise<br />
und kreisfreien Städte) das Sanitätswesen<br />
der Bundeswehr und des Bundesgrenzschutzes,<br />
den Polizeiärztlichen<br />
Dienst, den Ärztlichen Dienst der<br />
Justizverwaltung, den Gewerbeärztlichen<br />
Dienst, den Versorgungsärztlichen<br />
Dienst, den Ärztlichen Dienst der<br />
Bundesagentur für Arbeit sowie den<br />
Ärztlichen Dienst der Kranken- und<br />
Rentenversicherung und gehört seit<br />
langem zu den klassischen Alternativen<br />
für <strong>Mediziner</strong>.<br />
Allerdings ist die Zahl der in den rund<br />
330 staatlichen Gesundheitsämtern<br />
im öffentlichen Gesundheitsdienst als<br />
größtem Bereich mit etwa 5.000 dort<br />
beschäftigten <strong>Mediziner</strong>n insgesamt<br />
und den circa 1.500 in anderen Fachbereichen<br />
und Institutionen tätigen<br />
<strong>Mediziner</strong>n seit vielen Jahren weitestgehend<br />
konstant geblieben. Zusätzliche<br />
Stellen dürften im Hinblick auf die<br />
weiterhin angespannte finanzielle Situation<br />
im öffentlichen Dienst kaum zu<br />
erwarten sein. Inwieweit sich eventuell<br />
durch vermehrte Teilzeitbeschäftigungen<br />
insbesondere für Ärztinnen zusätzliche<br />
Beschäftigungsmöglichkeiten<br />
im öffentlichen Gesundheitsdienst ergeben,<br />
lässt sich nach wie vor nur<br />
sehr schwer prognostizieren.<br />
Genauso schwierig sind die Aussichten<br />
von Absolventen des Zusatzstudi-
ums „Public Health“ einzuschätzen<br />
(1989 erstmals in Deutschland angeboten<br />
- mittlerweile an neun Hochschulen<br />
etabliert; die Universität Bielefeld<br />
hat sogar eine eigene Fakultät für<br />
Gesundheitswissenschaften), obwohl<br />
der Begriff immer häufiger in der aktuellen<br />
Diskussion auftaucht. Vielleicht<br />
bieten sich aber im Rahmen der Bemühungen<br />
um weitere, nachhaltige<br />
Kostenreduzierungen im Gesundheitswesen<br />
auch berufliche Chancen für<br />
Magister/Master of Public Health.<br />
Zu den Tätigkeitsbereichen von Public-<br />
Health-Absolventen gehören Epidemiologie/Gesundheitsberichterstattung,<br />
zum Beispiel in der<br />
Forschungsabteilung von Pharmaunternehmen;<br />
Gesundheitsförderung/<br />
Organisationsentwicklung, etwa bei<br />
Versicherungen; Management- und<br />
Systementwicklung, in allen Einrichtungen<br />
der Gesundheitsversorgung;<br />
Pflegewissenschaft, beispielsweise<br />
als Dozenten an Fachhochschulen.<br />
Gesundheitsforschung<br />
Inzwischen können sich an etlichen<br />
Universitäten und Fachhochschulen<br />
<strong>Mediziner</strong>, aber auch Absolventen anderer<br />
Fachrichtungen, zu Experten für<br />
Epidemiologie, Pflegewissenschaft<br />
oder Gesundheitsökonomie ausbilden<br />
lassen. Beschäftigungsmöglichkeiten<br />
finden sich im Management von Krankenhäusern,<br />
im öffentlichen Gesundheitsdienst,<br />
in Ministerien, Behörden<br />
oder im Versicherungsgewerbe.<br />
Umweltmedizin<br />
Umweltmedizin untersucht die äußeren<br />
und inneren Belastungen sowie<br />
die Wirkungen von Umweltfaktoren<br />
auf den menschlichen Organismus.<br />
Daraus folgt, dass sich die Umweltmedizin<br />
oft im Bereich unklarer Expositionsverhältnisse<br />
und schwer erkennbarer<br />
Ursache - Wirkungszusammenhänge<br />
bewegt.<br />
Die Umweltmedizin steckt hierzulande<br />
bislang noch in den Kinderschuhen;<br />
meist gibt es nur einige wenige Lehrangebote<br />
an den deutschen Universitäten.<br />
Dennoch spricht bei der vermutlich<br />
nicht geringer werdenden Umweltproblematik<br />
einiges dafür, dass in<br />
den nächsten Jahren auch ein zunehmender<br />
Bedarf an entsprechend qualifizierten<br />
Umweltmedizinern vorhanden<br />
sein wird; Diagnostik, Therapie, Rehabilitation,<br />
Beratung und Gutachtertätigkeit,<br />
Umweltmanagement und Forschung<br />
können die entsprechenden<br />
Tätigkeitsfelder sein. Auch im Vertragsarztbereich<br />
kann die Zusatzbezeichnung<br />
„Umweltmedizin“ entsprechende<br />
Nachfrage auslösen und neue<br />
Beschäftigungsmöglichkeiten in den<br />
83
genannten Bereichen erschließen. Für<br />
einen jungen, angehenden <strong>Mediziner</strong><br />
ohne Facharztqualifikation und ohne<br />
diverse Zusatzbezeichnungen dürfte<br />
die Umweltmedizin allerdings kaum eine<br />
Alternative sein.<br />
Komplementäre Medizin<br />
Die Zusatzbezeichnungen „Arzt für Naturheilverfahren“<br />
und „Homöopathie“<br />
sind die beiden anerkannten und auch<br />
bekanntesten Bereiche in der auch als<br />
„Alternative Medizin“ bezeichneten<br />
Richtung, die von immer mehr Menschen,<br />
auch wegen der ganzheitlichen<br />
Diagnostik, als wertvolle Ergänzung<br />
oder als Alternative zur „klassischen“<br />
Schulmedizin gesehen wird. Weitere<br />
Richtungen innerhalb der komplementären<br />
Medizin sind u.a. die antrophosophische<br />
Medizin, die Akupunktur<br />
und klassische chinesische Medizin<br />
sowie die tibetische Medizin.<br />
Die wachsende Zahl von Menschen,<br />
die sich für diese alternativen Behandlungsmethoden<br />
interessieren bzw.<br />
nach entsprechend geschulten Ärztinnen<br />
und Ärzten nachfragen, dürfte in<br />
den nächsten Jahren noch weiter ansteigen,<br />
zumal nach den Empfehlungen<br />
des 103. Deutschen Ärztetages<br />
deutsche Ärzte in Zukunft detaillierter<br />
mit ihren (Zusatz-) Qualifikationen<br />
werben dürfen.<br />
84<br />
Medizinische Informatik<br />
Die Datenflut in der Medizin, neue gesetzliche<br />
Vorgaben und verfeinerte<br />
diagnostische Möglichkeiten lassen<br />
die Nachfrage nach qualifizierten medizinischen<br />
Informatikern zunehmend<br />
steigen. Nach Ansicht von Experten<br />
zählt der Bereich der Medizinischen<br />
Informatik bereits jetzt zu denjenigen<br />
Tätigkeitsfeldern mit deutlich ansteigenden<br />
Zuwachsraten. <strong>Mediziner</strong> mit<br />
guten Kenntnissen in der Datenverarbeitung<br />
und medizinischen Informatik<br />
sind zunehmend gefragt.<br />
Bei dieser optimistischen Einschätzung<br />
sollte allerdings nicht vergessen<br />
werden, dass <strong>Mediziner</strong> hier in direkter<br />
Konkurrenz zu Absolventen anderer<br />
Studiengänge stehen und diese<br />
zum Teil aufgrund kürzerer Studienzeiten<br />
schon wesentlich „eher“ auf den<br />
Arbeitsmarkt drängen.<br />
Als Arbeitgeber kommen Krankenhäuser,<br />
Praxisgemeinschaften und Ärztehäuser<br />
( zum Beispiel Leitungs- und<br />
Assistenzfunktionen in Tumorzentren/<br />
Zentrallabors/Informations- und EDV-<br />
Abteilungen), Bundes- und Landesbehörden,<br />
Gesundheitsämter, Krankenversicherungen,<br />
Kammern, die pharmazeutische<br />
und medizintechnische<br />
Industrie, Software-Hersteller<br />
(Entwicklung und Schulung von Informationssystemen),Unternehmensbe-
atungen, Dienstleistungsrechenzentren<br />
und die Institute für medizinische<br />
Informatik der Universitäten in Frage.<br />
Die Qualifikationsmöglichkeiten reichen<br />
vom Studium der Medizinischen<br />
Informatik über den Erwerb der Zusatzqualifikation<br />
„Med. Informatik“ im<br />
Rahmen der ärztlichen Weiterbildung<br />
bis hin zu berufsbegleitenden Seminaren.<br />
Gesundheitsmanagement,<br />
Controlling<br />
Das gesamte Gesundheitswesen befindet<br />
sich derzeit in einer Phase der<br />
Umstrukturierung. Privatisierung von<br />
Krankenhäusern, Sicherung der Krankenversorgung<br />
und Ökonomisierung<br />
des Mitteleinsatzes sind einige der<br />
Schlagwörter in der öffentlichen Diskussion.<br />
Die auf Grund der zunehmenden<br />
Kostenentwicklung gestellten Erwartungen<br />
bzw. Forderungen an ein<br />
modernes, betriebswirtschaftlich orientiertes<br />
Krankenhausmanagement<br />
unterstreichen in diesem Zusammenhang<br />
die zunehmende Bedeutung von<br />
„Medical Controlling“, denn die Auswirkungen<br />
der Gesundheitsreformgesetze<br />
sind insbesondere in den Krankenhäusern<br />
zu spüren. Vor allem das<br />
Fallpauschalensystem (Diagnosis Related<br />
Groups bzw. DRG) führt zu einem<br />
erhöhten Bedarf an entsprechenden<br />
Fachleuten. Aber auch die datenschutzrechtlichen<br />
Belange bei der Einführung<br />
der Disease-Management-Programme<br />
(DMP), die besonders<br />
sorgfältig beachtet werden müssen,<br />
erfordern sehr wahrscheinlich zusätzliches,<br />
hochqualifiziertes Personal.<br />
Detaillierte Kenntnisse beispielsweise<br />
in Betriebswirtschaft, im Rechnungswesen,<br />
der Gesundheitsökonomie, in<br />
allen notwendigen Controllingfunktionen<br />
sowie einem effizienten EDV-<br />
Einsatz gewinnen dabei zunehmend an<br />
Bedeutung.<br />
Auch wenn ein Teil dieser Aufgaben<br />
derzeit noch von den leitenden Ärztinnen<br />
und Ärzten quasi nebenbei zusätzlich<br />
übernommen wird, wird es zukünftig<br />
vermehrt <strong>Mediziner</strong> (nicht nur in<br />
den Großkliniken) geben, die sich ausschließlich<br />
mit Management bzw. Controllingaufgaben<br />
beschäftigen, weil die<br />
Ausschöpfung von Möglichkeiten zur<br />
Erhöhung der Wirtschaftlichkeit zunehmend<br />
zur Überlebensfrage vieler<br />
Kliniken wird.<br />
Entsprechende Fortbildungsseminare<br />
im Gesundheitsbereich wenden sich<br />
aber nicht nur an <strong>Mediziner</strong>, sondern<br />
auch an Ökonomen und Juristen. Zielsetzung<br />
ist die Qualifizierung für die<br />
Übernahme von Leitungsfunktionen<br />
im Gesundheitswesen. Dazu gehören<br />
beispielsweise auch das Qualitätsmanagement<br />
oder die Unternehmensbe-<br />
85
atung für Krankenhäuser und andere<br />
medizinische Einrichtungen.<br />
Medizintechnik/Telemedizin<br />
Der Bedarf an Spezialisten auf dem<br />
Grenzgebiet zwischen Medizin, Technik<br />
und Naturwissenschaften nimmt<br />
zu, denn die Technisierung in der Medizin<br />
schreitet immer weiter und<br />
schneller fort. Die Entwicklung von<br />
High-Tech-Produkten auf diesem Gebiet<br />
ist zwar zunächst eine Domäne<br />
der Physiker und Ingenieure, auch bestehen<br />
enge Bezüge zur medizinischen<br />
Informatik. Aber bei der Projektplanung,<br />
im Marketing und Vertrieb, beim<br />
Kundenservice beispielsweise ist in<br />
zunehmendem Maße auch medizinischer<br />
Sachverstand gefragt.<br />
Zu den Aufgaben gehören Forschungsund<br />
Entwicklungstätigkeiten in der Industrie,<br />
an Hochschulen, aber auch<br />
die Beratung von Krankenhäusern,<br />
beispielsweise bei der Einrichtung und<br />
Betreuung von telemedizinischen Geräten<br />
und anderen neuen, technisch<br />
aufwendigen Verfahren sowie im Umweltschutzbereich.<br />
Die Telemedizin etwa wird sich vermutlich<br />
rasch weiterentwickeln, neue<br />
Beschäftigungsfelder eröffnen und<br />
nicht nur dazu beitragen, Kosten einzusparen,<br />
sondern auch die Kommuni-<br />
86<br />
kation zwischen vernetzten Einrichtungen<br />
und damit auch die Versorgungsqualität<br />
für die Patienten verbessern.<br />
Die Anzahl bezahlbarer und zuverlässiger<br />
medizinischer Systeme nimmt zu,<br />
so dass sich dieser Bereich schnell<br />
vergrößern dürfte. In Bayern sind derzeit<br />
mehrere telemedizinische Projekte<br />
in der Erprobung, etwa telemedizinische<br />
Anwendungen in der Endoskopie,<br />
bei der Entwicklung von Sicherheitsstandards<br />
in der medizinischen Versorgung<br />
sowie beim Aufbau eines flächendeckendenKommunikationsnetzes<br />
zwischen der Uniklinik Regensburg<br />
sowie weiteren Kliniken und Arztpraxen<br />
in der Region Ostbayern. Auch die<br />
Uniklinik Greifswald hat ein telemedizinisches<br />
Netz in der neurochirurgischen<br />
Versorgung aufgebaut. Seit<br />
1995 ist bereits ein flächendeckendes<br />
Telekonsultations-Netzwerk in Mecklenburg-Vorpommern<br />
installiert, welches<br />
alle größeren Kliniken miteinander<br />
verbindet.<br />
Pharmazeutische Industrie/<br />
Forschung und Entwicklung<br />
Im Wesentlichen wird medizinisches<br />
Fachwissen in dieser Branche in zwei<br />
Bereichen benötigt: in der Forschung<br />
und Entwicklung (insbesondere bei<br />
der Arzneimittelentwicklung, -prüfung,<br />
-zulassung, -sicherung) sowie in den<br />
gleichermaßen wichtigen Sektoren
Management, Information, Service<br />
und Vertrieb. Die Arbeit des <strong>Mediziner</strong>s<br />
in der Pharmaindustrie bietet somit<br />
eine Vielfalt von Funktionen und<br />
Tätigkeiten.<br />
Der fehlende, unmittelbare Patientenbezug<br />
(nur über das Arzneimittel) und<br />
die ärztliche Tätigkeit in abhängiger<br />
Beschäftigung kennzeichnen die ärztliche<br />
Tätigkeit in der pharmazeutischen<br />
Industrie. Als Schwerpunkte der ärztlichen<br />
Tätigkeit sind zu nennen:<br />
Präklinische Forschung<br />
Klinische Forschung<br />
Arzneimittelsicherheit<br />
der Vertriebsbereich mit Marketing<br />
und Außendienst.<br />
Medizinjournalismus<br />
In fast allen Tageszeitungen und Publikumszeitschriften<br />
finden sich heutzutage<br />
medizinische Beiträge, die sich<br />
zwar großer Beachtung bei der zunehmend<br />
gesundheitsbewussten Leserschaft<br />
erfreuen, aber nicht immer<br />
stammen die Beiträge von fachkundigen,<br />
medizinisch vorgebildeten Autoren.<br />
Zurzeit gibt es im populärwissenschaftlichen<br />
Bereich noch viele Autodidakten,<br />
die in Zeitungen und Zeitschriften,<br />
aber auch in den anderen<br />
Medien zum Thema Gesundheit und<br />
Medizin publizieren. Um die vermittelnde<br />
und aufklärende Funktion zwischen<br />
Wissenschaft und Öffentlichkeit<br />
zu qualifizieren, gibt es Bestrebungen,<br />
neben den Autodidakten, die im Medizinjournalismus<br />
zur Zeit noch tonangebend<br />
sind, <strong>Mediziner</strong> zu publizistisch<br />
versierten, ausgebildeten Medizin-<br />
Kommunikatoren zu qualifizieren.<br />
Bei rund 350 medizinischen und pharmazeutischen<br />
Fachzeitschriften müsste<br />
sich eigentlich auch in diesem Bereich<br />
die eine oder andere interessante<br />
Alternative für <strong>Mediziner</strong>innen oder<br />
<strong>Mediziner</strong> als Medizinjournalist und in<br />
Fachverlagen ergeben; dennoch sind<br />
full time jobs für <strong>Mediziner</strong> in diesem<br />
Bereich bisher eher die Ausnahme,<br />
Teilzeitarbeit oder die freiberufliche<br />
Tätigkeit auf Honorarbasis dagegen<br />
die Regel.<br />
Medizinjournalisten zählen zu den Wissenschaftsjournalisten<br />
und Technischen<br />
Redakteuren, haben meist ein<br />
Medizinstudium abgeschlossen, berufliche<br />
Erfahrungen gesammelt und sich<br />
aus Interesse und oft ohne weiteres<br />
Aufbaustudium oder Volontariat dem<br />
Journalismus zugewandt. Freie Medizinjournalisten<br />
arbeiten häufig für<br />
mehrere Medien wie Tages-, Wochenund<br />
Fachzeitungen, Hörfunk und Fernsehen<br />
sowie für Online-Redaktionen<br />
großer Verlagshäuser.<br />
87
<strong>Mediziner</strong> in Unternehmensberatungen/Consulting<br />
Auch in der Unternehmensberatung<br />
zeichnen sich Möglichkeiten für <strong>Mediziner</strong>innen<br />
und <strong>Mediziner</strong> ab, denn die<br />
Umstrukturierung unseres Gesundheitswesens<br />
schreitet fort. Auch wenn<br />
derzeit medizinisch vorgebildete Mitarbeiter<br />
eher noch die Ausnahme sein<br />
dürften - Privatisierung von Krankenhäusern,<br />
Sicherung der Krankenversorgung<br />
und die Ökonomisierung des<br />
Mitteleinsatzes bei immer knapper<br />
werdenden Budgets - erfordern in immer<br />
stärkerem Maße kaufmännisches<br />
und unternehmerisches Denken und<br />
insofern auch spezifische und fach-<br />
88<br />
kundige Dienstleistungen von Unternehmensberatungen<br />
in diesem wichtigen<br />
Bereich.<br />
Es gibt bereits Unternehmensberatungen,<br />
die sich etwa auf Consulting im<br />
Bereich des Krankenhausmanagements<br />
spezialisiert haben und<br />
zunehmend an Mitarbeitern mit medizinischer<br />
Vorbildung interessiert<br />
sind.
Hinweise zur Einkommenssituation<br />
Ein beträchtlicher Teil der Berufsanfänger<br />
unter den Ärzten findet sein<br />
erstes Anstellungsverhältnis in Krankenhäusern<br />
im öffentlichen Dienst<br />
oder in Einrichtungen, deren Tarifgestaltung<br />
sich an die Vergütungsrichtlinien<br />
des öffentlichen Dienstes anlehnt.<br />
Insofern gelten in Kliniken, die<br />
sich in öffentlicher oder kirchlicher<br />
Trägerschaft befinden, in etwa gleiche<br />
Gehaltsstrukturen wie bei den von<br />
Kommunen oder überörtlichen Sozialhilfeträgern<br />
betriebenen Häusern. Die<br />
Vergütungen im Öffentlichen Dienst<br />
sind sehr stark abhängig von den persönlichen<br />
und familiären Verhältnissen.<br />
Ein junger Klinikarzt verdient heute<br />
im Schnitt 11 € in der Stunde und<br />
2.009 € netto im Monat, nach einer<br />
Untersuchung des Deutschen Instituts<br />
für Wirtschaftsforschung (DIW). Laut<br />
der Entgeltordnung des seit Juni 2006<br />
gültigen neuen Tarifvertrags für Ärztinnen<br />
und Ärzte an Universitätskliniken<br />
unterscheiden sich vier Entgeltgruppen:<br />
Arzt (West: 3.600 € im 1. Jahr/<br />
Ost: 3.200 €), Facharzt (4.750 €/<br />
4.200 € ab dem 1. Jahr), Oberarzt<br />
(5.950 €/5.300 € ab dem 1. Jahr) und<br />
ständige Vertretung des Chefarztes<br />
(7.000 €/6.200 € ab dem 1. Jahr). Die<br />
Entgelte für Ärzte in kommunalen<br />
Krankenhäusern, für die es 2006<br />
ebenfalls einen neuen Tarifvertrag<br />
gab, sind vergleichbar. Beide Tarifverträge<br />
sind zu finden unter<br />
www.marburger-bund.de.<br />
Bei niedergelassenen Ärzten ist das<br />
Einkommen in den vergangenen Jahren<br />
im Durchschnitt nicht mehr gestiegen.<br />
Nach dieser Erhebung reichen die<br />
Verdienstmöglichkeiten in kleineren<br />
Praxen kaum zur Existenzsicherung<br />
aus. Auch dieser Aspekt dürfte in den<br />
vergangenen Jahren mit dazu beigetragen<br />
haben, dass der Arztberuf an Anziehungskraft<br />
verloren hat.<br />
Niedergelassene Ärzte verdienen einer<br />
Erhebung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung<br />
(KBV) von 2003 zufolge<br />
nach Abzug der Praxiskosten im<br />
Westen durchschnittlich 84.976 €, im<br />
Osten 78.268 €. Zu diesem Bruttoeinkommen<br />
kommen noch die Einnahmen<br />
aus der Behandlung von Privatpatienten<br />
hinzu. Im Ergebnis seien die In-<br />
89
ternisten in den alten Bundesländern<br />
mit einem durchschnittlichen Überschuss<br />
inklusive Einkommen durch<br />
Privatpatienten in Höhe von 137.016<br />
€ die Arztgruppe mit dem im Durchschnitt<br />
besten Einkommen. Am unteren<br />
Ende der ärztlichen Einkommensskala<br />
liegen die Hautärzte im Osten;<br />
sie erzielten ein durchschnittliches<br />
Einkommen von 62.892 €.<br />
90
Angebote der<br />
Bundesagentur für Arbeit<br />
Die Bundesagentur für Arbeit unterhält<br />
mit dem KURSNET die europaweit<br />
größte Datenbank über Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten.<br />
Sie ist als<br />
Online- Datenbank im Internet unter<br />
www.kursnet.arbeitsagentur.de einsehbar.<br />
Weit über hundert Stichworte aus<br />
dem medizinischen Bereich bieten umfassende<br />
und vollständige Informationsmöglichkeiten<br />
zur Weiterbildung<br />
von Ärztinnen und Ärzten. Unter bestimmten<br />
Voraussetzungen können<br />
Maßnahmen der Fort- und Weiterbildung<br />
von den Agenturen für Arbeit gefördert<br />
werden. Hierzu müssen in jedem<br />
Fall Gespräche mit den zuständigen<br />
Fachkräften der Bundesagentur<br />
geführt werden.<br />
Die Berufsinformationszentren (BIZ)<br />
der Agenturen für Arbeit bieten anhand<br />
von gedruckten, audiovisuellen<br />
und EDV - gestützten Medien die Möglichkeit,<br />
sich auch über Fragen der Bewerbung<br />
und Vorstellung umfassend<br />
und ohne vorherige Anmeldung zu informieren.<br />
Wer bei der Suche nach einem Arbeitsplatz<br />
das Informations-, Beratungs-<br />
und Vermittlungsangebot der<br />
Agenturen für Arbeit in Anspruch nehmen<br />
will, sollte sich grundsätzlich an<br />
die nächstgelegene Agentur für Arbeit<br />
wenden. Alle Agenturen für Arbeit sind<br />
per EDV untereinander vernetzt; die<br />
regional oder bundesweit vorhandenen<br />
Stellenangebote für Akademiker<br />
können im Internet unter<br />
www.arbeitsagentur.de eingesehen<br />
und ausgewählt werden. Darüber hinaus<br />
kann natürlich auch die persönliche<br />
Hilfe der Arbeitsvermittler in den<br />
Agenturen für Arbeit in Anspruch genommen<br />
werden.<br />
Auf den Internetseiten der Bundesagentur<br />
findet man darüber hinaus<br />
wichtige Informationen rund um Leistungen<br />
und Angebote. Wer eine Arbeitsstelle<br />
sucht, kann die Stellen- und<br />
Bewerberbörse nutzen. Informationen<br />
über die Agentur vor Ort findet man<br />
unter dem Link "Ihre Agentur für Arbeit".<br />
91
Für die Vermittlung von Führungskräften<br />
im medizinischen Bereich, also<br />
von Chef- und Oberärzten sowie anderen<br />
ärztlichen Führungskräften in der<br />
oberen und obersten Leitungsebene,<br />
in Industrie und öffentlichem Gesundheitswesen<br />
sowie leitende Krankenhausmanager,<br />
ist grundsätzlich die<br />
ManagementAgentur Europa (MAE)<br />
der Zentralstelle für Arbeitsvermittlung<br />
(ZAV) in Bonn zuständig. Näheres unter<br />
Tel.: +49 (0) 228 / 7 13 -12<br />
86,Fax: +49 (0) 228 /713-270-1188,<br />
E-Mail:<br />
Bonn-zav.fw@arbeitsagentur.de<br />
Auch bei der Suche nach Beschäftigungsmöglichkeiten<br />
im Ausland ist die<br />
ZAV eine bewährte Adresse (siehe Kapitel<br />
„Beschäftigungsmöglichkeiten im<br />
Ausland“).<br />
92
Autorin Marion Rang<br />
Marion Rang ist seit 2003 in der Zentralstelle<br />
für Arbeitsvermittlung (ZAV)<br />
und seit 2004 im Arbeitsmarkt-<br />
Informationsservice (AMS) tätig.<br />
Nach dem Studium der Germanistik,<br />
Psychologie und Soziologie an der Universität<br />
Bielefeld und dem Abschluss<br />
Magistra Artium absolvierte sie ein Volontariat<br />
bei der Neuen Westfälischen<br />
Zeitung und arbeitete danach als Lokalredakteurin.<br />
Die 35-Jährige ist zurzeit Redakteurin<br />
im AMS und beschäftigt sich mit den<br />
Berufsgruppen Ärzte und Apotheker,<br />
Geisteswissenschaftler, Sozialwissenschafter,<br />
Sozialpädagogen und Sozialarbeiter,<br />
Lehrer, Kreative und Medienberufe.<br />
93
Autor Manfred Bausch<br />
Nach einem Studium der Rechts- und<br />
Politischen Wissenschaften in Frankfurt,<br />
Saarbrücken und Berlin, das er<br />
als Diplom-Politologe abschloss, arbeitete<br />
Manfred Bausch in verschiedenen<br />
hauptamtlichen Funktionen in der Erwachsenenbildung.<br />
Von 1978 bis<br />
1992 war er zunächst in der Berufsberatung<br />
und der Akademikervermittlung<br />
der Bundesagentur für Arbeit in Beratungs-<br />
und Führungsfunktionen tätig.<br />
Danach arbeitete er als wissenschaftlicher<br />
Autor im Arbeitsmarkt-<br />
Informationsservice (AMS) der Zentralstelle<br />
für Arbeitsvermittlung (ZAV) in<br />
Bonn.<br />
94<br />
Schwerpunktmäßig beschäftigte er<br />
sich mit Arbeitsmarktthemen aus den<br />
Bereichen Geistes- und Sozialwissenschaften,<br />
Medizin und Pharmazie. Er<br />
hat zahlreiche Veröffentlichungen zum<br />
Akademikerarbeitsmarkt vorgelegt.
Notizen<br />
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Bestellung:<br />
Tel.: 0 18 05 / 00 38 65<br />
Montag - Freitag, 8 - 18 Uhr<br />
14 Cent/Minute<br />
Mail: arbeitsagentur@ibro.de<br />
Web: www.ba-bestellservice.de<br />
Versandkostenpauschale:<br />
2,50 Euro