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Regional- und Minderheitensprachen in Deutschland - des ...

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Romanes<br />

Die S<strong>in</strong>ti, die ihre angestammte Sprache lebendig erhalten, fühlten sich auch<br />

der traditionellen Lebensweise der S<strong>in</strong>ti <strong>und</strong> ihrer <strong>in</strong>doeuropäischen Kultur<br />

verpflichtet <strong>und</strong> wollen diese soziale <strong>und</strong> kulturelle Ordnung der S<strong>in</strong>ti weiter<br />

pflegen. Dies betrachten sie nicht als Verschließen vor der Nachbarschaft<br />

<strong>und</strong> dem übrigen deutschen Volk. Sie sprechen <strong>in</strong> der Öffentlichkeit, <strong>in</strong> der<br />

Schule <strong>und</strong> am Arbeitsplatz Deutsch. Sie fühlen sich im allgeme<strong>in</strong>en selbstverständlich<br />

<strong>in</strong>tegriert <strong>und</strong> nicht mehr – wie früher oft – diskrim<strong>in</strong>iert oder<br />

stigmatisiert. Die negativen Erfahrungen, die deutsche S<strong>in</strong>ti <strong>in</strong> den dreißiger<br />

Jahren <strong>des</strong> vorigen Jahrh<strong>und</strong>erts mit ihrer Offenheit gegenüber „Zigeunerforschern“<br />

<strong>des</strong> NS-Regimes gemacht hatten, stehen bei ihrer Haltung zu<br />

Sprache <strong>und</strong> Kultur nicht im Mittelpunkt, sondern die historischen Verpflichtungen<br />

aus der angestammten Tradition.<br />

Da es ausschließlich Aufgabe <strong>und</strong> Verpflichtung der Familie <strong>und</strong> der<br />

übrigen Sippenangehörigen sei, Sprache, Kultur <strong>und</strong> Wertvorstellungen<br />

der S<strong>in</strong>ti den nachfolgenden Generationen mündlich weiter zu geben,<br />

wehren sich S<strong>in</strong>ti durch ihre Organisationen gegen Vorschläge, ihre<br />

Sprache zu verschriftlichen <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e verb<strong>in</strong>dliche Schreibweise <strong>und</strong><br />

Grammatik e<strong>in</strong>zuführen. Dies gilt für jede staatliche Aktivität zur Pflege<br />

ihrer S<strong>in</strong>ti-Sprache. Die Sprache <strong>und</strong> Kultur der S<strong>in</strong>ti <strong>in</strong> öffentlichen<br />

Schulen zu lehren, sie zum Gegenstand e<strong>in</strong>es Hochschulstudiums zu<br />

machen oder <strong>in</strong> den Medien S<strong>in</strong>tetickes zu verwenden, würde e<strong>in</strong>en<br />

völligen Bruch mit den kulturellen Gesetzen der S<strong>in</strong>ti-Geme<strong>in</strong>schaft<br />

bedeuten. S<strong>in</strong>ti-Organisationen lehnen daher jede staatliche Maßnahme<br />

<strong>in</strong> diesem Bereich ab, die <strong>in</strong> den privaten Charakter der S<strong>in</strong>ti-Kultur <strong>und</strong><br />

Sprachpflege e<strong>in</strong>greift, wie sie etwa als staatliche Förderungsverpflichtungen<br />

<strong>in</strong> der Europäischen Charta der <strong>Regional</strong>- oder <strong>M<strong>in</strong>derheitensprachen</strong><br />

enthalten s<strong>in</strong>d. Hier unterschieden sich die traditionell e<strong>in</strong>gestellten S<strong>in</strong>ti<br />

von den deutschen Roma mit jüngerer Geschichte <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong>, die<br />

ke<strong>in</strong>e solchen historischen Geboten unterlägen <strong>und</strong> daher andere Ziele<br />

verfolgen könnten. Für sie schaffe e<strong>in</strong>e Verschriftlichung ihres Romanes<br />

<strong>und</strong> Verwendung im Unterricht ke<strong>in</strong>erlei Probleme.<br />

Im Zusammenhang mit der Sprache <strong>und</strong> ihrer Stellung <strong>in</strong> den verschiedenen<br />

Zigeunervölkern ist es der S<strong>in</strong>ti Allianz wichtig, deutlich herauszustellen,<br />

dass auch der Begriff „deutsche S<strong>in</strong>ti <strong>und</strong> Roma“ ke<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>heitliche<br />

Geme<strong>in</strong>schaft mit e<strong>in</strong>heitlicher Geschichte, e<strong>in</strong>heitlicher Sprache <strong>und</strong><br />

e<strong>in</strong>heitlicher Identität, also denselben Kultur- <strong>und</strong> Wertvorstellungen,<br />

umfasse. Es gehe vielmehr um Zigeuner <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> mit unterschiedlichen<br />

historischen Wurzeln <strong>und</strong> unterschiedlichen Traditionen.<br />

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