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Bochum als Beispiel für den Strukturwandel im Ruhrgebiet.

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<strong>Bochum</strong> <strong>als</strong> <strong>Beispiel</strong> <strong>für</strong> <strong>den</strong><br />

<strong>Strukturwandel</strong> <strong>im</strong> <strong>Ruhrgebiet</strong>.<br />

Ein Unterrichtsversuch zum fächerübergreifen<strong>den</strong><br />

Erdkundeunterricht mit Musik<br />

Erstgutachterin: Prof. Dr. Christiane Meyer<br />

Zweitgutachter: Prof. Dr. Ekkehard Mascher<br />

vorgelegt von:<br />

Helen Haas<br />

Am Spielfelde 6c, 30449 Hannover<br />

E-Mail: HelenHaas@gmx.net<br />

Telefon: 0511-7124810<br />

Matrikelnummer: 2229080<br />

Erstfach: Musik – Zweitfach: Erdkunde<br />

am: 30.09.2010<br />

Masterarbeit <strong>im</strong> Studiengang Master of Education am Institut <strong>für</strong> Didaktik der<br />

Naturwissenschaften, Fachgebiet Didaktik der Geographie


Inhaltsverzeichnis<br />

Vorwort .................................................................................................................................. 3<br />

1 Fächerübergreifender Unterricht – theoretischer Teil .......................................................... 6<br />

1.1 Historische Entwicklungen ........................................................................................... 6<br />

1.1.1 Drei Schulmodelle der Reformpädagogik: ............................................................. 7<br />

1.2 Fächerübergreifender Unterricht – eine Definition .......................................................10<br />

1.2.1 Verschie<strong>den</strong>e Erklärungsansätze .........................................................................10<br />

1.3 Begründungen und Ziele des fächerübergreifen<strong>den</strong> Unterrichts .................................12<br />

1.3.1 Aus <strong>den</strong> Rahmenrichtlinien der Bundesländer......................................................13<br />

1.3.2 Aus der Fachliteratur ............................................................................................14<br />

1.4 Organisationsformen des fächerübergreifen<strong>den</strong> Unterrichts .......................................15<br />

1.4.1 Drei Anspruchsstufen ...........................................................................................16<br />

1.4.2 Individuelle und institutionell koordinierte Form ....................................................17<br />

1.4.3 Fächerübergreifender Unterricht <strong>als</strong> dreigliedriges System ..................................19<br />

1.4.4 Zusammenfassung ..............................................................................................19<br />

1.5 Probleme und Schwierigkeiten ...................................................................................20<br />

1.6 Fazit ...........................................................................................................................21<br />

2 Die Bildungsaufträge der Fächer Geographie und Musik ...................................................22<br />

2.1 Der Bildungsauftrag des Geographieunterrichts: .........................................................22<br />

2.2 Der Bildungsauftrag des Musikunterrichts ...................................................................24<br />

2.3 Der fächerübergreifende Unterricht <strong>im</strong> Fach Erdkunde ...............................................26<br />

2.3.1 Geographie <strong>als</strong> Brückenfach ................................................................................27<br />

2.4 Die Wirkung von Musik ...............................................................................................29<br />

2.4.1 Bastian-Studie ......................................................................................................29<br />

2.4.2 Macht Mozart schlau? ..........................................................................................32<br />

2.4.2.1 Lernpsychologische Begründungen <strong>für</strong> <strong>den</strong> Einsatz von Musik .....................33<br />

2.4.3 Aktueller Forschungsstand ...................................................................................34<br />

2.5 Allgemeine <strong>Beispiel</strong>e <strong>für</strong> eine Verbindung der Disziplinen Geographie und Musik ......35<br />

2.5.1 Die musikalische Weltkarte ..................................................................................35<br />

2.5.2 Musikalische Ausdrucksformen <strong>im</strong> karibischen Raum ..........................................36<br />

2.5.3 HipHop, Musik und die Artikulation von Geographie.............................................36<br />

2.5.4 Bruce Springsteens Lieder <strong>als</strong> Spiegel der gesellschaftlichen Veränderungen in<br />

<strong>den</strong> USA .......................................................................................................................37<br />

2.5.5 Musik, Wirtschaft und Stadtentwicklung ...............................................................38<br />

2.6 Das Thema <strong>Strukturwandel</strong> <strong>im</strong> <strong>Ruhrgebiet</strong> in der Schule ............................................39<br />

2.6.1 Unterrichtsvorschläge aus niedersächsischen Schulbüchern zum Thema<br />

<strong>Strukturwandel</strong> <strong>im</strong> <strong>Ruhrgebiet</strong> .......................................................................................40<br />

2.6.2 Materialen aus Fachzeitschriften ..........................................................................41<br />

2.6.2.1 Lernzirkel zum Thema <strong>Ruhrgebiet</strong> ................................................................41<br />

2.6.2.2 Broadway an der Ruhr ..................................................................................41<br />

2.6.2.3 „Tief <strong>im</strong> Westen…“ – Grönemeyer & Co ........................................................42<br />

3 Der Unterrichtsversuch ......................................................................................................44<br />

3.1 Das Thema .................................................................................................................44<br />

3.1.1 Die Fragestellung .................................................................................................45<br />

3.1.2 Die Klasse und die Rahmenbedingungen ............................................................45<br />

1


3.2 Die Planung ................................................................................................................46<br />

3.2.1 Allgemeine Lernziele der Unterrichtseinheit .........................................................46<br />

3.2.2 Begründungen zur Materialauswahl .....................................................................48<br />

3.3 Der Verlauf der Unterrichtseinheit ...............................................................................50<br />

3.3.1 Der Stun<strong>den</strong>plan ..................................................................................................50<br />

3.3.2 Die Verlaufspläne, 1. Woche (7. - 11. Juni 2010) ..................................................51<br />

3.3.3 Die Verlaufspläne, 2. Woche (14. – 18. Juni 2010) ...............................................59<br />

3.4 Durchführung und Reflexion des Unterrichtsversuchs ................................................61<br />

3.4.1 Montag, 7. Juni 2010 ...........................................................................................61<br />

3.4.2 Mittwoch, 9. Juni 2010 .........................................................................................63<br />

3.4.3 Donnerstag, 10. Juni 2010 ...................................................................................66<br />

3.4.4 Freitag, 11. Juni 2010...........................................................................................68<br />

3.4.5 Montag, 14. Juni, bis Donnerstag, 17. Juni 2010..................................................73<br />

3.4.6 Ergebnisse ...........................................................................................................74<br />

3.4.6.1 Die Vorstellung und Erläuterung der Lieder <strong>im</strong> Einzelnen ..............................74<br />

3.4.6.2 Die Abst<strong>im</strong>mung ............................................................................................77<br />

3.4.7 Zusammenfassung/Bewertung/Reflexion der Ergebnisse der musikpraktischen<br />

Phase ...........................................................................................................................78<br />

3.5 Auswertung .................................................................................................................79<br />

3.5.1 Ergebnisse der Schülerbefragung: .......................................................................79<br />

3.5.1.1 Zusammenfassung ........................................................................................83<br />

3.5.2 Ergebnisse der Lehrerbefragung ..........................................................................83<br />

3.5.2.1 Zusammenfassung ........................................................................................84<br />

3.5.3 Persönliche Wahrnehmung ..................................................................................84<br />

3.5.4 Beantwortung der Fragestellung auf Basis der empirischen Ergebnisse: .............85<br />

4 Fazit ..................................................................................................................................87<br />

4.1 Ausblick ......................................................................................................................89<br />

5 Literaturverzeichnis ...........................................................................................................90<br />

5.1 Literatur ......................................................................................................................90<br />

5.2 Zeitschriften ................................................................................................................92<br />

5.3 Internetquellen ............................................................................................................92<br />

5.4 Lexika .........................................................................................................................93<br />

6 Anhang ..............................................................................................................................94<br />

Anhang 1: Hörbeispiele und Videos ................................................................................94<br />

Anhang 2: Montag, 7. Juni 2010 .....................................................................................94<br />

Anhang 3: Mittwoch, 9. Juni 2010 ...................................................................................94<br />

Anhang 4: Donnerstag, 10. Juni 2010 ............................................................................95<br />

Anhang 5: Freitag, 11. Juni .............................................................................................95<br />

Anhang 6: Freitag, 18. Juni 2010; Präsentation der Ergebnisse der Gruppenarbeiten,<br />

Texte zu CD 1, Anhang 1 ..................................................................................................95<br />

Anhang 7: Auswertung ...................................................................................................95<br />

Anhang 8: Bilder des <strong>Ruhrgebiet</strong>s ..................................................................................95<br />

2


Danke!<br />

Mein besonderer Dank gilt Herrn Ekkehard Popp, der mich bei meinem Unterricht am<br />

Hermann-Billung-Gymnasium in Celle in allen organisatorischen Dingen sehr hilfreich<br />

unterstützte. Ohne ihn wäre es sicherlich nicht so schnell und einfach möglich gewesen,<br />

meine Absicht, eine Unterrichtseinheit durchzuführen, in die Tat umzusetzen. Auch bei Frau<br />

Heidi Thiesing möchte ich mich herzlich da<strong>für</strong> bedanken, dass sie mir ihre Klasse und<br />

Erdkundestun<strong>den</strong> zur Verfügung gestellt hat. Sie leistete konstruktive Kritik und stand mir in<br />

ihren Stun<strong>den</strong> <strong>im</strong>mer beratend zur Seite.<br />

Allen Schülern der Klasse 9NM2 wünsche ich eine erfolgreiche Schullaufbahn und hoffe,<br />

dass ihnen ihre Motivation, ihre Freundlichkeit und ihr Teamgeist nicht verloren gehen. Es hat<br />

mir eine besondere Freude bereitet, mit ihnen zu arbeiten.<br />

Schließlich möchte ich noch ein herzliches Dankeschön an Frau Prof. Christiane Meyer<br />

aussprechen, die sich stets mit meinen Fragen und Ideen kritisch auseinandersetzte, so dass<br />

ich ausführlich kommentierte Antworten und neue Anregungen erhielt, durch die ich mein<br />

Konzept <strong>im</strong>mer weiter entwickeln konnte.<br />

Vorwort<br />

„Lernen mit Kopf, Herz und Hand“ verlangten die Reformpädagogen in <strong>den</strong> 1920er-Jahren<br />

von der Bildungspolitik und plädierten damit <strong>für</strong> eine Schule, die <strong>den</strong> Heranwachsen<strong>den</strong><br />

vernetztes Denken und Handeln lehren sollte, um sie so auf die komplexen Anforderungen<br />

der Lebenswirklichkeit vorzubereiten. Aber die Idee des so genannten ganzheitlichen<br />

Lernens hatte es schwer, sich durchzusetzen, so dass sich eine Schullandschaft entwickelte,<br />

die einen Stun<strong>den</strong>rhythmus von 45 Minuten und streng getrennte Fächer vorsah.<br />

Erst ein halbes Jahrhundert später wurde dann durch PISA (Programme for International<br />

Stu<strong>den</strong>t Assessment) und TIMSS (Third International Mathematics and Science Study)<br />

deutlich, dass diese Art der Schulorganisation nicht die bestmögliche Förderung der Schüler<br />

ermöglicht, da sie problem- und handlungsorientierten Unterricht erschwert. Eine hitzige<br />

Bildungsdebatte wurde ausgelöst, aus der die Forderung nach der Abkehr von der<br />

„traditionellen Schule“ laut wurde und die Maßnahmen in Gang setzten, mit dem Ziel eine<br />

Umstrukturierung der Schule voranzutreiben. In diesem Zusammenhang wäre z.B. die<br />

Ausschreibung des deutschen Schulpreises der Robert-Bosch-Stiftung zu erwähnen, die<br />

Schulen auszeichnet, die „sich <strong>den</strong> Herausforderungen der Zeit stellen und die mit neuen<br />

Konzepten und erfolgreicher Praxis begeistern, Lernfreude wecken, Perspektiven geben und<br />

Schule zu neuem Leben erwecken“ (Robert Bosch Stiftung) wollen. Aber auch die<br />

zahlreichen Neugründungen von Schulen in freier Trägerschaft sowie die Einführung von<br />

speziellen Schulprogrammen an <strong>den</strong> staatlichen Institutionen lassen auf ein Um<strong>den</strong>ken<br />

schließen.<br />

3


Diese Veränderungen der Schullandschaft infolge des schlechten Abschnei<strong>den</strong>s der<br />

deutschen Schüler <strong>im</strong> internationalen Vergleich greifen das reformpädagogischen<br />

Gedankengut der 20er-Jahre wieder auf. Sie rücken das ganzheitliche Lernen wieder in <strong>den</strong><br />

Mittelpunkt der Betrachtungen, das heutzutage seine Umsetzung u.a. in Form von<br />

fächerübergreifendem Unterricht erfährt. Pädagogen und Lehrpläne fordern <strong>den</strong> Einsatz des<br />

fächerübergreifen<strong>den</strong> Unterrichts an <strong>den</strong> Schulen und auch die Universitäten scheinen<br />

diesen Appell verstan<strong>den</strong> zu haben: Fächerübergreifende Bachelorstudiengänge sollen <strong>den</strong><br />

Studieren<strong>den</strong> das Prinzip der Vernetzung und Interdisziplinarität vermitteln, um ein<br />

Verständnis da<strong>für</strong> zu entwickeln, die Welt in ihren Zusammenhängen zu betrachten.<br />

Die hier vorgelegte Arbeit soll sich jedoch nicht mit der Entwicklung des deutschen<br />

Bildungssystems befassen. Ihre Ziele sind vielmehr, folgende Grundannahmen zu bestätigen<br />

oder zu f<strong>als</strong>ifizieren:<br />

� Die Fächer Erdkunde und Musik lassen sich <strong>im</strong> fächerübergreifen<strong>den</strong> Unterricht<br />

sinnvoll verbin<strong>den</strong>.<br />

� Der Einsatz von Musik <strong>im</strong> Erdkundeunterricht kann inhaltlich gelingen.<br />

� Musik übt einen positiven Einfluss auf die Motivation aus, fördert <strong>den</strong><br />

Gruppenzusammenhalt und erhöht <strong>den</strong> Lernerfolg durch die Vernetzung der<br />

Lernziele.<br />

Meine persönliche Motivation an diesem Thema zu arbeiten, ergibt sich aus Folgendem:<br />

� Musik ist mein Erstfach. In meiner Lehrtätigkeit wird es mir die Arbeit erleichtern,<br />

wenn ich häufiger fächerübergreifend arbeiten kann.<br />

� In <strong>den</strong> reformpädagogischen Ansätzen sehe ich eine Möglichkeit zur Umgestaltung<br />

des Unterrichts zu individualisierten und offenen Formen der Vermittlung.<br />

� Die Entscheidung, das in <strong>den</strong> Lehrplänen vorgesehene Thema <strong>Bochum</strong> <strong>als</strong> <strong>Beispiel</strong><br />

<strong>für</strong> <strong>den</strong> <strong>Strukturwandel</strong> <strong>im</strong> <strong>Ruhrgebiet</strong> zu wählen, traf ich, da durch Herbert<br />

Grönemeyers Lieder (<strong>Bochum</strong> und Komm zu Ruhr) und <strong>den</strong> Feierlichkeiten<br />

hinsichtlich Ruhr 2010 – Kulturhauptstadt Europas eine offensichtliche Schnittstelle<br />

zwischen Musik und Geographie bestand.<br />

� Schließlich reizte mich auch die Herausforderung, eine Unterrichtseinheit zu<br />

entwickeln, die es in der Form noch nicht gab und die auch <strong>für</strong> die Schüler fremd war.<br />

� Ich wollte mir ein Bild verschaffen, wie Schüler fächerübergreifen<strong>den</strong> Unterricht<br />

erfahren und einschätzen.<br />

Erkenntnisse über die Langzeitwirkung von fächerübergreifendem Unterricht auf die Schüler,<br />

konnte ich dabei nicht sammeln, da es sich um keine länger angelegte und auch um keine<br />

repräsentative Studie handelt. Diese praktische Umsetzung der Unterrichtseinheit, die nur in<br />

4


einer Schulklasse durchgeführt wurde, ist <strong>als</strong> Pilotstudie zu bewerten, aus der Erfahrungen<br />

hervorgehen, die in weiteren Versuchen verifiziert wer<strong>den</strong> müssten, um an Gültigkeit zu<br />

gewinnen. Die Durchführung sollte mir Aufschluss darüber geben, welche Anforderungen<br />

und Probleme der organisatorische Rahmen einer fächerübergreifen<strong>den</strong> Unterrichtseinheit<br />

mit sich bringt und ob ich diesen Ansatz <strong>für</strong> meine zukünftige Schullaufbahn <strong>für</strong> umsetzbar<br />

halte. Außerdem wollte ich damit <strong>den</strong> Beweis führen, dass die Verbindung der Fächer Musik<br />

und Erdkunde nicht so abwegig ist, wie es auf <strong>den</strong> ersten Blick scheint.<br />

Vier Kapitel gliedern <strong>den</strong> vorliegen<strong>den</strong> Aufsatz.<br />

Der Beschreibung des eigentlichen Unterrichtsversuchs <strong>Bochum</strong> <strong>als</strong> <strong>Beispiel</strong> <strong>für</strong> <strong>den</strong><br />

<strong>Strukturwandel</strong> <strong>im</strong> <strong>Ruhrgebiet</strong> – fächerübergreifender Erdkundeunterricht mit Musik gehen<br />

theoretische Überlegungen voraus, die die Unterrichtsform sowie Thema- und<br />

Materialauswahl begrün<strong>den</strong> sollen.<br />

Dabei widmet sich das einleitende Kapitel dem fächerübergreifen<strong>den</strong> Unterricht <strong>im</strong><br />

Allgemeinen und liefert neben einer Definition auch Antworten auf die Fragen, woraus sich<br />

diese Unterrichtsform entwickelte, welche Ziele sie verfolgt und wie ihre Verankerung in <strong>den</strong><br />

Lehrplänen begründet wird. Außerdem sollen in diesem Abschnitt Umsetzungsmöglichkeiten<br />

in der Schule sowie die damit verbun<strong>den</strong>en Probleme und Schwierigkeiten <strong>für</strong> die Lehrkräfte<br />

vorgestellt wer<strong>den</strong>.<br />

Das zweite Kapitel beginnt mit der Darlegung der allgemeinen Lernziele der Schulfächer<br />

Geographie und Musik, wodurch ihre Bedeutung <strong>im</strong> Fächerkanon hervorgehoben wer<strong>den</strong><br />

soll. Im Weiteren geht dieser Teil auf die Geographie <strong>als</strong> Brücken- bzw. Integrationsfach ein,<br />

das einen fächerübergreifen<strong>den</strong> Unterrichtsansatz geradezu herausfordert. Die Vorstellung<br />

der Studien über die Wirkung von Musik dient <strong>als</strong> wissenschaftliche Legit<strong>im</strong>ation <strong>für</strong> die<br />

Einbindung des Faches Musik in <strong>den</strong> Geographieunterricht.<br />

Da die Verbindung von Geographie und Musik in der Schul- und Unterrichtspraxis äußerst<br />

selten ist, folgen <strong>Beispiel</strong>e aus der Fachliteratur, die eine Verknüpfung von geographischen<br />

und musikalischen Inhalten zum Thema haben. Die angeführten Vorschläge sollen zeigen,<br />

dass die Kombination dieser bei<strong>den</strong> Disziplinen möglich ist. Gleichzeitig dienen sie auch <strong>als</strong><br />

<strong>Beispiel</strong>e, aus <strong>den</strong>en mögliche fächerübergreifende Unterrichtsthemen abgeleitet wer<strong>den</strong><br />

können. Als Vorbereitung auf das anschließende dritte Kapitel folgt <strong>als</strong> Letztes eine<br />

Bestandsaufnahme von Unterrichtsvorschlägen, die die Fächer Erdkunde und Musik bei dem<br />

speziellen Thema <strong>Strukturwandel</strong> <strong>im</strong> <strong>Ruhrgebiet</strong> in Zusammenhang bringen. Da<strong>für</strong> wur<strong>den</strong><br />

die entsprechen<strong>den</strong> Kapitel der am meisten verbreiteten niedersächsischen Erdkunde-<br />

Lehrbücher sowie Fachzeitschriften auf kreative Vorschläge hin untersucht.<br />

Das dritte Kapitel stellt <strong>den</strong> Hauptteil dieser Arbeit dar, da es <strong>den</strong> eigentlichen<br />

Unterrichtsversuch in seiner Planung und Durchführung beschreibt. Es beinhaltet die<br />

5


Verlaufspläne der Stun<strong>den</strong> in tabellarischer Form sowie die detaillierte Beschreibung und<br />

Reflektion des Unterrichts. Besonderes Augenmerk verdienen die Ergebnisse der<br />

Unterrichtseinheit, die unter 3.3.6 vorgestellt wer<strong>den</strong>. Die Auswertung der Schüler- und<br />

Lehrerumfrage über die Wahrnehmung und Einschätzung dieser fächerübergreifen<strong>den</strong><br />

Unterrichtseinheit findet <strong>im</strong> letzten Abschnitt des Kapitels statt. Außerdem erläutere ich meine<br />

persönlichen Eindrücke und beantworte die zugrundeliegende Fragestellung der<br />

Unterrichtseinheit anhand der empirischen Ergebnisse.<br />

Die Arbeit endet mit einer Schlussbetrachtung.<br />

1 Fächerübergreifender Unterricht – theoretischer Teil<br />

1.1 Historische Entwicklungen<br />

Die Reformpädagogik der 1920er-Jahre <strong>als</strong> Motor <strong>für</strong> <strong>den</strong> Einzug des fächerübergreifen<strong>den</strong><br />

Unterrichts in die Schulen.<br />

„Also lautet ein Beschluß:<br />

Daß der Mensch was lernen muß.<br />

Nicht allein das Abc<br />

Bringt <strong>den</strong> Menschen in die Höh,<br />

Nicht allein <strong>im</strong> Schreiben, Lesen<br />

Übt sich ein vernünftig Wesen;<br />

Nicht allein in Rechnungssachen<br />

Soll der Mensch sich Mühe machen;<br />

Sondern auch der Weisheit Lehren<br />

Muß man mit Vergnügen hören.“<br />

(aus Max und Moritz von Wilhelm Busch, 4. Streich)<br />

Wer hat be<strong>im</strong> Lesen dieser Zeilen nicht die Zeichnung des strengen Lehrer Lämpel <strong>im</strong> Kopf,<br />

der mit starrer Miene und lang ausgestrecktem Zeigefinger um Achtung bittet. Wilhelm Busch<br />

(1832 – 1908) bildete damit <strong>den</strong> Lehrer seiner Zeit, des 19. Jahrhunderts ab und zeigte<br />

unmissverständlich, welche Rolle die Lehren<strong>den</strong> dam<strong>als</strong> spielten. Schule war <strong>im</strong> 19.<br />

Jahrhundert ein Ort der harten Disziplin, wo sich die Schüler der autoritären Erziehung der<br />

Lehrer beugen mussten. Der Unterricht beschränkte sich dabei auf die Wissensvermittlung,<br />

die durch einen strikten Lehrplan organisiert wurde (vgl. Forsbach 2008, S. 29). Aber die<br />

Institution Schule funktionierte, weil niemand die Regeln der Zucht und Ordnung in Frage<br />

stellte.<br />

6


Doch bei der näheren Betrachtung des Verses aus Wilhelm Buschs Max und Moritz kommt<br />

man nicht zu dem Schluss, dass der Autor mit der Meinung, Schule sei einzig <strong>für</strong> die<br />

Vermittlung der grundlegen<strong>den</strong> Disziplinen verantwortlich, übereinst<strong>im</strong>mt. Seine Worte<br />

deuten vielmehr darauf hin, dass Schule mehr sein sollte <strong>als</strong> die Fähigkeiten Lesen,<br />

Schreiben und Rechnen zu unterrichten. So verweist er in der vorletzten Zeile mit <strong>den</strong><br />

Worten „Sondern auch der Weisheit lehren“ auf die Möglichkeit der Schule, die Kinder mit<br />

allen Sinnen auf das Leben vorzubereiten.<br />

Zu Beginn des neuen Jahrhunderts wur<strong>den</strong> <strong>im</strong>mer mehr St<strong>im</strong>men laut, die sich gegen <strong>den</strong><br />

lehrerorientierten Unterricht aussprachen und sich eine schulische Erziehung wünschten, die<br />

<strong>den</strong> Bedürfnissen des kindlichen Lernens entsprach (vgl. Oelkers 1996, S. 129). Die<br />

Forderung zur Abkehr von der „Lern- und Buchschule“ (ebd., S. 132) hin zur kindgerechten<br />

Schule, die die Erfahrungen der Kinder berücksichtigen sollte, setzte schließlich in <strong>den</strong><br />

1920er-Jahren Reformen in Gang, die die bisher strikte Schulorganisation zu Veränderungen<br />

zwang. Drei reformpädagogische Modelle sollen <strong>im</strong> Folgen<strong>den</strong> vorgestellt wer<strong>den</strong>:<br />

1.1.1 Drei Schulmodelle der Reformpädagogik:<br />

John Dewey (1859 – 1952):<br />

Der amerikanische Philosoph und Pädagoge verlieh der öffentlichen Schule mit seinen<br />

Überlegungen eine soziale Definition, indem er <strong>als</strong> Gegenstand allen Lehrens und Lernens<br />

die Lebenserfahrung des Kindes in <strong>den</strong> Mittelpunkt stellte. Der Unterricht sollte nicht mehr<br />

vom Lehrer und durch Bücher gesteuert, sondern durch die Impulse, d.h. Fragen und<br />

Probleme der Individuen geleitet wer<strong>den</strong> (vgl. Forsbach 2008, S. 29). Für ihn gab es<br />

demnach vier zentrale Themen, die bei der Veränderung der Schulorganisation beachtet<br />

wer<strong>den</strong> sollten (Oelkers 1996, S. 135):<br />

� Lebensnaher Unterricht<br />

� reale Bedeutung des Curriculums<br />

� erfahrungsbezogener Unterricht<br />

� Individualisierung<br />

Um diese Punkte realisieren zu können, führte er gleichzeitig einige Prinzipien ein, nach<br />

<strong>den</strong>en Schule zukünftig funktionieren sollte. Er betonte die Wichtigkeit der Handarbeit, der<br />

körperlichen Betätigung und der Selbsttätigkeit <strong>im</strong> Unterricht. Außerdem sollten die Inhalte<br />

von Schule mit Lebensproblemen verknüpft wer<strong>den</strong> und schließlich forderte er die<br />

Entwicklung einer „kindgemäßen Schulorganisation mit Familiencharakter.“ (Forsbach 2008,<br />

S. 29).<br />

Dewey erwies sich <strong>als</strong> Verfechter der „learning by doing-Methode“ (ebd., S. 36), durch die<br />

individuelles Lernen stattfin<strong>den</strong> sollte. Das Lernen durch Erfahrung sei der Motor aller<br />

7


Erkenntnis (vgl. ebd.). Der Unterricht habe sich an der Erfahrungswelt der Schüler zu<br />

orientieren. Er selbst beschrieb dies mit <strong>den</strong> Worten: „Wissen ohne Beziehung zu<br />

verständigem Handeln […] ist toter Ballast.“ (ebd). Um erfahrungsbezogenen Unterricht zu<br />

gewährleisten, müssten nach Dewey „alle Unterrichtgebiete der Schule, sei es Mathematik,<br />

Geschichte, Geographie oder eine andere Wissenschaft, […] mit dem Bereich der<br />

gewöhnlichen Lebenserfahrung in Verbindung stehen“ (ebd., S. 39). Deweys Lehrplan ging<br />

damit von gesamtunterrichtlichen Themen und Problemen aus, wodurch er sich vom<br />

traditionellen Fächerkanon, der eine Sammlung von Fakten und Prinzipien darstellt, die<br />

unabhängig voneinander aufgebaut sind (vgl. ebd.), deutlich abwendete. In der<br />

„Arbeitsschule“ sollten Handarbeit und Selbsttätigkeit <strong>im</strong> Rahmen von Projekten <strong>im</strong><br />

Mittelpunkt des Schullebens stehen.<br />

Hermann Lietz (1868 – 1919)<br />

Der Reformpädagoge Hermann Lietz entwickelte das Schulmodell des<br />

„Landerziehungshe<strong>im</strong>s“ (ebd., S. 29). Das erste gründete er 1898 bei Ilsenburg. Die Schule<br />

sollte nicht mehr „Anstalt“ sein, sondern <strong>den</strong> Schülern ein „He<strong>im</strong>“ bieten. Lehrer und Schüler<br />

sollten, wie in der O<strong>den</strong>waldschule, in Familiengruppen zusammen leben.<br />

In seinen Augen stellte die ideale Form von Schule einen Zusammenschluss von lernen,<br />

leben und arbeiten dar (vgl. Oelkers 1996, S. 141), wobei er die wissenschaftliche Arbeit<br />

aber nicht ablehnte. Der Unterricht konnte erst dann zur schulischen Erziehung der Kinder<br />

beitragen, wenn er die Erfahrung des Landlebens, Spiel und Sport, körperlichen Arbeit und<br />

die Vorbilder durch Erzieher beinhalte und miteinander verknüpfe. Damit sprach er sich <strong>für</strong><br />

eine „ganzheitliche Erziehung“ (Forsbach 2008, S.30) aus, die aus Wissenschaft, Kunst,<br />

Religion, körperlicher Betätigung und praktischer Ausbildung bestehen sollte.<br />

Berthold Otto (1859 – 1933)<br />

Das Schulmodell der „Hauslehrerschule“ geht auf <strong>den</strong> Reformpädagogen Berthold Otto<br />

zurück. Mit der Gründung dieser Privatschule in Berlin-Lichterfelde verfolgte er die Absicht,<br />

seine Idee einer Schule <strong>als</strong> erweiterte Familie, in die Tat umzusetzen. Er plädierte <strong>für</strong> die<br />

„Aufweichung des Fächerkanons“ (Memmert 1997, S. 23) und forderte eine „Pädagogik vom<br />

Kinde“ (ebd.) aus.<br />

„Das Kind weiß nichts von Fächern, weiß nichts von <strong>den</strong> verschie<strong>den</strong>en<br />

Wissensgebieten. Dem ist die Welt eine einzige große Gesamtheit und es sucht sich<br />

gerade in der ganzen Welt zurechtzufin<strong>den</strong>, einerlei, ob das, wo<strong>für</strong> es sich gerade<br />

interessiert, in die Naturwissenschaften oder sonst wie in eine Wissenschaft<br />

gehört.“ (ebd.)<br />

8


Nicht Lehrpläne und Vorgaben sollten das Schulleben best<strong>im</strong>men, sondern das freie<br />

Unterrichtsgespräch wurde <strong>als</strong> Fortsetzung der „häuslichen Tischgespräche“ (ebd.)<br />

vorgeschlagen. Die sich durch das Unterrichtsgespräch entwickeln<strong>den</strong> Fragen,<br />

Assoziationen und Feststellungen, sollten <strong>im</strong>mer wieder <strong>für</strong> neue Anknüpfungs- und<br />

Erweiterungsmöglichkeiten sorgen und in einen Fachunterricht integriert wer<strong>den</strong> (vgl. ebd., S.<br />

26). Dadurch würde die individuelle Lebenssituation der Schüler Berücksichtigung fin<strong>den</strong> und<br />

die Schule zu einem Ort des organischen Lernens wer<strong>den</strong> (vgl. Forsbach 2008, S. 30). Das<br />

organische Lernen geht von dem natürlichen Erkenntnistrieb des Kindes aus, der<br />

idealerweise durch die Eltern <strong>im</strong> familiären Zusammenleben befriedigt wird. Organisiert<br />

wurde diese Form des Lehrens und Lernens <strong>im</strong> so genannten Gesamtunterricht, der ebenso<br />

wie Dewey und Lietz mit seiner Abkehr von Stun<strong>den</strong>rhythmus, Lehrerzentriertheit,<br />

Metho<strong>den</strong>formalismus, Lehrplanorientierung, Jahrgangsklassen und Distanziertheit (vgl. ebd.,<br />

S. 30) die Strukturen der alten Schule verändern sollte.<br />

Die oben genannten reformpädagogischen Ansätze lassen sich in ihren Grundgedanken<br />

zusammenfassen und können <strong>als</strong> Wegbereiter <strong>für</strong> <strong>den</strong> Einzug des fächerübergreifen<strong>den</strong><br />

Unterrichts in unsere heutigen Lehrpläne verstan<strong>den</strong> wer<strong>den</strong>.<br />

Ihnen ist vor allem das „Prinzip der Integration“ (Forsbach 2008, S. 40) gemein, das versucht,<br />

die Lebenswirklichkeit und die Erfahrungen der Schüler in <strong>den</strong> Unterrichtsalltag einzubauen.<br />

Dadurch ergibt sich eine Aufhebung der Fächergrenzen, da sich die Fragen, Interessen, das<br />

Wissen und die Lebensumstände der Kinder nicht auf eine Disziplin beschränken, sondern in<br />

viele Teilbereiche hineinreichen. Der traditionelle Fächerkanon wird <strong>als</strong>o aufgebrochen, um<br />

eine Verknüpfung der Disziplinen zugunsten der Bedürfnisse des kindlichen Lernens zu<br />

ermöglichen. Diese Verbindung kann nur dann gelingen, wenn sich die zeitliche Struktur<br />

nicht mehr nur nach <strong>den</strong> Fächern ausrichtet, sondern sich an <strong>den</strong> Lernaufgaben orientiert,<br />

wo<strong>für</strong> die Reformer ebenfalls plädierten.<br />

Die neue Schulform sollte <strong>als</strong>o die des Gesamtunterrichts wer<strong>den</strong>, in dem die Fächergrenzen<br />

überwun<strong>den</strong> und die Welt <strong>als</strong> Gesamtheit dargestellt wer<strong>den</strong> sollte (vgl. Dethlefs 1995, S. 4).<br />

Keine der zahlreichen Ideen und Modelle der Schulreformer konnte sich nach <strong>den</strong> 20er-<br />

Jahren wirklich etablieren. Das erfolgreichste Konzept der Reformpädagogik, das in der 61.<br />

Auflage auch heute noch viel gelesen wird, ist der „Kleine Jena-Plan“ (vgl. Forsbach 2008, S.<br />

31), <strong>den</strong> Peter Petersen 1927 entwickelte.<br />

Trotzdem setzte sich mit dem Schulaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg mit wenigen<br />

Ausnahmen wieder eine Unterrichtsorganisation durch, die auf Wissenschaftlichkeit basierte<br />

und die ihre Fachlichkeit betonte (vgl. Stübig 2002, S. 13). Die Schule hatte damit ab <strong>den</strong><br />

70er-Jahren genau das wieder, was die Reformpädagogen kritisierten: einen strengen<br />

9


Fächerkanon, mit Fächern, die sich ausschließlich an ihrer Wissenschaft orientierten und<br />

eigene, fachspezifische Ziele verfolgten. Erst Mitte der 80er-Jahre hielten wieder neue<br />

Gestaltungsformen Einzug in <strong>den</strong> Unterricht. Ausgehend von <strong>den</strong> Grundschulen wur<strong>den</strong><br />

Konzepte wie Offener Unterricht eingeführt, um einen stärkeren Lebensweltbezug und<br />

Handlungsorientierung zu gewährleisten (vgl. ebd. S. 14) und um sich so einer sich rasch<br />

wandeln<strong>den</strong> Welt anzupassen. Damit wur<strong>den</strong> dem fächerübergreifen<strong>den</strong> Unterricht die Türen<br />

geöffnet, der in <strong>den</strong> 90er-Jahren schließlich in die Rahmenrichtlinien und Lehrpläne der<br />

staatlichen Schulen mit aufgenommen und damit ausdrücklich gefordert wurde (vgl.<br />

Forsbach 2006, S. 6).<br />

1.2 Fächerübergreifender Unterricht – eine Definition<br />

Auf der Suche nach einer allgemeingültigen Definition von fächerübergreifendem Unterricht<br />

fällt auf, dass kaum einheitliche Begriffsbest<strong>im</strong>mungen existieren. Sie unterschei<strong>den</strong> sich in<br />

Wortlaut und Länge und in vielen Publikationen ist neben fach- oder fächerübergreifend auch<br />

von „vorfachlich, ungefächert, überfachlich, fach- oder fächerverbin<strong>den</strong>d, fach- oder<br />

fächerüberschreitend, interdisziplinär oder integrativ, vielseitig aspektierend oder<br />

mehrperspektivisch“ (Forsbach 2008, S. 19) die Rede. Die feinen Unterschiede dieser<br />

Begrifflichkeiten, sollten sie existieren, könnten wahrscheinlich nur durch eine sehr<br />

detaillierte Betrachtung deutlich gemacht wer<strong>den</strong>, was aber nicht <strong>im</strong> Rahmen dieser Arbeit<br />

geschehen soll. Bedeutend ist vielmehr die Gemeinsamkeit aller oben aufgeführten Begriffe:<br />

Sie beschreiben eine Unterrichtsform, die ein Thema nicht nur unter einem fachlichen Aspekt<br />

betrachtet, sondern „unter Beteiligung mehrerer Schulfächer“ (ebd.). Da <strong>als</strong>o kein<br />

einheitlicher Sprachgebrauch <strong>für</strong> diese Unterrichtsform zu fin<strong>den</strong> ist, soll <strong>im</strong> weiteren Verlauf<br />

der Begriff Fächerübergreifender Unterricht <strong>als</strong> zusammenfassender Terminus verwendet<br />

wer<strong>den</strong>.<br />

Fasst man die vielen verschie<strong>den</strong> Definitionen in ihren Inhalten zusammen, lassen sich<br />

zudem die Prinzipien der Reformpädagogik (s.o.) wiedererkennen, die sich unter anderem<br />

mit <strong>den</strong> Merkmalen ganzheitliches Denken, Lebensweltbezug, offene Unterrichtsformen und<br />

Lernen mit Kopf, Herz und Hand (vgl. ebd.) beschreiben lassen.<br />

Es sollen nun einige Definitionen anhand der Fachliteratur genauer vorgestellt wer<strong>den</strong>, die<br />

die Idee des fächerübergreifen<strong>den</strong> Unterrichts verdeutlichen sollen.<br />

1.2.1 Verschie<strong>den</strong>e Erklärungsansätze<br />

Astrid Beckmann beginnt ihr Buch Fächerübergreifender Unterricht. Konzept und<br />

Begründung mit einer detaillierten Aufschlüsselung dieses zusammengesetzten Wortes.<br />

Fächerübergreifender Unterricht beschreibt <strong>im</strong> Allgemeinen die Beschäftigung mit einem<br />

10


Inhalt, einer Methode, einer Denkweise in der Schule. Darüber hinaus <strong>im</strong>pliziert das Wort<br />

„fächerübergreifend“ die Präsenz von festgelegten Disziplinen und deutet darauf hin, dass<br />

„über das Fach hinaus gegriffen“ (Beckmann 2003, S. 5) wird. Fächergrenzen wer<strong>den</strong> <strong>als</strong>o<br />

überschritten und es wird auf etwas Außerfachliches Bezug genommen. Damit ergibt sich<br />

laut Beckmann folgende Definition: „Fächerübergreifender Unterricht bedeutet die<br />

unterrichtliche Beschäftigung mit einem Gebiet, indem die fachlichen Grenzen überschritten<br />

und andere Fächer einbezogen wer<strong>den</strong>.“ (ebd.).<br />

Ludwig Duncker und Walter Popp, die Herausgeber von Fächerübergreifender Unterricht in<br />

der Sekundarstufe I und II, sehen diese Unterrichtsform <strong>als</strong> Resultat einer<br />

„Suchbewegung“ (Duncker/Popp 1998, S. 7), die sich damit befasste, wie die traditionelle<br />

Fächerlandschaft aufgebrochen und überwun<strong>den</strong> wer<strong>den</strong> könnte, um <strong>den</strong> Bildungsgedanken<br />

wieder sichtbar zu machen und ihn neu zu formulieren. (vgl. ebd.). Dabei soll<br />

fächerübergreifender Unterricht nicht <strong>den</strong> Verzicht auf fachlichspezifische Inhalte,<br />

Denkmodelle, Einsichten und Metho<strong>den</strong> bedeuten, sondern lediglich deren Integration in<br />

Lebenszusammenhänge und Problemlösestrategien unterstützen, die aus einer<br />

Fachperspektive allein nicht angegangen wer<strong>den</strong> können (vgl. ebd., S.10).<br />

Petra Häsing, die 2009 eine qualitative Studie über fächerübergreifen<strong>den</strong> Unterricht in der<br />

gymnasialen Oberstufe aus Sicht der Lehren<strong>den</strong> verfasste, sieht <strong>den</strong> Ausgangspunkt des<br />

fächerübergreifen<strong>den</strong> Unterrichts in <strong>den</strong> Fachdisziplinen, die sich wiederum ergänzen und<br />

miteinander verknüpft wer<strong>den</strong> sollen (vgl. Häsing 2009, S.8). Sie stützt sich dabei auf die<br />

Definition von Wolfgang Klafki, der fächerübergreifen<strong>den</strong> Unterricht <strong>als</strong> ein Lehr- und<br />

Lernarrangement sieht, das von einer komplexen Ausgangslage ausgeht und bei deren<br />

Bearbeitung Beiträge aus unterschiedlichen fachlichen Perspektiven herangezogen wer<strong>den</strong><br />

müssen (vgl. ebd.).<br />

In dem Buch Über das Fach hinaus von Helmut Frommer und Siegfried Körsgen lautet eine<br />

Beschreibung des Begriffes wie folgt: „Ein Thema wird ohne Rücksicht auf die Abgrenzungen<br />

der klassischen Wissenschaftsdisziplinen allseitig beleuchtet und ganzheitlich<br />

abgehandelt.“ (Frommer/Körsgen 1989, S. 20).<br />

Eine weitere ausführliche Definition formuliert Beate Forsbach in ihrem Buch von 2008<br />

Fächerübergreifender Musikunterricht. Konzeption und Modelle <strong>für</strong> die Unterrichtspraxis.<br />

Sehr übersichtlich führt sie ihre Überlegungen an und kommt zu dem Schluss, dass<br />

fächerübergreifender Unterricht eine Organisationsform darstellt,<br />

„die gezielt die Grenzen einzelner Fachperspektiven überschreitet. Sie erweitert das<br />

System des Fachunterrichts und richtet sich gegen <strong>den</strong> alleinigen Fachunterricht,<br />

ohne diesen auflösen zu wollen. Fächerübergreifender Unterricht ist eine Ergänzung<br />

des Fachunterrichts. Er setzt diesen voraus und führt wieder dahin zurück.“ (Forsbach<br />

2008, S. 20).<br />

11


Der fächerübergreifende Unterricht zeichnet sich nach ihrer Erklärung dadurch aus, dass<br />

sich die Inhalte an der Lebenswelt der Schüler orientieren und somit ein automatischer<br />

Einbezug anderer Fachbereiche passiert (ebd., S. 18). Es soll keine lehrerzentrierte<br />

Vermittlung mehr erfolgen, sondern die Themen sollen durch „gemeinsames Erforschen<br />

neuer Zusammenhänge“ (ebd.) erschlossen wer<strong>den</strong>. Ganzheitliches Lernen, Handlungs- und<br />

Projektorientierung sowie Selbsttätigkeit stellen die best<strong>im</strong>men<strong>den</strong> Merkmale dieser<br />

Unterrichtsform dar, die damit angemessen auf die Veränderungen unserer Zeit reagiert.<br />

Als Letztes soll Heinrich Brinkmöller-Becker zitiert wer<strong>den</strong>, der meiner Meinung nach die<br />

aussagekräftigste und deutlichste Erklärung von fächerübergreifendem Unterricht liefert. Im<br />

Cornelsen-Skriptor Verlag erschien 2000 sein Unterrichtswerk Fächerübergreifender<br />

Unterricht in der Sek. II – Projekte und Materialien <strong>für</strong> das Fächernetz Deutsch. In diesem<br />

Buch spricht Brinkmöller-Becker von fächerübergreifendem Arbeiten <strong>als</strong> „Ergänzung um<br />

diejenigen Aspekte und Sichtweisen, die <strong>im</strong> fachspezifischen Zugriff notwendigerweise<br />

ausgeklammert bleiben.“ (Brinkmöller-Becker 2000, S.11). Seiner Meinung nach kann<br />

ganzheitliches Lernen erst dann passieren, wenn <strong>im</strong> Unterricht „rationale<br />

Wissenschaftsbezüge, praktisches Handeln und emotionale und ästhetische<br />

Bildungsprozesse“ (vgl. ebd.) vorliegen. Diese Bedingungen wer<strong>den</strong> durch<br />

fächerübergreifendes Unterrichten erfüllt, so dass Multiperspektivität gefördert und soziale<br />

und methodische Kompetenzen vermittelt wer<strong>den</strong> können (vgl. ebd., S.12). Schließlich ergibt<br />

sich <strong>für</strong> ihn daraus folgende Definition:<br />

Fächerübergreifender Unterricht<br />

1. findet <strong>im</strong> Fach selbst statt,<br />

2. ist der „Blick über <strong>den</strong> Tellerrand“ in Gestalt von Exkursen und Reflexion der<br />

fachlichen Fragestellung,<br />

3. ist die notwendige Ergänzung der einseitigen Fachperspektive.<br />

Durch fächerübergreifen<strong>den</strong> Unterricht, der Perspektivenwechsel fördert und <strong>den</strong><br />

Zusammenhang der Wissenschaften wieder herstellt, sollen <strong>den</strong> Schülern <strong>als</strong>o best<strong>im</strong>mte<br />

Kompetenzen vermittelt wer<strong>den</strong>, mit Hilfe derer sie dazu befähigt wer<strong>den</strong> „lebenslang<br />

lernfähig zu wer<strong>den</strong> und zu bleiben“ (Klafki 2000, S. 47).<br />

1.3 Begründungen und Ziele des fächerübergreifen<strong>den</strong> Unterrichts<br />

Bevor die verschie<strong>den</strong>en Ausformungen von fächerübergreifendem Unterricht vorgestellt<br />

wer<strong>den</strong>, sollen zunächst die Begründungen und Ziele eines solchen Unterrichts <strong>im</strong><br />

Vordergrund stehen.<br />

Der folgende Absatz stellt Auszüge aus Lehrplänen der Bundesländer vor, die <strong>den</strong> Einsatz<br />

von fächerübergreifendem Unterricht rechtfertigen. Da jedoch in <strong>den</strong> Richtlinien von<br />

12


Niedersachsen, Hessen, Bran<strong>den</strong>burg, Hamburg und Berlin die allgemeinen Ziele und<br />

Begründungen von fächerübergreifendem Unterricht nicht erwähnt bzw. nur „fachspezifische<br />

Angaben in <strong>den</strong> Lehrplänen“ (Pahde 2002, S. 6) gemacht wer<strong>den</strong>, können an dieser Stelle<br />

nur die Aussagen der übrigen Bundesländer wiedergegeben wer<strong>den</strong>. Es ist aber davon<br />

auszugehen, dass sie auch auf Niedersachsen übertragbar sind.<br />

1.3.1 Aus <strong>den</strong> Rahmenrichtlinien der Bundesländer<br />

Die Begründungen und Ziele in <strong>den</strong> Rahmenrichtlinien der Länder <strong>für</strong> <strong>den</strong> Einsatz von<br />

fächerübergreifendem Unterricht lassen sich verkürzt so zusammenfassen, dass sich die<br />

Probleme der Gegenwart und Zukunft nicht mehr fachspezifisch lösen, sondern nur noch<br />

durch die Kooperation mit anderen Fächern bewältigen lassen (vgl. ebd.). Besonders<br />

deutlich wird dies in <strong>den</strong> bayrischen Richtlinien beschrieben:<br />

„Die Aufgaben der Gegenwart und der Zukunft machen ein Denken in<br />

Zusammenhängen erforderlich, das bereits <strong>im</strong> Gymnasium durch eine<br />

fächerübergreifende Abst<strong>im</strong>mung und Zusammenschau der Ziele und Inhalte geübt<br />

wer<strong>den</strong> muss.“.<br />

„Viele Probleme der Gegenwart sind so vielschichtig, dass sie nicht aus der Sicht<br />

eines einzigen Schulfaches bearbeitet wer<strong>den</strong> können.“ (ebd.).<br />

Ebenso heben die Autoren aus Bremen und Mecklenburg-Vorpommern dies hervor:<br />

Bremen:<br />

„Das Ziel des fächerübergreifen<strong>den</strong> Unterrichts besteht in der Wahrnehmung und<br />

Reflexion unterschiedlicher Perspektiven. Ihre Erweiterung bzw. ihr Wechsel mache<br />

es möglich, Gegenstände aus anderen <strong>als</strong> <strong>den</strong> gewohnten Blickwinkeln zu betrachten,<br />

Altes mit Neuem, Bekanntes mit Frem<strong>den</strong> zu vergleichen und auf seine Brauchbarkeit<br />

und Bedeutsamkeit zu befragen.“ (ebd. S. 7).<br />

Mecklenburg-Vorpommern:<br />

„Fächerübergreifendes und fächerverbin<strong>den</strong>des Arbeiten stützt <strong>den</strong> <strong>für</strong> die allgemeine<br />

Hochschulreife erforderlichen Aufbau strukturierten Wissens. Es schärft <strong>den</strong> Blick <strong>für</strong><br />

komplexe Zusammenhänge.“ (ebd.).<br />

In <strong>den</strong> Richtlinien <strong>für</strong> das Gymnasium – Sekundarstufe 1 in Nordrhein-Westfalen von 1993<br />

heißt es:<br />

„Fachliches und fächerübergreifendes Lernen ergänzen sich gegenseitig. Nur so<br />

können die Schülerinnen und Schüler zu einer Integration und Ordnung ihrer<br />

Lernerfahrungen befähigt wer<strong>den</strong> und konkrete Hilfen zur Erschließung ihrer<br />

Lebenswirklichkeit erhalten. Nur so können sie auch aus der Begegnung mit<br />

kulturellen Grundmustern und Erklärungsmodellen die Interpretationshilfen und<br />

Handlungsmöglichkeiten gewinnen, die <strong>für</strong> eine aktive, auf wachsende Mitgestaltung<br />

13


ausgerichtete Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben und zu einem<br />

vorurteilsfreien Umgang mit anderen Gesellschaften und Kulturen erforderlich<br />

sind.“ (MWK des Landes NRW 1993, S. 15).<br />

1.3.2 Aus der Fachliteratur<br />

Auch in der Fachliteratur zum fächerübergreifen<strong>den</strong> Unterricht gilt die Anpassung des<br />

Unterrichts an die Lebenswirklichkeit der Schüler <strong>als</strong> Hauptgrund <strong>für</strong> die Loslösung von<br />

Fächergrenzen. Ludwig Duncker und Walter Popp fordern, dass neben dem Fachunterricht<br />

verstärkt auf die gesellschaftlichen Herausforderungen und Probleme eingegangen wer<strong>den</strong><br />

müsse: „Ein gefächerter Unterricht reicht heute nicht mehr aus <strong>für</strong> die Vorbereitung und<br />

Teilnahme am gesellschaftlichen Leben.“ (vgl. Duncker/Popp 1998, S.8). Durch die<br />

Globalisierung, <strong>den</strong> gesellschaftlichen Wandel und veränderte ökonomische Bedingungen<br />

haben sich die Anforderungen an die Bildung geändert. Die Schüler müssen auf eine<br />

„komplexe, kaum vorhersehbare Lebenswelt“ (Raffelsiefer 2004, S. 5) vorbereitet wer<strong>den</strong>.<br />

Fächerübergreifender Unterricht, der Lösungsstrategien über das Fach hinaus anbietet, kann<br />

<strong>als</strong> flexible und an eine individuelle Lernsituation angepasste Schulform betrachtet wer<strong>den</strong><br />

(vgl. Duncker/Popp 1998, S.9).<br />

Frauke Stübig geht noch einen Schritt weiter und rechtfertigt fächerübergreifen<strong>den</strong> Unterricht<br />

auf der Sach- und Subjektebene. Als sachbezogene Gründe führt sie die Notwendigkeit von<br />

vielfältigen Wahrnehmungs- und Bearbeitungsperspektiven an, mit Hilfe derer die Kinder und<br />

Jugendlichen ihre Lebensgestaltung zunehmend begründet und selbstständig in die eigene<br />

Hand nehmen können, um aktiv Lösungen <strong>für</strong> Gegenwarts- und Zukunftsprobleme zu fin<strong>den</strong><br />

(vgl. Stübig 2009, S. 15). Vor diesem Hintergrund scheint es ihrer Meinung nach sinnvoll, die<br />

strukturellen Vorgaben der Schulfächer zu verändern, wenn auch nicht gänzlich zu verwerfen.<br />

Zwar vermittle jedes Fach seine spezifischen Metho<strong>den</strong> und Inhalte, aber zur Erweiterung,<br />

Reflexion und Ergänzung einer Problemstellung wird eine Außensicht, d.h. eine andere<br />

fachliche Perspektive (vgl. ebd., S. 17) benötigt, um zur Lebensbewältigung beizutragen.<br />

Auf Subjektebene begründet Frauke Stübig <strong>den</strong> Einsatz von fächerübergreifendem Unterricht<br />

und damit die Umstrukturierung von Lernprozessen folgendermaßen:<br />

Viele Schüler verfügten zwar über ein umfangreiches Sachwissen, aber es fehlt ihnen an <strong>den</strong><br />

nötigen Transferleistungen, um Themen in ihrer Ganzheit zu begreifen. Um die<br />

Bildungsinhalte eines Faches vertikal und horizontal zusammenführen zu können, bedarf es<br />

einer inneren Beteiligung der Lernen<strong>den</strong> am Fach (vgl. ebd. S. 18). Diese so genannte<br />

„intrinsische Motivation“ (ebd.) kann bei Schülern nur dadurch hervorgerufen wer<strong>den</strong>, dass<br />

sich der Unterricht an der Lebenswelt der Lernen<strong>den</strong> orientiert und ihre Interessen und<br />

Probleme mit einbezieht. Ein solches Lernangebot kann wiederum nicht anhand der<br />

14


traditionellen Fächergliederung funktionieren, sondern erfordert „ein sinnvolles und<br />

begründbares Aufeinander-Bezogen-Sein von fachbezogenem und fächerübergreifendem<br />

Unterricht.“ (ebd. S. 19).<br />

Die Aufweichung von Fächergrenzen <strong>im</strong> Unterrichtsalltag soll <strong>als</strong>o mit der Absicht passieren,<br />

dass vernetztes Handeln und Denken gefördert wird. Durch die Betrachtung eines Inhaltes<br />

aus verschie<strong>den</strong>en fachlichen Perspektiven soll eine ganzheitliche Wahrnehmung von<br />

Wirklichkeit stattfin<strong>den</strong> (vgl. Häsing 2009, S. 8), die ein Lernen mit allen Sinnen, bei dem<br />

„Kopf, Herz und Hand“ (Forsbach 2008, S. 26) eingebun<strong>den</strong> wer<strong>den</strong>, ermöglicht. Diese<br />

multiperspektivischen Konzepte sollen <strong>den</strong> Schülern bei der Erschließung ihrer eigenen<br />

Lebenswelt behilflich ist.<br />

Neben Perspektivenwechsel, ganzheitlichem und problemorientiertem Lernen sollen durch<br />

fächerübergreifen<strong>den</strong> Unterricht auch Schlüsselkompetenzen vermittelt wer<strong>den</strong>. Er eignet<br />

sich gut zum „Erlernen und Anwen<strong>den</strong> kooperativer, über das einzelne Fach hinausgehender<br />

Arbeitsformen und zur Vermittlung wissenschaftlicher Arbeitstechniken.“ (ebd., S. 27ff.). Der<br />

Unterricht zielt auf Metho<strong>den</strong>kompetenz ab, soll die Schüler zum kritischen Denken und<br />

selbstständigen Lernen befähigen und trägt somit erheblich zur Persönlichkeitsentwicklung<br />

des Einzelnen bei. Da es in der Schule aber auch um die Vermittlung von Fachwissen geht,<br />

sei an dieser Stelle angemerkt, dass trotz der Auflockerung des strikten Fachunterrichts eine<br />

„Vertiefung und Ergänzung des fachlichen Lernens“ (Forsbach 2008, S. 27) stattfindet. Durch<br />

anwendungsbezogenes Denken und Handeln soll isoliertes Wissen überwun<strong>den</strong> wer<strong>den</strong>, um<br />

„Kopflastigkeit und Lückenhaftigkeit des Unterrichts“ (Brüning 2003, S. 49) zu durchbrechen.<br />

Die oben genannten Argumente <strong>für</strong> fächerübergreifen<strong>den</strong> Unterricht, die auf eine problem-<br />

und handlungsorientierte Schule abzielen sind einleuchtend und stellen die nötige<br />

Konsequenz unserer heutigen Bildungsdiskussion dar, die spätestens seit TIMSS (Third<br />

International Mathematics and Science Study 1997) und PISA (Programme <strong>für</strong> International<br />

Stu<strong>den</strong>t Assessment Study, 2000) entfacht wurde.<br />

Zum weiteren Verständnis von fächerübergreifendem Unterricht sollen in <strong>den</strong> nächsten<br />

bei<strong>den</strong> Kapiteln mögliche Organisationsformen sowie Probleme bzw. Schwierigkeiten in ihrer<br />

Umsetzung aufgezeigt wer<strong>den</strong>.<br />

1.4 Organisationsformen des fächerübergreifen<strong>den</strong> Unterrichts<br />

Es stellt sich nun die Frage nach der Umsetzung bzw. der Organisation von<br />

fächerübergreifendem Unterricht in der Schule. Aber auch in diesem Punkt findet man in der<br />

einschlägigen Literatur, ähnlich wie bei der Definition des Begriffes, auf <strong>den</strong> ersten Blick recht<br />

unterschiedlich erscheinende Herangehensweisen. Erst nach der genaueren Betrachtung<br />

wird deutlich, dass oftm<strong>als</strong> die gleichen Inhalte anders beschrieben oder benannt wer<strong>den</strong>.<br />

15


Die Umsetzungsmöglichkeiten von fächerübergreifendem Unterricht sollen hier vorgestellt<br />

und abschließend auf die wesentlichen Punkte zusammengefasst wer<strong>den</strong>.<br />

Bei der Durchführung von fächerübergreifendem Unterricht sollten vorab einige<br />

Voraussetzungen erfüllt sein, um sein Gelingen und seine Wirksamkeit zu garantieren.<br />

Wichtig ist vor allem die schulinterne Verständigung über Ziele, Intensität, Qualität und<br />

Organisationsstruktur, so dass die Lehrkräfte sich ihrer Handlungsspielräume bewusst sind.<br />

(vgl. Brüning 2003, S. 52). Es sollte grundsätzlich eine positive Einstellung gegenüber<br />

intensiven, gemeinsamen Planungen und Absprachen mit Kollegen bestehen, was wiederum<br />

eine höhere Flexibilität aller Beteiligten erfordert. Außerdem sollten die Lehrpersonen bereit<br />

sein, Unsicherheiten auszuhalten und zu bewältigen und sich auf ein geändertes<br />

Rollenverständnis einzulassen. Ein an der Lebenswirklichkeit der Schüler orientierter<br />

Unterricht lässt nicht selten „Schüler zu Lehren<strong>den</strong> und Lehrer zu Lernen<strong>den</strong>“ wer<strong>den</strong><br />

(Forsbach 2008, S. 18).<br />

1.4.1 Drei Anspruchsstufen<br />

Auf die Frage, wie fächerübergreifender Unterricht angelegt wer<strong>den</strong> kann, antwortet<br />

Wolfgang Klafki mit einer Unterteilung in drei Anspruchsstufen.<br />

In seinem Aufsatz Fächerübergreifender Unterricht – Begründungsargumente und<br />

Verwirklichungsstufen stellt er drei Anspruchsniveaus fächerübergreifen<strong>den</strong> Unterrichts vor,<br />

die die Umsetzungsmöglichkeiten in der Schule formal beschreiben. Diese drei Abstufungen<br />

unterschei<strong>den</strong> sich durch<br />

„das Ausmaß der Veränderungen gegenüber dem herkömmlichen Fachunterricht, <strong>im</strong><br />

Grad der Komplexität, mit der fächerübergreifender Unterricht geplant wird, und in der<br />

der Anzahl der Lehrkräfte, die an der Planung und Verwirklichung beteiligt<br />

sind.“ (Klafki 2000, S. 50).<br />

Anhand dieser Kriterien trifft er folgende Kategorisierung:<br />

Der ersten Anspruchsstufe fächerübergreifen<strong>den</strong> Unterrichts lässt sich ein Fachunterricht<br />

zuordnen, der gezielt Betrachtungsweisen aus anderen Disziplinen heranzieht oder Fragen<br />

und Impulse der Schüler aufn<strong>im</strong>mt, um zur Bearbeitung eines Themas beizutragen. Bei<br />

dieser Überschreitung der herkömmlichen Fachgrenzen ist nur eine Lehrkraft beteiligt, <strong>für</strong> die<br />

solch eine inhaltliche Erweiterung vor allem dann von Vorteil ist, wenn es sich um Aspekte<br />

handelt, die in das zweite Unterrichtsfach der Lehrperson fallen (vgl. ebd., S. 51).<br />

Die zweite Anspruchsstufe beschreibt Unterricht, bei dem verschie<strong>den</strong>e Fächer <strong>für</strong> einen<br />

Zeitraum durch ein gemeinsames Thema verknüpft wer<strong>den</strong>. Dies geschieht entweder in der<br />

Form, dass das Thema parallel <strong>im</strong> jeweiligen Fachunterricht von einer Lehrkraft behandelt<br />

wird oder indem mehrere Lehrer zusammenarbeiten: D.h., sie sprechen sich in der Planung<br />

16


ab und tauschen ihre Erfahrungen bei der Durchführung des Themas aus. Am Ende der<br />

Einheit wer<strong>den</strong> dann gemeinsame Stun<strong>den</strong> organisiert, in <strong>den</strong>en die Ergebnisse präsentiert,<br />

Erfahrungen und Erkenntnisse zusammengeführt und Anschlussmöglichkeiten an neue<br />

Inhalte erörtert wer<strong>den</strong> (vgl. ebd., S. 52).<br />

Merkmal der dritten Anspruchsstufe ist die Bildung so genannter „Lehrerteams“ (ebd., S.<br />

53), die über einen längeren Zeitraum eine Klasse oder einen Kurs betreuen. Voraussetzung<br />

<strong>für</strong> einen funktionieren<strong>den</strong> fächerübergreifen<strong>den</strong> Unterricht ist dabei die Bereitstellung von<br />

großen Handlungsspielräumen durch die Schulleitung, so dass die Lehrkräfte einen<br />

multiperspektivisch angelegten Unterricht gestalten können (vgl. ebd.). Diese Teams und<br />

fächerübergreifender Unterricht <strong>im</strong> Allgemeinen leisten somit einen Beitrag zur Veränderung<br />

der Kommunikationsstrukturen von Schule, da er einer „intensiven Kooperation der Lehrer<br />

untereinander und mit <strong>den</strong> Schülern“ (Forsbach 2008, S.18) bedarf. Nach Forsbach kann die<br />

Entwicklung dieser engen Beziehung zwischen Lehrern und Schülern <strong>als</strong> „Motor der inneren<br />

Schulreform“ (ebd.) betrachtet wer<strong>den</strong>.<br />

1.4.2 Individuelle und institutionell koordinierte Form<br />

Stübig unterscheidet zwei Formen von fächerübergreifendem Unterricht, die sie „individuell<br />

durchgeführte und institutionell koordinierte Form“ (Stübig 2002, S. 20) nennt. Diese<br />

Gliederung setzt zwei Ebenen voraus, die fächerübergreifen<strong>den</strong> Unterricht initiieren. Die<br />

individuell durchgeführte Form hängt <strong>im</strong> Ausmaß und in der Inhaltsauswahl von <strong>den</strong><br />

einzelnen Lehrkräften ab. Demgegenüber beschreibt die institutionell koordinierte Form die<br />

Initiative einer höheren Instanz, in diesem Fall der Schulleitung, die fächerübergreifen<strong>den</strong><br />

Unterricht <strong>als</strong> methodische Vorgabe <strong>im</strong> Schulprogramm verankert.<br />

Beide Formen sollen <strong>im</strong> Folgen<strong>den</strong> näher betrachtet wer<strong>den</strong>.<br />

Die individuell durchgeführte Form fächerübergreifen<strong>den</strong> Unterrichts beinhaltet zwei<br />

Konzepte: Stübig führt zuerst die „kleine Grenzüberschreitung“ (ebd. S.20) an und bezieht<br />

sich damit auf die Erweiterung des aktuellen Fachinhaltes um Aspekte aus dem Gebiet des<br />

zweiten Faches, das die Lehrkraft zusätzlich unterrichtet. Durch diese Exkurse kann ein<br />

Inhalt von mehreren Seiten beleuchtet, relativiert und ergänzt wer<strong>den</strong>, ohne dass größere<br />

organisatorische Maßnahmen und Absprachen getroffen wer<strong>den</strong> müssen. Als da<strong>für</strong> gut<br />

geeignete Fächer betrachtet sie die Verbindung von Biologie und Chemie, von<br />

gesellschaftswissenschaftlichen Fächern sowie Geschichte und Erdkunde. Als eine weitere<br />

Möglichkeit der individuellen Form beschreibt sie die Zusammenarbeit mehrerer Fachlehrer,<br />

die sich der Bearbeitung eines gemeinsamen Themas widmen. Eine Problemstellung wird so<br />

aus der jeweiligen Perspektive ihres Faches beleuchtet. Diese Form bedeutet aber einen<br />

erhöhten Organisations- und Koordinierungsaufwand, da der Unterricht parallel geplant,<br />

realisiert und ausgewertet wird. (ebd., S.21). Vergleicht man an dieser Stelle Stübigs<br />

17


Realisierungsformen mit <strong>den</strong> oben aufgeführten Anspruchsstufen, kommt man zu der<br />

Erkenntnis, dass sie mit der ersten und zweiten Stufe nach Klafki übereinst<strong>im</strong>men.<br />

Frauke Stübig geht in ihrer Kategorisierung aber noch weiter. Sie gibt <strong>als</strong> weitere<br />

Umsetzungsmöglichkeit die institutionell koordinierte Form an, die sie ebenfalls in zwei<br />

Varianten aufteilt, da sie sich in ihrer Organisationsstruktur unterschei<strong>den</strong>:<br />

� Zu Beginn eines Halb- oder Schuljahres setzen sich die Fachlehrer eines Jahrgangs<br />

zusammen und führen eine kritische Durchsicht der Inhalte und Themen der<br />

verschie<strong>den</strong>en Fächer durch und prüfen diese auf fachliche Überschneidungen,<br />

Ergänzungen und Erweiterungen. Das Ergebnis dieser Sichtung sollte ein<br />

gemeinsamer, exemplarischer Unterrichtsinhalt sein, der schließlich <strong>im</strong> jeweiligen<br />

Fachunterricht mit <strong>den</strong> fachspezifischen Metho<strong>den</strong> erarbeitet wird. In so genannten<br />

Präsentationstagen wer<strong>den</strong> die Arbeiten zu einem Ganzen zusammengeführt und<br />

vorgestellt (vgl. ebd., S.22).<br />

� Die Profiloberstufe stellt eine weitere Organisationsform fächerübergreifen<strong>den</strong><br />

Unterrichts dar, richtet sich aber nur an <strong>den</strong> Unterricht der Sekundarstufe II. Die<br />

Schüler wählen <strong>für</strong> die gesamte Dauer der Oberstufe ein Profil wie z.B. „Mathematik<br />

in Naturwissenschaft und Technik“ (ebd. S. 23) oder „Sprachen- und<br />

Kulturenvielfalt“ (Häsing 2009, S.13), das in einer festen Leistungs- und<br />

Grundkurskombination unterrichtet wird. Obwohl sich die Schüler <strong>für</strong> einen langen<br />

Zeitraum festlegen müssen, besteht der Vorteil vor allem darin, dass sie dauerhaft in<br />

einer stabilen Lerngruppe arbeiten können und der inhaltlichen Bearbeitung größere<br />

Freiräume zur Verfügung stehen, da problemlos zwischen <strong>den</strong> Fächern gewechselt<br />

wer<strong>den</strong> kann (vgl. Stübig 2002, S.23). Die Präsentation der Ergebnisse dient in der<br />

Profiloberstufe nicht mehr der Zusammenführung, sondern der „öffentlichen<br />

Sichtbarmachung“ (ebd.) der Arbeiten und zur Information <strong>für</strong> Schüler unterer<br />

Klassen, die sich <strong>für</strong> Profile entschei<strong>den</strong> müssen.<br />

Anwendung findet diese Profiloberstufe beispielsweise in der Max-Brauer-<br />

Gesamtschule in Hamburg, die auch <strong>als</strong> Vorreiterin dieses Konzeptes gesehen<br />

wer<strong>den</strong> kann. (vgl. Häsing 2009, S. 13).<br />

Der Ansatz dieser detaillierten Aufstellung fächerübergreifen<strong>den</strong> Unterrichts <strong>als</strong> institutionell<br />

koordinierte Form entspricht <strong>im</strong> Wesentlichen der Bildung der Lehrerteams, die Klafki in<br />

seiner dritten Anspruchsstufe benennt.<br />

18


1.4.3 Fächerübergreifender Unterricht <strong>als</strong> dreigliedriges System<br />

Ebenso wie Wolfgang Klafki gehen auch Hermann Landolt et al. in ihrem Buch<br />

Fächerintegrierender Unterricht von einem dreigliedrigen System aus, dass die Organisation<br />

von fächerübergreifendem Unterricht beschreibt:<br />

1. Fachzentrierter Ansatz: Das Fach bzw. ein fachspezifischer Inhalt steht <strong>im</strong> Zentrum<br />

der Betrachtung. Zur Vertiefung des Themas wer<strong>den</strong> andere Fächer unterstützend<br />

mit einbezogen, die ebenfalls mit der jeweiligen Thematik in Verbindung stehen.<br />

Dadurch wird ein „fachlicher Inhalt aus der alleinigen Fachperspektive<br />

befreit“ (Landolt et al. 1999, S.14). In der praktischen Umsetzung passiert diese Form<br />

fächerübergreifen<strong>den</strong> Unterrichts meist <strong>im</strong> eigenen Unterricht, ohne dass andere<br />

Lehrpersonen mit einbezogen wer<strong>den</strong>.<br />

2. Themenorientierter Ansatz: Der Unterricht geht nicht mehr vom alleinigen Fach,<br />

sondern von einem Themenkreis (vgl. ebd., S.15) aus, bei dessen Bearbeitung<br />

verschie<strong>den</strong>e Fächer miteinander kooperieren. Die beteiligten Fächer leisten dazu<br />

aus ihrer jeweiligen Perspektive oder ihrer jeweiligen fachspezifischen Methode einen<br />

Beitrag.<br />

3. Metho<strong>den</strong>bezogener Ansatz: Hierbei steht die „Methode <strong>als</strong> opt<strong>im</strong>ales<br />

Arbeitsinstrument <strong>für</strong> die Bewältigung eines best<strong>im</strong>mten Themenkreises“ (ebd., S.15)<br />

<strong>im</strong> Mittelpunkt. Weder Fach noch Thema bil<strong>den</strong> das steuernde Element, sondern die<br />

Methode lenkt <strong>den</strong> Unterricht. Als <strong>Beispiel</strong> kann hier die Projekt- oder<br />

Werkstattmethode angeführt wer<strong>den</strong>, bei der das Vorgehen und die Arbeitsform in<br />

Verbindung mit einer gemeinsam entwickelten Thematik ins Zentrum gestellt wer<strong>den</strong><br />

(vgl. Landolt 1999, S.15). So können Themen nicht nur fächerübergreifend, sondern<br />

auch jahrgangsübergreifend erarbeitet wer<strong>den</strong>.<br />

1.4.4 Zusammenfassung<br />

Zusammenfassend lassen sich <strong>als</strong>o drei Realisierungsformen von fächerübergreifendem<br />

Unterricht erkennen, die sich in Anlehnung an Klafki in ihrem Organisationsaufwand<br />

unterschei<strong>den</strong>. Hiermit soll aber nicht gemeint sein, dass die eine Form leichter umzusetzen<br />

und mit weniger Arbeit verbun<strong>den</strong> ist <strong>als</strong> die andere. Diese Kategorisierung findet rein<br />

äußerlich statt und richtet sich danach, wie viele Lehrer, Schüler, Fächer und Themen<br />

beteiligt sind.<br />

Als Form mit dem geringsten Komplexitätsgrad, ist wohl der fachzentrierte Ansatz zu nennen.<br />

Ein Inhalt wird von einem Fach ausgehend unterrichtet und durch <strong>den</strong> Einbezug eines<br />

anderen Fachs, was meist das Zweitfach der Lehrkraft darstellt unterstützt. Dadurch findet<br />

ein Perspektivwechsel statt, der best<strong>im</strong>mte Transferleistungen der Schüler erfordert. Wann<br />

19


und wie dieser Fächerübergriff <strong>im</strong> Unterricht eingesetzt wird, hängt von <strong>den</strong> didaktischen<br />

Entscheidungen der Lehrkraft ab.<br />

Umfangreicher wird es <strong>im</strong> zweiten Ansatz, bei dem ein gemeinsamer Themenkreis in<br />

getrennten Fächern aus der jeweiligen fachspezifischen Sicht betrachtet und anschließend<br />

zusammengeführt wird. Daran können eine oder mehrere Lehrpersonen beteiligt sein, die<br />

vor und während der Bearbeitung des gemeinsamen Inhalts in einem ständigen Austausch<br />

stehen. Dieser Ansatz verlangt einen deutlich höheren Planungsaufwand <strong>als</strong> die erste Form.<br />

Als so genannte „Großform fächerübergreifen<strong>den</strong> Unterrichts“ kann der dritte Ansatz<br />

betrachtet wer<strong>den</strong>. Als <strong>Beispiel</strong> können hier<strong>für</strong> die Profiloberstufe, wie sie in der Max-Brauer-<br />

Gesamtschule in Hamburg durchgeführt wird, oder Projektunterricht genannt wer<strong>den</strong>. Diese<br />

Umsetzungsform zeichnet sich dadurch aus, dass sie entweder über einen längeren<br />

Zeitraum und durch die Bildung so genannter Lehrerteams realisiert wird oder<br />

jahrgangsübergreifend angelegt ist und die Erreichung eines umfangreichen<br />

„Gesamtwerks“ (z.b. Umgestaltung des Schulhofes, Theateraufführung) vorsieht (vgl. Klafki<br />

2000, S. 46).<br />

1.5 Probleme und Schwierigkeiten<br />

Obwohl fächerübergreifender Unterricht in Lehrplänen und Richtlinien <strong>als</strong> unverzichtbare<br />

Form gefordert wird und die Vorzüge dieser Methode bekannt sind, ist er <strong>im</strong> Unterrichtsalltag<br />

recht selten anzutreffen. Als „beschei<strong>den</strong>es Schattengewächs“ oder „seltene<br />

Sonderveranstaltung“ (ebd., S. 42) beschreibt Klafki fächerübergreifen<strong>den</strong> Unterricht in der<br />

Praxis. Hier<strong>für</strong> sind hauptsächlich die „organisatorisch-strukturellen Bedingungen“ (Dethlefs<br />

1995, S.6) von Schule verantwortlich, die die Umsetzung dieser Unterrichtsform behindern.<br />

Eine Problem ist schon in der Ausbildung begründet, da die angehen<strong>den</strong> Lehrer <strong>im</strong><br />

Referendariat daran gemessen wer<strong>den</strong>, ob sie Fachunterricht <strong>im</strong> 45-Minuten-Takt leisten<br />

können oder nicht (vgl. Klafki 2000, S. 42). Darüber hinaus ist es sehr schwer, sich über die<br />

Organisationsstruktur einer Schule hinwegzusetzen, die durch Stun<strong>den</strong>- und Raumpläne<br />

verständlicherweise versucht, eine Ordnung zu schaffen, ohne die Schule sicherlich nicht<br />

funktionieren könnte. So führen eine schwierige räumliche Situation, zeitlicher Aufwand,<br />

fehlendes Material oder mangelnde Ausstattung (vgl. Brüning 2003, S. 52) in einem ohnehin<br />

schon anspruchsvollen Arbeitsumfeld eher zu einer ablehnen<strong>den</strong> Haltung gegenüber<br />

Unterricht mit hohem Planungs- und Organisationsaufwand. Außerdem wirken sich <strong>im</strong>mer<br />

noch starre Lehrpläne (vgl. Klafki 2000, S. 43) sowie Unsicherheiten und Ängste aufgrund<br />

mangelnder Erfahrung seitens der Lehrkräfte einschränkend auf die Durchführung von<br />

fächerübergreifendem Unterricht aus. Die geringe Umsetzungsquote von<br />

fächerbergreifendem Unterricht kann mit „Angst vor dem Unbekannten“ (Forsbach 2008, S.<br />

33) begründet wer<strong>den</strong>. Eine neue Unterrichtsform birgt neue Erfahrungen und zugleich<br />

20


erhöhte Anforderungen an das „pädagogische Bewusstsein und die emotionale<br />

Durchhaltekraft der Lehrer“ (ebd.) zu, die nicht <strong>im</strong>mer problemlos bewältigt wer<strong>den</strong> können.<br />

Die Schwierigkeit liegt vor allem auch darin begründet, dass sich viele Fachlehrer <strong>als</strong><br />

Spezialisten nur in ihren „studierten“ Fächern sehen. Inhalte, die sie sich in Eigeninitiative<br />

aneignen müssen, wer<strong>den</strong> aus Furcht vor Unprofessionalität (vgl. Duncker/Popp 1998, S. 9)<br />

oft abgelehnt.<br />

Durch die Kooperation mit Kollegen wird der Unterricht transparenter und die Klassentür ist<br />

nun nicht mehr die sichernde Trennwand, hinter der fachliche und methodische<br />

Unsicherheiten versteckt wer<strong>den</strong> können. Ihre Öffnung bewirkt anfangs ein verstärktes<br />

Gefühl der Verunsicherung durch die Sichtbarmachung des eigenen Unterrichtsstils (vgl.<br />

Forsbach 2008, S. 33), woran sich viele Lehrkräfte wieder gewöhnen müssen.<br />

1.6 Fazit<br />

Globalisierung, Internetzeitalter, Schnelllebigkeit, Technologiesierung, gesellschaftlicher<br />

Wandel sind Schlagwörter unserer heutigen Zeit, auf die besonders Schule reagieren muss,<br />

um die nachstrebende Generation auf die veränderten Bedingungen vorzubereiten. Um dies<br />

zu gewährleisten, sollte Unterricht so angelegt sein, dass er <strong>den</strong> Kindern und Jugendlichen<br />

einen Lebensweltbezug bietet, ihnen vernetztes Handeln und eine Bereitschaft zum<br />

lebenslangen Lernen vermittelt. Fächerübergreifender Unterricht könnte eine Möglichkeit<br />

sein, diese Ansprüche noch gezielter in die Tat umzusetzen, da er eine Alternative zum<br />

traditionellen Fachunterricht darstellt, der in seiner Verwissenschaftlichung nicht mehr <strong>den</strong><br />

gesellschaftlich-kulturellen Anforderungen nachkommt. Durch „<strong>den</strong> Blick über <strong>den</strong> Tellerrand<br />

hinaus“ leistet fächerübergreifender Unterricht die Vermittlung von Basiskompetenzen,<br />

Inhalten und Metho<strong>den</strong> und kann damit auch <strong>als</strong> Antwort auf die nach PISA und TIMSS<br />

entfachte Bildungsdiskussion gesehen wer<strong>den</strong>.<br />

Fächerübergreifender Unterricht zeichnet sich vor allem durch seine Orientierung an der<br />

Lebenswirklichkeit der Schüler aus, worin sich das Potenzial verbirgt, Schule zu einem Ort<br />

zu machen, der schulischem „Lernen Sinn gibt und opt<strong>im</strong>al auf die Zukunft“ (Dethlefs 1995, S.<br />

8) vorbereitet. Für Hartmut von Hentig ist Schule nicht mehr nur „in erster Linie<br />

Unterrichtsanstalt, sondern ein Aufenthaltsort <strong>für</strong> Kinder, ´a place to grow up<br />

in´[…]“ (Moegling 1998, S. 56).<br />

Zwar wurde das Prinzip des fächerübergreifen<strong>den</strong> Unterrichts in <strong>den</strong> Rahmenrichtlinien fest<br />

verankert, doch die noch recht seltene Umsetzung in der Schule ist neben <strong>den</strong> schwierigen<br />

organisatorischen Bedingungen auch auf die fehlende Eigeninitiative vieler Lehrer<br />

zurückzuführen, <strong>den</strong>en es an positiven Erfahrungswerten fehlt.<br />

Deshalb sind vor allem auch die Schulen gefordert, fächerübergreifen<strong>den</strong> Unterricht nicht nur<br />

in ihren Schulprogrammen schriftlich zu fixieren, sondern ihm durch Engagement wie<br />

21


Lehrerfortbildungen und erleichterte schulische Bedingungen <strong>im</strong> Unterrichtsalltag einen Platz<br />

einzuräumen.<br />

2 Die Bildungsaufträge der Fächer Geographie und Musik<br />

2.1 Der Bildungsauftrag des Geographieunterrichts:<br />

„Es ist nichts, was <strong>den</strong> geschulten Verstand mehr kultiviert und bildet, <strong>als</strong> Geographie.“<br />

22<br />

(Immanuel Kant)<br />

Das Fach Erdkunde verliert in <strong>den</strong> Schulen leider <strong>im</strong>mer mehr seine feste Verankerung. In<br />

der Mittelstufe wird Geographie teilweise nur halbjährlich gelehrt oder phasenweise sogar<br />

ganz ausgesetzt (vgl. Kaminske 1995, S. 188). Günter Heinritz spricht schon von einer<br />

„drohen<strong>den</strong> Verkümmerung“ (vgl. Wenzens 2000, S. 155) der geographischen Bildung und<br />

beklagt damit die Vernachlässigung dieses wichtigen Faches.<br />

Aber an dieser Stelle soll nicht ergründet wer<strong>den</strong>, warum das Schulfach Erdkunde so<br />

unterschätzt wird. Vielmehr dient der folgende Absatz dazu, die Bedeutsamkeit des Faches<br />

hervorzuheben, indem dargestellt wird, welchen Stellenwert das Fach Geographie in der<br />

schulischen Bildung hat.<br />

Der erdkundliche Unterricht orientiert sich vor allem am allgemeinen Bildungsziel, das<br />

vorsieht, die Schüler zu befähigen, „sich verantwortungsbewusst am demokratischen Leben<br />

zu beteiligen“ (Wenzens 2000, ebd.).<br />

Die heutige Generation wächst in einer sich schnell wandeln<strong>den</strong> Welt, bedingt durch<br />

Telekommunikation und technischem Fortschritt auf und muss sich Gegenwarts- und<br />

Zukunftsproblemen wie Globalisierung, Kl<strong>im</strong>awandel, Bevölkerungswachstum, Migration,<br />

Disparitäten und Ressourcenkonflikten stellen. Zur Bewältigung dieser <strong>im</strong>mer härter<br />

wer<strong>den</strong><strong>den</strong> Herausforderungen kann der Erdkundeunterricht einen Beitrag leisten, <strong>den</strong>n er<br />

versucht durch die Vermittlung von mehrperspektivischem, systematischem und<br />

problemlösendem Denken, die Schüler zu sinnvoll handeln<strong>den</strong> und reflektierten<br />

Persönlichkeiten zu erziehen. Die Möglichkeiten, <strong>den</strong> Schülern best<strong>im</strong>mte Denkweisen zu<br />

vermitteln, liegen dabei <strong>im</strong> Fach selbst begründet: Die Geographie unterscheidet sich <strong>im</strong><br />

Wesentlichen von <strong>den</strong> anderen Schulfächern durch ihre Brückenfunktion, <strong>den</strong>n sie verknüpft<br />

Natur- und Gesellschaftswissenschaften miteinander. Die Inhalte der Physischen Geographie<br />

sowie der Wirtschafts- und Kulturgeographie reichen in alle Bereiche des Lebens hinein und<br />

stehen in einem engen Zusammenhang, da sie die Wechselwirkungen zwischen Mensch,<br />

Natur und Raum betrachten. Durch dieses Beziehungsgeflecht erreicht der<br />

Erdkundeunterricht die Vermittlung von Kenntnis und Verständnis


� von Regionen und Lokalitäten, um „nationale und internationale Ereignisse in einen<br />

geographischen Rahmen einordnen und grundlegende räumliche Beziehungen<br />

verstehen zu können. (Haubrich 1997, S.14)<br />

� von natürlichen Elementen und Systemen, „welche Grundlage <strong>für</strong> die Bewertung von<br />

Ursachen, Erscheinungsformen und Auswirkungen aktueller und zukunftsrelevanter<br />

Umweltphänomene sind.“ (Wenzens 2000, S. 156)<br />

� von sozioökonomischen Systemen wie Landwirtschaft, Siedlung, Transport, Industrie,<br />

Handel, Energie, um Einsicht in Orte und Räume zu erhalten (Haubrich 1997, S. 14).<br />

� von „Zusammenhängen und Abhängigkeiten natürlicher und anthropologischer<br />

Aktivitäten und Systeme“ (Wenzens 2000, S. 156), um die Verschie<strong>den</strong>heit der Völker<br />

und um die „kulturelle Vielfalt der Menschheit zu erfahren“ (Schallhorn 1998).<br />

Darüber hinaus wer<strong>den</strong> <strong>im</strong> erdkundlichen Unterricht Fähigkeiten gelehrt, anhand derer sich<br />

die Schüler ihre Umwelt „systematisch-methodisch“ (Wenzens 2000, S. 156) erschließen<br />

können. Sie lernen<br />

� „die Nutzung verbaler, bildhafter, quantitativer und symbolischer Informationsformen<br />

wie Texte, Bilder, Graphiken, Tabellen, Diagramme und Karten.“ (Haubrich 1997, S.<br />

14).<br />

� Die Anwendung von Metho<strong>den</strong> wie Feldbeobachtung, Messung und Aufzeichnung,<br />

Interpretation von Quellen und Statistiken.<br />

� „Daten zu bearbeiten, zu bewerten und zu interpretieren, Urteile zu fällen,<br />

Entscheidungen zu treffen, Probleme zu lösen, sich in Teamsituationen kooperativ zu<br />

verhalten und <strong>den</strong> Einstellungen und Einsichten entsprechend zu handeln“ (Haubrich<br />

1997, ebd.).<br />

D.h. sie lernen die Anwendung von kommunikativen, praktischen und sozialen Fähigkeiten,<br />

um geographische Fragen lokalen bis internationalen Maßstabs zu stellen und beantworten<br />

zu können.<br />

Der Geographieunterricht verfolgt laut der „Internationalen Charta der Geographischen<br />

Erziehung“ noch ein drittes Ziel: Neben Kenntnissen und Fähigkeiten trägt der erdkundliche<br />

Unterricht auch zur Bildung von Grundeinstellungen und Werten bei, die notwendig sind, um<br />

eine dauerhafte Entwicklung sowohl des Individuums <strong>als</strong> auch der Gesellschaft zu fördern,<br />

die „die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, dass künftige Generationen<br />

ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können.“ (Wenzens 2000, S. 156)<br />

Mit der Vermittlung von erdkundlichen Kenntnissen, Fähigkeiten und <strong>den</strong> darauf<br />

aufbauen<strong>den</strong> Einstellungen und Werten leistet das Schulfach Erdkunde einen Beitrag zur<br />

ganzheitlichen Erziehung, die wiederum die Voraussetzung einer angemessenen<br />

Zukunftsbewältigung darstellt. Denn nur wenn grundlegende, qualifizierte Kenntnisse<br />

23


estehen und Wertvorstellungen entwickelt wer<strong>den</strong> konnten, kann die Bewahrung der Erde<br />

<strong>als</strong> Lebens-, Natur- und Wirtschaftsraum gewährleistet wer<strong>den</strong>. (vgl. ebd.)<br />

2.2 Der Bildungsauftrag des Musikunterrichts<br />

„Wir brauchen sie, die Musik, heute dringender <strong>den</strong>n je!“<br />

(Hans Günther Bastian)<br />

Mit seiner <strong>im</strong> Jahr 2000 veröffentlichten Studie „Musikerziehung und ihre Wirkung“ auch<br />

bekannt <strong>als</strong> „Bastian-Studie“, zog der Musikpädagoge Hans Günther Bastian die<br />

Aufmerksamkeit auf sich. In der Zeit von 1992 bis 1998 führte er an sieben Berliner<br />

Grundschulen eine Untersuchung durch, die sich mit dem Einfluss einer „erweiterten<br />

Musikerziehung (Musikunterricht + Instrumentlernen + Ensemblespiel) auf die allgemeine<br />

und individuelle Entwicklung von Kindern befasste“ (Bastian 2007). Anhand seiner<br />

Ergebnisse konnte er empirisch belegen, dass der Musikunterricht an Schulen einen nicht<br />

unerheblichen Beitrag zur sozialen Entwicklung der Kinder leisten und darüber hinaus die<br />

Motivation und Konzentration von Lernen<strong>den</strong> fördern kann (vgl ebd.). Somit wur<strong>den</strong> diese<br />

positiven Erkenntnisse gleichzeitig zum Appell an die Schul- und Bildungspolitik, das Fach<br />

Musik wieder stärker zur berücksichtigen und eine durchgehende Unterrichtsversorgung zu<br />

gewährleisten.<br />

Die Schulmusik ist wie oben aufgeführt ein wichtiger Bestandteil der unterrichtlichen<br />

Erziehung. In ihrer Umsetzung und Gestaltung <strong>im</strong> Schulalltag verfolgt sie kognitive, affektive<br />

und emotionale Lernziele und stellt damit ganzheitliche Anforderungen an die Schüler.<br />

Betrachtet man die Kerncurricula der verschie<strong>den</strong>en Klassenstufen am Gymnasium (nur<br />

Niedersachsen) <strong>im</strong> Einzelnen, dann lassen sich folgende Aufgaben und Ziele des<br />

Musikunterrichts aufstellen:<br />

� Vermittlung von musikalischen Grundkenntnissen (Neitmann 2000, S.84) sowie<br />

Erweiterung von bisher erworbenen musikalischen Kenntnissen, Fähigkeiten und<br />

Fertigkeiten durch<br />

o die Vergrößerung des musikalischen Erfahrungshorizontes<br />

o die Bewusstmachung der Wirkungsweisen von Musik durch kritisches<br />

Nach<strong>den</strong>ken über Musik und deren Erscheinungsformen<br />

o die Vermittlung von Wissen über Entstehung, Struktur und Nutzung anhand<br />

von sinnlich konkreten Erfahrungen mit Musik.<br />

o Das Verständnis der historischen D<strong>im</strong>ension (vgl. RRL 7/10).<br />

� Erschließung traditioneller, avantgardistischer und außereuropäischer Musik sowie<br />

musikbezogener Angebote aus <strong>den</strong> Massenmedien (vgl. Neitmann 2000, S. 84).<br />

24


� Interesse und Freude an der Musik wecken durch eigene Musizierpraxis (tanzen,<br />

singen, musizieren), vielfältige Hörerlebnisse und durch eigenes musikalisches<br />

Gestalten und Erfin<strong>den</strong> (vgl. Deutscher Musikrat, S. 2).<br />

� Förderung von Kreativität, Kommunikations- sowie Kooperationsfähigkeit (vgl. RRL<br />

5/6).<br />

� Entwicklung von Wertvorstellungen und Förderung der Allgemein- und<br />

Persönlichkeitsbildung (vgl. RRL 5/6).<br />

� Die Sensibilisierung und Differenzierung der Wahrnehmungsfähigkeit des Ohres und<br />

der anderen Sinnesorgane.<br />

� Anregung zur außerschulischen Beschäftigung mit Musik.<br />

� Die Vernetzung von Musik mit anderen Denk- und Tätigkeitsformen.<br />

� Verständnis der eigenen Musikkultur in Geschichte und Gegenwart und<br />

verantwortliche Teilhabe an der Musikkultur (vgl. Deutscher Musikrat).<br />

Der Musikunterricht verfolgt demnach die Absicht, <strong>den</strong> Schülern einen Raum zur kreativen<br />

Entfaltung, zum emotional-affektiven Erleben und zum rationalen Verstehen und Reflektieren<br />

(vgl. Niedersächsisches Kultusministerium 2004) zur Verfügung zu stellen. Die Vermittlung<br />

und Erweiterung musikalischer Kenntnisse geschieht dabei aber auf der Grundlage der<br />

musikalischen Erfahrungen der Schüler sowie unter Einbezug der gesellschaftlichen<br />

Wirklichkeit. Nur so kann der Musikunterricht bei <strong>den</strong> Lernen<strong>den</strong> Freude und Interesse<br />

wecken und zur weiteren Auseinandersetzung mit Musik anspornen. Ziel ist vor allem auch,<br />

durch <strong>den</strong> Musikunterricht Perspektiven aufzuzeigen, indem durch wissenschaftliche oder<br />

musikpraktische Erfahrungen, Anregungen <strong>für</strong> eine sinnvolle Lebens- oder Freizeitgestaltung<br />

erwachsen (vgl. Rahmenrichtlinien Musik 7-10). Aber der Unterricht fördert durch<br />

Musikpraxis und Fachwissen nicht nur soziale Verhaltensweisen, sondern auch die<br />

Entwicklung eines Musikverständnisses, das eine bewusste und aktive Teilnahme am<br />

Musikleben ermöglicht und dadurch einen Beitrag zur erfüllten Lebensgestaltung leistet.<br />

Mit der Darstellung der Bildungsaufträge des Geographie- und Musikunterrichts sollte ein<br />

Überblick über Aufgaben und Ziele dieser Fächer gegeben wer<strong>den</strong>, um die Wichtigkeit ihrer<br />

Verankerung <strong>im</strong> Fächerkanon der Schule hervorzuheben. Sie leisten einen wichtigen Beitrag,<br />

um unsere heutige Welt verstehen zu lernen, verantwortungsbewusst zu handeln und sie<br />

fördern die Allgemein- und Persönlichkeitsbildung der Schüler.<br />

Im weiteren Verlauf sollen nun die Gründe beleuchtet wer<strong>den</strong>, warum sich <strong>für</strong> die Umsetzung<br />

des erdkundlichen Bildungsauftrages die Form des fächerübergreifen<strong>den</strong> Unterrichts<br />

besonders eignet. Im Zuge dessen erfolgt ein kurzer Exkurs zur Kritik am traditionellen<br />

Fächerkanon, um die Notwendigkeit dieser offenen Unterrichtsform hervorzuheben. Die<br />

25


Betrachtung von fächerübergreifendem Unterricht vom Fach Musik aus bleibt an dieser Stelle<br />

unbeachtet, da der Schwerpunkt dieser Arbeit auf der geographischen Fachdidaktik liegt.<br />

2.3 Der fächerübergreifende Unterricht <strong>im</strong> Fach Erdkunde<br />

Der Gegenstand des Schulfaches Erdkunde ist der von Naturfaktoren und von menschlichen<br />

Aktivitäten geprägte Raum, durch <strong>den</strong> raumbezogene Handlungskompetenz vermittelt<br />

wer<strong>den</strong> soll. Die Schüler sollen dadurch ihre Umwelt verstehen sowie selbstbest<strong>im</strong>mt und<br />

solidarisch an ihrer Entwicklung und Erhaltung mitwirken (vgl. Wenzens 2000, S. 159).<br />

Die Vorgaben zur Umsetzung dieses Bildungsauftrages fin<strong>den</strong> sich in <strong>den</strong> Bildungsstandards<br />

des Faches Geographie <strong>für</strong> <strong>den</strong> mittleren Bildungsabschluss und <strong>den</strong> daraus abgeleiteten<br />

Rahmenrichtlinien wieder. In diesen Dokumenten wird auch fächerübergreifender Unterricht<br />

in besonderer Weise erwähnt, der sich zum einen aus dem Fach Geographie selbst ergibt<br />

und zum anderen eine besondere Herangehensweise darstellt, um Schülerorientierung und<br />

Lebensweltbezug zu gewährleisten.<br />

Mit einer „außeror<strong>den</strong>tliche Breite des inhaltlichen Spektrums“ (Kirchberg 1998, S.3) ist dem<br />

Fach Geographie der fächerübergreifende Ansatz <strong>im</strong>manent. Und da die Notwendigkeit<br />

<strong>im</strong>mer größer wird, Bezug auf die Lebenswirklichkeit der Schüler zu nehmen, damit sie sich<br />

in unserer komplexen Welt zurechtfin<strong>den</strong> können, versteht sich die Schulerdkunde<br />

heutzutage nicht mehr <strong>als</strong> „Abbild der Fachwissenschaft Geographie“ (Wenzens 2000, S.<br />

158). Themen wie Migration, demographischer Wandel, Umweltbildung, Kl<strong>im</strong>awandel oder<br />

Europäische Integration (vgl. Schallhorn) verdeutlichen, dass das Wissen eines Faches<br />

allein nicht ausreicht, um angemessene Handlungs- und Lösungsstrategien zu entwickeln.<br />

Die Gefahr des Fachunterrichts besteht vor allem darin, dass ganzheitliche Sachverhalte<br />

zerteilt und diese in einem „beziehungslosen Nebeneinander“ (Kirchberg 1998, S. 2)<br />

vermittelt wer<strong>den</strong>. Dass schulisches Lernen dadurch auf die Schüler lebensfremd wirkt, ist<br />

nicht verwunderlich (vgl. Kirchberg S. 2).<br />

Die Zerschneidung von Erkenntniszusammenhängen ist der hauptsächliche Kritikpunkt am<br />

traditionellen Fächerkanon, da Kinder und Jugendliche meist noch nicht in der Lage sind die<br />

Wirklichkeit systematisch zu erfahren (vgl. ebd.). Erschwerend wirkt sich dabei das<br />

vorherrschende Fachlehrersystem aus, in dem sich die Lehrer <strong>als</strong> Experten ihres Faches<br />

betrachten und bloß „isoliertes Wissen“ (ebd.) vermitteln, da sie oft aus Angst vor Neuem<br />

nicht <strong>den</strong> Blick über <strong>den</strong> Tellerrand wagen.<br />

Durch einen Geographieunterricht, der nicht vor Fächergrenzen Halt macht, können <strong>als</strong>o<br />

Zusammenhänge aufgezeigt und Handlungsfähigkeit geübt wer<strong>den</strong>. Er ist daher eine<br />

adäquate Methode, um <strong>den</strong> Bildungsauftrag der allgemeinbil<strong>den</strong><strong>den</strong> Schule zu erfüllen.<br />

26


2.3.1 Geographie <strong>als</strong> Brückenfach<br />

Ein Merkmal der Geographie ist seine Funktion <strong>als</strong> Brücken- bzw. Integrationsfach, das<br />

naturwissenschaftliche, gesellschaftliche, politische und kulturelle Perspektiven in einen<br />

Zusammenhang bringt. Fächerübergreifender Geographieunterricht passiert <strong>im</strong> Schulalltag<br />

sozusagen ständig, auch wenn die Lehrkraft diese Unterrichtsform nicht direkt in ihrer<br />

Planung beabsichtigt. Aber auch bei der bewussten Suche und Ausarbeitung inhaltlicher<br />

Schnittstellen zwischen Erdkunde und <strong>den</strong> anderen Schulfächern zeigt sich, dass hier<br />

fächerübergreifender Unterricht in sehr vielfältiger Form möglich ist.<br />

Die folgende Abbildung von Günter Kirchberg soll mögliche thematische Ansatzpunkte <strong>für</strong><br />

Fachöffnungen <strong>im</strong> Geographieunterricht aufzeigen.<br />

Abbildung: Die Geographie <strong>als</strong> Brückenfach (Kirchberg 1998, S. 6)<br />

Die Abbildung stellt eine Übersicht der vielen gemeinsamen Themen dar, die zwischen der<br />

Geographie und <strong>den</strong> anderen schulischen Disziplinen bestehen. Eine „herausragende<br />

Bedeutung“ (Niedersächsisches Kultusministerium 2008, S. 8) besitzen dabei die Fächer<br />

Biologie, Chemie, Geschichte und Politik, da sie einen wichtigen Beitrag <strong>für</strong> die <strong>im</strong> Lehrplan<br />

verankerten geographischen Inhalte leisten. Die Naturwissenschaften übernehmen eine<br />

zentrale Funktion, z.B. in der Umweltbildung, sowie bei der Behandlung von physisch-<br />

geographischen Themen.<br />

Gesellschaftswissenschaftliche Fächer wie Sozialkunde, Politik, Geschichte helfen bei der<br />

Bearbeitung von kultur- und sozialgeographischen Inhalten mit wie z.B. Industriegebiete <strong>im</strong><br />

27


Wandel, Entwicklung des Welthandels oder Raumordnung und Raumplanung. (vgl.<br />

Schallhorn 1998).<br />

Die Verbindung zur Mathematik ist stets vertreten durch die Berechnung von Maßstäben bei<br />

der Kartenarbeit, bei der Erstellung von Statistiken z.B. be<strong>im</strong> Thema Bevölkerungswachstum<br />

und Welternährung oder bei der Auswertung von Diagrammen.<br />

Auch der Bezug zu <strong>den</strong> sprachlich-literarischen Fächern und zur Religion ist <strong>im</strong><br />

Erdkundeunterricht gegeben. Literarische Reiseberichte können dabei z.B. <strong>für</strong> <strong>den</strong><br />

landeskundlichen Unterricht von Nutzen sein. Eine <strong>im</strong>mer größere Verbreitung findet<br />

außerdem der bilinguale Erdkundeunterricht, der zwar dem Ziel des Spracherwerbs<br />

untergeordnet ist, durch <strong>den</strong> aber „Vorstellungen von anderen Ländern und ihren Bewohnern<br />

stärker individualisiert und damit weniger stereotypenhaft gemacht wer<strong>den</strong> <strong>als</strong> <strong>im</strong> regulären<br />

Unterricht.“ (Haubrich 2006, S. 160).<br />

Themen wie Verbreitungsgebiete von Religionen, Pilgertourismus oder der Einfluss von<br />

Religionen auf Wirtschaft und Entwicklung (vgl. Arbeitskreis Religionsgeographie in der<br />

Deutschen Gesellschaft <strong>für</strong> Geographie 2010) stellen Bereiche der Religionsgeographie dar,<br />

die in Verbindung mit ethischen Fragestellungen in <strong>den</strong> Erdkundeunterricht mit einfließen<br />

können.<br />

Auch <strong>für</strong> die künstlerischen Fächer wie Musik und Kunst und sogar <strong>für</strong> Sport lassen sich<br />

gemeinsame Themen fin<strong>den</strong>, wie ein Unterrichtsvorschlag von Michael Müller „Der<br />

Orientierungslauf – <strong>als</strong> <strong>Beispiel</strong> <strong>für</strong> fächerübergreifen<strong>den</strong>des Arbeiten in Erdkunde und Sport“,<br />

erschienen in Geographie und Schule, zeigt. Günter Kirchberg ordnet dagegen dem<br />

Kunstunterricht die engste Verbindung der drei Fächer zur Geographie zu (vgl. Kirchberg<br />

1998, S. 6). Geographisches Zeichnen, graphisches Verarbeiten oder die Beschreibung<br />

topologischer Gegebenheiten „regt <strong>den</strong> Einsatz von künstlerischem Bildmaterial <strong>im</strong><br />

Geographieunterricht an“ (ebd.). Kirchberg mag in seiner Annahme Recht behalten, <strong>den</strong>n<br />

durchforstet man die Fachliteratur nach fächerübergreifen<strong>den</strong> Themen, die sich mit Erdkunde<br />

und Musik befassen, erhält man nur wenige <strong>Beispiel</strong>e. Dennoch liegt die Verbindung dieser<br />

bei<strong>den</strong> Fächer relativ nah, wie beispielsweise die Themengebiete fremde Kulturen oder<br />

Landeskunde zeigen, wo Musik <strong>als</strong> Vermittlerin von I<strong>den</strong>titäten und Strukturen funktionieren<br />

kann.<br />

Aber nicht nur inhaltlich rechtfertigt sich der Einbezug des Faches Musik in <strong>den</strong><br />

Erdkundeunterricht, der an späterer Stelle anhand von <strong>Beispiel</strong>en ausführlicher dargestellt<br />

wird. Im anschließen<strong>den</strong> Kapitel wer<strong>den</strong> Studien über die positive Wirkung von Musik in der<br />

Schule vorgestellt und lernpsychologische Gründe <strong>für</strong> ihren Einsatz <strong>im</strong> Unterricht angeführt.<br />

28


2.4 Die Wirkung von Musik<br />

Die Schulmusik bietet <strong>für</strong> <strong>den</strong> Geographieunterricht neben inhaltlichen Anknüpfungspunkten,<br />

auch methodische Kompetenzen, die das schulische Leben unterstützen und bereichern<br />

können. Durch diesen „erheblichen überfachlichen Mehrwert“ (Konrad-A<strong>den</strong>auer-Stiftung<br />

2006, S 19) ist die Einbindung von Musik in <strong>den</strong> Unterricht von besonderer Wichtigkeit bzw.<br />

eine fast notwendige Maßnahme. Die positive Wirkung von Musik auf Kinder und<br />

Jugendliche wird auch durch zahlreiche Studien <strong>im</strong>mer wieder belegt (s. Bastian-Studie,<br />

Macht Mozart schlau). Selbst Musiklehrer berichten aus ihrem Berufsalltag über <strong>den</strong><br />

förderlichen Einfluss von intensiviertem Musikunterricht, wie er z.B. in Bläser-, Chor oder<br />

Streicherklassen stattfindet. Im gleichen Atemzuge seien die „Jedem Kind ein Instrument“ -<br />

Projekte (JeKi) genannt, die unter anderem in <strong>den</strong> Schulen von NRW und Hamburg<br />

umgesetzt wer<strong>den</strong> sollen. Dadurch erhofft man sich nicht nur einen Beitrag zur<br />

Chancengleichheit in der kulturellen Bildung, sondern auch einen möglichen Ansatz zur<br />

Steigerung der Schulleistungen, die schließlich in der PISA-Diskussion gefordert wird.<br />

Aber welche Wirkung besitzt Musik auf <strong>den</strong> Menschen? Die einleiten<strong>den</strong> Sätze des<br />

Abschnittes „Der Bildungsauftrag des Musikunterrichts“ haben die bekannte Bastian-Studie<br />

zur Sprache gebracht, die durch Untersuchungen zu belegen versuchte, dass Kinder durch<br />

Musik opt<strong>im</strong>al in ihrer Entwicklung gefördert wer<strong>den</strong> können.<br />

Guter bzw. förderlicher Musikunterricht in der Schule zeichnet sich durch<br />

musikwissenschaftliche, musikpraktische und lebensweltliche Bezüge aus. Er ist in seiner<br />

Konzeption Teil der kulturellen Bildung, die <strong>für</strong> Jugendliche von besonderer Relevanz ist, da<br />

sie sich über ästhetische Trends und Wahrnehmungen definieren (vgl. KAS 2006 S. 18).<br />

Durch die Vermittlung von Kunst und Kultur wer<strong>den</strong> <strong>den</strong> Schülern unverzichtbare<br />

Komponenten <strong>für</strong> das Verständnis der eigenen I<strong>den</strong>tität und der Welt zur Verfügung gestellt.<br />

Musikalische Bildung leistet damit einen Beitrag zur Persönlichkeitsbildung und zur<br />

Förderung überfachlicher Kompetenzen.<br />

2.4.1 Bastian-Studie<br />

Eine Umfrage aus dem Jahr 2003 zeigte, dass <strong>für</strong> rund 80% der Deutschen das Musik-hören<br />

zur liebsten Freizeitbeschäftigung gehört (vgl. ebd., S. 19). Sowohl die aktive <strong>als</strong> auch die<br />

passive Auseinandersetzung mit Musik spricht Gefühle und <strong>den</strong> Verstand an, kann<br />

Empfindungen kanalisieren sowie das Denken schärfen (vgl. ebd.).<br />

Hans Günter Bastian untersuchte in <strong>den</strong> 90er-Jahren die Wirkung von Musikerziehung auf<br />

Kinder und gliederte seine Ergebnisse in folgende Bereiche (vgl. Bastian 2007):<br />

� Der Einfluss von Musik auf die soziale Kompetenz<br />

� Der Einfluss von Musik auf die Intelligenzentwicklung<br />

� Der Einfluss von Musik auf die Konzentration<br />

29


� Der Einfluss von Musik auf Begabung/Leistung/Kreativität<br />

� Der Einfluss von Musik auf Angst/ emotionale Labilität<br />

� Der Einfluss von Musik auf allgemeine Schulleistungen<br />

Die Erkenntnisse, die H. G. Bastian aus seiner Langzeitstudie gewonnen hat, sollen an<br />

dieser Stelle stark zusammengefasst vorgestellt wer<strong>den</strong>. Der ausführliche Bericht mit<br />

Konzeption, Durchführung und Auswertung wurde unter dem Titel „Musikerziehung und ihre<br />

Wirkung“ veröffentlicht und ist mehrere hundert Seiten stark.<br />

Zur Erinnerung seien noch einmal die Rahmenbedingungen der durchgeführten<br />

Untersuchung genannt: Unter der Fragestellung der Einfluss von erweiterter Musikerziehung<br />

(Musikunterricht + Instrumentlernen + Ensemblespiel) auf die allgemeine und individuelle<br />

Entwicklung von Kindern wur<strong>den</strong> Schüler von sieben Berliner Grundschulen über einen<br />

Zeitraum von sechs Jahren (1992 – 1998) beobachtet. Es folgen die Ergebnisse <strong>im</strong><br />

Einzelnen (vgl. Bastian 2007):<br />

Eine erweiterte musikalische Ausbildung in der Schule hat Einfluss auf die:<br />

� Soziale Kompetenz:<br />

o Das gemeinsame Musizieren und Instrumentlernen stärkt in erheblichem Maß<br />

das Gemeinschaftsgefühl, das sich durch Toleranz und gegenseitigen<br />

Respekt auszeichnet. Es wurde festgestellt, dass es in <strong>den</strong> musizieren<strong>den</strong><br />

Grundschulklassen weniger ausgegrenzte Schüler gab und die „Quote der<br />

einfach oder mehrfach geäußerten Antipathien in nicht-musizieren<strong>den</strong><br />

Grundschulkassen nahezu kontinuierlich doppelt so hoch war wie in<br />

Musikklassen.“ (ebd.).<br />

� Intelligenzentwicklung:<br />

o Es konnte ein Zusammenhang zwischen Musikalität und Intelligenz ermittelt<br />

wer<strong>den</strong>. Auswertungen von kulturunabhängigen Intelligenztests der<br />

Stichprobengruppen ergaben, dass es nach vier Jahren erweiterter<br />

Musikerziehung zu einem signifikanten IQ-Zugewinn bei Kindern aus<br />

musikbetonten Grundschulen gab. Kinder, bei <strong>den</strong>en zu Projektbeginn ein<br />

überdurchschnittlicher IQ-Wert festgestellt wurde, konnten diesen kognitiven<br />

Begabungsvorteil noch einmal deutlich steigern. Aber auch sozial<br />

benachteiligte und weniger begabte Kinder konnten durch die intensive<br />

Musikerziehung profitieren. Ihre kognitive Entwicklung konnte über die Jahre<br />

hinweg gefördert wer<strong>den</strong>, was in <strong>den</strong> Kontrollgruppen ohne erweiterten<br />

Musikunterricht nicht festgestellt wer<strong>den</strong> konnte. Bastian erklärt <strong>den</strong> positiven<br />

Zusammenhang zwischen Intelligenzentwicklung und Musik durch die<br />

komplexen Anforderungen, die das Erlernen eines Instruments an die Kinder<br />

30


� Konzentration:<br />

stellt. Praktisches Musizieren bedeutet <strong>den</strong> Einsatz des Intellekts, der Motorik,<br />

der Ausdauer und des Gefühls („Begreifen, Greifen, Ergreifen“ (ebd.). Damit<br />

sind die Kinder einer geistigen, psychischen und physischen Beanspruchung<br />

ausgesetzt, die sich auch auf kognitiv weniger entwickelte Kinder auswirkt. An<br />

dieser Stelle sei angemerkt, dass dieses Ergebnis nicht mit der Aussage<br />

„Musik mach intelligent“ zu pauschalisieren ist, da die Werte durch die<br />

intensivere Zuwendung, bedingt durch die Studie verfälscht sein können. Zwar<br />

zeigen Vergleichsstudien, wie beispielsweise die des Bundesministerium <strong>für</strong><br />

Bildung und Forschung „Macht Mozart schlau?“ von 2006, dass durch<br />

intensiven Musikunterricht die emotionalen und kognitiven Fertigkeiten<br />

steigerbar sind, langfristige Effekte konnten jedoch nicht bewiesen wer<strong>den</strong>.<br />

o Überraschenderweise wurde von der 1. bis zur 6. Klasse ein Nachlassen der<br />

Konzentrationsfähigkeit festgestellt, was sich durch die Zunahme von Umwelt-<br />

und Medieneinflüssen erklären lässt. Im Vergleich zu <strong>den</strong> Kontrollgruppen gab<br />

es aber weniger schwache und extrem schwache Konzentrationsleistungen,<br />

so dass <strong>als</strong> Resultat von einem Ausgleich bzw. einem positiven Einfluss auf<br />

Konzentrationsdefizite gesprochen wer<strong>den</strong> kann.<br />

� Musikalische Begabung/Leistung/Kreativität:<br />

o „Kinder der musikbetonten Grundschulen schnei<strong>den</strong> in allen musikalischen<br />

Begabungs-, Leistungs- und Kreativtests über die Zeit hinweg besser ab <strong>als</strong><br />

Kinder der Kontrollgruppe.“ (Bastian 2007). Damit zeigt sich, dass<br />

Lernübertragungen zunächst <strong>im</strong> eigenen Fach erfolgen und die Möglichkeit<br />

besteht, dass diese später auf andere Lernprozesse übertragen wer<strong>den</strong><br />

können.<br />

� Angst – emotionale Labilität:<br />

o Nach Befragung der Kontrollgruppe stellte sich heraus, dass die Schüler nach<br />

<strong>den</strong> Jahren eine Erhöhung ihrer Ängstlichkeit äußerten, wohingegen die<br />

Teilnehmer der Modellgruppe eine allgemeine Reduktion ihrer Ängste<br />

beschrieben. Der Musik kommt damit eine „sozialtherapeutische Funktion“ zu.<br />

� Allgemeine Schulleistungen:<br />

o Trotz der zusätzlichen Zeitinvestition, die das Erlernen eines Instruments mit<br />

sich brachte, ist bei <strong>den</strong> Kindern in musikbetonten Klassen kein Absinken der<br />

allgemeinen Schulleistungen zu verzeichnen. „Der prozentuale Anteil der<br />

Kinder mit überdurchschnittlichen guten Leistungen ist in der Modellgruppe<br />

oftm<strong>als</strong> höher <strong>als</strong> in der Kontrollgruppe, Dies gilt <strong>für</strong> die Fächer Mathematik,<br />

Deutsch und Englisch.“ (ebd.).<br />

31


2.4.2 Macht Mozart schlau?<br />

Eine weitere, schon erwähnte Studie, die die Förderung kognitiver Kompetenzen durch<br />

Musik betrachtet, erschien 2006 und wurde vom Bundesministerium <strong>für</strong> Bildung und<br />

Forschung in Auftrag gegeben. Unter dem Titel „Macht Mozart schlau?“ wur<strong>den</strong> eine Reihe<br />

von Aufsätzen namhafter Musik- und Neurowissenschaftler und von Allgemein- und<br />

Entwicklungspsychologen zusammengefasst. Die Beiträge repräsentieren eine Übersicht des<br />

aktuellen Forschungsstandes zur Wirkung des passiven Musikhörens sowie der kognitiven<br />

Effekte durch aktive musikalische Betätigung. Einige Ausschnitte sollen hier vorgestellt<br />

wer<strong>den</strong>, da sie in manchen Punkten die vorangestellten Ergebnisse der Bastian-Studie<br />

relativieren. Das besondere Augenmerk gilt dem Aufsatz von Prof. Dr. Eckart Altenmüller, der<br />

<strong>als</strong> Musikmediziner an der Hochschule <strong>für</strong> Musik, Theater und Medien Hannover forscht und<br />

lehrt. Er betrachtet <strong>den</strong> Einfluss von Musik auch aus medizinischer Sicht und trägt damit zu<br />

einem erweiterten Verständnis bei.<br />

Die Idee der Publikation „Macht Mozart schlau?“ gründet auf einem Aufsatz von Rauscher et<br />

al. aus dem Jahr 1993, in dem die Autoren einen möglichen geistigen Nutzen des<br />

Musikhörens beschrieben. Sie meinten, empirisch belegen zu können, dass Personen,<br />

„die zehn Minuten lang von Mozart komponierte Musik gehört hatten, unmittelbar<br />

danach bessere räumlich-visuelle Vorstellungsleistungen zeigten <strong>als</strong> Personen, die<br />

über <strong>den</strong> gleichen Zeitraum entweder ohne Beschäftigung still in einem Z<strong>im</strong>mer<br />

gesessen oder Entspannungsanleitungen angehört hatten.“ (Bundesministerium <strong>für</strong><br />

Bildung und Forschung 2006, S. 11).<br />

Getestet wurde das räumlich-visuelle Vorstellungsvermögen dann durch Falt-und Schneide-<br />

Aufgaben mit Papier. Es stellte sich heraus, dass sich der Effekt auf räumlich-visuelle<br />

Leistungen beschränkte und <strong>für</strong> nur etwa 20 bis 30 Minuten anhielt. Trotzdem wurde dieses<br />

Ergebnis schnell von der Öffentlichkeit aufgenommen und begeistert „Mozart-Effekt“ genannt.<br />

Dabei wurde aber außer Acht gelassen, dass diese Ergebnisse keine ausreichen<strong>den</strong><br />

Rückschlüsse der Wirkung des Musikhörens auf die Entwicklung der allgemeinen Intelligenz<br />

zulassen (vgl. ebd. S. 11). Tatsächlich konnte dieser Effekt in weiteren Kontrollversuchen<br />

nicht bestätigt wer<strong>den</strong>.<br />

„Der Mozart-Effekt beruht folglich nicht auf einer dauerhaften Steigerung der<br />

allgemeinen Intelligenz oder der Verbesserung einzelner kognitiver Fähigkeiten,<br />

sondern allein darauf, dass die Versuchspersonen durch das Hören der Musik<br />

kurzfristig in einen besonders leistungsbereiten Zustand versetzt<br />

wer<strong>den</strong>.“ (Bundesministerium <strong>für</strong> Bildung und Forschung 2006, S. 16).<br />

Dieser Effekt wird demnach nicht allein durch Musik und durch Kompositionen von Mozart<br />

hervorgerufen. Grundsätzlich können alle St<strong>im</strong>uli, die eine Verbesserung der St<strong>im</strong>mung<br />

32


verursachen, die Leistungsbereitschaft erhöhen, z.B. die Lieblings-Rockband, eine<br />

vorgelesene Geschichte, eine Süßigkeit etc..<br />

2.4.2.1 Lernpsychologische Begründungen <strong>für</strong> <strong>den</strong> Einsatz von Musik<br />

Trotz dieser Erkenntnis wur<strong>den</strong> <strong>im</strong>mer wieder neue Untersuchungen zu nachweisbaren<br />

positiven Auswirkungen von Musik auf kognitive Fähigkeiten vorangetrieben. Die Gründe,<br />

warum „best<strong>im</strong>mte Aspekte wie Notenlesen, Erkennen von Rhythmen und Melodien etc. zu<br />

best<strong>im</strong>mten kognitiven Effekten führen“ (ebd., S. 49), wie sie in der Bastian-Studie aufgezeigt<br />

wur<strong>den</strong>, lassen sich hauptsächlich in lernpsychologischen Erklärungen fin<strong>den</strong>.<br />

Der Begriff „schooling effect“ beschreibt in der Psychologie <strong>den</strong> Sachverhalt, dass sich <strong>für</strong><br />

Kinder die Teilnahme am Unterricht grundsätzlich positiv auf deren Intelligenzentwicklung<br />

auswirkt. Bekommen Kinder auch außerhalb der Schule gesonderten Musik- oder<br />

Sportunterricht, kann er noch intensiver die Entwicklung der Kinder fördern, weil er in „vielen<br />

Merkmalen mit dem Schulunterricht übereinst<strong>im</strong>mt.“ (z.B. Konzentrationsfähigkeit, Arbeiten<br />

unter Anleitung, Lösung von Aufgaben) (vgl. ebd., S. 49).<br />

Musikunterricht kann sich außerdem förderlich auf die Entfaltung kognitiver Fähigkeiten<br />

auswirken, weil er Einfluss auf die Motivation der Kinder nehmen kann. Die Teilnahme an der<br />

Schulmusik bereitet vielen Schülern Freude und beinhaltet Aufgaben, die „motivierende<br />

Lernerfolge“ (ebd., S. 50) bieten, so dass sich „die Haltung der Kinder zum Schulunterricht in<br />

positiver Weise verändert.“ (ebd.). Es ist wichtig, dass Schülern <strong>im</strong> Musikunterricht erfahrbar<br />

gemacht wird, dass gute Leistungen, Konzentration und Übung zu ermutigen<strong>den</strong><br />

Lernerfolgen führen kann. Die daraus resultierende zuversichtliche Haltung der Schüler<br />

gegenüber dem Musikunterricht kann schließlich auf andere Inhaltsgebiete übertragen<br />

wer<strong>den</strong>, so dass es auch in anderen Fächern zu besseren kognitiven Leistungen kommen<br />

kann.<br />

Dieser so genannte Wissenstransfer gilt ebenso <strong>für</strong> die verschie<strong>den</strong>en Fähigkeiten wie<br />

motorisches Handeln, auditive Wahrnehmung, emotionale Einstellungen und abstraktes<br />

Denken, die <strong>im</strong> Musikunterricht <strong>den</strong> Schülern abverlangt wer<strong>den</strong>. Durch ein kontinuierliches<br />

Training können diese Kompetenzen so geschult wer<strong>den</strong>, dass sie auch in anderen Fächern<br />

zu Leistungssteigerungen führen können.<br />

Eine <strong>für</strong> die Schule weniger interessante, aber <strong>den</strong>noch relevante Untersuchung bei der<br />

Frage nach der Wirkung von Musik, liefert die Neurowissenschaft. Gemeinsam mit <strong>den</strong><br />

Musikmedizinern konnten sie messbare Daten erheben, die zeigen, dass ein verstärkter<br />

Instrumentalunterricht nachweisbar anatomische Strukturen <strong>im</strong> Gehirn verändern kann. Sie<br />

erklären dieses Phänomen mit Neuroplastizität (vgl. Bundesministerium <strong>für</strong> Bildung und<br />

Forschung 2006, S. 55) und meinen damit die Fähigkeit des Gehirns auf „spezifische<br />

33


Umweltanforderungen durch strukturelle und/oder funktionelle Veränderungen der<br />

neuronalen Vernetzung zu reagieren.“ (ebd., S: 55). Als <strong>Beispiel</strong> sei hier ein junger<br />

Klavierspieler genannt, bei dem beobachtet wer<strong>den</strong> konnte, dass nur nach wenigen Wochen<br />

intensiven Klavierspiels stabile Veränderungen in der neuronalen Vernetzung auftraten.<br />

Allerdings wer<strong>den</strong> diese Areale <strong>im</strong> Gehirn spezifisch ausgeprägt, was bedeutet, dass der<br />

Pianist nur rezeptive Felder <strong>für</strong> Klavierklänge ausprägte, nicht aber <strong>für</strong> Klarinettenklänge. D.h.<br />

<strong>als</strong>o „unser Hirn spiegelt das wider, womit wir uns <strong>im</strong> Leben intensiv beschäftigen, es ist<br />

Struktur gewor<strong>den</strong>e Lebensgeschichte“ (ebd., S. 65)<br />

Welche Auswirkungen diese anatomischen Veränderungen auf außermusikalische Inhalte<br />

haben, konnte noch nicht weiter geklärt wer<strong>den</strong>. Demnach kann aus Sicht der<br />

Neurowissenschaften die Frage, ob Musikunterricht „positive Effekte in Bezug auf kognitive<br />

Leistungen“ (ebd., S.55) erzielen kann, nicht beantwortet wer<strong>den</strong>. Auswirkungen dieser Art<br />

lassen sich nur durch psychologische Untersuchungen herausfin<strong>den</strong>.<br />

2.4.3 Aktueller Forschungsstand<br />

Betrachtet man nun die Ergebnisse des Bundesministeriums und die der Bastian-Studie lässt<br />

sich erkennen, dass die Wissenschaft nach <strong>den</strong> neuesten Forschungen die Ergebnisse der<br />

Berliner Langzeitstudie in einigen Punkten in Frage stellen muss. Altenmüller sieht vor allem<br />

in <strong>den</strong> „unspezifischen Effekten“ (ebd., S. 66), wie dem Bewusstsein der Schüler, Teilnehmer<br />

einer Studie zu sein, oder der intensiveren Zuwendung mögliche Fehlerquellen der<br />

Untersuchung. Nach weiteren Intelligenztests konnten die Wissenschaftler keine<br />

grundlegen<strong>den</strong> Unterschiede in Intelligenzleistung und Konzentrationsfähigkeit zwischen <strong>den</strong><br />

Kindern der Kontroll- und der Modellgruppe erkennen. Als wesentliche Auswirkungen wur<strong>den</strong><br />

die Erhöhung der Motivation und die Verbesserung des Sozialverhaltens in <strong>den</strong><br />

musikbetonten Grundschulklassen festgestellt. Aber auch dieses lässt sich in Frage stellen,<br />

da die Verbesserung des Sozialverhaltens mit der intensiveren Zuwendung zu erklären sein<br />

könnte. Nach dieser ernüchtern<strong>den</strong> Gegenüberstellung fasst Prof. Dr. Eckart Altenmüller die<br />

Ergebnisse seiner Studien wie folgt zusammen:<br />

� Musikhören oder andere St<strong>im</strong>uli, die mit positiven St<strong>im</strong>mungen in Verbindung<br />

gebracht wer<strong>den</strong>, führen zu einer kurzfristigen Verbesserung kognitiver Leistungen,<br />

besonders bei zeitlich räumlichen Denkaufgaben.<br />

� Musikalische Gehörbildung führt zu einer Verbesserung der akustischen<br />

Mustererkennung sowie zur Zuordnung akustischer Muster zu Begriffen.<br />

� Intensives Musizieren führt zu unterschiedlichen kurz- und langfristigen plastischen<br />

Anpassungen des zentralen Nervensystems (Bundesministerium <strong>für</strong> Bildung und<br />

Forschung 2006, S. 69).<br />

34


� Es existieren Hinweise, dass musikalische Betätigung zu einer kurzfristigen<br />

Steigerung kognitiver und emotionaler Fertigkeiten verhilft. Ob langfristige<br />

Auswirkungen auf das Sozialleben bestehen, konnte noch nicht bewiesen wer<strong>den</strong>.<br />

Auch wenn die Studien keine eindeutigen Ergebnisse über die positive Wirkung von Musik<br />

auf kognitive Fähigkeiten belegen, so lässt sich die Forderung von „Musik in allen<br />

Fächern“ (KAS 2006, S. 22) damit rechtfertigen, dass sie Körper, Geist und Seele<br />

anzusprechen vermag und in besonderem Maße motivieren kann. Motivation ist <strong>für</strong> die<br />

Entwicklung der Kinder von großer Bedeutung und sie gilt <strong>als</strong> eine der wichtigsten<br />

Voraussetzungen <strong>für</strong> das schulische Lernen. Der Einsatz von Musik <strong>im</strong> Unterricht bietet sich<br />

aber auch an, weil Musik in unserer Gesellschaft allgegenwärtig ist, I<strong>den</strong>tifikationspotential<br />

bietet und die Menschen in der Freizeit begleitet. Im Musikunterricht kann erworbenes<br />

Wissen praktisch umgesetzt wer<strong>den</strong> und damit trägt er zur besseren Erfahrbarkeit bzw.<br />

Verinnerlichung von Inhalten bei. Musikalische Betätigung bedeutet auch kreatives und<br />

selbstbewusstes Handeln und stellt damit in der Schule einen wichtigen Baustein der<br />

Persönlichkeitsentwicklung dar.<br />

2.5 Allgemeine <strong>Beispiel</strong>e <strong>für</strong> eine Verbindung der Disziplinen Geographie und<br />

Musik<br />

Um nachzuweisen, dass das Fach Musik auch inhaltlich gut in <strong>den</strong> Erdkundeunterricht<br />

eingebun<strong>den</strong> wer<strong>den</strong> kann, sollen <strong>im</strong> Folgen<strong>den</strong> einige <strong>Beispiel</strong>e <strong>für</strong> einen möglichen<br />

fächerübergreifen<strong>den</strong> Unterricht dargestellt wer<strong>den</strong>. Dabei handelt es sich aber weniger um<br />

didaktische Vorschläge, <strong>als</strong> um thematische Verbindungsmöglichkeiten, die in der Praxis<br />

nach Ermessen der Lehrkraft durch entsprechende geographische bzw. musikalische<br />

Metho<strong>den</strong> umgesetzt wer<strong>den</strong> können. Der inhaltliche Schwerpunkt liegt bei allen Ideen <strong>im</strong><br />

Erdkundeunterricht, der durch einen Fächerübergriff zur Musik eine Ergänzung bzw.<br />

Erweiterung erfahren soll.<br />

„Andere Länder, andere Sitten“ heißt es so schön in einem Sprichwort und damit zeigt sich,<br />

dass sich die Länderkunde nicht nur anhand kl<strong>im</strong>atischer oder topographischer Unterschiede<br />

unterrichten lässt. Der Blick über unsere Landesgrenzen hinaus geht einher mit dem<br />

Kennenlernen und dem Verständnis fremder Kulturen. Dabei ist Musik oft ein sehr wichtiges<br />

Element, durch die Traditionen oder Bräuche übermittelt bzw. verstan<strong>den</strong> wer<strong>den</strong> können.<br />

2.5.1 Die musikalische Weltkarte<br />

Erich M. von Hornbostel, der Gründungsvater der Musikethnologie, machte sich 1922 mit<br />

seiner Idee einer „musikalischen Weltkarte“ (Werkmeister, S. 219) einen Namen. Dabei war<br />

35


aber keine Karte <strong>im</strong> wörtlichen Sinne gemeint, sondern „Vergleichstabellen von<br />

Schwingungszahlen und Tonleitern, die man auf Grundlage von Sammlungen<br />

phonographischer Aufnahmen erstellte“ (ebd.). Sie verfolgten <strong>den</strong> Zweck, die musikalischen<br />

Kulturphänomene der Erde festzuhalten. „Sie wer<strong>den</strong> viel reisen und aufnehmen müssen um<br />

noch eben vor Torschluss zu retten, was zu retten ist“ (S<strong>im</strong>on 2002). Damit fasste Hornbostel<br />

seine Be<strong>für</strong>chtungen zusammen, dass manche Kulturen bald nicht mehr existieren wür<strong>den</strong><br />

und damit wichtige anthropologische und geographische Zusammenhänge unentdeckt<br />

blieben. In Anlehnung an diese Idee ließe sich in der Schule eine musikalische Weltreise<br />

erarbeiten, bei der neben naturgeographischen Gegebenheiten sowie sozialen und<br />

wirtschaftlichen Beziehungen auch die daraus folgen<strong>den</strong> musikalischen Ausdrucksformen<br />

einzelner Kulturen beachtet und präsentiert wer<strong>den</strong> könnten.<br />

2.5.2 Musikalische Ausdrucksformen <strong>im</strong> karibischen Raum<br />

Einen weiteren inhaltlichen Ansatzpunkt <strong>für</strong> die Verbindung von Erdkunde mit Musik liefert<br />

die Musikwissenschaftlerin Elena Ostleitner, die 1982 einen Artikel in <strong>den</strong> Lateinamerika<br />

Studien der Universität Erlangen-Nürnberg veröffentlichte. Unter dem Titel Musikalische<br />

Ausdrucksformen <strong>im</strong> karibischen Raum. Soziale Hintergründe. betrachtet sie die Merkmale<br />

der karibischen Inseln aus kulturgeographischer und musiksoziologischer Sicht. Die Autorin<br />

legt in ihren Studien Argumente dar, die gegen eine Zusammenfassung der karibischen<br />

Inseln <strong>als</strong> kulturgeographische Einheit sprechen. Durch Analysen von traditioneller Musik<br />

und einhe<strong>im</strong>ischen Tänzen der jeweiligen Insel konnte sie herausfin<strong>den</strong>, dass jede<br />

musikalische Ausdrucksform auf eine spezifische Situation der Insel zurückzuführen ist, die<br />

aus Kolonialisierung, der kontrastreichen naturgeographischen Ausstattung und der<br />

unterschiedlichen historischen Entwicklung entstand. Darüber hinaus führt sie am Ende ihres<br />

Aufsatzes die Probleme des aufkommen<strong>den</strong> Massentourismus an, der eine<br />

Funktionsveränderung der überlieferten authentischen Musik hin zur kommerziellen Folklore<br />

zur Folge hat (vgl. Ostleitner 1982, S. 499). Elena Ostleitner stellt damit interessante Ansätze<br />

sowohl <strong>für</strong> <strong>den</strong> Mittelstufen- <strong>als</strong> auch <strong>für</strong> <strong>den</strong> Oberstufenunterricht vor, die individuell in <strong>den</strong><br />

Lehrplan eingepasst wer<strong>den</strong> können.<br />

2.5.3 HipHop, Musik und die Artikulation von Geographie<br />

Das Publikation HipHop, Musik und die Artikulation von Geographie von Christoph Mager<br />

stellt eine interessante Anregung <strong>für</strong> <strong>den</strong> fächerübegreifen<strong>den</strong> Erdkundeunterricht mit Musik<br />

dar. In dem 280 Seiten starken Band schreibt der Autor über die Artikulation von Ethnizität,<br />

Klasse, Geschlecht und Räumlichkeit <strong>im</strong> HipHop (vgl. Mager 2007, S. 19). Dabei soll es aber<br />

weder um die umfassende Historie der HipHop-Szene noch um die die lokale Geschichte<br />

36


einer Stadt gehen (vgl. ebd. S.22). Anhand von geographischem Datenmaterial, Songtexten<br />

und Musikanalysen untersucht er die Verbindung von historischen, politischen und<br />

räumlichen Kontexten mit der gelebten Form der Mitteilung in schriftlicher, verbaler,<br />

klanglicher oder performativer Form (vgl. S. 19). Er widmet sich <strong>den</strong> zentralen Fragen mit<br />

<strong>den</strong>en sich Rapper auseinandersetzen und versucht so, <strong>den</strong> Aspekt Raum aus dieser<br />

Musikform abzuleiten.<br />

Sehr übersichtlich gliedert Mager sein Buch in fünf Hauptbereiche:<br />

1. Die geokulturellen Ursprünge und raum-zeitliche Ausbreitungswege von HipHop und<br />

Rap-Musik.<br />

2. Die Bedeutung physisch-materieller Räume <strong>für</strong> die Entwicklung von HipHop und die<br />

Artikulation von Räumlichkeit.<br />

3. Imaginierte Geographien <strong>im</strong> HipHop <strong>als</strong> Resultat sich gegenseitig beeinflussender<br />

Prozesse musikalischer Produktion, Distribution, Mediation und Konsumption.<br />

4. Die Bedeutung von Rhythmus <strong>als</strong> musikalisches Kommunikationsmittel von<br />

Räumlichkeit.<br />

5. Die Bedeutung des Wissens um die räumliche D<strong>im</strong>ension von Rap-Musik.<br />

2.5.4 Bruce Springsteens Lieder <strong>als</strong> Spiegel der gesellschaftlichen Veränderungen in<br />

<strong>den</strong> USA<br />

Als Grundlage <strong>für</strong> fächerübergreifen<strong>den</strong> Unterricht dient die Idee, die Lieder von Bruce<br />

Springsteen auf der CD „The Ghost of Tom Joad“ <strong>als</strong> Spiegel der gesellschaftlichen<br />

Veränderungen in <strong>den</strong> USA zu betrachten. Der Vorschlag basiert auf einer Seminararbeit, die<br />

in der Zeitschrift Geographie- und Wirtschaftskundeunterricht (GW-Unterricht) aufgrund ihrer<br />

guten Qualität und des fachdidaktischen Bezugs veröffentlicht wurde (vgl. Schneider 1998,<br />

Vorwort, S. 40). Die Autorin Britta Schneider stellt in sehr schlüssiger und verständlicher Art<br />

und Weise vor, dass sich Bruce Springsteens sozialkritische Lieder der CD „The Ghost of<br />

Tom Joad“ besonders gut <strong>im</strong> Geographieunterricht einsetzen lassen, um die Auswirkungen<br />

des gesellschaftlichen Wandels der 90er-Jahre in <strong>den</strong> USA zu verdeutlichen. Da die<br />

Songtexte aber weder Gründe noch Ursachen schildern, geht sie in ihrem Aufsatz zugleich<br />

erläuternd auf <strong>den</strong> angelsächsischen Kapitalismus ein, der <strong>als</strong> Auslöser des Wandel<br />

betrachtet wer<strong>den</strong> kann (vgl. ebd. S. 43).<br />

Für die Umsetzung dieses umfangreichen und komplexen Themengebietes sowie die<br />

Beschäftigung mit <strong>den</strong> anspruchsvollen englischen Texten (vgl. ebd., S. 42), schlägt die<br />

Autorin die fortgeschrittenen Klassen der Sekundarstufe II oder bilingualen<br />

Erdkundeunterricht vor.<br />

37


2.5.5 Musik, Wirtschaft und Stadtentwicklung<br />

Zu guter Letzt soll in diesem Kapitel ein Buch mit dem Titel Musik, Wirtschaft und<br />

Stadtentwicklung vorgestellt wer<strong>den</strong>, das Ideen enthält, die in der unterrichtlichen und<br />

fächerübergreifen<strong>den</strong> Praxis wahrscheinlich nur sehr schwer umzusetzen sind. In der Arbeit<br />

von Friedrich Gnad wer<strong>den</strong> Zusammenhänge von Kultur, Wirtschaft und Stadtentwicklung<br />

(vgl. Gnad, S.9) aufgezeigt, die sich kaum mit musikpraktischen Anteilen kombinieren lassen<br />

und deshalb eher <strong>für</strong> <strong>den</strong> Oberstufenunterricht relevant sein könnten. Dennoch verdient das<br />

Buch besondere Erwähnung, da es eine Darstellung eines zunächst recht außergewöhnlich<br />

erscheinen<strong>den</strong> Themas ist. Gnad widmet sich der Frage, „ob und wie Musik und<br />

Musikwirtschaft zur Stadtentwicklung beitragen kann, auch wie Projekte <strong>im</strong> Bereich der<br />

Musikwirtschaft gefördert wer<strong>den</strong> können, in <strong>den</strong>en kulturelle, wirtschaftliche, städtebauliche<br />

und soziale Handlungsfelder miteinander verknüpft wer<strong>den</strong>.“ (Gnad, S. 9). Neben<br />

theoretischen Überlegungen erläutert der Autor auch einige praktische Fallbeispiele. Unter<br />

anderem betrachtet er die Bedeutung der Musikwirtschaft <strong>für</strong> die Stadt <strong>Bochum</strong>, wobei er<br />

auch auf <strong>den</strong> <strong>Strukturwandel</strong> <strong>im</strong> <strong>Ruhrgebiet</strong> zu sprechen kommt.<br />

Zur besseren Übersichtlichkeit soll hier kurz der Inhalt des Buches stichpunktartig vorgestellt<br />

wer<strong>den</strong>:<br />

� Die Relevanz des Themenfeldes Musik und Musikwirtschaft <strong>für</strong> die Stadtentwicklung.<br />

� Der historische Bedeutungswandel von Musik, der Wandel des Musiklebens,<br />

historisch-technische Entwicklungspfade der Musikwirtschaft.<br />

� Definition und Abgrenzung des Begriffes Musikwirtschaft.<br />

� Darstellung der wirtschaftlichen Bedeutung der Musikwirtschaft <strong>für</strong> Deutschland,<br />

Erläuterungen am Fallbeispiel <strong>Bochum</strong>.<br />

� Wirtschaftliche Perspektiven der Musikwirtschaft.<br />

� Wesentliche Zusammenhänge zwischen der Musikwirtschaft und Stadtentwicklung.<br />

� Sechs Fallbeispiele musikwirtschaftlicher Projekte.<br />

� Rahmenbedingungen und Leitgedanken <strong>für</strong> die Stadtentwicklungsplanung, die auf<br />

Förderung von Musikleben und Musikwirtschaft abzielt.<br />

Die aufgezeigten <strong>Beispiel</strong>e beschreiben inhaltliche Gemeinsamkeiten der Fächer<br />

Geographie und Musik, die durch eine angemessene didaktische Reduktion auch in der<br />

Schule Einsatz fin<strong>den</strong> könnten.<br />

Im weiteren Verlauf der Arbeit soll es aber um Verknüpfungsmöglichkeiten der bei<strong>den</strong> Fächer<br />

bei dem speziellen Thema <strong>Strukturwandel</strong> <strong>im</strong> <strong>Ruhrgebiet</strong> gehen. Das Buch von Friedrich<br />

Gnad könnte da<strong>für</strong> einen Ansatz liefern, nur ist er zu theoretisch und abstrakt, um ihn <strong>für</strong> <strong>den</strong><br />

Mittelstufenunterricht einzusetzen. Da be<strong>im</strong> Thema <strong>Ruhrgebiet</strong> aber noch andere inhaltliche<br />

Überschneidungen zwischen Erdkunde und Musik, beispielsweise durch das Lied <strong>Bochum</strong><br />

38


von Herbert Grönemeyer oder durch ihren Status <strong>als</strong> Kulturhauptstadt Europas bestehen,<br />

wäre zu überlegen, wie ein fächerübergreifender Unterricht auf dieser Grundlage aussehen<br />

könnte. Eine Bestandsaufnahme soll einen Überblick verschaffen, ob bereits<br />

Unterrichtsmaterialien zu diesem Fächerübergriff bestehen.<br />

2.6 Das Thema <strong>Strukturwandel</strong> <strong>im</strong> <strong>Ruhrgebiet</strong> in der Schule<br />

Wie wird der <strong>Strukturwandel</strong> <strong>im</strong> <strong>Ruhrgebiet</strong> in der Schule unterrichtet?<br />

Gibt es Unterrichtsmodelle zu diesem Thema, die Musik mit in <strong>den</strong> Unterricht einbringen?<br />

Die Einheit <strong>Strukturwandel</strong> <strong>im</strong> <strong>Ruhrgebiet</strong> wird in Niedersachsen je nach schulinternem<br />

Curriculum entweder in Klasse 9 oder in Klasse 10 unter dem Themenbereich<br />

Industriegebiete <strong>im</strong> Wandel unterrichtet. Das <strong>Ruhrgebiet</strong> stellt mit seinen historischen und<br />

wirtschaftlichen Entwicklungen und vielfältigen Problemen ein hervorragendes <strong>Beispiel</strong> <strong>für</strong><br />

<strong>den</strong> <strong>Strukturwandel</strong> in Deutschland dar. Gründe und Ursachen der wirtschaftlichen,<br />

politischen und sozialen Veränderungen können <strong>im</strong> Unterricht nicht nur wegen seiner<br />

räumlichen Nähe, sondern auch aufgrund aktueller Geschehnisse oder möglichen<br />

persönlichen Beziehungen der Schüler zu dieser Region anschaulich vermittelt wer<strong>den</strong>. Für<br />

die unterrichtliche Umsetzung des Themas <strong>Strukturwandel</strong> <strong>im</strong> <strong>Ruhrgebiet</strong> liefern die<br />

Schulbücher <strong>den</strong> Lehrkräften die da<strong>für</strong> nötigen Anreize und inhaltlichen Vorgaben.<br />

Da diese Arbeit unter dem Gesichtspunkt des fächerübergreifen<strong>den</strong> Unterrichtens verfasst<br />

wird, soll nun eine kurze Analyse der gängigen Schulbücher bzw. didaktischen Fachliteratur<br />

in Bezug auf die unterrichtliche Behandlung des Themas <strong>Ruhrgebiet</strong> erfolgen. Gegenstand<br />

der Untersuchung sind mögliche fächerübergreifende Ansätze insbesondere zum Fach<br />

Musik. Da<strong>für</strong> sollen die Lehrwerke des Klett- (Terra 2008), Westermann- (Diercke-Erdkunde<br />

2009) und des Schroedel-Verlags (Seydlitz 2008) <strong>für</strong> <strong>den</strong> Erdkundeunterricht an Gymnasien<br />

in Niedersachsen der Klassenstufen 9 und 10 sowie einige Zeitschriftenartikel genauer unter<br />

die Lupe genommen wer<strong>den</strong>.<br />

Dass die Schulfächer Erdkunde und Musik zwei recht weit auseinander liegende Disziplinen<br />

sind, ist schon aus <strong>den</strong> vorherigen Erläuterungen deutlich gewor<strong>den</strong>. Zwar gibt es <strong>im</strong>mer<br />

wieder Verbindungsstellen und Kombinationsmöglichkeiten, aber sie sitzen <strong>im</strong> Detail und<br />

wer<strong>den</strong> deshalb gerne übersehen. Offensichtlich wird dies auch bei der Suche nach Literatur<br />

oder Unterrichtsvorschlägen zum fächerübergreifen<strong>den</strong> Arbeiten zum Thema <strong>Strukturwandel</strong><br />

<strong>im</strong> <strong>Ruhrgebiet</strong> mit dem Fach Musik. Mögliche Stun<strong>den</strong>entwürfe bzw. Ideen dieser<br />

Verknüpfung <strong>im</strong> Geographieunterricht lassen sich an zwei Hän<strong>den</strong> abzählen und benutzen<br />

die Musik meist <strong>als</strong> Mittel zum Zweck, ohne dabei wirklich mit musikbezogenen Metho<strong>den</strong> zu<br />

arbeiten. Ob fächerübergreifender Erdkundeunterricht mit Musik überhaupt gelingen kann,<br />

39


soll deshalb <strong>im</strong> weiteren Verlauf der Arbeit, anhand eines Unterrichtsbeispiels untersucht<br />

wer<strong>den</strong>.<br />

Vorerst wird aber eine Übersicht angeboten, die aufzeigt, wie das <strong>Ruhrgebiet</strong> standardmäßig<br />

an niedersächsischen Gymnasien unterrichtet wird und welche Vorschläge zu<br />

Verbindungsmöglichkeiten mit Musik existieren. Durch diese zusammenfassende Darstellung<br />

soll hervorgehoben wer<strong>den</strong>, wie es um die Kombinationsfähigkeit dieser bei<strong>den</strong> Fächer steht.<br />

2.6.1 Unterrichtsvorschläge aus niedersächsischen Schulbüchern zum Thema<br />

<strong>Strukturwandel</strong> <strong>im</strong> <strong>Ruhrgebiet</strong><br />

Die Durchsicht der einschlägigen Lehrwerke offenbart ein recht ernüchterndes Bild, was die<br />

Einbindung kreativer Elemente bei der Vermittlung des Themas <strong>Strukturwandel</strong> <strong>im</strong><br />

<strong>Ruhrgebiet</strong> betrifft. Sowohl Klett <strong>als</strong> auch Westermann beschränken sich auf die Darstellung<br />

der wirtschaftlichen Situation <strong>im</strong> <strong>Ruhrgebiet</strong> früher und heute. Sie führen Graphiken und<br />

Tabellen über Bevölkerungsentwicklung, Arbeitslosigkeit, Fördermengen und Stahlproduktion<br />

an und versuchen, die Arbeitssituation der Bergarbeiter anhand von einigen Fotos zu<br />

verdeutlichen. Von besonderem Interesse ist dabei die Stadt Oberhausen, die durch die<br />

Nutzungsänderung des ehemaligen Gasometers zum größten Einkaufs-, Freizeit- und<br />

Kulturzentrums Europas (CentrO Oberhausen), <strong>den</strong> <strong>Strukturwandel</strong> verständlich deutlich<br />

dokumentiert. Der Begriff Kultur erscheint zwar in allen drei Büchern, wird aber nicht weiter<br />

mit <strong>Beispiel</strong>en untermauert. Nur in der Seydlitz-Geographie des Schroedel-Verlags wird <strong>den</strong><br />

Schülern durch Fotos vor Augen geführt, dass der <strong>Strukturwandel</strong> nicht nur große<br />

Einkaufszentren aus dem Bo<strong>den</strong> stampfte, sondern dass der Kultur in Form von Kunst,<br />

Musik und Historie eine gesonderte Rolle <strong>im</strong> veränderten <strong>Ruhrgebiet</strong> zukommt. Schließlich<br />

geht es um <strong>den</strong> Wandel von einer Industrie- zu einer Dienstleistungsgesellschaft. Dazu<br />

gehört ein verstärktes öffentlich-kulturelles Angebot mit Museen, Konzerten, Festiv<strong>als</strong> und<br />

anderen Touristenattraktionen.<br />

Auf S. 39 der Seydlitz-Geographie befindet sich ein Abdruck eines Zeitungsartikels der<br />

Frankfurter Allgemeinen Zeitung aus dem Jahr 2006, der auf das <strong>Ruhrgebiet</strong> <strong>als</strong> zukünftige<br />

Kulturhauptstadt eingeht. Damit wird der Lehrkraft zumindest der Anreiz gegeben, sich nicht<br />

nur an der Wirtschaftsgeschichte oder der Kohle- und Stahlproduktion zu orientieren,<br />

sondern auch kulturelle und soziale Aspekte mit in <strong>den</strong> Unterricht mit einzubeziehen<br />

Auch die Lehrerhandbücher bieten kaum Ideen <strong>für</strong> einen kreativen Umgang mit dem Thema<br />

<strong>Strukturwandel</strong> <strong>im</strong> <strong>Ruhrgebiet</strong>. Sie geben Lösungsvorschläge <strong>für</strong> die <strong>im</strong> Schulbuch gestellten<br />

Fragen und weisen auf weiterführende Literatur hin. Das Handbuch zur Ausgabe Terra (Terra<br />

Lehrerhandbuch 2008) schlägt eine Unterrichtseinheit vor, in der der Einstieg über <strong>den</strong><br />

Vergleich zweier Bilder geschehen soll. Weder in <strong>den</strong> Lehrwerken noch in <strong>den</strong><br />

dazugehörigen Handbüchern existieren Hinweise <strong>für</strong> einen fächerübergreifen<strong>den</strong> Unterricht<br />

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zw. <strong>für</strong> eine mögliche Verknüpfung mit musikalischen Elementen, wie z.B.<br />

Bergmannskapellen oder Songs von Herbert Grönemeyer. Innovative und originelle<br />

Unterrichtsideen sind dagegen eher in ausgewählten Fachzeitschriften zu fin<strong>den</strong>.<br />

2.6.2 Materialen aus Fachzeitschriften<br />

2.6.2.1 Lernzirkel zum Thema <strong>Ruhrgebiet</strong><br />

Jochen Laske schlägt in seinem Artikel, der in der Reihe Bayreuther Kontaktstudium<br />

Geographie veröffentlicht wurde, einen Lernzirkel zum Thema <strong>Strukturwandel</strong> <strong>im</strong> <strong>Ruhrgebiet</strong><br />

vor. Auf einer dazugehörigen CD (liegt mir leider nicht vor) befin<strong>den</strong> sich unterschiedliche<br />

Materialien <strong>für</strong> das Lernen an Stationen, jeweils in einer Variante <strong>für</strong> die Unterstufe sowie<br />

einer Ausführung mit erhöhten Anforderungen <strong>für</strong> die Mittel- und Oberstufe. Unter dem Motto<br />

„Industriebetrieb - Industriebrache – Weltkulturerbe“ (Laske 2009, S. 145) wer<strong>den</strong><br />

bedeutende Industriekomplexe des <strong>Ruhrgebiet</strong>s vorgestellt. Die <strong>Beispiel</strong>e sind in<br />

verschie<strong>den</strong>en Aufgabentypen und Arbeitsweisen, wie z.B. „kartographisches Arbeiten, Arbeit<br />

mit Statistiken und Diagrammen, Textauswertung, zeichnen, vorstellen etc.“ (ebd., S. 147)<br />

verpackt und ermöglichen <strong>den</strong> Schülern einen vielschichtigen Zugang zu <strong>den</strong> Inhalten.<br />

Dieser Unterrichtsvorschlag enthält zwar keine musikalischen Elemente, aber die<br />

Herangehensweise entspricht der Geographie <strong>als</strong> traditionell metho<strong>den</strong>- und<br />

medienintensivem Fach (vgl. ebd., S. 146) und verstärkt die Sach- und Metho<strong>den</strong>kompetenz<br />

der Schüler. Anhand der Stationen, die vom Lehrer angeboten wer<strong>den</strong>, können die Schüler<br />

ausprobieren, inwieweit sie selbstständig arbeiten können. Dabei entschei<strong>den</strong> sie<br />

eigenverantwortlich, ob sie die anstehen<strong>den</strong> Aufgaben alleine oder <strong>im</strong> Team bewältigen. Die<br />

Schüler erwerben dabei nicht nur Faktenwissen und nützliche Bearbeitungsstrategien,<br />

sondern auch Sozialkompetenz.<br />

Da der Lernprozess be<strong>im</strong> Stationenlernen forschend, erprobend und selbstbest<strong>im</strong>mt<br />

stattfindet, beinhaltet diese Unterrichtsform Anreize <strong>für</strong> fächerübergreifendes Arbeiten. In<br />

welchem Rahmen die Musik eingebaut wer<strong>den</strong> kann, hängt dabei von <strong>den</strong> Ideen der<br />

Lehrkraft ab, die die einzelnen Stationen gestaltet.<br />

2.6.2.2 Broadway an der Ruhr<br />

Veröffentlichte Unterrichtsentwürfe zum Thema <strong>Strukturwandel</strong> <strong>im</strong> <strong>Ruhrgebiet</strong>, die sich in<br />

ihrer Konzeption auch mit musikalischen Elementen befassen, gibt es, bis auf einen, nicht.<br />

Doch bevor auf diesen Entwurf näher eingegangen wird, soll ein anderer interessanter Artikel<br />

vorgestellt wer<strong>den</strong>, aus dem ein möglicher Fächerübergriff zur Musik abgeleitet wer<strong>den</strong><br />

könnte. Rudolf Juchelka schrieb 1998 <strong>den</strong> Aufsatz Broadway an der Ruhr. Das <strong>Ruhrgebiet</strong><br />

<strong>als</strong> Musical-Standort. <strong>für</strong> die Zeitschrift geographie heute. Darin betrachtet er die zahlreichen<br />

41


Musical-Standorte des <strong>Ruhrgebiet</strong>s und untersucht ihre Bedeutung <strong>als</strong> Wirtschaftsfaktor und<br />

deren Beitrag zum wirtschaftsräumlichen <strong>Strukturwandel</strong> (vgl. Juchelka 1998, S. 26). Seine<br />

Materialien bieten einen Überblick zum Thema Musical und <strong>Ruhrgebiet</strong>. Es geht um die<br />

Frage, warum <strong>im</strong> <strong>Ruhrgebiet</strong> eine derartige Ballung von Musicaltheatern zu fin<strong>den</strong> ist, welche<br />

Wirkungen die Musicalhäuser auf ihr Umfeld ausstrahlen, um die Auswirkungen auf <strong>den</strong><br />

Städtetourismus, speziell von <strong>Bochum</strong>, um städtebauliche Aspekte und ob Music<strong>als</strong> „<strong>als</strong><br />

Allheilmittel <strong>für</strong> <strong>den</strong> sektoralen <strong>Strukturwandel</strong> dienen“ (ebd., S. 27). Der Autor empfiehlt,<br />

Musikbeispiele der <strong>im</strong> <strong>Ruhrgebiet</strong> aufgeführten Music<strong>als</strong> mit in <strong>den</strong> Unterricht einfließen zu<br />

lassen. Im fächerübergreifen<strong>den</strong> Unterricht wäre es weiter angebracht, die Kompositionen<br />

und Texte der Music<strong>als</strong> auf ihre Publikumswirksamkeit zu analysieren und außerdem ihre<br />

Strahlkraft auf das <strong>Ruhrgebiet</strong> zu untersuchen. Je nach Möglichkeit könnte man auch eine<br />

Exkursion in Betracht ziehen, um <strong>den</strong> Schülern ein kulturelles Erlebnis zu bieten und um<br />

ihnen die Situation vor Ort zu veranschaulichen.<br />

2.6.2.3 „Tief <strong>im</strong> Westen…“ – Grönemeyer & Co<br />

Das oben schon angedeutete <strong>Beispiel</strong>e <strong>für</strong> fächerübergreifen<strong>den</strong> Geographieunterricht mit<br />

Musik stammt ursprünglich aus der Geschichtsdidaktik. Aber da das Thema <strong>Strukturwandel</strong><br />

<strong>im</strong> <strong>Ruhrgebiet</strong>, geographische und geschichtliche Anteile verbindet, lässt sich dieser Entwurf<br />

auch gut auf <strong>den</strong> Erdkundeunterricht übertragen. Amrei Stupperich, die Autorin des Aufsatzes,<br />

wählte <strong>den</strong> Titel „Tief <strong>im</strong> Westen...“ - Grönemeyer und Co und fügt <strong>im</strong> Untertitel Musik und<br />

Literatur aus dem <strong>Ruhrgebiet</strong> hinzu. Stupperich erwähnt in ihrem Vorwort explizit <strong>den</strong> Aspekt<br />

des fächerübergreifen<strong>den</strong> Arbeitens mit Musik, Deutsch und Geschichte und wählt <strong>für</strong> ihren<br />

Unterrichtsvorschlag Herbert Grönemeyers Lied „<strong>Bochum</strong>“ sowie die „Ruhrpott-Romane“ des<br />

Literaten Max von der Grün aus, um die einstige Situation des <strong>Ruhrgebiet</strong>s zu beschreiben.<br />

Anhand des Songtextes „<strong>Bochum</strong>“ soll zusammengetragen wer<strong>den</strong>, wie Grönemeyer seine<br />

He<strong>im</strong>atstadt beschreibt und „mit welchen Mitteln er es schafft, seine Fans mit seinem<br />

Selbstbewusstsein <strong>als</strong> <strong>Bochum</strong>er anzustecken.“ (Stupperich 2000, S. 47). Da<strong>für</strong> sollen Musik<br />

und Text von <strong>den</strong> Schülern genauestens untersucht wer<strong>den</strong>, so dass hinterher ein Tafelbild<br />

entsteht, aus dem hervorgeht, wie es in der Stadt aussieht, wie Grönemeyer seine<br />

Liebeserklärung an die Stadt verbalisiert und welche Zukunftsaussichten er sieht. Sehr<br />

übersichtlich gliedert Stupperich dabei ihre eigenen Ergebnisse der Text- und Musikanalyse,<br />

wobei sie die Inhalte sehr detailliert betrachtet, wie folgender Abschnitt zeigt:<br />

„Aber damit nicht genug: Dass <strong>Bochum</strong> „total verbaut“, gibt er zu, es lässt sich nicht<br />

verhe<strong>im</strong>lichen. Dennoch erklärt er die Stadt zur “Blume <strong>im</strong> Revier“, eine „ehrliche<br />

Haut“, die es nicht nötig hat, sich zu „schminken“, <strong>den</strong>n: sie hat das Entschei<strong>den</strong>de,<br />

sie hat „Herz“. Um dem Nachdruck zu verleihen, greift Grönemeyer zu einem<br />

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ungemein wirkungsvollen Hilfsmittel – er setzt seine Stadt von dem durchgestylten<br />

Düsseldorf ab: Lieber beschei<strong>den</strong> und mit Herz <strong>als</strong> das große Geld […].“ (ebd., S. 46).<br />

Auch musikalischen Elementen widmet sie sich in ihrer Beschreibung:<br />

„Durch seine Sprache – deutsch und einfach – erhält Grönemeyer zusätzliche<br />

Sympathiepunkte. Jeder kann mitsingen. Seine Kompositionen, die er nach eigenen<br />

Angaben vor dem Text entwirft, entsprechen dem romantisieren<strong>den</strong> Duktus der Worte.<br />

Musikalische Elemente, wie der Klang der Keyboard-Geigen, der eingängige Viertel-<br />

Beat und das Saxophon-Solo transportieren die he<strong>im</strong>atlichen Sympathiegefühle direkt<br />

ins Herz der Ruhrpott-Fans […].“ (ebd.).<br />

Im Anschluss daran erörtert sie anhand der literarischen Texte des ehemaligen Bergarbeiters<br />

Max von der Grün <strong>den</strong> Beginn der Krise, die das <strong>Ruhrgebiet</strong> zum Wandel zwang. „Seine<br />

genaue Kenntnis der Arbeitsbedingungen vor Ort schuf <strong>den</strong> glaubhaft dokumentarischen<br />

Charakter seiner Romane.“ (ebd.). Durch die Gegenüberstellung von Musik und Literatur und<br />

durch <strong>den</strong> geschichtlichen Rückblick wird das Thema <strong>Strukturwandel</strong> <strong>im</strong> <strong>Ruhrgebiet</strong><br />

abwechslungsreich und schöpferisch bearbeitet. Die angebotenen Ideen tragen dazu bei,<br />

<strong>den</strong> Schülern die Verbindungen zwischen wirtschaftlichen und sozialen Problemen vor Augen<br />

zu führen. Im konkreten <strong>Beispiel</strong> wird dies durch die Kohlekrise und die Krise der<br />

Lebensqualität beschrieben, die ab <strong>den</strong> 60er-Jahren das <strong>Ruhrgebiet</strong> beherrschten. Die<br />

Verwendung von Musik und Literatur dient neben motivatorischen Zwecken auch der<br />

Veranschaulichung und besseren Nachvollziehbarkeit der Situation <strong>für</strong> die Schüler. Um <strong>den</strong><br />

geographischen Bezug vollständig herzustellen, müsste dieser Vorschlag schließlich noch<br />

um <strong>den</strong> heutigen Zustand des <strong>Ruhrgebiet</strong>s erweitert und um die Erläuterung des Begriffes<br />

<strong>Strukturwandel</strong> ergänzt wer<strong>den</strong>.<br />

Dieser Unterrichtsentwurf zeigt, dass eine inhaltliche Verbindung der Fächer Geographie und<br />

Musik be<strong>im</strong> Thema <strong>Strukturwandel</strong> <strong>im</strong> <strong>Ruhrgebiet</strong> durchaus möglich ist und je intensiver man<br />

sich mit dem Thema <strong>Ruhrgebiet</strong> unter dem fächerübergreifen<strong>den</strong> Aspekt befasst, desto mehr<br />

Ideen ergeben sich. Ein weiterer Vorschlag wäre z.B. die Betrachtung der Bergmannschöre,<br />

die in ihren Liedern ihre Situation <strong>als</strong> Arbeiter in <strong>den</strong> Kohlebergwerken besingen. In der<br />

richtigen methodisch-didaktischen Aufbereitung ist dies sicherlich ein sehr interessantes<br />

Thema, das dem Anspruch eines ganzheitlichen Unterrichts entspräche, da soziale,<br />

politische, wirtschaftliche und raumstrukturelle Sachverhalte behandelt wer<strong>den</strong> können. Über<br />

die Behandlung der Gesänge, ihrer musikalischen Umsetzung und über ihre Inhalte ließen<br />

sich kleine Sozi<strong>als</strong>tudien anfertigen, die in Kombination mit Graphiken, Tabellen und Bildern<br />

Aufschluss über <strong>den</strong> <strong>Strukturwandel</strong> <strong>im</strong> <strong>Ruhrgebiet</strong> geben könnten. Eine genauere<br />

Beschreibung eines Unterrichtsentwurfs zu einer Einheit Bergmannschöre und<br />

<strong>Strukturwandel</strong> soll an dieser Stelle aber nicht erfolgen, da dies <strong>den</strong> Rahmen dieser Arbeit<br />

sprengen würde. Die Vorschläge sollen nur eine Bestandsaufnahme der Möglichkeiten <strong>für</strong><br />

43


die Behandlung des Themas <strong>Ruhrgebiet</strong> in Verbindung mit Musik sein und gegebenenfalls<br />

Anreize <strong>für</strong> Lehrkräfte bieten, die diese Impulse je nach Klassenstufe, Alter und Können<br />

abwandeln bzw. ausbauen können.<br />

Die Ausführungen in <strong>den</strong> vorherigen Absätzen zeigen, dass es nur wenige<br />

Unterrichtsbeispiele gibt, die die Verknüpfung von Musik und Geographie <strong>im</strong> Themenfeld<br />

Industriegebiete <strong>im</strong> Wandel vorsehen.<br />

Unter dem Titel <strong>Bochum</strong> <strong>als</strong> <strong>Beispiel</strong> <strong>für</strong> <strong>den</strong> <strong>Strukturwandel</strong> <strong>im</strong> <strong>Ruhrgebiet</strong> – ein<br />

Unterrichtsversuch zum fächerübergreifen<strong>den</strong> Erdkundeunterricht mit Musik soll demonstriert<br />

und untersucht wer<strong>den</strong>, inwieweit es sich lohnt, die bei<strong>den</strong> Fächer gemeinsam unter einem<br />

Thema zu unterrichten. Ich gehe dabei von der Arbeitshypothese aus, dass sich das Fach<br />

Geographie bei diesem speziellen Thema gut mit dem Musikunterricht verbin<strong>den</strong> lässt. Durch<br />

die Einbindung kreativer Elemente soll der Unterricht noch abwechslungsreicher,<br />

motivierender und lebensnäher gestaltet wer<strong>den</strong>, damit nicht nur mehr gelernt wird, sondern<br />

auch ein Mehrwert an Fach- und Sozialkompetenz ensteht.<br />

3 Der Unterrichtsversuch<br />

Vorstellung einer selbst konzipierten Unterrichtseinheit <strong>im</strong> Fach Erdkunde mit einem<br />

Fächerübergriff zur Musik<br />

3.1 Das Thema<br />

An niedersächsischen Gymnasien ist das Thema <strong>Strukturwandel</strong> <strong>im</strong> <strong>Ruhrgebiet</strong> ein Aspekt<br />

des Erdkundeunterrichts der neunten oder zehnten Klasse. Dabei sollen die Schüler anhand<br />

einer deutschen Industrieregion einen Bedeutungswandel beschreiben, nachvollziehen und<br />

bewerten lernen, der auf wirtschaftlicher sowie sozialer Ebene in <strong>den</strong> letzten 50 Jahren in<br />

dem am dichtesten besiedelten Gebiet von Nordrhein-Westfalen stattfand.<br />

Aber welche Metho<strong>den</strong> eignen sich, um dieses vielseitige Thema <strong>den</strong> Schülern so lebensnah<br />

und kompetenzorientiert wie möglich zu vermitteln? Ideen und Stun<strong>den</strong>entwürfe gibt es zu<br />

diesem Thema viele. Jedoch soll <strong>im</strong> Folgen<strong>den</strong> eine ganz andere Herangehensweise an<br />

dieses Thema versucht wer<strong>den</strong>, die bis jetzt kaum <strong>im</strong> Unterricht umgesetzt wurde. Das<br />

Schulfach Musik soll kreativ zur Bearbeitung des Themas <strong>Strukturwandel</strong> beitragen. Da aber<br />

bis jetzt nur ein Unterrichtsentwurf dieser Art veröffentlicht wurde (vgl. Stupperich 2000),<br />

kann die hier vorgestellte Erprobung <strong>als</strong> einmalig betrachtet wer<strong>den</strong>, die durchaus<br />

verbesserungswürdig und nicht repräsentativ ist.<br />

44


3.1.1 Die Fragestellung<br />

Folgende Fragestellungen lagen der Konzeption des Unterrichtsversuchs zugrunde:<br />

� Bestandsaufnahme: Gibt es Stun<strong>den</strong>entwürfe oder Veröffentlichungen zu<br />

fächerübergreifendem Geographieunterricht mit Musik, die sich mit dem Thema<br />

<strong>Strukturwandel</strong> <strong>im</strong> <strong>Ruhrgebiet</strong> befassen?<br />

� Kann die Bearbeitung des Themas <strong>Strukturwandel</strong> <strong>im</strong> <strong>Ruhrgebiet</strong> anhand von<br />

fächerübergreifendem Erdkundeunterricht mit Musik erfolgreich gelingen?<br />

� Trägt die Verbindung mit dem Fach Musik zu einer erhöhten Lernbereitschaft bzw.<br />

besseren Aufnahmefähigkeit bei, so wie es die Studien über die Wirkung von Musik<br />

versprechen?<br />

� Hat die Einbindung musikpraktischer Elemente Auswirkungen auf die Motivation der<br />

Schüler?<br />

� Stellt die musikalische Unterstützung eine inhaltliche Bereicherung des<br />

geographischen Themengebietes dar?<br />

� Welche Erfahrungen haben Schüler mit fächerübergreifendem Unterricht, der laut<br />

Lehrplänen fest <strong>im</strong> Unterrichtsalltag verankert sein sollte?<br />

� Ist es überhaupt sinnvoll, diese bei<strong>den</strong> Fächer in der Schule zu verknüpfen?<br />

3.1.2 Die Klasse und die Rahmenbedingungen<br />

Nachdem die Idee, fächerübergreifen<strong>den</strong> Geographieunterricht mit Musik durchzuführen,<br />

gereift war und feststand, unter welchen Fragestellungen der Unterrichtsversuch laufen sollte,<br />

ging es darum, eine geeignete Klasse zu fin<strong>den</strong>. Durch persönliche Kontakte kristallisierte<br />

sich die Möglichkeit heraus, eine neunte Klasse des Hermann-Billung-Gymnasiums Celle<br />

zwei Wochen vor <strong>den</strong> großen Sommerferien zu übernehmen. Die Erdkundelehrerin und der<br />

Musiklehrer stellten mir freundlicherweise die gesamten Stun<strong>den</strong> ihres Fachunterrichts bis zu<br />

<strong>den</strong> Ferien zur Verfügung, so dass mir trotz einer l<strong>im</strong>itierten Planung <strong>im</strong>mer noch die<br />

Möglichkeit offen stand, die Einheit zu verlängern. Dies sollte vor allem dann hilfreich sein,<br />

falls keine Zeit mehr <strong>für</strong> die Auswertung des Fragebogens zum Verlauf der Einheit bleiben<br />

sollte. Meinen geplanten Unterrichtsversuch konnte ich <strong>als</strong>o mit zwei Erdkunde- sowie zwei<br />

Musikstun<strong>den</strong> pro Woche, <strong>als</strong>o insgesamt über acht Stun<strong>den</strong> durchführen. Beide Fächer<br />

wer<strong>den</strong> sonst einstündig unterrichtet.<br />

Bei der Klasse 9NM2 handelte es sich um einen Jahrgang des naturwissenschaftlich-<br />

mathematischen Zweigs mit 25 Jungen und 3 Mädchen. Das Hermann-Billung-Gymnasium<br />

bietet dieses best<strong>im</strong>mte Profil mit folgender Begründung und diesen Schwerpunkten an:<br />

„Es gibt vielerlei Gründe, die <strong>für</strong> einen frühen Beginn der Beschäftigung mit mathema-<br />

tisch-naturwissenschaftlichen Fragestellungen sprechen. So wird häufig auf die <strong>im</strong>-<br />

mer stärker wer<strong>den</strong>de Bedeutung der Mathematik und der Naturwissenschaften und<br />

45


ihrer Metho<strong>den</strong> <strong>für</strong> die Erkenntnisgewinnung in unserer technisierten Welt hingewie-<br />

sen. […].“ (HBG).<br />

Dabei wird in <strong>den</strong> NM-Klassen ein besonderer Wert auf<br />

� exper<strong>im</strong>entelles Arbeiten (Schülerübungen, Gerätebau),<br />

� die Einübung <strong>im</strong> Umgang mit unterschiedlichem Material und Arbeitstechniken (Lö-<br />

ten),<br />

� sinnvolles fächerübergreifendes Arbeiten,<br />

� die Einbeziehung außerschulischer Lernorte (Mülldeponie, Planetarium, Firmen)<br />

gelegt. (Vgl. HBG)<br />

Die Schüler kamen hauptsächlich aus dem Stadtgebiet oder aus dem näheren Umkreis von<br />

Celle. Das Durchschnittsalter lag bei 15 Jahren.<br />

In <strong>den</strong> vorhergehen<strong>den</strong> Erdkundestun<strong>den</strong> beschäftigten sich die Schüler mit dem Thema<br />

Great Plains in <strong>den</strong> USA. Dabei ging es unter anderem um die Auswertung von<br />

Satellitenbildern. Dem Unterricht lag das Lehrwerk des Westermann-Verlags Diercke<br />

Erdkunde 9/10 Gymnasium Niedersachsen zugrunde. Das Thema <strong>Strukturwandel</strong> <strong>im</strong><br />

<strong>Ruhrgebiet</strong> ist <strong>für</strong> <strong>den</strong> Unterricht in Klasse 10 geplant, so dass die Schüler nur mit<br />

persönlichem Vorwissen in diese Einheit gingen. Zu <strong>den</strong> musikalischen Vorkenntnissen ist<br />

anzumerken, dass etwas weniger <strong>als</strong> die Hälfte der Schüler zusätzlichen Musikunterricht<br />

außerhalb der Schule erhält bzw. früher ein Instrument erlernt hat.<br />

Damit sind die Voraussetzungen <strong>für</strong> <strong>den</strong> Einbezug musikalischer Elemente in <strong>den</strong> Unterricht<br />

<strong>als</strong> relativ gut einzuschätzen.<br />

3.2 Die Planung<br />

Im nächsten Absatz soll die konkrete Planung des Unterrichtsversuchs <strong>Bochum</strong> <strong>als</strong> <strong>Beispiel</strong><br />

<strong>für</strong> <strong>den</strong> <strong>Strukturwandel</strong> <strong>im</strong> <strong>Ruhrgebiet</strong> – fächerübergreifender Erdkundeunterricht mit Musik<br />

erläutert wer<strong>den</strong>. Die allgemeinen Lernziele der Unterrichtseinheit stehen dabei am Anfang,<br />

um die Absichten des Lehrversuchs zu verdeutlichen. Die Feinlernziele sind <strong>den</strong> einzelnen<br />

Verlaufsplanungen angefügt. Im Anschluss an die Darstellung der Lernziele folgt die<br />

didaktische Analyse und methodische Überlegungen zu Unterrichtsverlauf, Medien und<br />

Materialien, die anhand von Verlaufsplänen und Reflektionen vorgestellt wer<strong>den</strong>.<br />

3.2.1 Allgemeine Lernziele der Unterrichtseinheit<br />

Die Schüler sollen<br />

� das <strong>Ruhrgebiet</strong> <strong>als</strong> deutsche Industrieregion kennenlernen.<br />

46


� das <strong>Ruhrgebiet</strong>, Ausdehnung und seine geographische Lage beschreiben können.<br />

� am <strong>Beispiel</strong> der Stadt <strong>Bochum</strong> <strong>den</strong> <strong>Strukturwandel</strong> erarbeiten, beschreiben und<br />

bewerten können.<br />

� die Gründe nennen, die zur Entwicklung einer monostrukturierten Wirtschaft führten<br />

und die damit verbun<strong>den</strong>en Probleme beschreiben können.<br />

� die Kriterien <strong>für</strong> die Wahl zur Kulturhauptstadt kennen lernen und auf das <strong>Ruhrgebiet</strong><br />

übertragen können.<br />

� die Bedeutung von Kultur <strong>im</strong> strukturellen Wandlungsprozess darlegen können.<br />

� Musik <strong>als</strong> Ausdrucksmittel von Lebenssituationen, St<strong>im</strong>mungen und <strong>als</strong> Gemeinschaft<br />

stiftendes Element wahrnehmen.<br />

� Ideen entwickeln, die gelernten Inhalte in eigener, kreativer Form wiederzugeben.<br />

� Lernen, sachliche Inhalte musikalisch umzusetzen.<br />

Nach der Darstellung der Lernziele soll nun ein kurzer Ablauf der Unterrichtseinheit skizziert<br />

wer<strong>den</strong>, der zum Verständnis und zur besseren Übersichtlichkeit beitragen soll.<br />

Für <strong>den</strong> Unterrichtsversuch zum Thema <strong>Bochum</strong> <strong>als</strong> <strong>Beispiel</strong> <strong>für</strong> <strong>den</strong> <strong>Strukturwandel</strong> <strong>im</strong><br />

<strong>Ruhrgebiet</strong> – fächerübergreifender Erdkundeunterricht mit Musik wurde aus<br />

organisatorischen Grün<strong>den</strong> der fachzentrierte Ansatz (s. S. 13) gewählt. Für die<br />

Durchführung wur<strong>den</strong> acht Unterrichtsstun<strong>den</strong> veranschlagt. Vier Schulstun<strong>den</strong> sollten dabei<br />

<strong>für</strong> <strong>den</strong> Erdkunde- und vier weitere Stun<strong>den</strong> <strong>für</strong> <strong>den</strong> musikpraktischen Teil verwendet wer<strong>den</strong>.<br />

Am Ende Einheit nutzte eine zusätzliche Stunde dem Ausfüllen eines Fragebogens und der<br />

Nachbesprechung mit der Klasse.<br />

Im ersten Teil mit geographischem Schwerpunkt ging es um die Klärung der<br />

fachwissenschaftlichen Inhalte, d.h. um allgemeine Aspekte des <strong>Ruhrgebiet</strong>s sowie um<br />

Gründe und Auswirkungen des <strong>Strukturwandel</strong>s in dieser Region. Aber schon die<br />

Erarbeitungs- und Problematisierungsphase wurde mit musikalischen Elementen kombiniert,<br />

um best<strong>im</strong>mte Inhalte anschaulich und abwechslungsreich zu vermitteln. So erfolgte der<br />

Einstieg über Herbert Grönemeyers Lied „<strong>Bochum</strong>“. Außerdem wurde in <strong>den</strong> darauf<br />

folgen<strong>den</strong> Stun<strong>den</strong> auf das <strong>Ruhrgebiet</strong> <strong>als</strong> Kulturhauptstadt 2010 und auf die neue<br />

Ruhrhymne Komm zu Ruhr von Grönemeyer Bezug genommen. Der musikpraktische zweite<br />

Teil sollte dann eine schöpferische Umsetzung der zuvor erarbeiteten, erdkundlichen<br />

Ergebnisse darstellen. Die Schüler bekamen da<strong>für</strong> die Möglichkeit, eigenverantwortlich die<br />

Unterrichtsstun<strong>den</strong> zu gestalten, um sie in ihrem schöpferischen Prozess nicht<br />

einzuschränken. Alle Ergebnisse der Gruppenarbeiten sollten schließlich in der letzten<br />

Unterrichtsstunde vor der Klasse präsentiert und von <strong>den</strong> Schülern beurteilt wer<strong>den</strong>.<br />

47


3.2.2 Begründungen zur Materialauswahl<br />

In einer Zeit, in der fast jeder Jugendliche einen MP3-Player besitzt, Zugang zu Musikvideos<br />

auf Youtube hat oder eifrig einer neuen Staffel von Deutschland sucht <strong>den</strong> Superstar<br />

entgegenfiebert, dürfte der Einsatz von Musik <strong>im</strong> Fachunterricht gar nicht mehr verwundern.<br />

Musik ist in unserer Umgebung ständig vorhan<strong>den</strong> und kann durch ihre Harmonik und<br />

Instrumentierung manchmal mehr vermitteln <strong>als</strong> es Bilder oder Texte vermögen.<br />

Und obwohl Musikhören eine beliebte Freizeitbeschäftigung und eigentlich so<br />

selbstverständlich ist, sorgte mein Vorhaben, das Fach Erdkunde mit Musik zu verquicken<br />

<strong>im</strong>mer wieder <strong>für</strong> Überraschung.<br />

Die Entscheidung zur Verknüpfung dieser bei<strong>den</strong> Schulfächer ging nicht nur darauf zurück,<br />

dass Musik mein zweites Unterrichtsfach ist und dass Herbert Grönemeyer ein Lied über<br />

<strong>Bochum</strong> geschrieben hat. Sie basiert auch auf der Überzeugung, dass Musik <strong>als</strong><br />

Motivationsfaktor ein angeregtes und entspanntes Lernkl<strong>im</strong>a herstellen kann. Diese<br />

Annahme basiert auf <strong>den</strong> Erkenntnissen über die Wirkung von Musik, die darlegen, dass<br />

beispielsweise intensives Musikhören, soweit die Musik gefällt, eine kurzfristige<br />

Aufmerksamkeitssteigerung bewirken kann (s. Macht Mozart schlau?). Musik kann<br />

besänftigen oder aufrütteln, d.h. sie schafft es oft, <strong>den</strong> Menschen emotional zu berühren.<br />

In <strong>den</strong> musikpraktischen Phasen können die Schüler sich profilieren. Sie können ihre<br />

Fähigkeiten unter Beweis stellen, was viele Schüler motiviert, sich <strong>im</strong> Unterricht zu<br />

engagieren. So sehr es bei einigen <strong>den</strong> Ehrgeiz entfachen kann, so sehr kann Musizieren<br />

bzw. die Präsentation bei anderen aber auch mit Ängsten verbun<strong>den</strong> sein. Deshalb ist es<br />

wichtig, best<strong>im</strong>mte Regeln <strong>im</strong> Musikunterricht zu etablieren, die auf gegenseitiger Toleranz<br />

und Respekt beruhen. Lehrer <strong>als</strong> auch Schüler sollten mit der Einstellung am Unterricht<br />

teilnehmen, dass Qualität von Leistungen ein wichtiges und richtiges Kriterium ist, aber dass<br />

<strong>im</strong> Besonderen Mut und Einfallsreichtum <strong>im</strong> Vordergrund stehen. Nur in einer<br />

„entspannten“ Atmosphäre gegenseitiger Achtung besteht die Möglichkeit, dass sich die<br />

Schüler trauen, sich zu exponieren.<br />

Musikpraxis bedeutet auch, theoretisches Wissen in Handlungen umzusetzen, wodurch<br />

Inhalte besser behalten und verstan<strong>den</strong> wer<strong>den</strong> können, da sie sozusagen<br />

„verinnerlicht“ wer<strong>den</strong>. Darüber hinaus passiert Musizieren in der Schule meist in<br />

Gruppenarbeit, was sich bestärkend auf <strong>den</strong> Klassenverband auswirken kann. Die Arbeit <strong>im</strong><br />

Team und die Möglichkeit, eigene Ideen auszuprobieren leistet zudem einen Beitrag <strong>für</strong> <strong>den</strong><br />

nötigen „Spaß“ am Unterricht, <strong>den</strong>n es ist erlaubt, zu diskutieren, zu spielen, sich zu<br />

bewegen und zu lachen. Dass der musikpraktische Unterricht natürlich in einem<br />

disziplinorientierten Rahmen stattfindet, wird <strong>als</strong> selbstverständlich vorausgesetzt.<br />

Die positiven Auswirkungen von Musik, die sich zusammengefasst auf Aufmerksamkeit,<br />

Motivation und Freude beziehen, sind die herausragen<strong>den</strong> Argumente <strong>für</strong> <strong>den</strong> Einsatz von<br />

48


Musik <strong>im</strong> Geographieunterricht. Dabei ist aber zu erwähnen, dass der Bezug zur Musik nicht<br />

<strong>als</strong> „Wundermittel“ zu verstehen ist und deshalb nicht in jedem beliebigen Fach eingesetzt<br />

wer<strong>den</strong> sollte. Sie ist mit Bedacht und je nach Möglichkeit unter dem Aspekt der<br />

Abwechslung zu verwen<strong>den</strong>.<br />

Nachfolgend wer<strong>den</strong> die Anknüpfungspunkte der bei<strong>den</strong> Fächer <strong>im</strong> Hinblick auf das Thema<br />

der Unterrichtseinheit vorgestellt.<br />

Da wäre zum einen die Stadt <strong>Bochum</strong>, die mitten <strong>im</strong> <strong>Ruhrgebiet</strong> gelegen, ein räumliches<br />

<strong>Beispiel</strong> <strong>für</strong> <strong>den</strong> <strong>Strukturwandel</strong> einer Industrieregion darstellt. Die wirtschaftlichen und<br />

infrastrukturellen Veränderungen sowie die sozialen Probleme der letzten 50 Jahre wer<strong>den</strong><br />

anschaulich durch Kartenmaterial <strong>im</strong> Diercke Weltatlas (S. 37) präsentiert und durch Tabellen<br />

und Graphiken <strong>im</strong> Schulbuch (S. 78 ff.) unterstützt. <strong>Bochum</strong> ist aber auch He<strong>im</strong>atstadt des<br />

Musikers Herbert Grönemeyer, der unter gleichnamigen Titel eine Liebeserklärung an diese<br />

Stadt komponierte. Trotz ihrer Hässlichkeit, ihrer Probleme und Schwierigkeiten (Anhang 2,<br />

Liedtext <strong>Bochum</strong>, S. 1) weiß er ihre Qualitäten zu schätzen und bringt dieses in einer<br />

eindrücklichen Beschreibung textlich sowie musikalisch zum Ausdruck. Und weil er damit in<br />

<strong>den</strong> 80er-Jahren einen großen Hit landete, der weit über die nordrhein-westfälische Grenze<br />

hinaus reichte und mit dem sich noch bis heute die Menschen aus dem <strong>Ruhrgebiet</strong><br />

i<strong>den</strong>tifizieren, wird Grönemeyer <strong>als</strong> „Vermittler der <strong>Ruhrgebiet</strong>stradition“ betrachtet. Dieser<br />

Ruf brachte ihm auch <strong>den</strong> Auftrag ein, ein neues Lied (Komm zur Ruhr) <strong>im</strong> Rahmen von Ruhr<br />

2010 zu komponieren, um das Lebensgefühl und <strong>den</strong> Wandel der Kulturhauptstadt<br />

<strong>Ruhrgebiet</strong> der weltweiten Öffentlichkeit näher zu bringen.<br />

Das Thema Ruhr 2010 stellt damit einen weiteren Verbindungspunkt dar. Unter dem Motto<br />

„Wandel durch Kultur – Kultur durch Wandel“ verbirgt sich der fächerübergreifende Aspekt,<br />

<strong>den</strong>n durch Vorträge, Diskussionen, Ausstellungen, musikalische Projekte, Konzerte, durch<br />

Industrie<strong>den</strong>kmäler und Künste soll die Veränderung der Region bekannt gemacht wer<strong>den</strong>.<br />

Darunter kann das verstärkte Interesse an öffentlich geförderter Kultur <strong>als</strong> Folge sowie <strong>als</strong><br />

treibende Kraft des <strong>Strukturwandel</strong>s verstan<strong>den</strong> wer<strong>den</strong>. „Kultur durch Wandel“ beschreibt<br />

demnach die Auswirkung des Übergangs von einer rein industriell geprägten Wirtschaft zu<br />

einer Dienstleistungsgesellschaft. Die Ausrichtung des Marktes auf <strong>den</strong> Tertiären Sektor<br />

ebnete <strong>den</strong> Weg <strong>für</strong> ein verstärkt kulturelles Angebot, um <strong>den</strong> Menschen in der gebeutelten<br />

Region eine neue Perspektive zu bieten und um Touristen anzuziehen (Arbeitsplätze <strong>im</strong><br />

Dienstleistungsgewerbe, Freizeitparks, Museen, Orchestern etc). Gleichzeitig steht „Wandel<br />

durch Kultur“ <strong>für</strong> die treibende Kraft der schönen Künste und Dienstleistungen, die durch<br />

nachhaltige Effekte auf die Region <strong>den</strong> <strong>Strukturwandel</strong> voranbringen.<br />

49


Die Behandlung des Themas <strong>Strukturwandel</strong> <strong>im</strong> <strong>Ruhrgebiet</strong> in einem fächerübergreifen<strong>den</strong><br />

Zusammenhang leg<strong>im</strong>itiert sich auch deshalb, da ein Aktualitätsbezug zur Kulturhauptstadt<br />

Ruhr 2010 gegeben ist.<br />

3.3 Der Verlauf der Unterrichtseinheit<br />

3.3.1 Der Stun<strong>den</strong>plan<br />

Ort: Hermann-Billung-Gymnasium Celle<br />

Klasse 9mn2 (28 Schülerinnen und Schüler)<br />

Musiklehrer: Ekkehard Popp<br />

Erdkundelehrerin: Heidi Thiesing<br />

Zeitraum des durchgeführten Unterrichtsversuchs: 7. bis 21. Juni 2010<br />

Stunde Montag Dienstag Mittwoch Donnerstag Freitag<br />

1. Erdkunde<br />

2. Musik<br />

3.<br />

4. Musik Erdkunde<br />

5.<br />

6.<br />

Stun<strong>den</strong>plan der Klasse in <strong>den</strong> Fächern Musik und Erdkunde<br />

50


3.3.2 Die Verlaufspläne, 1. Woche (7. - 11. Juni 2010)<br />

Montag, 7. Juni 2010<br />

HBG Celle<br />

Stun<strong>den</strong>entwurf 9MN2 Erdkunde - 4. Stunde, Musikraum M1<br />

Thema der Stunde – <strong>Bochum</strong><br />

Zeit Phase Inhalt Regie Lehrer Aktionsform<br />

Medien<br />

7´ Organisatorisches Vorstellung meiner Person Name an die LV Tafel<br />

und des Projekts,<br />

Organisatorisches<br />

(Anfertigen von<br />

Namensschildern),<br />

Tafel schreiben<br />

5´ Meinungsbild Was wisst ihr über das Auf separatem UG<br />

<strong>Ruhrgebiet</strong>?<br />

Zettel<br />

mitschreiben<br />

10´ Einstieg Vorspielen des Liedes Mitschrift der Hörauftr CD,<br />

<strong>Bochum</strong> von Grönemeyer, Stichworte an ag, UG Tafel<br />

Hörauftrag: „Achtet darauf, der Tafel<br />

was man über die Stadt (Überschrift,<br />

erfährt!“ Inhalte des Liedes geordnet<br />

wer<strong>den</strong> gesammelt, sammeln –<br />

Fragen klären. Emotionale Industrie,<br />

Komponente herausstellen Soziales)<br />

7´ Sicherung Schüler bekommen Text – Text austeilen. Hören, CD,<br />

vorlesen lassen (wenn Weitere UG, Heft<br />

genügend Zeit, dann Ergänzungen Stillarbeit<br />

nochmal hören).<br />

Ergänzungen! Schüler<br />

schreiben Tafelbild ab.<br />

hinzufügen<br />

10´ Erarbeitung Atlasarbeit – Lokalisation Atlanten PA Atlas,<br />

<strong>Bochum</strong>: Best<strong>im</strong>mung der austeilen<br />

Heft<br />

geographischen Lage,<br />

Beschreibung der Region<br />

in der das <strong>Ruhrgebiet</strong> liegt<br />

(Bundesland,<br />

Nachbarstädte, Flüsse,<br />

weitere Besonderheiten)<br />

lassen<br />

6´ Auswertung Präsentation der<br />

Präsen- Tafel<br />

Ergebnisse der PA, Wie<br />

tation,<br />

findet man <strong>Bochum</strong> <strong>im</strong><br />

Atlas, Beschreibung der<br />

Region (wenn genügend<br />

Zeit, dann Lied evtl.<br />

nochmal hören)<br />

SV<br />

HA Kurze Beschreibung der<br />

Lage von <strong>Bochum</strong> –<br />

schriftlich <strong>als</strong> Text!<br />

Recherchiert ein bisschen<br />

über das <strong>Ruhrgebiet</strong> –<br />

guckt nach Bildern,<br />

interessanten Links, macht<br />

euch schlau!<br />

51


Lernziele<br />

Die Schüler sollen:<br />

1. Merkmale der Stadt <strong>Bochum</strong> aus einem Liedtext heraushören und das Lied <strong>Bochum</strong> <strong>als</strong><br />

Liebeserklärung an die Stadt verstehen<br />

Tafelbild<br />

Überschrift: H. Grönemeyer über <strong>Bochum</strong><br />

Liegt <strong>im</strong> Westen Schmutzig („wo die Sonne verstaubt“)<br />

Graue Stadt Viel Arbeit<br />

„ehrliche“ Stadt (muss nichts verstecken) Stahlindustrie<br />

Total verbaut Grubengold – Reichtum<br />

Keine Weltstadt, aber Stadt mit Herz Auf „Koks“<br />

Viele Tauben<br />

Schrebergärten Bergbau (Glück auf)<br />

Fußballverein<br />

<strong>Bochum</strong> wird personifiziert<br />

Herbert Grönemeyer schreibt eine Liebeserklärung an seine He<strong>im</strong>atstadt<br />

Zusammenfassung: Wie beschreibt Grönemeyer seine He<strong>im</strong>atstadt?<br />

Erwartete Schüleräußerungen:<br />

� Grau, verstaubt, hässlich<br />

� Menschen wohnen dicht an dicht<br />

� Viele Schrebergärten<br />

� Industriell geprägt<br />

� Reich<br />

2. Sich <strong>im</strong> Atlas orientieren können, um die Stadt <strong>Bochum</strong> detailliert zu lokalisieren:<br />

Lokalisation <strong>Bochum</strong> - Erwartungshorizont:<br />

� Im Atlas auf S. 22<br />

� Geographische Lage: 7,2° östl. Länge, 51,5° nördl. Breite<br />

� Bundesland Nordrhein Westfalen, <strong>im</strong> Westen in der Nähe zur holländischen Grenze<br />

� Nachbarstädte: Witten, Dortmund, Herne, Gelsenkirchen, Essen, Oberhausen<br />

� Flüsse: Ruhr, Lippe, Rhein, Dortmund-Ems-Kanal<br />

� Im Sü<strong>den</strong> befindet sich das Sauerland<br />

� Im Nor<strong>den</strong> befindet sich das Münsterland<br />

� Nicht gefordert aber erwünscht weitere Informationen über Industrie und<br />

wirtschaftliche Verhältnisse<br />

52


3. Ihre Ergebnisse gegliedert vortragen können<br />

Materialien <strong>im</strong> Anhang 2, S. 1 - 2<br />

Mittwoch, 9. Juni 2010<br />

Stun<strong>den</strong>entwurf 9NM2 Erdkunde - 2. Stunde, Musikraum M1<br />

Thema der Stunde – Kulturhauptstadt Ruhr 2010 – <strong>Bochum</strong> <strong>im</strong> Vergleich 1958 und 2007<br />

Zeit Phase Inhalt Regie Lehrer Aktionsform<br />

Medien<br />

5´ HA Schüler präsentieren<br />

SV und<br />

kurzen Text über Lage<br />

von <strong>Bochum</strong> und ihre<br />

Internet-<br />

Rechercheergebnisse<br />

UG<br />

7´ Einstieg Trailer Ruhr 2010 DVD abspielen. Nach UG Film -<br />

vorspielen – spontane dem 2. Mal die<br />

DVD<br />

Äußerungen der Schüler. Schüler in 2 Gruppen<br />

Trailer ein 2. Mal zeigen. teilen (links und<br />

Beobachtungsaufträge:<br />

Linke Seite: Darstellung<br />

von Wirtschaft und<br />

Industrie. Rechte Seite:<br />

Darstellung der<br />

kulturellen Aspekte.<br />

Zusammentragen der<br />

Ergebnisse<br />

rechts)<br />

7´ Erarbeitung Was bedeutet<br />

Text austeilen. Im Lesen, AB<br />

1 und Kulturhauptstadt? <strong>Ruhrgebiet</strong> hat <strong>als</strong>o UG<br />

Sicherung Infotext (Anhang 3, S. 3) ein Wandel<br />

gemeinsam lesen stattgefun<strong>den</strong>. Am<br />

lassen. Erklärung, wie Bsp. Von <strong>Bochum</strong><br />

Kulturhauptstadt gefeiert wollen wir uns<br />

wird kurz<br />

genauer ansehen,<br />

zusammenfassen. was dort passiert ist.<br />

19´ Erarbeitung Bildung von Gruppen - Einteilung der GA AB und<br />

2<br />

Auswertung der Karten Gruppen (7 Gruppen<br />

Karten<br />

auf S. 37 – Vergleich mit 4 Schülern)-<br />

<strong>Bochum</strong> 1956 und 2007. Arbeitsaufträge mit<br />

Jede Gruppe widmet austeilen! Jede<br />

sich entweder 1956 oder Gruppe bekommt eine<br />

2007. Erarbeitung des Folie, auf der die<br />

<strong>Strukturwandel</strong>s. Ergebnisse<br />

Achtung! Hinweis, festgehalten wer<strong>den</strong>!<br />

dass die Ergebnisse Während der<br />

erst in der nächsten Stillarbeit die<br />

Stunde vorgetragen Definition von<br />

wer<strong>den</strong>!<br />

<strong>Strukturwandel</strong> (s.u.)<br />

an die Tafel<br />

schreiben<br />

5´ Auswertung Eine allgemeine<br />

Auf Problem der Präsenta OHP,<br />

Definition des Begriffs Monostruktur<br />

tion Tafel<br />

53


<strong>Strukturwandel</strong><br />

herleiten lassen.<br />

Vergleich der „Schüler“-<br />

Definition mit der<br />

vorgegebenen an der<br />

Tafel.<br />

3´ Sicherung Abschrift der Definition<br />

<strong>Strukturwandel</strong><br />

Auswertung Kartenanalyse<br />

eingehen. Hinweis,<br />

dass <strong>Bochum</strong> nur<br />

exemplarisch <strong>für</strong> das<br />

<strong>Ruhrgebiet</strong> steht.<br />

(<strong>Strukturwandel</strong> <strong>im</strong><br />

ganzen <strong>Ruhrgebiet</strong>!)<br />

Folien aller Gruppen<br />

einsammeln, damit<br />

morgen alle<br />

präsentieren können<br />

und keiner vergisst!<br />

Gleich eine<br />

Zusammenfassung<br />

auf Folie erstellen.<br />

Soll nach der<br />

Präsentation<br />

aufgelegt und<br />

ausgeteilt.<br />

EA Tafel,<br />

Heft<br />

<strong>Bochum</strong> 1956 <strong>Bochum</strong> 2007<br />

Viele Steinkohlezechen Hoher Anteil an stillgelegten Zechen<br />

Geringe Wohnbebauung Größter Anteil der Fläche mit Wohnungen<br />

bebaut<br />

Wenig Grünfläche (Parks und Wald) Viel Grünfläche (Park, Wald, Friedhöfe)<br />

Zechen sind durch Straßen und Schienen Ausgebautes Verkehrsnetz (Autobahn,<br />

verbun<strong>den</strong><br />

Eisenbahn, Ruhrschnellweg)<br />

Hoher Anteil an landwirtschaftlicher<br />

<strong>Bochum</strong> <strong>als</strong> Wissenschaftsstandort (Ruhr-<br />

Nutzfläche bzw. freier Fläche<br />

Uni, Technologieparks)<br />

Kaum Freizeiteinrichtungen Hoher Anteil an Freizeiteinrichtungen<br />

Hohe Beschäftigung in Industrie 110100, Umnutzung der Zechen – neue Nutzung<br />

davon Bergbau 30700<br />

durch Industriebetriebe<br />

Wenig Beschäftigung in Dienstleistung und Hauptteil der Bevölkerung <strong>im</strong><br />

Handel 70000<br />

Dienstleistungsgewerbe beschäftigt 87900,<br />

Beschäftigte in Industrie 34420<br />

Definition <strong>Strukturwandel</strong>:<br />

Um wirtschaftlichen Krisen vorzubeugen, strebt man eine möglichst vielseitige<br />

Wirtschaftsstruktur an. Die Umstellung einer einseitigen Wirtschaftsstruktur (Monostruktur)<br />

auf eine Wirtschaft, die von vielen Branchen getragen wird, nennt man <strong>Strukturwandel</strong>.<br />

Am <strong>Beispiel</strong> <strong>Bochum</strong>: Wandel von der Industrie- zur Dienstleistungsgesellschaft. (vgl.<br />

Basiswissen Erdkunde 2009, S. 191)<br />

54


Lernziele<br />

Die Schüler sollen:<br />

� Aus einem Kurzfilm gezielt Informationen (kulturelle und wirtschaftliche Aspekte)<br />

herausfiltern können.<br />

� Die Verbindung von Industrie und Kultur <strong>im</strong> Rahmen der Kulturhauptstadt Europas<br />

kennenlernen.<br />

� Erklären können, was eine Kulturhauptstadt ist und die Gründe <strong>für</strong> die Wahl erläutern.<br />

� Die Inhalte der Wirtschaftskarten von 1956 und 2007 angemessen herausarbeiten<br />

und zusätzliche Informationen in die Kartenanalyse mit einfließen lassen können.<br />

� Tabellen interpretieren können.<br />

� Sich produktiv an der Gruppenarbeit beteiligen und die Ergebnisse der Klasse<br />

strukturiert und verständlich vortragen.<br />

� Verstehen, dass sich in <strong>Bochum</strong> und damit stellvertretend <strong>für</strong> das <strong>Ruhrgebiet</strong> ein<br />

wirtschaftlicher Wandel vollzogen hat.<br />

� Die Begriffe „<strong>Strukturwandel</strong>“ und „Monostruktur“ verstehen und erklären können.<br />

Materialien <strong>im</strong> Anhang 3, S. 3 - 7<br />

Donnerstag, 10 Juni 2010<br />

Stun<strong>den</strong>entwurf 9NM2 Erdkunde – 4. Stunde, Musikraum M1<br />

Thema der Stunde – Ruhr 2010, Erarbeitung des <strong>Strukturwandel</strong>s in <strong>Bochum</strong><br />

Zeit Phase Inhalt Regie Lehrer Aktionsform<br />

Medien<br />

8´ Wiederholung Wiederholung der Inhalte von Folie EA OHP<br />

„Ruhr 2010“ in Verbindung mit<br />

dem <strong>Strukturwandel</strong>. Folie mit<br />

Zusammenfassung über<br />

Kulturhauptstadt auflegen.<br />

Schüler sollen die Folie<br />

abschreiben<br />

auflegen<br />

5´ Präsentation Bilder über das <strong>Ruhrgebiet</strong> – Bilder LV Bilder<br />

u. a. Bilder von Gebäu<strong>den</strong>, rumgeben<br />

die auch <strong>im</strong> Trailer gezeigt<br />

wur<strong>den</strong>. Bilder wer<strong>den</strong> kurz<br />

erklärt<br />

bzw. zeigen<br />

25´ Auswertung Gruppen setzen sich kurz Die Folien GA, Folie<br />

zusammen, um kurz die und ggfs. Präsenta OHP,<br />

Inhalte aus der letzten Stunde Stifte <strong>den</strong> tion Tafel<br />

zu wiederholen. Anschließend Gruppen<br />

wer<strong>den</strong> die Ergebnisse auf aushändigen.<br />

Folie am OHP von jeder Ein Schüler<br />

Gruppe präsentiert. Die ist<br />

Hauptpunkte des<br />

Kartenvergleichs (1956/2007)<br />

wer<strong>den</strong> tabellarisch an der<br />

Protokollant.<br />

55


Tafel fixiert. Die Ursachen des<br />

<strong>Strukturwandel</strong>s hervorheben<br />

lassen.<br />

7´ Sicherung Die Ergebnisse, die<br />

tabellarisch an der Tafel<br />

stehen, wer<strong>den</strong> auf Richtigkeit<br />

überprüft und abgeschrieben.<br />

Abgleich mit<br />

eigenen<br />

Zusammenfa<br />

ssung<br />

UG,<br />

Stillarbeit<br />

Folie Zusammenfassung Ruhr 2010 (Aus <strong>den</strong> Ergebnissen der letzten Stunde):<br />

Ruhr 2010 Kulturhauptstadt Europas<br />

Grundidee: Betonung markanter Merkmale der Region und des kulturellen Reichtums<br />

� Kulturhauptstädte wechseln jährlich innerhalb Europas<br />

56<br />

Tafel, Heft<br />

� Unter dem Motto: Wandel durch Kultur – Kultur durch Wandel wurde Im Jahr 2010<br />

das <strong>Ruhrgebiet</strong> gewählt,:<br />

o weil sich <strong>im</strong> gesamten <strong>Ruhrgebiet</strong> ein Wandel vollzogen hat (von Industrie- zur<br />

Dienstleistungsgesellschaft).<br />

o weil die Region sehr stark vom industriellen Leben geprägt ist (Industrie<strong>den</strong>k-<br />

mäler z.B. alte Fördertürme).<br />

o um das Bild einer qualmen<strong>den</strong> Kohle- und Stahlregion gegen <strong>den</strong> Ruf einer<br />

Kulturmetropole einzutauschen.<br />

Ergebnisse der Gruppenarbeiten <strong>im</strong> Anhang 4, S. 8 – 14<br />

Bilder befin<strong>den</strong> sich <strong>im</strong> Anhang 8<br />

Lernziele<br />

Die Schüler sollen:<br />

� Die Bedeutung der Kulturhauptstadt Ruhr 2010 mit eigenen Worten wiedergeben.<br />

� Aus Bildern und Informationen über das <strong>Ruhrgebiet</strong> seine Veränderungen entnehmen.<br />

� Als Gruppe einen kurzen Vortrag an der Tafel vorbereiten, der die wesentlichen Inhal-<br />

te der Kartenanalyse umfasst.<br />

� Anhand der Gegenüberstellung der wirtschaftlichen, infrastrukturellen und sozialen<br />

Situation in <strong>Bochum</strong> von früher und heute verstehen, wie sich der <strong>Strukturwandel</strong> in<br />

der Praxis auswirkt.<br />

� Die Gründe benennen und verstehen können, warum es zum <strong>Strukturwandel</strong> kam:<br />

o Hohe Lohnkosten<br />

o Schwierige Abbaubedingungen, erschöpfte Ressourcen<br />

o Billige Rohstoffe aus der Dritten Welt<br />

o Umweltverschmutzung<br />

o Hohe Energiekosten


Freitag, 11 Juni 2010<br />

Stun<strong>den</strong>entwurf 9NM2 Erdkunde - 1. Stunde, Musikraum M1<br />

Thema der Stunde – Ruhrhymne 2010 – musikalische Umsetzungsmöglichkeiten des<br />

<strong>Strukturwandel</strong>s am <strong>Beispiel</strong> von <strong>Bochum</strong><br />

Zeit Phase Inhalt Regie Lehrer Aktionsform<br />

Medien<br />

5´ Einstieg Stummer Impuls:<br />

Begriff UG Tafel<br />

Was ist bedeutet Hymne? Hymne an<br />

die Tafel<br />

schreiben<br />

15´ Problemati- Hören der neuen Ruhrhymne – Text<br />

Hören, CD<br />

sierung Schüler haben Text vor sich. Ruhrhymne UG<br />

Hörauftrag: Achtet darauf, wie<br />

Grönemeyer die Hymne gestaltet!<br />

Schüler sollen sich dazu äußern.<br />

Danach Meinungsabfrage: wie<br />

findet ihr dieses neue Lied?<br />

austeilen<br />

20´ Erarbeitung Aufgabe: Eine eigene<br />

Tabelle an UG Tafel<br />

„Hymne“ schreiben. Einzige die Tafel<br />

Bedingung: Der Wandel soll zeichnen.<br />

durch Text und Musik deutlich Punkte 1-3<br />

rauskommen. Beste Lösung wird nach der<br />

nach Abst<strong>im</strong>mung prämiert. Wenn Reihe<br />

ihr jetzt ein neues Lied schreiben<br />

müsstet<br />

1. Welchen Inhalte sind wichtig<br />

2. Welche Musikrichtung<br />

würdet ihr wählen<br />

3. Welche musikalischen<br />

Umsetzungsmöglichkeiten<br />

gibt es?<br />

abarbeiten.<br />

5´ Organisa- Arbeitsanweisung <strong>für</strong> die HA wird Arbeitsanwei-<br />

AB<br />

torisches ausgeteilt (Vorbereitung <strong>für</strong> die sung<br />

GA)und laut vorgelesen: Ideen austeilen,<br />

sammeln, Liedtexte konzipieren, Fragen<br />

Melodien fin<strong>den</strong>,<br />

Internetrecherche.<br />

klären<br />

Hymne (lat. Hymnus): feierlicher Lob- und Preisgesang (Meyers Taschenlexikon Musik 1984;<br />

S. 98):<br />

Materialien <strong>im</strong> Anhang 5, S. 15 – 17<br />

Lernziele<br />

Die Schüler sollen:<br />

� Den Begriff „Hymne“ in seiner Herkunft und Bedeutung verstehen.<br />

57


� Das Lied „Komm zur Ruhr“ in seiner musikalischen Umsetzung beschreiben und be-<br />

werten können:<br />

o Klassische Einleitung – Streichersatz mit Keyboard, summender Chor <strong>im</strong> Hin-<br />

tergrund (Beschreibung der Landschaft, Verlauf der Ruhr).<br />

o Dynamische Steigerung des klassischen Teils – Einsatz von Schlagzeug und<br />

E-Gitarre (Dur-Tonart und Instrumentierung vermittelt etwas „Strahlendes“,<br />

„Schönes“).<br />

o Grönemeyer wird von einem Chor begleitet (Anspielung auf Bergmannschöre)<br />

o Opernsängerin (Sopran) <strong>im</strong> Hintergrund (erzeugt ein „pompöses“ Gefühl, ver-<br />

stärkt <strong>den</strong> Eindruck eines Lobgesangs).<br />

o Nachspiel (Ausklang) – Streichersatz mit Keyboard. Endet auf einem strahlen-<br />

<strong>den</strong>, crescendieren<strong>den</strong> Dur-Akkord.<br />

� Ihre eigene Meinung zu dem Lied begründet darlegen können.<br />

� Die gelernten wesentlichen Inhalte des <strong>Strukturwandel</strong>s übertragen können:<br />

o Industrieller Wandel: früher - rauchende Schlote, Kohleminen, trist, grau; heu-<br />

te - viele Freizeiteinrichtungen, Umnutzung der ehemaligen Industriebauten,<br />

reges kulturelles Leben.<br />

o Sozialer Wandel: früher – viele Arbeitsplätze in der Industrie; heute - Arbeitslo-<br />

sigkeit und der Versuch Arbeit <strong>im</strong> Dienstleistungsgewerbe zu schaffen.<br />

o Ökologischer Wandel: früher – eine von der Industrie verschmutzte Umwelt;<br />

heute – Bereinigung der Verschmutzung und Hervorheben der landschaftli-<br />

chen Attraktionen.<br />

� Musikalisches Vorwissen abrufen und in Verbindung mit außermusikalischen Inhalten<br />

bringen können:<br />

o Harmonik: Einsatz von Dur und Moll <strong>als</strong> Unterstützung von positiven und ne-<br />

gativen Ereignissen. Z.B. Das triste Arbeiten in <strong>den</strong> dunklen Kohlezechen und<br />

Stahlwerken oder Arbeitslosigkeit durch Moll-Akkorde untermauern. Dement-<br />

sprechend das rege kulturelle Leben und das Lebensgefühl durch Dur-<br />

Akkorde versehen.<br />

o Dynamik: die Spanne von pianiss<strong>im</strong>o bis forte fortiss<strong>im</strong>o auskosten, um damit<br />

das Leben und Arbeiten in der Region zu beschreiben.<br />

o Instrumentierung: das Wissen über <strong>den</strong> Klang der verschie<strong>den</strong>en Instrumente<br />

mit sachlichen Inhalten in Verbindung setzen: z.B. Becken oder Schlagzeug<br />

mit <strong>den</strong> hämmern<strong>den</strong> Maschinen der Stahlwerke, warme Streicherklänge oder<br />

Harfe mit einer schönen Landschaft, Blechbläser mit Bergmannskapellen.<br />

58


3.3.3 Die Verlaufspläne, 2. Woche (14. – 18. Juni 2010)<br />

Montag, 14. Juni 2010<br />

Stun<strong>den</strong>entwurf 9NM2 Erdkunde - 4. Stunde, Musikraum M1<br />

Thema der Stunde – In Gruppenarbeit einen neuen Song zum Thema <strong>Strukturwandel</strong> <strong>im</strong><br />

<strong>Ruhrgebiet</strong> am <strong>Beispiel</strong> von <strong>Bochum</strong> erarbeiten<br />

Zeit Phase Inhalt Regie Lehrer Aktionsform<br />

Medien<br />

5´ Einstieg Vorstellung der Hausaufgabe.<br />

Präsentation der Ideen bzw. der<br />

Materialen (s. Arbeitsblatt, Anhang<br />

5, S. 17)<br />

UG AB<br />

20´ Präsentati Vorspielen von Songs anderer<br />

Hören, CD<br />

on Interpreten, die aus dem<br />

<strong>Ruhrgebiet</strong> kommen bzw. darüber<br />

singen (s. Anhang 1, CD 2, Track 3<br />

-5). Inhalte und musikalische<br />

Umsetzung der vorgespielten<br />

besprechen<br />

UG<br />

20´ Musikprak Schüler setzen sich in ihren alten Zeitlichen GA AB,<br />

tische Gruppen zusammen und bearbei- Ablauf klären<br />

Instrum<br />

Erarbeitten die Aufgabe des AB (s. Anhang und<br />

ente<br />

ung 5, S.17)<br />

Präsentations<br />

termin<br />

Freitag,<br />

18.6.2010 an<br />

die Tafel<br />

schreiben.<br />

Lernziele<br />

Die Schüler sollen:<br />

� Ihre geographischen Kenntnisse über <strong>den</strong> <strong>Strukturwandel</strong> <strong>im</strong> <strong>Ruhrgebiet</strong> (s.o.) kreativ<br />

textlich sowie musikalisch umsetzen können.<br />

� In der Gruppe eigene Ideen einbringen, begrün<strong>den</strong> und durchführen können<br />

Materialien <strong>im</strong> Anhang 1, CD 2 – Track 3 – 5, Anhang 5, S. 17<br />

Mittwoch, 16. Juni 2010<br />

Stun<strong>den</strong>entwurf 9NM2 Erdkunde - 2. Stunde, Musikraum M1<br />

Thema der Stunde – Die musikalische Umsetzung des <strong>Strukturwandel</strong>s am <strong>Beispiel</strong> von Bo-<br />

chum<br />

Zeit Phase Inhalt Regie Lehrer Aktionsform<br />

Medien<br />

5´ Einstieg Feedback <strong>im</strong> Klassenverband:<br />

Gruppen sollen über<br />

Arbeitsfortschritte berichten. Evtl.<br />

Fragen klären.<br />

UG<br />

35´ Erarbeitung Schüler sitzen in ihren Gruppen Hilfestellung, GA Instrum<br />

59


5´ Sicherung<br />

zusammen und bearbeiten das<br />

AB<br />

Organisation der Präsentation:<br />

Schüler sollen Medien,<br />

Instrumente, Zeitbedarf auf einem<br />

Zettel notieren und abgeben<br />

Donnerstag, 17 Juni 2010<br />

Stun<strong>den</strong>entwurf 9NM2 Erdkunde – 4. Stunde, Musikraum M1<br />

Anregung,<br />

Bestätigung<br />

Zettel<br />

einsammeln<br />

Stillarbeit<br />

60<br />

ente,<br />

Thema der Stunde – Die musikalische Umsetzung des <strong>Strukturwandel</strong>s am <strong>Beispiel</strong> von Bo-<br />

chum<br />

Zeit Phase Inhalt Regie Lehrer Aktionsform<br />

Medien<br />

40´ Übungsphase, Vorbereitung der<br />

Präsentation<br />

GA Instrum<br />

ente<br />

5´ Sicherung Schüler sollen äußern, was sie<br />

noch <strong>für</strong> die Präsentation<br />

benötigen.<br />

UG<br />

Freitag, 18 Juni 2010<br />

Stun<strong>den</strong>entwurf 9NM2 Erdkunde - 1. Stunde, Musikraum M1<br />

Thema der Stunde – Präsentation der Lieder oder Musikstücke über <strong>Bochum</strong> sowie<br />

Diskussion und Abst<strong>im</strong>mung<br />

Zeit Phase Inhalt Regie Lehrer Aktionsform<br />

45´ Präsentatio Jede Gruppen präsentiert ihre<br />

Präsenta<br />

n<br />

Ergebnisse vor der Klasse. Die<br />

Schüler sollen danach kurz ihre<br />

Ideen erläutern und evtl. Fragen<br />

der Mitschüler beantworten.<br />

Abschließend sollen sie über die<br />

beste Idee abst<strong>im</strong>men, <strong>für</strong> die ein<br />

Preis in Aussicht gestellt wird.<br />

tion<br />

Lernziele:<br />

Die Schüler sollen<br />

Medien<br />

Instrum<br />

ente,<br />

CD<br />

� Ihre erarbeiteten Ergebnisse präsentieren und sie angemessen begrün<strong>den</strong> können.<br />

� Konzentriert zuhören und die gezeigten Beiträge bewerten können.


3.4 Durchführung und Reflexion des Unterrichtsversuchs<br />

3.4.1 Montag, 7. Juni 2010<br />

Durchführung<br />

In der ersten Stunde der Unterrichtseinheit stelle ich mich, mein Projekt und meine<br />

Intentionen. Dann bekommen die Schüler die Gelegenheit Fragen an mich zu richten. Als es<br />

keine Meldungen seitens der Schüler mehr gibt, gehe ich gleich dazu über, die<br />

Vorkenntnisse über die ehemalige Industrieregion Ruhr zu ermitteln. Aus dem<br />

Unterrichtsgespräch, das sich schnell entwickelt, wird deutlich, dass die Schüler die<br />

gängigen Vorstelllungen über das <strong>Ruhrgebiet</strong> besitzen: Enge, Dreck, rauchende<br />

Schornsteine und Kohlebergwerke dominieren das Landschaftsbild. Ein Schüler erwähnt die<br />

Kulturhauptstadt Ruhr 2010, kann aber keine weiteren Erläuterungen geben.<br />

Im nächsten Schritt stelle ich <strong>den</strong> Namen Herbert Grönemeyer in <strong>den</strong> Raum. Den jungen<br />

Schülern ist der nordrheinwestfälische Musiker noch <strong>im</strong>mer ein Begriff und auch das Lied<br />

<strong>Bochum</strong> ist einigen bekannt. Unter folgendem Hörauftrag, <strong>den</strong> ich gleichzeitig über OHP an<br />

die Wand projiziere, sollen sie das Lied <strong>Bochum</strong>, das ich über die Anlage abspiele, verfolgen:<br />

„Lehnt euch zurück und schließt, wenn ihr wollt, die Augen. Achtet be<strong>im</strong> Hören auch<br />

darauf, was man über die Stadt <strong>Bochum</strong> erfährt. Wie sieht es dort aus und wie ist fühlt<br />

es sich an, in dieser Stadt zu leben? Die Inhalte wer<strong>den</strong> danach zusammengetragen!“<br />

Nach einmaligem Hören wer<strong>den</strong> die ersten Eindrücke tabellarisch an der Tafel gesammelt.<br />

Im Anschluss daran wird der Liedtext verteilt. Abweichend der Planung spiele ich das Lied<br />

erneut vor und lasse die Schüler <strong>den</strong> Text mitlesen. Es schließt sich erneut ein<br />

Unterrichtsgespräch an, in dem weitere Inhalte über die Stadt <strong>Bochum</strong> in der Tabelle ergänzt<br />

wer<strong>den</strong>. Das Tafelbild setzt sich in Stichworten aus <strong>den</strong> Schüleräußerungen zusammen:<br />

Soziales Industrie<br />

Selbstzufrie<strong>den</strong> Industriegebiet<br />

Westen Kohle<br />

Verbaut „Vor Arbeit ganz grau“<br />

„verstaubt“ durch Industrie Stahl<br />

VfL <strong>Bochum</strong> Reichtum durch Kohle<br />

Viele Tauben<br />

Keine Weltstadt<br />

Menschlich<br />

He<strong>im</strong>atstadt von H. Grönemeyer<br />

61


Auf meine Frage hin, welche Einstellung Herbert Grönemeyer gegenüber seiner He<strong>im</strong>atstadt<br />

vertritt, äußert sich ein Schüler mit dem Satz: „Es ist keine perfekte Stadt, aber er ist stolz<br />

darauf!“ Daraus leite ich Grönemeyers Absicht, in einem Lied eine „Liebeserklärung an die<br />

Stadt“ abzugeben, ab und schreibe es unter die Tabelle.<br />

In einer Stillarbeitsphase sollen die Schüler nun die Arbeitsergebnisse notieren.<br />

Die folgende Erarbeitungsphase ist <strong>als</strong> Partnerarbeit konzipiert. Es gilt, mit dem<br />

Sitznachbarn zusammen, die Stadt <strong>Bochum</strong> <strong>im</strong> Atlas zu fin<strong>den</strong> und die geographische Lage<br />

zu best<strong>im</strong>men. Der Arbeitsauftrag am OHP lautet:<br />

„Best<strong>im</strong>mt mit Hilfe des Atlas die geographische Lage (Koordinaten) von <strong>Bochum</strong>.<br />

Beschreibt darüber hinaus, in welcher Region sich die Stadt befindet und geht dabei<br />

u.a. auf Nachbarstädte, Flüsse und weitere Besonderheiten ein!<br />

Arbeitet mit eurem Sitznachbarn zusammen. Ihr habt 10 Minuten Zeit!“<br />

Da die Zeit ziemlich eng gewor<strong>den</strong> ist, reicht es nur noch <strong>für</strong> eine recht knappe<br />

Zusammenfassung der Ergebnisse. Die Vorgehensweise <strong>im</strong> Umgang mit dem Atlas bleibt<br />

dabei unerwähnt. Die Schüler geben mir ihre Lösungen der Aufgabe vor, die ich an der Tafel<br />

fixiere:<br />

Wo liegt <strong>Bochum</strong>?<br />

o 7,5° ö.L.<br />

o 51,5° n.Br.<br />

o Im <strong>Ruhrgebiet</strong> in Nordrhein-Westfalen<br />

o 80 km westl. des Rothaargebirges<br />

o Nachbarstädte sind Essen, Dortmund, Gelsenkirchen<br />

o In der Nähe befin<strong>den</strong> sich die Flüsse Ruhr und der Dortmund-Ems-Kanal<br />

o <strong>Bochum</strong> ist Teil einer „großen“ Siedlung<br />

Für die Abschrift der Ergebnisse und die Erläuterung der geplanten Hausaufgabe reicht die<br />

Zeit nicht mehr. Kurz vor dem Klingeln schaffe ich es gerade noch, die Schüler damit zu<br />

beauftragen, sich <strong>im</strong> Internet über das <strong>Ruhrgebiet</strong> zu informieren.<br />

Reflexion<br />

Nachdem ich die Schüler über meine Absicht, fächerübergreifen<strong>den</strong> Erdkundeunterricht mit<br />

Musik durchzuführen, informiert habe, musste ich in teils fragende und überraschte<br />

Gesichter blicken. Jedoch traute sich kein Schüler seiner Verwunderung Luft zu machen. Sie<br />

akzeptierten meine Anwesenheit und Verantwortlichkeit <strong>für</strong> <strong>den</strong> Unterricht. Der Effekt des<br />

„Neuen“ und die Zeit <strong>für</strong> die Einordnung meiner Person sowie meines Unterrichtsstils führten<br />

mit großer Wahrscheinlichkeit auch dazu, dass der Unterricht ohne weitere Störungen<br />

funktionierte und sich die Schüler rege an <strong>den</strong> Unterrichtsgesprächen beteiligten.<br />

62


Obwohl in der Klasse das Thema <strong>Ruhrgebiet</strong> noch nicht unterrichtet wurde, konnten recht<br />

viele Schüler das Standardwissen über die Region abrufen: Bildern rauchender Schlote,<br />

Umweltprobleme, dichte Besiedelung und Kohleproduktion. Nähere Informationen über die<br />

geographische Lage mussten mit dem Atlas erarbeitet wer<strong>den</strong>.<br />

Die Präsentation des Liedes <strong>Bochum</strong> in der Einstiegsphase wirkte sich meiner Meinung nach<br />

förderlich auf <strong>den</strong> Verlauf des weiteren Unterrichtsgesprächs aus. Viele Schüler schlossen<br />

tatsächlich die Augen und lauschten dem gesungenen Text. Eine rege Beteiligung zeigte mir,<br />

dass die Inhalte verstan<strong>den</strong> wur<strong>den</strong> und das Interesse da war, diese wiederzugeben. Der<br />

Text eines „Einhe<strong>im</strong>ischen“ bestätigte vor allem auch die Klischees der Schüler einer<br />

<strong>Ruhrgebiet</strong>sstadt (hässlich, grau, verstaubt). Durch das Lied, sowohl Text <strong>als</strong> auch Musik,<br />

sollte aber auch deutlich wer<strong>den</strong>, dass diese Stadt mehr zu bieten hat, <strong>als</strong> das triste Äußere<br />

vermuten lässt.<br />

Leider wurde in diesem Teil der Stunde zu wenig auf die Musik eingegangen, was daran lag,<br />

dass ich keine Impulse gegeben hatte, die auf die musikalische Umsetzung hinwiesen. Dies<br />

geschah einerseits in bewusster Abwägung während der Planung, weil ich <strong>den</strong> Hörauftrag<br />

nicht mit Aufgaben überfrachten wollte. An <strong>den</strong> Gelenkstellen, z.B. während des<br />

Unterrichtsgesprächs in der Sicherungsphase, hätte die musikalische Umsetzung mit<br />

eingebracht wer<strong>den</strong> können. Da sprach allerdings dann der Zeitmangel dagegen, da dies<br />

eine genauere Analyse der Musik, d.h. der Instrumentierung und des Wort-Ton-Verhältnisses<br />

erfordert hätte. Schließlich handelte es sich nur um einen Einstieg, der durch eine emotional-<br />

musikalische Komponente bereichert wer<strong>den</strong> sollte.<br />

Jedoch ist anzunehmen, dass durch die stärkere Beachtung der musikalischen Mittel, die<br />

Grönemeyer einsetzt, um seine Gefühle gegenüber der Stadt auszudrücken, der Aspekt der<br />

Liebeserklärung schneller und offensichtlicher zum Ausdruck gekommen wäre. Daraus ziehe<br />

ich aber auch <strong>den</strong> Rückschluss, dass die Schüler noch nicht analytisch an Musik<br />

herangehen, sondern sich <strong>im</strong> besten Falle nur durch die Aussage des Textes leiten lassen.<br />

Die Altasarbeit schien <strong>den</strong> Schülern vertraut zu sein, <strong>den</strong>noch hätte ich erwartet, dass zur<br />

geographischen Lage der Stadt <strong>Bochum</strong> mehr Fakten genannt wer<strong>den</strong>. Eine Vertiefung und<br />

Sicherung musste wegen Zeitmangels auf die nächste Stunde verschoben wer<strong>den</strong>.<br />

3.4.2 Mittwoch, 9. Juni 2010<br />

Durchführung<br />

In der zweiten Stunde meiner Einheit werde ich von bunt bemalten und aufgekratzten<br />

Schülern empfangen. Für <strong>den</strong> Vormittag war der Abistreich geplant, <strong>für</strong> <strong>den</strong> der Unterricht<br />

ausfallen sollte, so dass die Schüler in heller Erwartung <strong>den</strong> feiern<strong>den</strong> Abiturienten<br />

entgegenfiebern. Der Unterrichtsbeginn verzögert sich aber nicht nur, weil die Schüler<br />

schwer zu beruhigen sind, sondern auch, weil meine mitgebrachte DVD nicht in dem fest<br />

63


installierten DVD-Player der Schule läuft. Durch die Mithilfe des Musiklehrers, der einen<br />

Laptop besorgt und sich um <strong>den</strong> Aufbau der Technik kümmert, kann ich schließlich <strong>den</strong><br />

Unterricht mit einer ca. 5-minütigen Verspätung beginnen.<br />

Durch einen Rollenwechsel versuche ich die Aufmerksamkeit der Schüler auf mich zu lenken.<br />

Ich schlüpfe in die Person einer französischen Austauschschülerin, die in Celle zu Besuch ist<br />

und demnächst mit ihren Gasteltern zum Musical Starlight Express nach <strong>Bochum</strong> fährt. Die<br />

Schüler sollen mir deswegen Auskunft darüber erteilen, wo sich die Stadt <strong>Bochum</strong> befindet,<br />

ob bekannte Städte in der Nähe liegen und um was <strong>für</strong> eine Region es sich handelt. Dabei<br />

wer<strong>den</strong> die Ergebnisse der Atlasarbeit aus der letzten Stunde wiedergegeben. Anschließend<br />

geht es um die Vorstellung der Internetrecherche über das <strong>Ruhrgebiet</strong>. Einige Schüler haben<br />

<strong>den</strong> Auftrag erfüllt und können über kulturelle Veranstaltungen <strong>im</strong> Rahmen von Ruhr 2010<br />

berichten. Ein Schüler erzählt von einer Radtour durch das Ruhrtal und von dem am 18. Juli<br />

geplanten Still-Leben, einem Projekt, bei dem der Ruhrschnellweg, die A40, auf einem<br />

Streckabschnitt von 60 km komplett gesperrt und zur Flaniermeile umfunktioniert wird. Ein<br />

anderer Schüler weiß vom <strong>Ruhrgebiet</strong> <strong>als</strong> Altindustrieregion und berichtet über<br />

Arbeitslosigkeit und stillgelegte Kohlezechen.<br />

Nach diesem Unterrichtsgespräch ist auch meine mitgebrachte DVD abspielbereit. Dabei<br />

handelt es sich um <strong>den</strong> originalen ein-minütigen Trailer zur Kulturhauptstadt Ruhr 2010<br />

(Anhang 1, CD 3), <strong>den</strong> ich kommentarlos zeige. Aufgrund der Kürze des Films präsentiere<br />

ich ihn ein weiteres Mal, jedoch in Verbindung mit einem Arbeitsauftrag. Die Klasse wird in<br />

eine linke und eine rechte Hälfte geteilt. Die eine Seite erhält die Aufgabe, auf Aspekte zu<br />

achten, die sich mit der regionalen Wirtschaft und Industrie befassen. Die übrigen Schüler<br />

sollen sich der Darstellung der kulturellen Ereignisse widmen. Anschließend tragen die<br />

Schüler ihre Beobachtungen in einer Tabelle zusammen:<br />

Wirtschaft/Industrie Kultur<br />

Alte Industrieflächen Musik<br />

Stahlproduktion Museen<br />

Fördertürme/ alte Bergwerke Sport<br />

Arbeiter Schöne Landschaften, Schlösser<br />

Bergmannschor Menschen verschie<strong>den</strong>er Kulturen<br />

Um <strong>den</strong> Schülern die Idee der Kulturhauptstadt verständlich zu machen, bekommen sie<br />

einen selbst verfassten Text, der Informationen und Beweggründe über Ruhr 2010 enthält.<br />

Dieser Text wird <strong>im</strong> Plenum gelesen und anschließend von <strong>den</strong> Schülern mit eigenen Worten<br />

wiedergegeben. Im Unterrichtsgespräch wird deutlich, dass <strong>im</strong> <strong>Ruhrgebiet</strong> der Wandel von<br />

einer Industrieregion zu einer Kulturhochburg stattgefun<strong>den</strong> hat. Die Schüler geben mir durch<br />

64


ihre Äußerungen zu verstehen, dass ihnen bewusst gewor<strong>den</strong> ist, dass es <strong>im</strong> <strong>Ruhrgebiet</strong><br />

heute anders aussieht <strong>als</strong> früher. Es findet aber keine Sicherung an der Tafel statt, da die<br />

Zeit drängt. Nach dieser recht langen Erarbeitungsphase, sehe ich die Möglichkeit, vom<br />

allgemeinen <strong>Ruhrgebiet</strong> auf die Stadt <strong>Bochum</strong> <strong>als</strong> <strong>Beispiel</strong> überzuleiten, die exemplarisch <strong>für</strong><br />

<strong>den</strong> Wandel einer Region stehen soll. Die Klasse soll sich nun selbstständig in Vierergruppen<br />

formieren und sich in ihren Teams zusammensetzen, um mit Hilfe der Atlaskarte (Diercke<br />

Weltatlas 2009, Nr. 1, S. 37) <strong>den</strong> <strong>Strukturwandel</strong>n in <strong>Bochum</strong> zu erarbeiten. Dabei soll sich<br />

ein Teil der Gruppen mit der Situation in <strong>Bochum</strong> <strong>im</strong> Jahre 1956 und der andere Teil mit dem<br />

heutigen <strong>Bochum</strong> (2007) beschäftigen. Den Gruppen wird von mir vorbereitetes Material, d.h.<br />

Karte und Texte (Anhang 3, S. 3 - 7) ausgehändigt. Zur Besprechung der Aufgaben und zur<br />

Klärung von Fragen bleibt leider keine Zeit mehr, da die Stunde durch die Pausenglocke<br />

beendet wird.<br />

Reflexion<br />

Dass in dieser Unterrichtsstunde nur die ersten bei<strong>den</strong> Phasen der Planung realisiert wer<strong>den</strong><br />

konnten, hing von mehreren Faktoren ab. Zum einen herrschte ein sehr unruhiges<br />

Klassenkl<strong>im</strong>a, da die Schüler mehr Aufmerksamkeit auf die bevorstehen<strong>den</strong> Feierlichkeiten<br />

der Abiturienten richteten. Nachteilig wirkte sich auch die Lage des Musikraumes aus, der<br />

direkt am Eingang der Schule gelegen, freien Blick auf die umherwuseln<strong>den</strong>, bunten<br />

Schulabgänger gewährte. Dazu kam, dass der DVD-Player des Raumes nicht funktionierte.<br />

Zwar hatte ich die DVD zuvor an meinen Geräten ausprobiert, die sie einwandfrei abspielten.<br />

Doch hätte ich die DVD auch in der Schule testen müssen, um einer Stun<strong>den</strong>verzögerung<br />

entgegenzuwirken.<br />

Als weiteren Faktor des Misslingens dieser Stunde betrachte ich das strikte Festhalten an<br />

meiner Unterrichtsplanung. Meine Unbeweglichkeit bewirkte <strong>für</strong> die Schüler, dass Inhalte nur<br />

sehr oberflächlich abgehandelt wer<strong>den</strong>, ohne dass dabei auf individuelle Fragen und<br />

Probleme eingegangen bzw. Inhalte befriedigend zu Ende gedacht wer<strong>den</strong>.<br />

Das Problem dieser Stunde lag unter anderem bei einer Fehlentscheidung, die ich nach der<br />

ersten Erarbeitungsphase getroffen habe. Im Bewusstsein der mangeln<strong>den</strong> Zeit hätte ich<br />

mich gegen <strong>den</strong> Beginn der Gruppenarbeit entschei<strong>den</strong> müssen, um die Inhalte des Trailers<br />

über die Kulturhauptstadt sinnvoll abzuschließen und angemessen zu sichern. Aber die<br />

Angst völlig in Verzug zu geraten und die Idee, die nächste Stunde durch die Verteilung der<br />

Arbeitsmaterialien zu entlasten, überzeugten mich, <strong>den</strong> Unterricht wie geplant fortzusetzen.<br />

Das Ergebnis der Stunde fiel <strong>als</strong>o dementsprechend gering aus, mit der Konsequenz, dass<br />

ich in der nächsten Stunde noch einmal die Informationen über die Kulturhauptstadt Ruhr<br />

2010 sichern sowie die Gruppenarbeit erneut anleiten musste.<br />

65


Der Schwerpunkt der Stunde hätte eindeutig auf dem Trailer liegen müssen, der letztendlich<br />

<strong>den</strong> <strong>Strukturwandel</strong> <strong>im</strong> fächerübergreifen<strong>den</strong> Aspekt darstellt. Er hätte <strong>als</strong> Impuls <strong>für</strong> eine<br />

vertiefende Arbeit mit dem <strong>Ruhrgebiet</strong> <strong>als</strong> Kulturhauptstadt dienen müssen. Eindrucksvoll<br />

und kompakt wird hier gezeigt, wie Industriebrachen zu Schauplätzen kultureller<br />

Veranstaltungen wer<strong>den</strong>, die sich in ihren künstlerischen Beiträgen mit dem Wandel der<br />

Region befassen (z.B. die Szene, in der Schlagzeuger mit Werkzeugen auf Tonnen spielen).<br />

Die Schüler bekommen <strong>den</strong> Eindruck einer einst tristen Region, die sich durch ungeheure<br />

kulturelle Vielfalt verändert hat und <strong>im</strong>mer noch verändert. Es wer<strong>den</strong> aber nicht nur Szenen<br />

gezeigt, die <strong>den</strong> Wandel demonstrieren, sondern der Film versucht auch, die geläufigen<br />

Vorstellungen über das <strong>Ruhrgebiet</strong> zu konterkarieren, indem malerische Landschaften und<br />

Schlösser gezeigt wer<strong>den</strong>.<br />

Obwohl dieser Trailer nur die Folgen des <strong>Strukturwandel</strong>s zeigt, nicht aber die Gründe und<br />

Probleme darstellt, eignet er sich meiner Meinung nach recht gut, um ihn <strong>im</strong><br />

fächerübergreifen<strong>den</strong> Unterricht <strong>als</strong> Impulsgeber einer fachwissenschaftlichen<br />

Herangehensweise zu verwen<strong>den</strong>. Den Schüler wird anschaulich vermittelt, dass es sich<br />

be<strong>im</strong> Thema <strong>Strukturwandel</strong> nicht nur um einen sich wandeln<strong>den</strong> räumlichen Ausschnitt<br />

handelt, sondern dass auch <strong>im</strong> starken Maß der Mensch beteiligt ist.<br />

3.4.3 Donnerstag, 10. Juni 2010<br />

Durchführung<br />

Da die vorhergehende Stunde so unbefriedigend verlief und die Schüler mir das Gefühl<br />

vermittelten, mein Vorhaben nicht wirklich ernst zu nehmen, ist es mir wichtig, noch einmal<br />

die Relevanz der Stun<strong>den</strong> <strong>für</strong> meine Abschlussarbeit zu betonen. Ich schildere ihnen <strong>als</strong>o<br />

erneut, welche Bedeutung die Ergebnisse <strong>für</strong> mich haben und signalisiere <strong>den</strong> Schülern,<br />

dass ich auf ihre Unterstützung angewiesen bin.<br />

Nach diesen erklären<strong>den</strong> Worten steige ich mit einer Wiederholung der letzten Stunde ein:<br />

„Nennt mir die Gründe, warum das <strong>Ruhrgebiet</strong> zur Kulturhauptstadt Europas ausgewählt<br />

wurde! Gebt mir gleichzeitig <strong>Beispiel</strong>e, was <strong>den</strong> Menschen dort geboten wird!“<br />

Das Unterrichtsgespräch über Ruhr 2010 soll das angelesene Wissen abrufen und wird nicht<br />

weiter von mir kommentiert. Zur Sicherung habe ich eine Folie angefertigt (Anhang 4, S. 8),<br />

auf der ich die wesentlichen Punkte über Ruhr 2010 festgehalten habe. In der folgen<strong>den</strong><br />

Stillarbeitsphase sollen die Schüler die Folie abschreiben, um die Informationen in<br />

gebündelter Form vorliegen zu haben.<br />

Bevor ich schließlich mit der Sicherung der Ergebnisse der Gruppenarbeit aus der letzten<br />

Stunde beginne, die sich hauptsächlich mit Kartenmaterial beschäftigt, möchte ich die<br />

Schüler auf das <strong>Ruhrgebiet</strong> einst<strong>im</strong>men und zeige einige Bilder der Region aus Reiseführern.<br />

Darunter sind auch Gebäude aus dem Trailer, auf die ich kurz erklärend eingehe (z.B. Zeche<br />

66


Zollverein, Zeche Minister Achenbach, die Jahrhunderthalle in <strong>Bochum</strong> – Anhang 8). Im<br />

Anschluss daran lautet der Appell, sich in ihren gestern gebildeten Gruppen<br />

zusammenzufin<strong>den</strong>, um <strong>den</strong> Arbeitsauftrag zu erfüllen. Während der Gruppenarbeit stehe ich<br />

<strong>den</strong> Schülern <strong>für</strong> Fragen zur Verfügung und beobachte die Ergebnisse. Dadurch kann ich mir<br />

eine Übersicht verschaffen, welche Gruppe die <strong>für</strong> die Auswertung relevanten Resultate<br />

herausarbeiten konnte, so dass ich <strong>für</strong> die Präsentation, <strong>für</strong> die nur noch 10 Minuten bleiben,<br />

die jeweilige Gruppe gezielt aussuche. Dabei achte ich auch darauf, dass die Gründe <strong>für</strong> <strong>den</strong><br />

<strong>Strukturwandel</strong> genannt wer<strong>den</strong>.<br />

Alle Teams sollen mir ihre Folien (Anhang 4, S. 9 - 14) am Ende der Stunde abgeben, aus<br />

<strong>den</strong>en ich dann eine Zusammenfassung erstelle und <strong>als</strong> Kopien austeile (Anhang 5, S. 15).<br />

Durch starke Lenkung fordere ich <strong>den</strong> Begriff <strong>Strukturwandel</strong> ein, dessen Definition (siehe<br />

Planung S. 55) ich schon vorab an die Tafel geschrieben habe. Da die Zeit wieder knapp ist,<br />

entscheide ich mich <strong>für</strong> die Abschrift der vorgegeben Erklärung und verzichte auf eine selbst<br />

entwickelten Definition durch die Schüler.<br />

Reflexion<br />

Das unruhige und lässige Verhalten der Schüler ließ mich vermuten, dass sie <strong>im</strong> Verlauf der<br />

Stun<strong>den</strong> Schwierigkeiten bekamen meine Person einzuordnen. Ich kündigte mich <strong>als</strong><br />

Stu<strong>den</strong>tin mit einem Unterrichtsversuch an und verhielt mich <strong>den</strong>noch wie eine Lehrerin, die<br />

ermahnte, Hausaufgaben aufgab und richtige Schulstun<strong>den</strong> hielt. Es schien mir deshalb<br />

notwendig, die Schüler noch einmal darauf hinzuweisen, welche Absichten ich verfolgte und<br />

dass mir ihre Mitarbeit sehr wichtig sei, von der auch sie in Klasse 10 profitieren könnten.<br />

Dieser „freundliche Appell“ an die Schüler wirkte sich auch umgehend auf ihr Verhalten aus,<br />

so dass in dieser Stunde ein konzentriertes Zusammenarbeiten stattfin<strong>den</strong> konnte.<br />

Die Folie mit <strong>den</strong> vorgegeben Ergebnissen diente einerseits zur Beschleunigung, um die<br />

Stunde nicht durch Tafelanschriften zu verzögern und um eine Stillarbeitsphase herzustellen,<br />

die <strong>als</strong> Ruhepunkt dienen sollte. Der Einstieg in die Gruppenarbeitsphase über die Bilder, die<br />

Industrie<strong>den</strong>kmäler und Landschaften des <strong>Ruhrgebiet</strong>s zeigten, war deswegen gut gewählt,<br />

da die Schüler dazu Fragen entwickelten und anfingen, sich <strong>für</strong> die teilweise ungewöhnlichen<br />

Bauten zu interessieren. Verbesserungswürdig wäre an dieser Stelle die Präsentation der<br />

Bilder, die ich <strong>den</strong> Schülern aus <strong>den</strong> Bildbän<strong>den</strong> direkt zeigte. Sie hätten natürlich<br />

eingescannt und über Beamer an die Wand projiziert wer<strong>den</strong> sollen, so dass sie <strong>für</strong> alle gut<br />

sichtbar gewor<strong>den</strong> wären. Außerdem hätte geklärt wer<strong>den</strong> müssen, wo genau <strong>im</strong> <strong>Ruhrgebiet</strong><br />

sich diese Objekte und Landschaften <strong>im</strong> <strong>Ruhrgebiet</strong> befin<strong>den</strong>, damit die Schüler das Bild auf<br />

der Karte einordnen können, um zur räumlichen Vorstellung beizutragen.<br />

67


Bei der Überleitung zur Gruppenarbeit bemerkte ich nach wie vor die Irritationen der Schüler,<br />

da ein Junge <strong>den</strong> Kommentar: „ich dachte, wir machen was mit Musik?“ in <strong>den</strong> Raum warf. In<br />

Voraussicht auf die nächsten Stun<strong>den</strong>, ließ ich diesen Ausruf unbeantwortet.<br />

Die Gruppenarbeit und die Präsentation gelangen gut und es wurde deutlich, dass die<br />

Schüler mit diesen Arbeitsmetho<strong>den</strong> vertraut sind.<br />

Die starke Lenkung zum Schluss der Stunde erfolgte aufgrund meiner Position <strong>als</strong><br />

„Forscherin“ und Lehrerin. Zwar ging es darum, problem- und handlungsorientierten<br />

Unterricht durchzuführen, aber nicht in der Form des vorzeigbaren Prüfungsunterrichts einer<br />

Referendarin. Da es sich bei diesem Unterrichtsversuch um die Erreichung eines Ziels unter<br />

einer best<strong>im</strong>mten Fragestellung handelte, war der lehrerzentrierte und gelenkte Unterricht an<br />

best<strong>im</strong>mten Stellen durchaus nötig.<br />

Das Ziel dieser theoretisch ausgerichteten Stunde war vor allem, dass die Schüler <strong>den</strong><br />

Begriff <strong>Strukturwandel</strong>, aufgezeigt am <strong>Beispiel</strong> von <strong>Bochum</strong>, beschreiben, verstehen und auf<br />

die gesamte Region des <strong>Ruhrgebiet</strong>s übertragen können. Die Festigung des Wissens sollte<br />

Ziel der weiteren Stun<strong>den</strong> sein.<br />

3.4.4 Freitag, 11. Juni 2010<br />

Durchführung<br />

Ein Geburtstagsständchen <strong>für</strong> einen Schüler leitet die Stunde ein. Bevor ich mit dem<br />

geplanten Unterricht beginne, lasse ich die versprochenen Kopien austeilen, die die<br />

Zusammenfassung der Gruppenarbeit aus der letzten Stunde (Anhang 5, S. 15) enthält. Im<br />

Anschluss daran erfolgt der Einstieg über das Wort Hymne, das nach Aufklappen der Tafel<br />

sichtbar wird. Die Schüler erhalten die Aufgabe zu erklären, was sie unter diesem Begriff<br />

verstehen und äußern sich folgendermaßen dazu (zusammengefasst in Stichworten):<br />

Hymne:<br />

� Nationalhymne<br />

� Darstellung von etwas Positivem, Schönem<br />

� Offiziell<br />

� Pompös<br />

� Klassisch Musik<br />

Im Anschluss daran gebe ich ihnen die genaue Bedeutung und die Wortherkunft vor (siehe<br />

Planung, S. 51).<br />

Die folgende Problematisierungsphase beginnt mit der Verteilung des Liedtextes „Komm zur<br />

Ruhr“ auch Ruhrhymne genannt von Herbert Grönemeyer. Der Arbeitsauftrag, mit dem die<br />

Schüler das Lied verfolgen sollen, lautet:<br />

„Achtet darauf, wie Grönemeyer sein Lied musikalisch und textlich gestaltet! Entspricht sie<br />

eurer Vorstellung einer Hymne?“<br />

68


Das Mitteilungsbedürfnis nach dem sechs-minütigen Song ist relativ groß. Sie beschreiben<br />

die musikalische Gestaltung und gehen auf <strong>den</strong> klassischen Beginn ein, der in kräftigen<br />

Gitarrensounds endet. Es geht um Dynamik und die Feststellung, dass das <strong>Ruhrgebiet</strong> <strong>als</strong><br />

sehr vielseitig und positiv dargestellt wird. Teilweise besitzt die Musik, durch die dynamische<br />

Steigerung sowie durch die klassische (Streichersatz) und rockige (Schlagzeug, E-Gitarre,<br />

Keyboard) Instrumentierung, Gänsehautcharakter und entspricht deswegen ihrer Vorstellung<br />

einer Hymne. Mit dem Text können sie dagegen weniger anfangen und erkundigen sich nach<br />

der Bedeutung einiger Textpassagen. In einer Abst<strong>im</strong>mung, wie die Schüler das Lied nach<br />

einmaligem Hören fin<strong>den</strong>, bekundet die Mehrheit der Klasse, ihre Abneigung gegenüber dem<br />

Stück. Einigen gefällt es, wenige stehen dem Song neutral gegenüber.<br />

Um die Schüler <strong>für</strong> die nächste Arbeitsphase zu motivieren, habe ich mir folgende<br />

Überleitung ausgedacht. Ich gebe <strong>den</strong> Schülern vor, dass ihre ablehnende Haltung der<br />

Meinung vieler Menschen entspricht. Deswegen haben die Initiatoren von Ruhr 2010 einen<br />

kleinen Wettbewerb <strong>für</strong> nordrhein-westfälische Schulen ausgeschrieben, in dem es darum<br />

geht, ein neues Lied über das <strong>Ruhrgebiet</strong> zu verfassen. Und obwohl wir nicht aus NRW<br />

kommen und auch nicht das Lebensgefühl kennen, könnten wir uns trotzdem daran<br />

beteiligen und uns Gedanken über die musikalische Auseinandersetzung mit dem<br />

<strong>Ruhrgebiet</strong> machen. Schließlich haben wir ja schon eine Menge über die Veränderungen<br />

dort und deren Gründe erfahren.<br />

Es soll nun ein neues Lied über das <strong>Ruhrgebiet</strong> geschrieben wer<strong>den</strong>, wobei ich darauf<br />

hinweise, dass es keine neue Hymne wer<strong>den</strong> muss. Die einzige Bedingung besteht darin,<br />

dass der Wandel der Region durch <strong>den</strong> Text und die Musik deutlich gemacht wer<strong>den</strong> soll.<br />

Da<strong>für</strong> gilt es zu klären, welche Inhalte wichtig sind, welche Musikrichtung die Schüler da<strong>für</strong><br />

wählen und welche musikalischen Umsetzungsmöglichkeiten sich anbieten wür<strong>den</strong>. Die<br />

genannten Fragepunkte wer<strong>den</strong> <strong>im</strong> Unterrichtsgespräch nacheinander abgearbeitet und<br />

sorgen <strong>für</strong> rege Unterhaltungen und Diskussionen, die stichwortartig <strong>im</strong> nachstehen<strong>den</strong><br />

Tafelbild festgehalten sind:<br />

Inhalt Musikrichtung Musikalische Umsetzung<br />

Zugebautes Gebiet Klassische Musik Durch Dynamik (laut – leise)<br />

Mentalität Popsong/ Rock Instrumente: Streicher,<br />

Wandel von Industrie zu<br />

Dienstleistung<br />

Blechbläser, Becken, Harfe,<br />

Klavier<br />

HipHop, Rap, Funk Elektronische Klänge<br />

Vorurteil „rauchende Schlote“ Neue Musik Harmonik<br />

Heutige Kultur<br />

69


Vielseitigkeit (Mensch,<br />

Industrie, Natur, Kultur)<br />

Die Ruhr (der Fluss)<br />

Umgebung (alles, was schön<br />

ist)<br />

Hohe Arbeitslosigkeit<br />

Besonders bei der Frage, wie sich die Inhalte musikalisch umsetzen lassen, kommen<br />

angeregte Streitgespräche auf. Die Schüler verteidigen ihre Ideen begründet und versuchen,<br />

ihre Vorschläge durchzusetzen. Z.B. argumentiert ein Schüler, der gerne ein Becken<br />

eingesetzt hätte, damit, dass dieses Instrument der Vorstellung eines Stahlwerks nahe käme.<br />

Eine andere Schülerin plädiert <strong>für</strong> Streicher, die eine schöne Melodie spielend, die positiven<br />

Seiten des <strong>Ruhrgebiet</strong>s darstellen soll. Wiederum eine Schülerin möchte durch <strong>den</strong> Einsatz<br />

der Harfe die Präsenz der Ruhr <strong>im</strong> Hintergrund <strong>im</strong>itieren. Da das aber überhaupt nicht der<br />

Meinung eines Mitschülers entspricht, sondern er die Verwendung eines Klaviers <strong>für</strong> absolut<br />

notwendig hält, entfacht sich hier eine weitere Diskussion über die Instrumentierung.<br />

Schon deutlich weniger Wortmeldungen gibt es <strong>für</strong> die Auswahl der Musikrichtung.<br />

Rockmusik <strong>als</strong> Grundlage des neuen Liedes sollte deshalb gewählt wer<strong>den</strong>, weil die<br />

elektrischen Klänge sich gut <strong>für</strong> die Darstellung der industriellen Bereiche eignen. Für die<br />

Umsetzung landschaftlicher Elemente käme nur Klassik in Frage. Auch Neue Musik und<br />

HipHop wären <strong>den</strong>kbar. Da sich die Stunde dem Ende neigt, muss ich das<br />

Unterrichtsgespräch been<strong>den</strong>, weil mir wichtig ist, dass die Schüler noch vor dem<br />

Wochenende das Arbeitsblatt (Anhang 5, S. 17) mit <strong>den</strong> Aufgaben erhalten, um Fragen zu<br />

klären und um die nächste Stunde vorzubereiten. Bevor der Arbeitsauftrag laut vorgelesen<br />

wird, erkläre ich <strong>den</strong> Schülern kurz, wie ich mir <strong>den</strong> Verlauf der nächsten Woche vorstelle.<br />

Reflexion<br />

Die vierte Stunde der Unterrichtseinheit wurde mit klarem musikalischem Schwerpunkt<br />

durchgeführt und sollte damit die Überleitung zum musikpraktischen Teil des Versuchs<br />

darstellen. Auf der Basis ihrer musikalischen und geographischen Kenntnisse, sollten Text<br />

und Musik des Liedes „Komm zu Ruhr“ bewertet wer<strong>den</strong>. Darüber hinaus wurde <strong>im</strong> Verlauf<br />

der Stunde das Abstraktionsvermögen der Schüler angesprochen, in dem sie die<br />

fachwissenschaftlichen erdkundlichen Inhalte mit musikalischen Elementen in Verbindung<br />

bringen sollten. Dieses Vorhaben gelang meiner Meinung nach gut und es ist anzumerken,<br />

dass die Schüler deutlich aktiver und produktiver mitarbeiteten <strong>als</strong> in <strong>den</strong> Stun<strong>den</strong> zuvor.<br />

70


Die Zusammenfassung der Gruppenergebnisse, die <strong>den</strong> <strong>Strukturwandel</strong> in <strong>Bochum</strong> zwischen<br />

1956 und 2007 (Anhang 5, S. 15) aufzeigt, sollte zur Sicherung der Ergebnisse und <strong>als</strong><br />

Grundlage des musikpraktischen Arbeitens dienen. Ein erneutes Aufrollen der Fakten hätte<br />

<strong>den</strong> Rahmen des Unterrichtsversuchs gesprengt und nicht zur Motivation der Schüler<br />

beigetragen.<br />

Da Grönemeyers Lied „Komm zur Ruhr“ kaum unter diesem Titel bekannt, sondern eher <strong>als</strong><br />

so genannte „Ruhrhymne“ verbreitet wurde, nahm ich dies zum Anlass, <strong>den</strong> Begriff Hymne<br />

definieren zu lassen. Herkunft und Wortbedeutung sollten <strong>den</strong> Schülern bewusst machen,<br />

dass es sich bei diesem Song wieder um eine Art Liebeserklärung an eine Region, ähnlich<br />

wie bei „<strong>Bochum</strong>“, handelt. Hinter diesem Arbeitsschritt verbarg sich die Absicht, <strong>den</strong><br />

allgemeinen Inhalt des Liedes vorwegzunehmen, weil die einzelnen Aussagen <strong>für</strong> die jungen<br />

Schüler nach einmaligem Hören nicht greifbar gewor<strong>den</strong> wären. Außerdem bot sich damit die<br />

Möglichkeit, dass sich die Schüler stärker auf die musikalische Umsetzung konzentrieren<br />

konnten, weil ihnen die Intention des Popsongs bewusst war.<br />

Der schwierige Songtext war der Grund, <strong>den</strong> Schülern <strong>den</strong> Text in gedruckter Form<br />

auszuteilen und sie während des Hörens mitlesen zu lassen. An diesem Punkt stieß ich<br />

während der Planung auf Entscheidungsprobleme. Eigentlich war es angedacht, dass die<br />

Schüler das Lied ohne gedruckten Text hören, damit sie ihr Hauptaugenmerk auf die Musik<br />

und ihre Wirkung richten. Schließlich entschied ich mich gegen dieses Vorgehen und <strong>für</strong> das<br />

Verteilen des Textes, weil die Schüler Text und Musik gleichzeitig wahrnehmen sollten. Das<br />

Hören ohne gedruckten Text hätte wegen des Textverständnisses ein wiederholtes Abspielen<br />

erfordert, was aufgrund der Länge des Songs unmöglich gewesen wäre.<br />

Dass die Schüler eher die musikalische Gestaltung <strong>als</strong> <strong>den</strong> Text zu verstan<strong>den</strong>, zeigte sich<br />

<strong>im</strong> nachfolgen<strong>den</strong> Unterrichtsgespräch. Das Bedürfnis, das eigene subjektive Empfin<strong>den</strong><br />

über dieses Lied zu äußern, war groß. Unbegründete Äußerungen, die manche Schüler in<br />

<strong>den</strong> Raum warfen, wie „Ich finde das Lied blöd, mir gefällt das nicht!“, ließ ich gelten, weil<br />

genau dies meine Absicht war: Ich wollte, dass die Schüler ihren Gefühlen Ausdruck<br />

verliehen. Das hatte ich ihnen nachdrücklich zu verstehen gegeben.<br />

Die Stunde wurde durch weitere angeregte Diskussionen fortgeführt. An der Aussprache<br />

über die Gestaltung des Textes durch musikalische Mittel, beteiligten sich ausgesprochen<br />

viele Schüler und auch solche, die sich sonst eher zurückhaltend zeigten. Die Gespräche<br />

und das Mitteilungsbedürfnis bewiesen mir, dass es <strong>den</strong> Schülern wichtig war und Spaß<br />

bereitete, ihre eigene Meinung kundzutun. Da<strong>für</strong> bietet der Musikunterricht mehr Platz <strong>als</strong><br />

das Fach Erdkunde, da in der Musik die subjektive Meinungsäußerung Teil des<br />

Verstehensprozesses ist. Folglich führe ich die Aktivität dieser Stunde auf <strong>den</strong> Einsatz<br />

musikalischer Elemente zurück, die eine willkommene Abwechslung zu der vorhergehen<strong>den</strong><br />

Kartenarbeit darstellte und damit die Schüler motivierte.<br />

71


Anmerkungen zum Arbeitsauftrag: Der <strong>Strukturwandel</strong> musikalisch<br />

Die Vorgaben des Arbeitsblattes sollen <strong>den</strong> Schülern, bei der kreativen Umsetzung<br />

der erdkundlichen Inhalte helfen.<br />

Den Vorgesprächen mit dem Musiklehrer der Klasse konnte ich entnehmen, dass<br />

kaum selbstständiges musikpraktisches Arbeiten stattgefun<strong>den</strong> hatte und das<br />

Komponieren mit Schülern einer intensiven Vorarbeit bedarf. Da mir auch bewusst<br />

war, dass der Interessenschwerpunkt dieser Klasse auf dem naturwissenschaftlich-<br />

mathematischen lag und die Instrumentalisten unter <strong>den</strong> Schülern nicht die Mehrheit<br />

darstellte, schien es mir sinnvoll, die musikpraktische Phase durch Vorschläge stark<br />

zu unterstützen.<br />

Alle Musikrichtungen stan<strong>den</strong> <strong>für</strong> das Lied über <strong>Bochum</strong> zur Auswahl, damit die<br />

Schüler ihren musikalischen Vorlieben folgen konnten. Dadurch soll ihnen auch der<br />

Freiraum zugestan<strong>den</strong> wer<strong>den</strong>, ihre subjektive Vorstellung und Meinung über das<br />

<strong>Ruhrgebiet</strong> individuell zu äußern. Kreative Ideen zu einem Gegenstand oder<br />

Sachverhalt frei entwickeln zu können, die dem eigenen Empfin<strong>den</strong> entsprechen,<br />

erscheint mir <strong>als</strong> wichtige Voraussetzung und Anreiz, um authentische Ergebnisse zu<br />

erzielen.<br />

Als Textgrundlage sollten die Schüler eine Strophe über <strong>Bochum</strong> schreiben. Die<br />

Reduzierung auf sechs Verszeilen ist <strong>den</strong> zeitlichen Verhältnissen angepasst, da <strong>den</strong><br />

Schülern zum Ideensammeln, zum Texten und Einstudieren nur drei Schulstun<strong>den</strong><br />

bleiben. In dem Bewusstsein, dass mehr <strong>als</strong> die Hälfte der Klasse kein<br />

Musikinstrument spielt, wer<strong>den</strong> Vorschläge <strong>für</strong> die musikalische Gestaltung gemacht,<br />

die auch <strong>für</strong> Nicht-Musiker ausführbar sind. Aus der Arbeitsanweisung soll außerdem<br />

deutlich wer<strong>den</strong>, dass die Schüler in der Umsetzung des <strong>Strukturwandel</strong>s alle<br />

kreativen Freiheiten besitzen, die zu einem vorzeigbaren Ergebnis führen.<br />

Der Vermerk „Es gibt einen Preis“ soll die Schüler motivieren, gründlich und überlegt<br />

zu arbeiten.<br />

Die Durchführung und Reflexion der musikpraktischen Stun<strong>den</strong> soll zusammengefasst<br />

dargestellt wer<strong>den</strong>, da in <strong>den</strong> Stun<strong>den</strong> von Montag, dem 14. Juni bis Donnerstag, dem 17.<br />

Juni, in <strong>den</strong> Gruppen überwiegend selbstbest<strong>im</strong>mt gearbeitet wurde. Die Ergebnisse der<br />

Präsentation vom Freitag, dem 18. Juni, wer<strong>den</strong> in der Auswertung vorgestellt und befin<strong>den</strong><br />

sich vollständig mit CD <strong>im</strong> Anhang 1.<br />

72


3.4.5 Montag, 14. Juni, bis Donnerstag, 17. Juni 2010<br />

Durchführung<br />

Die geplante fünf-minütige Einstiegsphase, in der die Schüler ihre ersten Ideen zu einem<br />

Lied über <strong>Bochum</strong> vorstellen sollen, beschränkt sich auf höchstens zwei Minuten, in <strong>den</strong>en<br />

eine Gruppe ihr Vorhaben, ein Kirchenlied umzudichten, präsentiert. Die anderen Gruppen<br />

kommen unvorbereitet in <strong>den</strong> Unterricht und geben vor, Schwierigkeiten bei der<br />

Entscheidungsfindung gehabt zu haben. Als Hilfestellung habe ich einige Musikbeispiele<br />

mitgebracht, die sich auf verschie<strong>den</strong>e Art und Weise mit dem <strong>Ruhrgebiet</strong> auseinander<br />

setzten (Anhang 1, CD 2, Track 1 - 5). Dabei handelt es sich um einen Rocksong des<br />

Sängers Wolfgang Petry mit dem Titel <strong>Ruhrgebiet</strong>, um das Stück Oberhausen der Gruppe<br />

Missfits und um einen Rap, der ebenfalls <strong>den</strong> Titel <strong>Ruhrgebiet</strong> trägt und in Anlehnung an<br />

Petrys Song von Snaga & Pillath verfasst wurde. Die Schüler sollen sich zu <strong>den</strong> Ideen und<br />

der Umsetzung der vorgespielten Stücke <strong>im</strong> Unterrichtsgespräch äußern. Im Anschluss<br />

daran beginnt die Gruppenarbeit mit der Vorgabe, ihre Ergebnisse am Freitag, dem 18. Juni,<br />

der Klasse vorzustellen.<br />

Die darauf folgen<strong>den</strong> Stun<strong>den</strong> sind so angelegt, dass sich die Klasse zu Beginn der Stunde<br />

kurz versammelt, um Fragen zu klären oder um das ein oder andere Teilergebnis zu<br />

präsentieren. Danach sollen die Schüler wieder selbstständig in ihren Gruppen<br />

zusammenfin<strong>den</strong> an ihrem Projekt weiterarbeiten. Während der Arbeitsphase stehe ich stets<br />

<strong>für</strong> Fragen und <strong>für</strong> Organisatorisches wie Bereitstellung von Laptop oder Instrumenten, zur<br />

Verfügung. Am Mittwoch sollen mir die Schüler zum Ende der Stunde eine Liste abgeben mit<br />

Instrumenten und Medien, die sie <strong>für</strong> die Präsentation am Freitag benötigen. Nur eine<br />

Gruppe ist an diesem Tag schon in der Lage, mir Auskunft darüber zu geben, dass sie <strong>für</strong><br />

ihren Auftritt Verstärker und Mikrofon benötigen. Auch in der Donnerstagsstunde erhalte ich<br />

keine weiteren Hinweise, um organisatorische Vorbereitungen zu treffen.<br />

Reflexion der musikpraktischen Einheit<br />

Trotz der vielen Vorgaben, die in der Arbeitsanweisung enthalten waren, kamen die meisten<br />

der fünf Gruppen nur sehr schleppend voran. Meinen Beobachtungen zufolge lag das aber<br />

nicht an fehlen<strong>den</strong> Ideen, sondern eher an der Gruppendynamik. Den Schülern fiel es<br />

schwer, sich innerhalb der Gruppe zu einigen, so dass allein das Erstellen des Textes sehr<br />

viel Zeit in Anspruch nahm. Dabei fiel auch auf, dass es in jeder Gruppe mindestens einen<br />

Schüler gab, der in dem Projekt die „künstlerische Leitung“ übernahm, die Mitglieder anwies<br />

und dementsprechend die meiste Arbeit leistete. Die mitarbeiten<strong>den</strong> Schüler befolgten die<br />

Anleitungen einerseits aus Respekt vor dem vermeintlich musikalischeren Gruppenführer<br />

andererseits war es Trägheit, die sie an einem produktiven Beitrag hinderte.<br />

73


In dieser Phase war es sehr laut, weil die Schüler, sich <strong>im</strong> Raum bewegten, und die<br />

Instrumente ausprobierten. Außerdem wurde ich vor organisatorische Probleme gestellt,<br />

<strong>den</strong>n plötzlich stand mir der Musikraum mit <strong>den</strong> Instrumenten nicht mehr zur Verfügung, weil<br />

ein Unterrichtsbesuch in diesen Raum verlegt wurde. Ein anderes Mal, war das E-Piano<br />

samt Verstärker und Mikro verschwun<strong>den</strong>, weil man es <strong>für</strong> einen Auftritt in der Aula benötigte.<br />

Dennoch kam nie ein unangenehmes Arbeitskl<strong>im</strong>a auf. Die Schüler tauschten sich aus bzw.<br />

versuchten, ihre Ergebnisse, soweit es ging, vor anderen Gruppen gehe<strong>im</strong> zu halten.<br />

Dadurch entstand ein gewisser Ehrgeiz, der die Schüler zu <strong>den</strong> beeindrucken<strong>den</strong><br />

Ergebnissen verhalf, die <strong>im</strong> Folgen<strong>den</strong> vorgestellt wer<strong>den</strong>.<br />

3.4.6 Ergebnisse<br />

Alle Gruppen konnten zum Ende der Einheit Ergebnisse präsentieren, die die Anforderungen<br />

des Arbeitsauftrages und meine Erwartungen bei weitem übertrafen. Die Schüler wollten sich<br />

nicht auf kurze Chor- oder Sprechgesänge beschränken, sondern verfolgten die Absicht, eine<br />

reife Bühnenleistung abzugeben. Da<strong>für</strong> arbeiteten sie größtenteils vollständige Songs mit<br />

mehreren Strophen aus, die sowohl musikalisch <strong>als</strong> auch inhaltlich überzeugten.<br />

Die Ergebnisse sind <strong>im</strong> Anhang 6 vollständig dokumentiert und auf CD 1 und 2 festgehalten.<br />

Die Präsentation des Songs „Die große Liebe“ konnte wegen der Erkrankung einer Schülerin<br />

nicht stattfin<strong>den</strong> und deshalb nicht auf der CD gespeichert wer<strong>den</strong>. Die vorhan<strong>den</strong>en<br />

Videoaufzeichnungen besitzen leider eine schlechte Tonqualität, so dass die Inhalte nicht zu<br />

verstehen sind. Es ist daher nötig, die beigefügten Texte mitzulesen.<br />

Die Schüler stellten ihre einstudierten Songs <strong>im</strong> großen Musikraum der Schule vor, der uns<br />

Platz bot, außerhalb von Tafel und Tischen eine Art Bühne zu bil<strong>den</strong>. Wider Erwarten führten<br />

die Gruppen ihre Ergebnisse bereitwillig und ohne große Hemmungen auf, was <strong>für</strong> das gute<br />

Klassenkl<strong>im</strong>a spricht.<br />

3.4.6.1 Die Vorstellung und Erläuterung der Lieder <strong>im</strong> Einzelnen<br />

Gruppe 1: Die große Liebe (Anhang 6: Gruppe 1, S. 18, CD 2 - Track 6)<br />

Da das Lied leider nicht vorgestellt wer<strong>den</strong> konnte, soll an dieser Stelle der gedachte Ablauf<br />

beschrieben wer<strong>den</strong>.<br />

Wie der Name schon vermuten lässt, handelt es sich bei diesem Lied um eine<br />

„Liebeserklärung“ an das <strong>Ruhrgebiet</strong>. Die Schüler beabsichtigen <strong>für</strong> die Umsetzung die Form<br />

eines Rap, wo<strong>für</strong> das Stück Not afraid von Eminem <strong>als</strong> Grundlage dienen und <strong>im</strong> Hintergrund<br />

mitlaufen solle, während dazu die Strophen abwechselnd von einer männlichen St<strong>im</strong>me und<br />

einer weiblichen St<strong>im</strong>me gerappt wer<strong>den</strong>. Die letzte Zeile der Strophe „Du bist der<br />

begehrteste Pott!“ ist <strong>als</strong> gemeinsam gesprochene Zeile gedacht.<br />

74


Inhaltlich ist dieses Stück meiner Meinung nach die stärkste Leistung der Klasse, da der<br />

Wandel in sehr überlegter Art und Weise dargestellt wird. Stichwörter wie Bergbau (Strophe 1)<br />

und Arbeitslosigkeit (Strophe 4) zeigen, dass der Zusammenhang von Zechenstilllegungen<br />

und Arbeitsplatzverlust verstan<strong>den</strong> wurde. Auch wer<strong>den</strong> die Eindrücke, die durch<br />

Grönemeyers Lieder vermittelt wur<strong>den</strong>, verarbeitet. „Du hast da<strong>für</strong> deine Schönheit<br />

gegeben“ (Strophe 1) erinnert an die Textzeile „du bist keine Schönheit“ (<strong>Bochum</strong> von<br />

Grönemeyer). Die 3. Strophe spielt wiederum auf die frühere einseitige Ausrichtung der<br />

Wirtschaft des <strong>Ruhrgebiet</strong>s und <strong>den</strong> heutigen Status der Kulturhauptstadt an.<br />

Die Inhalte wie Drogen oder Ban<strong>den</strong>kriege, gingen zwar nicht aus dem Unterricht hervor und<br />

müssten weiter untersucht wer<strong>den</strong>, sie passen <strong>den</strong>noch zur Musikrichtung des Rap. Die<br />

Mutmaßungen über solche Zustände sind meiner Meinung nach aber berechtigt, da die<br />

Schüler aus dem Problem der Arbeitslosigkeit mögliche Folgen wie Frustration, Kr<strong>im</strong>inalität,<br />

Drogen und Ban<strong>den</strong>kriege ableiten, die ihnen wahrscheinlich aus anderen<br />

Zusammenhängen bekannt sind.<br />

Die Jungen und das einzige Mädchen der Gruppe versuchen durch abwechselnd<br />

gesprochene Zeilen und durch gesangliche Passagen (Refrain) das Stück zu variieren.<br />

Mich überrascht es, <strong>im</strong> Nachhinein zu erfahren, dass die Schülerin, die hauptsächlich an der<br />

Entstehung der Idee und des Textes beteiligt war, angeblich zu <strong>den</strong> leistungsschwächsten<br />

Schülern der Klasse zählt.<br />

Gruppe 2: <strong>Bochum</strong> – Stadt der Zeit (Anhang 6: Gruppe 2, S. 19, CD 1 – Video 1)<br />

Mit viel Mut stellt die fünfköpfige Gruppe ihr „Lied <strong>Bochum</strong> – Stadt der Zeit“ vor. Ein Mädchen<br />

spielt am Klavier, ihre Freundin singt dazu die Strophen ins Mikrofon und die drei Mitschüler<br />

bil<strong>den</strong> <strong>den</strong> Chor <strong>für</strong> <strong>den</strong> Refrain. Zwar übertönt die Akkordbegleitung des Klaviers die zarten<br />

St<strong>im</strong>men, so dass der Text kaum zu verstehen ist, <strong>den</strong>noch rechne ich <strong>den</strong> Schülern ihren<br />

Auftritt hoch an. Es hat mich gefreut zu sehen, dass die Jungen und Mädchen dieser<br />

neunten Klasse sich selbstbewusst vor die Klasse stellen und keine Hemmungen zeigen vor<br />

ihren Mitschülern zu singen.<br />

Auch diese Gruppe hat sich viel Mühe gegeben, alle Mitglieder mit in die Präsentation<br />

einzubeziehen und die gelernten Inhalte kreativ zu verarbeiten. Im Gegensatz zu dem vorher<br />

beschriebenen Rap kommt dieser Song einer Ballade gleich, bei der die Schüler Wert auf<br />

Melodik und Klanglichkeit legen. Wie die erste Gruppe wählen sie die gebräuchlichste<br />

Liedform, die aus <strong>den</strong> Teilen Strophe und Refrain gebildet wird.<br />

Fast poetisch („wirst umarmt von deiner Ruhr“ Strophe 3) verarbeiten die Schüler in diesem<br />

Stück die Eindrücke, die ihnen durch Kartenarbeit, Texte, Lieder und DVD vermittelt wur<strong>den</strong>.<br />

Dabei gehen sie chronologisch vor und befassen sich in <strong>den</strong> ersten Strophen mit dem<br />

einstigen Aussehen des <strong>Ruhrgebiet</strong>s, dass geprägt war durch „Rauch, Qualm, Fabriken,<br />

75


Stahl“ (Strophe 1) und „Kohle“ (Strophe 2) und gehen dann in der dritten Strophe zum<br />

veränderten Bild der Stadt über. Dabei bauen sie die Informationen, die aus der Kartenarbeit<br />

hervorgingen und die über das <strong>Ruhrgebiet</strong> <strong>als</strong> Kulturhauptstadt gezeigt wur<strong>den</strong> ein<br />

(Industrie<strong>den</strong>kmäler, Starlighthalle, Freizeitparks, Fußballstadien, Theaterbühnen). Die<br />

musikalische Gestaltung ist durch die einfache Akkordbegleitung relativ schlicht gehalten.<br />

Hier hätte es sich angeboten, <strong>den</strong> Kontrast, der <strong>im</strong> Stück textlich dargestellt wird, durch <strong>den</strong><br />

Einsatz von Percussioninstrumenten oder durch Veränderung der Lautstärke zu<br />

verdeutlichen.<br />

Gruppe 3: Das <strong>Ruhrgebiet</strong> – Oh happy day! (Anhang 6, Gruppe 4, S. 21, CD - Video 3)<br />

In Anlehnung an <strong>den</strong> Song „Oh happy day“ von Edwin Hawkins, der vor allem durch <strong>den</strong> Film<br />

Sister Act bekannt wurde, verfasst die dritte Gruppe ein Lied, das sich gegen die gängigen<br />

Vorurteile wendet: „Das <strong>Ruhrgebiet</strong> ist nicht so wie man es kennt – kein Rauch, Essen oder<br />

Zechen!“ (1. Strophe) „Wir wollen allen zeigen, dass der Ruhrpott nicht das ist, was es mal<br />

war, das <strong>Ruhrgebiet</strong>, es strahlt in neuem Licht!“. Sie schildern, dass die Region mit seinen<br />

Fußballevents, Theatern und Museen viel mehr zu bieten hat und durchaus ein attraktiver Ort<br />

<strong>für</strong> Besuche und zum Leben sein kann. Der Refrain „oh happy day“, der <strong>im</strong>mer nach zwei<br />

Zeilen von der Gruppe <strong>im</strong> Chor gesungen wird, betont die neue, positive Ausstrahlung des<br />

<strong>Ruhrgebiet</strong>s, wo man ohne weiteres einen fröhlichen Tag verbringen kann.<br />

Die Strophen wer<strong>den</strong> von einem einzelnen Schüler gesprochen vorgetragen, wobei er durch<br />

die Bongo unterstützt wird. Im Refrain setzen die Gitarre und die restlichen<br />

Gruppenmitglieder mit ein und singen zwei Mal „Oh happy day“. Da in dieser Gruppe mit<br />

Ausnahme des Gitarrenspielers, der zwei Akkorde beherrscht, keine Instrumentalisten<br />

beteiligt sind, sind <strong>den</strong> Schülern die Unsicherheiten anzumerken, die die musikalische<br />

Umsetzung des Textes an sie stellt. Dies äußert sich zum einen in der sehr unrhythmischen<br />

Begleitung durch die Bongos und zum anderen durch <strong>den</strong> spärlichen Einsatz musikalischer<br />

Mittel. Durch <strong>den</strong> Vergleich mit <strong>den</strong> anderen Gruppen wurde ihnen dieser „Rückstand“ vor<br />

Augen geführt, was leider dazu führte, dass sie wenig selbstbewusst vor die Klasse traten.<br />

Durch kräftiges Lob versuchte ich, sie zu motivieren und ihnen zu verdeutlichen, dass sie<br />

<strong>den</strong> Arbeitsauftrag gut und mit ihren Fähigkeiten kreativ umgesetzt haben.<br />

Gruppe 4: So groß und wunderbar (Ruhr Edition) (Anhang 6, Gruppe 3, CD 1 – Video 2)<br />

Die vierte Gruppe ging dem Vorschlag des Arbeitsblattes nach, ein ihnen bekanntes Lied<br />

umzudichten. Da<strong>für</strong> suchten sich die Schüler das Kirchenlied So groß und wunderbar aus.<br />

Sie verwandelten <strong>den</strong> religiösen Lobgesang in eine Huldigung an das <strong>Ruhrgebiet</strong>. Bei der<br />

Umsetzung lag der Schwerpunkt vor allem auf der musikalischen Gestaltung, <strong>den</strong>n gerade in<br />

dieser Gruppe kamen drei gute Instrumentalisten zusammen. Ein Schüler beherrschte sogar<br />

76


gleich mehrere Instrumente und zeigte sich auch <strong>als</strong> Sänger sehr begabt. Bei ihm wurde klar<br />

erkennbar, dass er in diesem Projekt die Möglichkeit sah, seine musikalischen Fähigkeiten<br />

darzustellen, was sich dahin auswirkte, dass er <strong>im</strong>mer wieder neue Gitarrensoli entwickelte,<br />

die sein Können zum Ausdruck bringen sollten. Dennoch leitete er die Gruppe gekonnt an,<br />

so dass er <strong>als</strong> Sänger und Gitarrist gemeinsam mit dem Ukulele-Spieler und dem<br />

Schlagzeuger ein funktionierendes Ensemble bildete.<br />

Gruppe 5: Hasstirade über <strong>Bochum</strong> (Anhang 6, Gruppe 5, S. 22, CD 1 – MP3)<br />

Dieses Stück zeichnet sich besonders durch seine Machart aus und unterscheidet sich von<br />

<strong>den</strong> anderen Stücken auch durch seine inhaltliche Aussage.<br />

Die Schüler äußern eine negative Einstellung gegenüber dem <strong>Ruhrgebiet</strong> und bringen sie in<br />

Form eines Rap zum Ausdruck. Leider befasst sich der Text thematisch nicht mit <strong>den</strong><br />

strukturellen Veränderungen der Region, sondern die Musik Herbert Grönemeyers steht <strong>im</strong><br />

Mittelpunkt und wird kritisiert. Ihrer Meinung nach handelt es sich bei Grönemeyers Liedern<br />

um „Schlagermist“ (4. Strophe), und bei <strong>Bochum</strong> um eine „Rentnerstadt“ (Strophe 3), die<br />

nicht mit <strong>den</strong> modernen „Talenten und Könnern“ (vgl. Strophe 4), die Niedersachsen<br />

hervorbringt, mithalten kann. Mit diesem „kulturellen Vergleich“ der Bundesländer erfüllt die<br />

Gruppe zwar nicht die Bedingung, <strong>den</strong> Wandel des <strong>Ruhrgebiet</strong>s zu verdeutlichen, <strong>den</strong>noch<br />

beachten sie größtenteils alle Vorgaben. Sie entschei<strong>den</strong> sich nach ihrem Empfin<strong>den</strong> <strong>für</strong><br />

einen Abgesang, sie begrün<strong>den</strong> die Wahl der Musikrichtung HipHop (Anhang 6, S. 22), sie<br />

texten und re<strong>im</strong>en und setzen dies passend musikalisch um.<br />

Ein Schüler dieser Gruppe äußerte schon in der Vorbereitungsstunde am Freitag seine<br />

Zweifel, dass sie schlecht das Lebensgefühl des <strong>Ruhrgebiet</strong>s nachvollziehen könnten, da sie<br />

ja nicht von dort kämen. Ein sehr berechtigter Einwand, so dass dieses Stück <strong>im</strong> Nachhinein<br />

<strong>als</strong> sicherlich „ehrlichste“ Komposition betrachtet wer<strong>den</strong> kann.<br />

Auch wenn der Inhalt des Rap nicht <strong>den</strong> gestellten Bedingungen des Arbeitsauftrages<br />

entspricht, so ist doch umso mehr die musikalischen Gestaltung hervorzuheben: Ein Schüler<br />

sang <strong>den</strong> Text am he<strong>im</strong>ischen Computer zu einem HipHop-Playback ein und spielte einen<br />

fertigen, professionell-klingen<strong>den</strong> Rap der Klasse auf CD vor. Ein gelungenes, sehr<br />

individuelles Ergebnis. Allerdings wur<strong>den</strong> die anderen Gruppenmitglieder nicht in die<br />

musikpraktische Umsetzung einbezogen.<br />

3.4.6.2 Die Abst<strong>im</strong>mung<br />

Wie in der Arbeitsanweisung angekündigt, wurde nach der Präsentation über das beste Er-<br />

gebnis abgest<strong>im</strong>mt und <strong>für</strong> die nächste Stunde eine kleine Preisverleihung in Aussicht ge-<br />

stellt. Die Auswahl der Schüler fiel folgendermaßen aus:<br />

1. So groß und wunderbar – Ruhr Edition (12 St<strong>im</strong>men)<br />

77


2. Hasstirade über <strong>Bochum</strong> (7 St<strong>im</strong>men)<br />

3. <strong>Bochum</strong> – ein Stadt der Zeit (5 St<strong>im</strong>men)<br />

4. Das <strong>Ruhrgebiet</strong> – Oh happy day! (1 St<strong>im</strong>me)<br />

5. Die große Liebe (1 St<strong>im</strong>me)<br />

Auf <strong>den</strong> Abst<strong>im</strong>mungszetteln sollten die Schüler die Wahl ihres Favoriten kurz begrün<strong>den</strong>.<br />

Daraus ging hervor, dass die Schüler weniger nach inhaltlichen Kriterien bewerteten, son-<br />

dern sich hauptsächlich an der Musikalität der einzelnen Gruppenmitglieder orientierten. So<br />

war es <strong>für</strong> <strong>den</strong> Großteil der Klasse eindeutig, dass das Lied „So groß und wunderbar“ gewin-<br />

nen musste, weil hierbei der musikalisch erfahrenste Schüler mitwirkte und sein Auftritt durch<br />

<strong>den</strong> Einsatz von Mikro und Verstärker sehr gekonnt wirkte. Und obwohl die <strong>Bochum</strong>er Hass-<br />

tirade <strong>den</strong> <strong>Strukturwandel</strong> gar nicht beschrieb, überzeugte die professionelle Darstellung des<br />

Raps.<br />

3.4.7 Zusammenfassung/Bewertung/Reflexion der Ergebnisse der musikpraktischen<br />

Phase<br />

Die Unterrichtseinheit <strong>Strukturwandel</strong> <strong>im</strong> <strong>Ruhrgebiet</strong> am <strong>Beispiel</strong> von <strong>Bochum</strong> wurde meiner<br />

Meinung nach mit guten Ergebnissen abgeschlossen. In der einstündigen Präsentation wa-<br />

ren die Schüler sehr motiviert und versuchten, ihre Ausarbeitungen mit viel Ernsthaftigkeit<br />

und Ehrgeiz vorzustellen. Dabei war bemerkenswert zu beobachten, wie respektvoll die<br />

Schüler miteinander umgingen und keinen Auftritt durch Gelächter oder Kommentare abwer-<br />

teten.<br />

Alle Gruppen wollten perfekte Ergebnisse, in Form eines umfangreichen und von Instrumen-<br />

ten begleiteten Songs. Die Auftritte sollten einer Performance gleichen, wie sie die Medien<br />

anbieten. Die Verfolgung dieser hoch gesteckten Ziele wurde durch <strong>den</strong> Unterricht begünstigt,<br />

da ihnen nur professionelle Vorbilder gegeben wor<strong>den</strong> sind. Wahrscheinlich hätten andere<br />

Musikbeispiele, wie z.B. rhythmisierter Chor- oder Sprechgesang, Protestsong, Kabarettsong,<br />

Volkslied die ein oder andere Gruppe auf andere Weise inspiriert. Der Mangel an Hörbeispie-<br />

len einer möglichen Umsetzung von außermusikalischen Inhalten ist demnach einer der<br />

Hauptkritikpunkte an der Durchführung dieser Einheit. Ihn sehe ich <strong>als</strong> Grund da<strong>für</strong>, dass die<br />

Schüler nur das gemacht haben, was ihnen während der Einheit vorgegeben wurde: die<br />

Nachahmung eines professionellen Songs. Keine Gruppe unterstützte ihre Präsentation<br />

durch außergewöhnliche musikalische Mittel, die dem Hörer <strong>den</strong> Inhalt nahe bringen könnte,<br />

wie z.B. der Einsatz des Beckens („stählerner“ Klang), von einfachen Instrumenten (Klang-<br />

hölzer, Mundharmonika) oder echten bzw. gesampelten Geräuschen. Das Fehlen von Dy-<br />

namik oder einer Auswahl an Instrumenten und Ideen, die die Unterschiede zwischen früher<br />

und heute musikalisch untermauern könnten zeigen, dass kein exper<strong>im</strong>entelles Arbeiten<br />

stattgefun<strong>den</strong> hat.<br />

78


Die Texte der Schüler sind auch ein Beweis da<strong>für</strong>, dass auf die Ursachen des Strukturwan-<br />

dels zu wenig eingegangen wurde. Sie beschränken sich hauptsächlich auf die Beschreibung<br />

der damaligen und heutigen Situation, aber nie wer<strong>den</strong> die Stahl- und Kohlekrise erwähnt.<br />

Zwar wur<strong>den</strong> die Gründe auch <strong>im</strong> Unterricht besprochen, aber nicht ausführlicher behandelt<br />

und gesichert, wie die Materialien der Stun<strong>den</strong> zeigen.<br />

Leider wur<strong>den</strong> auch nicht in allen Gruppen sämtliche Schüler gleichermaßen in die Grup-<br />

penarbeit einbezogen, so dass einige Schüler während der Vorstellung der Ergebnisse untä-<br />

tig an der Seite stan<strong>den</strong>. Dem hätte eine noch präzisere Arbeitsanweisung entgegenwirken<br />

können, die eine Beteiligung aller Gruppenmitglieder an der Präsentation erforderte.<br />

Aus dieser Kritik an der Auswertungsphase wird ersichtlich, wie entschei<strong>den</strong>d sich der vo-<br />

rangegangen Unterricht auf die Ergebnisse der musikpraktischen Phase auswirkte und dass<br />

nicht davon ausgegangen wer<strong>den</strong> kann, dass Schüler von sich aus exper<strong>im</strong>entell arbeiten<br />

bzw. Vorwissen mit in <strong>den</strong> Unterricht einbringen.<br />

Aber trotz dieser Einwände soll hier noch einmal angemerkt wer<strong>den</strong>, dass die Ergebnisse<br />

der Einheit, mich sowie die beteiligten Lehrkräfte in Erstaunen und Begeisterung über das<br />

Engagement der Schüler versetzten.<br />

3.5 Auswertung<br />

In diesem Kapitel sollen die Ergebnisse der Schüler- und Lehrerbefragung über <strong>den</strong> Verlauf<br />

des Unterrichtsversuchs aufgezeigt wer<strong>den</strong> sowie eine Darstellung meiner persönlichen<br />

Wahrnehmung der Unterrichtseinheit erfolgen. Im Anschluss daran wird die Fragestellung<br />

des Versuchs erneut aufgegriffen, um sie anhand der Ergebnisse des empirischen Vorge-<br />

hens zu beantworten.<br />

3.5.1 Ergebnisse der Schülerbefragung:<br />

Von insgesamt 28 Schülern der Klasse, füllten 25 <strong>den</strong> Fragebogen (Anhang 7, S. 23 - 30) in<br />

Stillarbeit aus. Die Fragestellungen wur<strong>den</strong> so konzipiert, dass die Schüler begründet Stel-<br />

lung beziehen sollten, um auswertbare Ergebnisse zu erhalten. Eine Zusammenfassung der<br />

Antworten befindet sich <strong>im</strong> Anhang 7.<br />

Auf die Frage, ob es sich <strong>als</strong> sinnvoll erwies, Erdkunde und Musik fächerübergreifend zu<br />

unterrichten, waren die Schüler geteilter Meinung. Dabei stieß die Idee an sich in der ersten<br />

Stunde auf allgemeines Unverständnis. Schüleraussage: „Anfangs konnte ich mir darunter<br />

nichts vorstellen, dann fand ich es gut“. Im Verlauf der Einheit aber wusste die Mehrzahl mit<br />

dem fächerübergreifen<strong>den</strong> Konzept etwas anzufangen.<br />

79


Die Beurteilungen des fächerübergreifen<strong>den</strong> Unterrichts reichten von:„Ich finde es sinnvoll,<br />

da es Musik und Erdkunde interessanter macht“ über „War interessant und hat Spaß ge-<br />

macht, aber auf Dauer schwierig durchzuführen“ bis zu „Ich ziehe getrennten Unterricht vor“.<br />

Für einen Großteil der Klasse war die Verbindung von Erdkunde und Musik eine interessante<br />

und neue Erfahrung, wobei sie aber bei einer dauerhaften Durchführung Schwierigkeiten<br />

sehen, da viele geographische Themen nicht da<strong>für</strong> geeignet seien. So stellte ein Schüler<br />

treffend fest, dass sich beispielsweise die Inhalte über Agrarwirtschaft schlecht mit Musik in<br />

Verbindung setzen ließen. Auch <strong>für</strong> musikalische Themenfelder, wie z.B. Notenlehre könne<br />

er sich eine Kombination dieser Fächer nicht vorstellen. Viele Schüler schätzten das Neue,<br />

das diese Idee mit sich brachte und konnten einen Mehrwert daraus ziehen: „Finde ich sinn-<br />

voll. Man hat gleichzeitig viel über Musik und Erdkunde gelernt“. Für andere ergab sich da-<br />

raus aber genau das Gegenteil. Ihnen erschien die Verknüpfung weniger sinnvoll, da sie kei-<br />

ne erkennbaren Vorteile erkennen lasse „Hat dem Erdkundeunterricht nicht weitergeholfen.“,<br />

„Finde ich nicht sinnvoll, da kein Fach richtig behandelt wurde“.<br />

Wie die Schüler die Andersartigkeit dieser Unterrichtsform wahrnahmen, lässt sich anhand<br />

der Erläuterungen über Gefallen bzw. nicht Gefallen der Einheit ablesen. Die Mehrheit der<br />

Klasse gab eine positive Rückmeldung über <strong>den</strong> Verlauf des Unterrichtsversuchs. Dabei äu-<br />

ßerten sie ihr Gefallen an der Öffnung des Unterrichts „Mir hat die Gruppenarbeit gefal-<br />

len.“ und <strong>den</strong> musikpraktischen Anteilen „Mir hat die Unterrichtseinheit gefallen, da wir mehr<br />

Praxis <strong>als</strong> Theorie hatten“. Ihnen gefiel der kreative Anteil, der Abwechslung und „Auflocke-<br />

rung“ in <strong>den</strong> Unterricht brachte: „Der Unterricht schien lockerer und man lernte was da-<br />

bei.“ Sie würdigten <strong>den</strong> Einsatz von Popmusik „Gut, auch mal aktuellere Musik und nicht nur<br />

Klassik!“.<br />

Eine Schülerin empfand <strong>den</strong> Einsatz von Musik bei fachwissenschaftlichen Themen <strong>als</strong> be-<br />

sonders hilfreich, da die Inhalte dadurch besser behalten wer<strong>den</strong> können. Die Eigenschaften<br />

des <strong>Ruhrgebiet</strong>s einmal musikalisch zu erfahren, stellte auch <strong>für</strong> einen anderen Schüler ein<br />

besonderes Erlebnis dar. Erwähnenswert ist, dass <strong>den</strong> Schülern die Verbindung zwischen<br />

Musik und Geographie bei dem speziellen Thema <strong>Ruhrgebiet</strong> schlüssig erschien, was ein<br />

Schüler mit der Aussage: „Mir hat die Verbindung von Musik und Kultur zu geographischen<br />

Orten gefallen!“ unterstreicht. Die Einheit rief aber nicht nur Gefallen hervor. Auch kritische<br />

Äußerungen kamen zum Ausdruck. Bemängelt wurde vor allem, dass diese Art des Unter-<br />

richts musikalische Begabung voraussetze, um erfolgreich am Unterricht teilnehmen zu kön-<br />

nen. Dass Musik auch ohne großes Vorwissen Spaß bereiten kann, zeigte sich an der ein-<br />

deutigen Mehrheit, die dem Fach Musik <strong>den</strong> größeren „Spaßfaktor“ zuordnete.<br />

Bei welchem Fach aus Schülerperspektive der Schwerpunkt während der Unterrichtseinheit<br />

lag, lässt sich dagegen nicht so einfach ermitteln. Einige erkannten eine Gleichverteilung<br />

„50:50“. Ein Großteil sah <strong>den</strong> Schwerpunkt bei dem Fach Geographie: „Schwerpunkt lag bei<br />

80


Erdkunde. Man hat etwas über Erdkunde gelernt und es wurde mit Musik unterstützt“. Je-<br />

doch nicht wenige Schüler empfan<strong>den</strong> eine verstärkte Ausrichtung (75:25) auf das Fach Mu-<br />

sik: „Eindeutig lag der Schwerpunkt bei Musik. Man hat wenig auf erdkundliche Details ge-<br />

achtet“.<br />

Behalten wur<strong>den</strong> Stichwörter und Zusammenhänge wie: <strong>Strukturwandel</strong>, Industrieregion frü-<br />

her - Tourismusregion heute, Kohle, Stahl, Arbeit, Arbeitslosigkeit, Lärm, Kulturhauptstadt,<br />

Grönemeyer. Dabei trug die musikalische Verarbeitung dieses erdkundlichen Themas nach<br />

Ansicht einiger Schüler aber nicht zum besseren Verständnis bei. Sie empfan<strong>den</strong> <strong>den</strong> Einbe-<br />

zug der musikpraktischen Phase aus inhaltlicher Sicht <strong>als</strong> „Zeitverschwendung“ und „über-<br />

flüssig“. Dennoch erkannten sie stets das Vergnügliche dieser Einheit an „Die musikalische<br />

Verarbeitung war nicht unbedingt hilfreich, aber es macht mehr Spaß“. Es gab aber auch<br />

Rückmeldungen, die der musikalischen Umsetzung mehr Bedeutung <strong>als</strong> nur Spaß zumaßen.<br />

Aufgrund der Musikstücke wur<strong>den</strong> Assoziationen geschaffen, die das Erfassen der Thematik<br />

erleichterten, interessanter waren und die <strong>im</strong> Nachhinein besser erinnerbar blieben „Es war<br />

hilfreich, das Thema musikalisch zu verarbeiten, weil man sich mehr Punkte zum Ort einprä-<br />

gen kann“.<br />

Auch wenn der musikpraktische Teil der Einheit größtenteils <strong>als</strong> unnötig eingestuft wurde, so<br />

hielten doch viele Schüler die Verknüpfung des <strong>Strukturwandel</strong>s <strong>im</strong> <strong>Ruhrgebiet</strong> mit Musikbei-<br />

spielen <strong>für</strong> passend, da sie die Zusammenhänge der bei<strong>den</strong> Fächer erkennen konnten. „Ja,<br />

die Verknüpfung ist sinnvoll, da es auch Musik gibt, die sich mit diesem Thema beschäftigt“,<br />

„Sinnvoll, unter anderem wegen der Ruhrhymne“.<br />

Die Antworten auf die Fragen, die sich mit fächerübergreifen<strong>den</strong>dem Unterricht <strong>im</strong> Allgemei-<br />

nen beschäftigten, machten deutlich, dass die Schüler einerseits über wenig Erfahrung mit<br />

dieser Unterrichtsform verfügten, sie andererseits diese Unterrichtsform bevorzugen wür<strong>den</strong>.<br />

Einige erwähnten die bewusste Verbindung zweier Fächer in <strong>den</strong> Naturwissenschaften, wie<br />

in Chemie und Biologie sowie in Mathe und Physik, doch die Mehrheit äußerte ein klares<br />

„Nein“ hinsichtlich ihrer Vertrautheit mit einem Fächerübergriff. Dennoch sprach sich ein<br />

Großteil sehr reflektiert <strong>für</strong> eine intensivere Verbindung von Fächern in der Schule aus. Sie<br />

würde zur Abwechslung und zum besseren Verstehen von Inhalten beitragen. Außerdem<br />

ließe eine „Vermischung“ der Fächer andere „Sichtweisen“ entstehen, wodurch Themenge-<br />

biete einprägsamer wür<strong>den</strong>. Auch die Benotung zogen sie in ihre Betrachtungen mit ein, die<br />

sich <strong>im</strong> Falle eines Fächerübergriffs <strong>den</strong>noch an <strong>den</strong> einzelnen Fächern orientieren sollte, da<br />

be<strong>für</strong>chtet wurde, dass das schwächere Fach zu viel Einfluss auf eine gemeinsame Note<br />

haben könnte. Ein Schüler berücksichtigte sogar die organisatorische Seite dieser Unter-<br />

richtsform und plädierte da<strong>für</strong>, bei der „Verbindung von Fächern <strong>den</strong> gleichen Lehrer zu ha-<br />

ben, da es sonst schneller zu Problemen kommen kann.“ Ein anderer Schüler wiederum<br />

81


achte das Ziel des fächerübergreifen<strong>den</strong> Ansatzes und seine Kritik am Fächerkanon auf<br />

<strong>den</strong> Punkt: „Fächerübergreifender Unterricht ist sinnvoller, da <strong>im</strong> späteren Leben auch alles<br />

zusammenkommt und nicht alles einzeln, es sein <strong>den</strong>n, man wird Lehrer!“.<br />

Die positive Haltung gegenüber der Fächerverknüpfung deckte sich auch mit <strong>den</strong> Einstellun-<br />

gen gegenüber dem eigenständigen Arbeiten. Es wur<strong>den</strong> aber auch St<strong>im</strong>men laut, die einen<br />

lehrerzentrierten Unterricht bevorzugen wür<strong>den</strong>, da man dadurch mehr lernen würde, der<br />

Unterricht kontrollierter abliefe und es nicht zur Überforderung käme. Jedoch wurde selbst-<br />

ständiges Handeln <strong>im</strong> Unterricht vom Gros der Klasse <strong>als</strong> effektiver bewertet<br />

Obwohl <strong>den</strong> Schülern das Fach Musik mehr Freude bereitete, wurde es in seiner Wichtigkeit<br />

der Geographie untergeordnet. Die Umfrage bestätigte das vorherrschende Klischee über<br />

die Schulmusik, die kein Wissen vermittelte, sondern rein aus unterhaltungs-technischen<br />

Grün<strong>den</strong> in der Schule unterrichtet würde „Erdkunde ist mir wichtig wegen des Wissens, Mu-<br />

sik wegen des Spaßes!“. Die Inhalte der Erdkunde dagegen seien auf Allgemeinbildung aus-<br />

gerichtet und trügen zur Formung der Weltanschauung bei, was vom Fach Musik nicht be-<br />

hauptet wer<strong>den</strong> könne. „Musik braucht man <strong>für</strong> das spätere Leben nicht“, bekundete ein<br />

Schüler. Ein anderer formulierte in seiner Antwort die Frage „Wieso muss man Noten können,<br />

wenn man kein Instrument spielt?“.<br />

Diesen Ergebnissen zufolge herrscht noch verbreitete Unkenntnis darüber, dass auch ästhe-<br />

tisches Kenntnisse und Fähigkeiten ein wichtiger Bestandteil der Allgemeinbildung sind und<br />

dass Sozial- sowie Metho<strong>den</strong>kompetenzen wichtige Voraussetzungen <strong>für</strong> die Aneignung von<br />

Wissen darstellen.<br />

Wirklich konstruktive Verbesserungsvorschläge zum Verlauf der Einheit wur<strong>den</strong> nicht gege-<br />

ben. Es wur<strong>den</strong> Wünsche geäußert, noch mehr Musik einzusetzen und weniger Gruppenar-<br />

beiten durchzuführen. Viele Schüler waren aber der Meinung, keine alternativen Ideen geben<br />

zu können, da sie solch einen Unterricht noch nie erlebt hätten und ihnen dadurch die Vor-<br />

stellung fehlte, wie man es besser machen könnte „Kann man nicht beurteilen, da man so-<br />

was noch nie gemacht hat!“.<br />

Auf die Frage nach weiteren geographischen Inhalten, die sich mit Musik verbin<strong>den</strong> lassen,<br />

zeigten sich die Schüler dagegen um einiges kreativer. Sie wollen hauptsächlich <strong>den</strong> Unter-<br />

richt über andere Städte, wie z.B. New York „da es darüber viele Lieder gibt“ oder Berlin, mu-<br />

sikalisch verknüpfen. Aber auch Länderkunde, die sowohl die Kulturen „Ureinwohner“ <strong>als</strong><br />

auch landschaftlichen Merkmale wie „Flüsse“, „Rocky Mountains“ einbezieht, könnten sie<br />

sich <strong>als</strong> Gegenstand eines weiteren fächerübergreifen<strong>den</strong> Erdkundeunterrichts mit Musik<br />

vorstellen.<br />

82


3.5.1.1 Zusammenfassung<br />

Die Schüler bewerteten die Idee des Unterrichtsversuchs, Geographie mit Musik zu verknüp-<br />

fen und <strong>den</strong> Verlauf der Einheit größtenteils positiv. Durch <strong>den</strong> Einbezug von Musikbeispielen<br />

und durch die kreative Herangehensweise an das Thema gestaltete sich der Unterricht ab-<br />

wechslungsreicher und interessanter. Die wesentlichen fachwissenschaftlichen Inhalte konn-<br />

ten erinnert wer<strong>den</strong> und schienen in Verbindung mit <strong>den</strong> Musikbeispielen <strong>als</strong> schlüssiges<br />

Ganzes erfasst wor<strong>den</strong> zu sein.<br />

Auch wenn die Mehrheit der Klasse die ausgedehnte musikpraktische Phase kritisch be-<br />

trachtete, da sie <strong>den</strong> Anschein erweckte, die geographischen Inhalte nicht hinlänglich zu un-<br />

terstützen, so diente sie doch einigen Schülern <strong>als</strong> hilfreiches Element, um die erdkundlichen<br />

Inhalte besser zu verarbeiten.<br />

Die Schüler betonten das richtige Maß des Einsatzes von Musikunterricht und die Einbettung<br />

in einen angemessenen Zusammenhang, um zur Förderung des Verständnisses beizutragen<br />

und <strong>den</strong> Spaß am Unterricht zu erhöhen.<br />

Darüber hinaus plädierten sie mehrheitlich <strong>für</strong> einen verstärkten Einsatz von fächerübergrei-<br />

fendem Unterricht <strong>im</strong> Schulalltag.<br />

3.5.2 Ergebnisse der Lehrerbefragung<br />

Da es sich bei diesem Unterrichtsversuch nicht um eine repräsentative Studie handelt, richte-<br />

te sich die Lehrerbefragung (Anhang 7, S. 31 - 32) nur an die bei<strong>den</strong> Lehrkräfte, die <strong>den</strong><br />

Fachunterricht Musik und Geographie in der 9NM2 erteilten. Die Antworten geben bloß einen<br />

Eindruck von <strong>den</strong> Erfahrungen der bei<strong>den</strong> Lehrer mit fächerübergreifen<strong>den</strong>dem Unterricht.<br />

Im Folgen<strong>den</strong> sollen die Ergebnisse nacheinander aufgezeigt wer<strong>den</strong>.<br />

Musiklehrer:<br />

Für <strong>den</strong> Musiklehrer, mit dem Zweitfach Geschichte, stellt der Einbezug mehrerer Disziplinen<br />

in seinen Fachunterricht eine Selbstverständlichkeit dar, der sich aus seinem Verständnis,<br />

die Fächer <strong>als</strong> Teil eines Ganzen zu betrachten, ergibt „es gehört zu meinem Fachverständ-<br />

nis, interdisziplinäre Verbindungen herzustellen“. Als konkretes <strong>Beispiel</strong> führt er die Musik an,<br />

die er neben Kunst, Sprache und Literatur <strong>als</strong> einen wesentlichen Teil der Kulturvermittlung in<br />

der Schule versteht. Dieser Zusammenhang erfordere geradezu die permanente Verknüp-<br />

fung von Musik mit anderen Schulfächern wie z. B. Deutsch, Kunst, Geschichte oder Religion.<br />

Er merkt aber auch an, dass dieses Fachverständnis einen Ausbruch aus der Routine be-<br />

deutet „man verlässt ´ausgetretene´ Pfade“, der ein Mehr an Arbeit mit sich bringen und auf<br />

Vorbehalte seitens der Schüler treffen kann „wieso, wir haben hier doch nicht Deutschunter-<br />

richt…“ (be<strong>im</strong> Thema Liedinterpretation).<br />

83


Erdkundelehrerin:<br />

Die Erdkunde- und Sportlehrerin der Klasse 9NM2 gibt an, kaum Erfahrungen mit fächer-<br />

übergreifendem Unterricht gesammelt zu haben. Dennoch bestünde ihrer Meinung nach, zur<br />

Klärung einiger geographischer Inhalte geradezu die Notwendigkeit, andere Fächer hinzuzu-<br />

ziehen. Dazu nennt sie <strong>Beispiel</strong>e aus der physischen Geographie, die die Bezüge zur Biolo-<br />

gie, Chemie und Physik benötigen. Auch Politik- und Wirtschaftsunterricht seien <strong>für</strong> best<strong>im</strong>m-<br />

te Themen hilfreiche Ergänzungsfächer. Aber <strong>im</strong> Unterschied zu ihrem Musik-Kollegen ver-<br />

steht sie sich <strong>als</strong> Expertin ihres Faches, so dass fächerübergreifender Unterricht nur nach<br />

Absprache mit <strong>den</strong> jeweiligen Fachlehrern stattfin<strong>den</strong> kann. Da aber die Lehrpläne der Fä-<br />

cher nicht aufeinander abgest<strong>im</strong>mt seien, käme ein „erheblicher Abst<strong>im</strong>mungsaufwand“ auf<br />

die Lehrkräfte zu, die dadurch <strong>den</strong> Einsatz fächerübergreifen<strong>den</strong> Unterrichts eher vermie<strong>den</strong>.<br />

3.5.2.1 Zusammenfassung<br />

Die Auswertung der bei<strong>den</strong> Fragebögen zeigt die unterschiedliche Erfahrung und Einstellung<br />

der Lehrkräfte gegenüber fächerübergreifendem Unterricht, die einerseits aus dem individu-<br />

ellen Fachverständnis, aber auch aus der Praxiserfahrung resultiert. So ist anzumerken,<br />

dass die Erdkundelehrerin nach längerer Auszeit mit halber Stun<strong>den</strong>zahl wieder <strong>im</strong> Dienst ist,<br />

wohingegen der Musiklehrer über Jahre hinweg das volle Stun<strong>den</strong>deputat erfüllt.<br />

Es wird ersichtlich, dass der Musiklehrer sein Fach <strong>im</strong>mer mit seinen Bezügen darzustellen<br />

versucht, um dem ganzheitlichen Prinzip zu folgen. Dieses Bedürfnis lässt ihn dabei auch in<br />

unbekanntere Gebiete vordringen, deren Vermittlung schließlich einer intensiveren Vorberei-<br />

tung bedarf. Aber auch seiner Kollegin ist die Notwendigkeit einer mehrperspektivischen Be-<br />

trachtung eines Themas bewusst, die dies aber <strong>für</strong> deutlich schwieriger umsetzbar hält, da<br />

die Fächer nur durch ihre jeweiligen Experten, d.h. Fachlehrer unterrichtet wer<strong>den</strong> könnten.<br />

An Ideen <strong>für</strong> die Verknüpfung ihres Faches mit einem anderen Schulfach fehlt es ihnen nicht,<br />

jedoch scheint die Verbindung von Erdkunde und Musik <strong>für</strong> beide gleichermaßen neu zu sein,<br />

da sie keine <strong>Beispiel</strong>e nennen können.<br />

3.5.3 Persönliche Wahrnehmung<br />

Bevor ich <strong>den</strong> Unterrichtsversuch <strong>im</strong> Rahmen meiner Masterarbeit plante, war mir fächer-<br />

übergreifender Unterricht nur in der Theorie ein Begriff. Weder während der eigenen Schul-<br />

zeit noch während des Studiums, obwohl es sich um einen „fächerübergreifen<strong>den</strong> Studien-<br />

gang“ handelte, kam ich mit dieser Unterrichtsform in direkten Kontakt. Die Einheit entstand<br />

damit durch angelesenes Vorwissen über fächerübergreifen<strong>den</strong> Unterricht, auf Basis der<br />

Lehrpläne sowie aufgrund persönlicher Einstellungen und Ideen.<br />

84


Praktische Vorerfahrungen und eine größere Unterrichtsroutine hätten <strong>den</strong> Verlauf des Ver-<br />

suchs sicherlich in positiver Hinsicht beeinflusst, da dadurch manche Unsicherheiten und<br />

Fehlentscheidungen hätten vermie<strong>den</strong> wer<strong>den</strong> können (s. Reflexion Mittwoch, 9. Juni 2010).<br />

Die Schwierigkeit bestand vor allem darin, <strong>als</strong> Berufsanfängerin angemessen zu unterrichten<br />

und gleichzeitig eine „Forscherperspektive“ einzunehmen, die eine objektive Betrachtung des<br />

Unterrichts ermöglichen sollte. Der Rollenwechsel in die Figur der Beobachterin wurde zu-<br />

sätzlich dadurch erschwert, dass das Exper<strong>im</strong>ent tagtäglich mit <strong>den</strong> Problemen des Schulall-<br />

tags konfrontiert wurde und ständig <strong>im</strong>provisiert wer<strong>den</strong> musste. Mal stand durch eine kurz-<br />

fristige Änderung der Raum nicht zur Verfügung, dann waren best<strong>im</strong>mte Instrumente ver-<br />

schwun<strong>den</strong>, die die Schüler am Vortag benutzen. Ein anderes Mal war ein Gruppenmitglied<br />

krank, das die Aufzeichnungen eingesteckt hatte, oder die technische Ausstattung funktio-<br />

nierte nicht in dem Maße, wie man es sich wünschte. Die Durchführung war demnach mit<br />

vielen kleinen Unzuträglichkeiten und organisatorischen Hindernissen verbun<strong>den</strong>, die mich<br />

aber nicht abschreckten, sondern eher bestärkten, fächerübergreifen<strong>den</strong> Unterricht weiterhin<br />

in der eigenen Unterrichtspraxis umzusetzen. Dabei ist das Verbin<strong>den</strong> der eigenen Fächer-<br />

kombination sicherlich von Vorteil gewesen, da es organisatorisch und vom Vorbereitungs-<br />

aufwand besser zu bewerkstelligen war. Ich bin aber auch von der Wichtigkeit des Einbezugs<br />

anderer Fachinhalte, die nicht zum studierten Fach gehören, überzeugt.<br />

Es steht außer Frage, dass das Thema <strong>Strukturwandel</strong> <strong>im</strong> <strong>Ruhrgebiet</strong> auch ohne <strong>den</strong> Einbe-<br />

zug einer musikpraktischen Phase unterrichtet wer<strong>den</strong> kann und es ist zu bestätigen, dass<br />

sich nicht viele geographische Inhalte <strong>für</strong> einen Fächerübergriff mit Musik anbieten. Jedoch<br />

führe ich die schnelle Vertrautheit, die zwischen mir und der Klasse entstand, und die rege<br />

Mitarbeit der Schüler auf <strong>den</strong> Einsatz der kreativen Elemente zurück. Aber auch die Ergeb-<br />

nisse der Gruppenarbeiten und die Gewissheit, dass bei <strong>den</strong> Schülern mit Sicherheit be-<br />

st<strong>im</strong>mte Gedächtnisinhalte bei <strong>den</strong> Begriffen Grönemeyer, <strong>Bochum</strong>, <strong>Ruhrgebiet</strong>, Kulturhaupt-<br />

stadt, <strong>Strukturwandel</strong> verbun<strong>den</strong> bleiben, ermutigen mich bei meinem Vorhaben, je nach<br />

Thema die Musik weiterhin in das Fach Geographie einzubeziehen.<br />

3.5.4 Beantwortung der Fragestellung auf Basis der empirischen Ergebnisse:<br />

Im Folgen<strong>den</strong> sollen die Fragen, die der Konzeption des Unterrichtsversuchs zugrunde lagen,<br />

(s. S. 45) anhand der Untersuchungsergebnisse nacheinander erläutert und beantwortet<br />

wer<strong>den</strong>.<br />

Die vergebliche Suche nach Unterrichtsmaterialien zum Thema <strong>Strukturwandel</strong> <strong>im</strong> Ruhrge-<br />

biet am <strong>Beispiel</strong> von <strong>Bochum</strong>, die einen fächerübergreifen<strong>den</strong> Geographieunterricht mit Mu-<br />

sik vorschlagen, zeigte, dass dieses Feld bis heute geradezu unerschlossen ist. Auch die<br />

Äußerungen der Fachlehrer der Schule, an der die Unterrichtseinheit durchgeführt wurde,<br />

belegen, dass die Verknüpfung von Musik und Geographie eine unbekannte und unübliche<br />

85


Kombination darstellt. Dennoch kann sie gelingen, wie die Ergebnisse und die Meinung der<br />

Schüler beweisen.<br />

Der Erfolg der Idee, geographische Lernziele durch <strong>den</strong> Einbezug musikalischer Elemente<br />

zu erreichen, hängt dabei entschei<strong>den</strong>d von der Auswahl der Themen und der Materialien ab.<br />

Es müssen Schnittpunkte zwischen bei<strong>den</strong> Fächern bestehen, die in diesem Fall gegeben<br />

waren: Das gemeinsame Thema bestand in der Behandlung der Stadt <strong>Bochum</strong> <strong>im</strong> Ruhrge-<br />

biet. Aus geographischer Sicht stellt die Stadt ein anschauliches <strong>Beispiel</strong> <strong>für</strong> sozialen und<br />

wirtschaftlichen Wandel dar. Andererseits ist sie aber auch Gegenstand eines Liedes, in dem<br />

das Lebensgefühl der Stadt, mit seinen durch Industrie und Umstrukturierung entstan<strong>den</strong>en<br />

Problemen und Annehmlichkeiten, geschildert wird. Ein weiterer Schnittpunkt, der die Ver-<br />

bindung von Musik und Geographie legit<strong>im</strong>iert, ist der Aktualitätsbezug zur „Ruhr 2010“, der<br />

Kulturhauptstadt Europas. Hier wird verdeutlicht, dass Kultur und <strong>Strukturwandel</strong> keinesfalls<br />

getrennt voneinander zu betrachten sind, sondern sogar eine Einheit bil<strong>den</strong>, was durch die<br />

kulturelle Vielfalt der Region widergespiegelt wird. Außerdem sollte die musikpraktische Pha-<br />

se das Begreifen und Behalten der Inhalte unterstützen, was nach <strong>den</strong> Schüleräußerungen<br />

auch erreicht wurde, <strong>den</strong>n viele meinten, dass der Stoff durch Musik besser in Erinnerung<br />

bleiben wird.<br />

Ob aus der Verbindung der bei<strong>den</strong> Fächer eine erhöhte Lernbereitschaft resultiert, ist anhand<br />

der Fragebögen nicht zu beantworten. Allein aus <strong>den</strong> Unterrichtsbeobachtungen kann von<br />

einem positiven Einfluss der Musik auf die Schüler berichtet wer<strong>den</strong>. Da wären <strong>im</strong> Besonde-<br />

ren die Unterrichtsabschnitte zu nennen, in <strong>den</strong>en Hörbeispiele vorgespielt wur<strong>den</strong>. Sie wirk-<br />

ten wie kleine Beruhigungsphasen, in <strong>den</strong>en die Schüler sich wieder sammeln konnten, um<br />

sich anschließend mit neuer Energie am Unterrichtsgespräch zu beteiligen. Die Gesprächs-<br />

run<strong>den</strong> <strong>im</strong> direkten Anschluss an die gehörten Lieder verliefen meist recht angeregt und es<br />

entwickelten sich Fragen, die die Schüler zum Inhalt oder über die Musik stellten. Auch in der<br />

musikpraktischen Phase stellte ich eine erhöhte Lernbereitschaft fest. Dadurch, dass die<br />

Schüler die Gelegenheit bekamen, neue Instrumente auszuprobieren bzw. Teil einer musizie-<br />

ren<strong>den</strong> Gruppe wur<strong>den</strong>, wur<strong>den</strong> sie angeregt etwas Neues auszuprobieren bzw. etwas Neu-<br />

es zu lernen. So war es z.B. <strong>für</strong> einen Schüler eine ungewohnte Erfahrung, in einer Gruppe<br />

an <strong>den</strong> Kongas zu stehen und zu begleiten. Aber er ließ sich darauf ein, weil es zum Gelin-<br />

gen der Arbeit beitrug und seine Gruppe unterstützte.<br />

Dass die Integration von Musik und musikpraktischen Elementen eindeutig zur Motivation<br />

der Schüler beitrug, beweist die deutliche Überzahl an Schülern, die dem Musikteil <strong>den</strong> hö-<br />

heren „Spaßfaktor“ zuordneten. Auch aus <strong>den</strong> anderen Antworten des Fragebogens geht<br />

hervor, dass sich der Unterricht viel abwechslungsreicher gestaltete. Bestätigt wird das en-<br />

gagierte Mitarbeiten durch die Ergebnisse der Gruppen und durch einzelne Unterrichtssitua-<br />

tionen, in <strong>den</strong>en Schüler zeigten, dass sie sich auch außerhalb des Unterrichts mit dem<br />

86


Thema beschäftigen. Musik ging <strong>als</strong>o klar <strong>als</strong> Spaß machendes Element mit in <strong>den</strong> Unterricht<br />

ein.<br />

Als eine eindeutig inhaltliche Bereicherung des geographischen Themengebietes konnte sie<br />

allerdings nicht eingestuft wer<strong>den</strong>. Zwar wür<strong>den</strong> die Inhalte von Musik und Geographie in<br />

diesem Zusammenhang zueinander passen, doch die eigentliche Übertragung von Wissen<br />

geschehe durch die Geographie. Das Verhältnis der bei<strong>den</strong> Fächer lässt sich damit folgen-<br />

dermaßen zusammenfassen:<br />

Zur Behandlung des Themas und zur Darlegung der Fakten wäre der Einfluss der Musik<br />

nicht nötig gewesen. Dennoch trug die Musik dazu bei, <strong>den</strong> Unterricht aufzulockern, interes-<br />

santer zu gestalten, die Thematik besser zu verinnerlichen und leichter zu erinnern. Meiner<br />

Meinung nach ein Ergebnis, das zeigt, wie zuträglich und notwendig ästhetische Bildung in<br />

jeder Unterrichtssituation sein kann.<br />

Obwohl fächerübergreifender Unterricht in best<strong>im</strong>mten Zusammenhängen in <strong>den</strong> Lehrplänen<br />

gefordert ist, belegen die Äußerungen der Schüler, wie neu ihnen diese Unterrichtsform <strong>im</strong><br />

Schulalltag ist. Wenn sie fächerübergreifende Unterrichtserfahrungen sammeln konnten,<br />

dann hauptsächlich in <strong>den</strong> naturwissenschaftlichen Fächern wie Mathe - Physik und Biologie<br />

– Chemie. Die Schüler vermerken aber, dass ein stärkerer Einsatzes dieser Unterrichtsform<br />

in der Praxis wünschenswert wäre, da er Perspektivwechsel einfordert und dadurch Inhalte<br />

verständlicher macht.<br />

Angesichts der oben aufgeführten Ergebnisse stellt sich die Verknüpfung der Fächer Geo-<br />

graphie und Musik <strong>als</strong> sinnvoll heraus. Unter der Voraussetzung der angemessenen themati-<br />

schen Abst<strong>im</strong>mung können sich diese bei<strong>den</strong> Fächer soweit gegenseitig ergänzen, dass so-<br />

wohl <strong>für</strong> die Schüler <strong>als</strong> auch <strong>für</strong> die Lehrer ein Lernzuwachs entsteht.<br />

4 Fazit<br />

Die fächerübergreifende Unterrichtseinheit zum Thema <strong>Bochum</strong> <strong>als</strong> <strong>Beispiel</strong> <strong>für</strong> <strong>den</strong> Struk-<br />

turwandel <strong>im</strong> <strong>Ruhrgebiet</strong> versuchte aufzuzeigen, dass die Schulfächer Erdkunde und Musik<br />

sinnvoll miteinander verbun<strong>den</strong> wer<strong>den</strong> können. Dabei basierte die Konzeption des Unter-<br />

richtsversuchs auf <strong>den</strong> <strong>im</strong> ersten Kapitel aufgeführten Erklärungsansätzen (1.2.1) und Um-<br />

setzungsformen (1.4.1) fächerübergreifen<strong>den</strong> Unterrichts. Der Planung lag die Absicht zu-<br />

grunde, die rationalen Wissenschaftsbezüge des Faches Erdkunde um praktisches Handeln<br />

sowie emotionale und ästhetische Prozesse (vgl. Brinkmöller-Becker) zu ergänzen, um<br />

ganzheitliches Lernen zu ermöglichen. Umgesetzt wurde dies <strong>im</strong> Schulalltag in Anlehnung an<br />

die beschriebene erste Anspruchsstufe nach Klafki (Kapitel 1.4.1), bei der die Lehrkraft <strong>den</strong><br />

fachlichen Inhalt (Geographie) um Betrachtungsweisen des anderen Unterrichtsfaches (Mu-<br />

sik) ergänzte und damit einen Beitrag zur Bearbeitung des eigentlichen Themas leistete.<br />

87


Bei der Realisation des Unterrichtsversuchs konnten die <strong>im</strong> allgemeinen theoretischen Teil<br />

beschrieben Probleme und Schwierigkeiten von fächerübergreifendem Unterricht bestätigt<br />

wer<strong>den</strong>. Die aufwendige Unterrichtsplanung sowie die Organisation von Räumlichkeiten und<br />

technischen Gegebenheiten <strong>für</strong> <strong>den</strong> Unterricht einer einzigen Klasse lassen erahnen, wie<br />

arbeits- und zeitintensiv die Integration einer solchen Unterrichtsformen in <strong>den</strong> Schulalltag<br />

einer „traditionellen“ Schule sein kann. Dass fächerübergreifender Unterricht <strong>als</strong>o nach wie<br />

vor eine „seltene Sonderveranstaltung“ (Klafki 2000, S. 42) darstellt wird von <strong>den</strong> Ergebnis-<br />

sen der Schüler- und Lehrerbefragung unterstrichen.<br />

Damit diese Unterrichtsform an Durchsetzungskraft gewinnen kann, müssten <strong>als</strong>o bessere<br />

Rahmenbedingungen durch eine veränderte Schulorganisation gegeben wer<strong>den</strong>. Schule<br />

sollte <strong>den</strong> Lehrern größere Handlungsspielräume und Möglichkeiten zur Öffnung ihres Unter-<br />

richts gewähren, was beispielsweise durch Profilsysteme, wie z.B. die Profiloberstufe (Kapitel<br />

1.4.2, S. 18) geschehen könnte.<br />

Unter anderem sollten auch die Schulbuchverlage reagieren und <strong>den</strong> Lehrerhandbüchern<br />

Medienpakete beigeben, wie z.B. CDs mit typischen Musikbeispielen und <strong>im</strong> Lehrwerk darauf<br />

verweisen.<br />

Mit der Darstellung des Themas <strong>Bochum</strong> <strong>als</strong> <strong>Beispiel</strong> <strong>für</strong> <strong>den</strong> <strong>Strukturwandel</strong> <strong>im</strong> <strong>Ruhrgebiet</strong><br />

kann dem Fach Geographie seine Funktion <strong>als</strong> Brückenfach bestätigt wer<strong>den</strong>. Durch natur-,<br />

sozial- und wirtschaftsgeographische Inhalte können Verbindungen zu fast allen schulischen<br />

Disziplinen, wie Chemie, Biologie, Deutsch, Geschichte, Politik, Kunst und Musik hergestellt<br />

wer<strong>den</strong>, wodurch sich auch die Einbettung musikalischer Elemente rechtfertigen lässt. Die<br />

Schülerbefragung unterstützt die Annahme, dass die Musik durch <strong>den</strong> hohen „Spaßfak-<br />

tor“ (Anhang 7, S. 23 - 30) erheblich zur Motivation beitragen kann und damit eine Berechti-<br />

gung <strong>für</strong> <strong>den</strong> Einsatz <strong>im</strong> Unterricht bekommt.<br />

Fächerübergreifen<strong>den</strong> Unterricht übt demnach Einfluss auf die Haltung der Schüler gegen-<br />

über Schule aus. Außerdem bietet er auch <strong>den</strong> Schülern die Möglichkeit, sich in ihrer Ganz-<br />

heit in <strong>den</strong> Unterricht einzubringen, in dem sie durch die Vielfalt eventuelle Schwächen mit<br />

Stärken ausgleichen können. Dadurch erhalten auch die Lehrer ein vollkommeneres Bild<br />

ihrer Schüler, so dass sie diese reeller einschätzen und individueller fördern können.<br />

In Bezug auf die Frage, ob fächerübergreifender Erdkundeunterricht mit Musik gelingen kann<br />

ist zu sagen, dass die Verbindung dieser bei<strong>den</strong> Fächer inhaltlich möglich und aus lernpsy-<br />

chologischen Grün<strong>den</strong> sinnvoll ist. Die Sinnhaftigkeit erschloss sich jedoch <strong>für</strong> die meisten<br />

Schüler erst während der Einheit und wurde schließlich in der Umfrage größtenteils durch die<br />

Schüler bestätigt. Fächerübergreifender Unterricht kann aber nur dann funktionieren, wenn<br />

Verbindungspunkte zwischen <strong>den</strong> Fächern bestehen. Da<strong>für</strong> ist es wichtig, diese Schnittstel-<br />

88


len in der Vorbereitung gründlich herauszuarbeiten, so dass die verschie<strong>den</strong>en Perspektiven<br />

deutlich wer<strong>den</strong>. Nur so kann fächerübergreifender Unterricht zum Lernen beitragen und <strong>den</strong><br />

Schülern helfen, die Schule nicht mehr <strong>als</strong> Ort der reinen Wissensvermittlung, sondern <strong>als</strong><br />

Lebensraum zu betrachten, der auf opt<strong>im</strong>al auf die Zukunft vorbereitet.<br />

4.1 Ausblick<br />

Die Befragung der Schüler und Lehrer <strong>im</strong> Anschluss an die Unterrichtseinheit zeigte, dass<br />

fächerübergreifender Unterricht zwar gewünscht ist, aber kaum durchgeführt wird. Gründe<br />

da<strong>für</strong> sind einerseits auf organisatorischer und andererseits auf persönlicher Ebene zu fin<strong>den</strong>,<br />

<strong>den</strong>n oftm<strong>als</strong> behindern Ängste und Vorbehalte bei Lehrern die Umsetzung neuer Metho<strong>den</strong>.<br />

Wichtig wäre <strong>als</strong>o da<strong>für</strong>, die Lehrer durch Fortbildungen zu ermutigen bzw. ihnen ein schuli-<br />

sches Umfeld zur Verfügung zu stellen, das offene Metho<strong>den</strong> unterstützt<br />

Aber schon während der Ausbildung, d.h. <strong>im</strong> Studium und <strong>im</strong> Referendariat sollte damit be-<br />

gonnen wer<strong>den</strong>, <strong>den</strong> angehen<strong>den</strong> Lehrer zu vermitteln, dass sich ein wirksamer Unterricht<br />

an <strong>den</strong> Lebensbedingungen der Schüler orientieren muss. Dabei dürften auch zeitliche Vor-<br />

gaben nicht mehr eine so große Rolle spielen, nach <strong>den</strong>en die Lehramtsanwärter noch <strong>im</strong>-<br />

mer maßgeblich bewertet wer<strong>den</strong>.<br />

Offene Unterrichtsformen und Ideen, die auf didaktischen Begründungen beruhen, müssten<br />

verstärkt Einzug halten und unter die Bewertungskriterien der Ausbilder fallen.<br />

Wie schon erwähnt, konnte bei diesem Versuch keine Aussage über die Wirksamkeit von<br />

fächerübergreifendem Unterricht getroffen wer<strong>den</strong>. Hier<strong>für</strong> müssten weitere Befragungen zu<br />

einem späteren Zeitpunkt und Vergleichsstudien erfolgen, um nachweisen zu können, dass<br />

durch die Einbeziehung von Musikpraxis ein Thema besser verinnerlicht wer<strong>den</strong> kann.<br />

Abschließend bleibt zu sagen, dass die Durchführung dieser Unterrichtseinheit und die inten-<br />

sive Beschäftigung mit fächerübergreifendem Unterricht eine sehr erkenntnisreiche und<br />

spannende Phase war, die mich trotz Schwierigkeiten in meiner Intention bestärkt, offene<br />

Unterrichtsformen in der Schule einzusetzen.<br />

89


5 Literaturverzeichnis<br />

5.1 Literatur<br />

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Sektion Lateinamerika, Band 11, Wilhelm Fink Verlag, Bamberg 1982.<br />

SEYDLITZ Geographie Gymnasium Niedersachsen 9/10: Deutschland in Europa: Das<br />

„neue“ <strong>Ruhrgebiet</strong>. Schroedel 2008, S. 38 – 41.<br />

STÜBIG, Frauke; BOSSE, Dorit; LUDWIG, Peter: Zur Wirksamkeit von<br />

fächerübergreifendem Unterricht. Eine empirische Untersuchung aus der Sicht von<br />

Schülerinnen und Schülern. Kassel university press, Kassel 2002.<br />

TERRA Erdkunde 9/10 Gymnasium Niedersachsen. Wirtschaft <strong>im</strong> Wandel. Vom Hüttenwerk<br />

zum CentrO. Ernst Klett Stuttgart 2008, S. 202 – 203.<br />

TERRA Erdkunde 9/10 Gymnasium Niedersachsen: Lehrerhandbuch. Ernst Klett Stuttgart<br />

2008, S. 214 – 215.<br />

WENZENS, Ellen: Erdkunde. In: Münnix, Norbert, Warthmann, Dirk (Hrsg.): Fächer und<br />

fächerübergreifender Unterricht des Gymnasiums in der Sekundarstufe 1. Bd. 2<br />

Naturwissenschaften. Dieck-Verlag, Heinsberg 2000.<br />

WERKMEISTER, Sven: Hornbostels musikalische Weltkarte. Über zivilisierte und<br />

unzivilisierte Geograhpie der Musik. In: DÖRING, Jörg; THIELMANN, Tristan (Hrsg.):<br />

Mediengeographie: Theorie-Analyse-Diskussion. Transcript-Verlag, Bielefeld 2009.<br />

91


5.2 Zeitschriften<br />

DETHLEFS, Beate: Fächerübergreifender Unterricht. In: Musik und Unterricht, Heft 33/1995,<br />

S. 4-8.<br />

FORSBACH, Beate: Fächerübergreifender Musikunterricht. In: mip journal, Heft 17/2006, S.<br />

6-11.<br />

JUCHELKA, Rudolf: Broadway an der Ruhr. Das <strong>Ruhrgebiet</strong> <strong>als</strong> Musical-Standort. In:<br />

geographie heute, Heft 165/1998, S. 26 – 29.<br />

KAMINSKE, Volker: Die Umsetzung geowissenschaftlicher Inhalte und Metho<strong>den</strong> <strong>im</strong><br />

Geographieunterricht. In: Geographie und ihre Didaktik, Heft 4/1995.<br />

KIRCHBERG, Günter: Fächerübergreifender Geographieunterricht. In: Geographie und<br />

Schule, Heft 114, August 1998, S. 2-8.<br />

LASKE, Jochen: Lernzirkel zum Thema „<strong>Strukturwandel</strong> <strong>im</strong> <strong>Ruhrgebiet</strong>“. In: POPP, Herbert;<br />

OBERMAIER, Gabi (Hrsg.): Raumstrukturen und aktuelle Entwicklungsprozesse in<br />

Deutschland. Bayreuther Kontaktstudium Geographie, Verlag Naturwissenschaftliche<br />

Gesellschaft Bayreuth e.V., Bayreuth 2009, S. 145 – 149.<br />

MAGER, Christoph: HipHop, Musik und die Artikulation von Geographie. In: WERLEN,<br />

Benno (Hrsg.) Sozialgeographische Bibliothek, Bd. 8, Franz Steiner Verlag 2007.<br />

MÜLLER, Michael: Der Orientierungslauf – <strong>als</strong> <strong>Beispiel</strong> <strong>für</strong> fächerübergreifen<strong>den</strong>des<br />

Arbeiten in Erdkunde und Sport. In: Geographie und Schule, Heft, 114, August 1998,<br />

S. 29-33.<br />

SCHNEIDER, Beate: Bruce Springsteens Lieder auf der CD „The Ghost of Tom Joad“ <strong>als</strong><br />

Spiegel der gesellschaftlichen Veränderungen in <strong>den</strong> USA. In: GW-Unterricht, Heft<br />

69/1998. S. 40-51.<br />

STUPPERICH, Amrei: „Tief <strong>im</strong> Westen…“ – Grönemeyer & Co. Musik und Literatur aus dem<br />

<strong>Ruhrgebiet</strong>. In: Praxis Geschichte, Heft 5/2000, S. 45 – 49.<br />

5.3 Internetquellen<br />

ARBEITSKREIS RELIGIONSGEOGRAPHIE in der Deutschen Gesellschaft <strong>für</strong> Geographie:<br />

Geschichte und bisherige Aktivitäten. www.religionsgeographie.de. Letztes Update<br />

25.6.2010, Abruf,: 30.7.2010<br />

BASTIAN, Hans Günther: Kinder opt<strong>im</strong>al fördern – mit Musik.<br />

www.familienhandbuch.de/cmain/f_fachbeitrag/a_kindheitsforschung/s_708.html.<br />

Erstellt: 2007, Abruf: Juli 2010<br />

BUSCH, Wilhelm: Max und Moritz, www.wilhelm-busch.de/65_Vierter_Streich.html.<br />

Abruf am 1. Juli 2010<br />

92


DEUTSCHER MUSIKRAT: Sieben Thesen zur Musik in der Schule.<br />

www.miz.org/artikel/musik_in_der_schule.pdf.<br />

Abruf: Juli 2010<br />

HBG: (http://hbg-news.de/index.php?option=com_content&view=article&id=16&Itemid=40.<br />

Update August 2010, Abruf: 18/8/2010).<br />

NIEDERSÄCHSISCHES KULTUSMINISTERIUM 2004: Curriculare Vorgaben <strong>für</strong> das<br />

Gymnasium in Niedersachsen 5/6. www.nibis.de.<br />

Erstellt: 2004, Abruf: Juli 2010.<br />

NIEDERSÄCHSISCHES KULTUSMINISTERIUM: Rahmenrichtlinien <strong>für</strong> das Gymnasium<br />

Schuljahrgänge 7-10. Besonderes Unterrichtsangebot <strong>im</strong> Fach Musik. www.nibis.de.<br />

Abruf: Juli 2010.<br />

NIEDERSÄCHSISCHES KULTUSMINISTERIUM 2008: Kerncurriculum Erdkunde<br />

Schuljahrgänge 5-10. www.nibis.de.<br />

Erstellt 2008, Abruf: Juli 2010.<br />

PAHDE, Martina: Aussagen zum fächerübergreifen<strong>den</strong> Unterricht in <strong>den</strong> Richtlinien und<br />

Lehrplänen der Sekundarstufe II in <strong>den</strong> einzelnen Bundesländern.<br />

download.bildung.hessen.de/schule/gymnasium/gym_sek_ii/uebergreifend/mat_fv/Pa<br />

hde.pdf<br />

Erstellt: Februar 2002, Abruf: 8.7.2010<br />

RAFFELSIEFER, Dr. Marion: Fächerübergreifender Unterricht.<br />

http://www.studienseminar-<br />

koblenz.de/medien/wahlmodule_unterlagen/2004/149/2%20F%E4cher%FCbergreifen<br />

der%20Unterricht%20%28PPT%29.pdf,<br />

Erstellt 2004: abgerufen am 4. Juli 2010<br />

ROBERT BOSCH STIFTUNG: Dem Lernen Flügel verleihen. Der deutsche Schulpreis.<br />

http://schulpreis.bosch-stiftung.de/content/language1/html/index.asp<br />

Abruf: 10. September 2010<br />

SCHALLHORN, Eberhard: Grundlehrplan Geographie. www.erdkunde.com/info/grundlp.htm.<br />

Erstellt: 1998, Abruf: Juli 2010<br />

SIMON, Artur: Die Musik ist hier überaus reich.<br />

5.4 Lexika<br />

http://deposit.ddb.de/ep/netpub/28/34/66/972663428/_data_dync/_stand_Dezember_<br />

2006/202/s<strong>im</strong>on.htm<br />

Erstellt: Februar 2002, Abruf: August 2010<br />

BASISWISSEN ERDKUNDE GRUNDBEGRIFFE: <strong>Strukturwandel</strong>. Westermann-Verlag<br />

Braunschweig 2009, S. 191.<br />

93


EGGEBRECHT, Hans-Heinrich (Hrsg.). Hymnus. In: Meyers Taschenlexikon Musik in 3<br />

Bän<strong>den</strong>, Bd. 2, B.I. Taschenbuchverlag 1984, S. 98.<br />

MÄHLER, Claudia; STERN, Elsbeth: Transfer. In: ROST, D.H. (Hrsg.). Handwörterbuch<br />

6 Anhang<br />

Pädagogische Psychologie. Beltz, Weinhe<strong>im</strong> 2006, S. 784.<br />

Anhang 1: Hörbeispiele und Videos<br />

CD 1: Videos der Ergebnisse; Freitag, 18. Juni 2010 (Texte s. Anhang 6)<br />

� Video 1: <strong>Bochum</strong> – eine Stadt der Zeit<br />

� Video 2: So groß und wunderbar –<br />

� Video 3: Das <strong>Ruhrgebiet</strong> – oh happy day!<br />

� MP3: Rap: Hasstirade über <strong>Bochum</strong><br />

CD 2: Hörbeispiele<br />

� Track 1: Herbert Grönemeyer: <strong>Bochum</strong><br />

� Track 2: Herbert Grönemeyer: Komm zur Ruhr<br />

� Track 3: Wolfgang Petry: <strong>Ruhrgebiet</strong><br />

� Track 4: Missfits: Oberhausen-Lied<br />

� Track 5: Snaga & Pillath: <strong>Ruhrgebiet</strong><br />

� Track 6: Playback: „Die große Liebe“<br />

CD 3: Trailer Ruhr 2010<br />

Anhang 2: Montag, 7. Juni 2010<br />

� Liedtext: <strong>Bochum</strong> (Herbert Grönemeyer), S. 1<br />

� Arbeitsauftrag Folie, S. 2<br />

Anhang 3: Mittwoch, 9. Juni 2010<br />

� Ein Industrieraum wird zur Kulturhochburg. Informationstext über Ruhr<br />

2010, S. 3<br />

� Karte Nr. 1, S. 37 aus Diercke Weltatlas, Westermann Braunschweig<br />

2009, S. 4<br />

� Text: <strong>Bochum</strong> <strong>im</strong> Gespräch, S. 5<br />

� Arbeitsauftrag Gruppe 1956, S. 6<br />

� Arbeitsauftrag Gruppe 2007, S. 7<br />

94


Anhang 4: Donnerstag, 10. Juni 2010<br />

Anhang 5: Freitag, 11. Juni<br />

� Ruhr 2010. Kulturhauptstadt Europas (Zusammenfassung Folie), S. 8<br />

� Auswertung der Gruppenarbeiten (<strong>Bochum</strong> 1956 und 2007), S. 9-14<br />

� Der <strong>Strukturwandel</strong> am <strong>Beispiel</strong> von <strong>Bochum</strong> (Zusammenfassung), S.<br />

15<br />

� Liedtext: Komm zur Ruhr (Herbert Grönemeyer), S. 16<br />

� Der <strong>Strukturwandel</strong> musikalisch – Arbeitsanweisung, S. 17<br />

Anhang 6: Freitag, 18. Juni 2010; Präsentation der Ergebnisse der<br />

Anhang 7: Auswertung<br />

Gruppenarbeiten, Texte zu CD 1, Anhang 1<br />

� Gruppe 1: Die große Liebe, S. 18<br />

� Gruppe 2: <strong>Bochum</strong> – Stadt der Zeit, S. 19<br />

� Gruppe 3: So groß und wunderbar, S. 20<br />

� Gruppe 4: Das <strong>Ruhrgebiet</strong> – Oh happy day!, S. 21<br />

� Gruppe 5: Hasstirade über <strong>Bochum</strong>, S. 22<br />

� Auswertung Schülerumfrage (Überblick), S. 23-30<br />

� Lehrerumfrage, S. 31-32<br />

� Fragebogen, S. 33<br />

Anhang 8: Bilder des <strong>Ruhrgebiet</strong>s<br />

� Bild 1: Colanis Ei über dem Schacht Minister Achenbach, Lünen<br />

� Bild 2: Zwischen Duisburg und Dinslaken<br />

� Bild 3: <strong>Bochum</strong><br />

� Bild 4: Zeche Zollverein, Essen<br />

� Bild 5: Zeche Nordstern, Gelsenkirchen<br />

� Bild 6: Die Ruhr<br />

95

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