Regional- und Minderheitensprachen in Deutschland - des ...
Regional- und Minderheitensprachen in Deutschland - des ...
Regional- und Minderheitensprachen in Deutschland - des ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
34<br />
Niederdeutsch<br />
Mattenleed<br />
Matten, Matten, go’e Matten,<br />
Appel un de Beern,<br />
Nöte mag ik geern.<br />
Geev mi wat, geev mi wat.<br />
Laat mi nich so lange stahn,<br />
ik mutt noch dree Veertel Weges gahn<br />
von hier bit na Köln.<br />
Köln is ne grote Stadt.<br />
Da geevt mi alle Lü’e wat,<br />
mi wat, di wat,<br />
alle lüttjen K<strong>in</strong>ner wat.<br />
Ik höör de Slötels kl<strong>in</strong>gen,<br />
ik glööv, se doot wat br<strong>in</strong>gen,<br />
ik höör de Slötels klappern,<br />
ik glööv, ik krieg ’n Appel.<br />
(Wenn se mal nix kriegen doot,<br />
s<strong>in</strong>gt se so as fröher ok.)<br />
Rull, rull, rull,<br />
Meyer Mudder is dull.<br />
(oder:)<br />
Witten Twirn, swarten Twirn,<br />
Müllers Mudder gifft nich geern.<br />
Hochdeutsch<br />
Mart<strong>in</strong>slied<br />
Mart<strong>in</strong>, Mart<strong>in</strong>, guter Mart<strong>in</strong>,<br />
Apfel <strong>und</strong> die Birne,<br />
Nüsse mag ich gerne.<br />
Gib mir was, gib mir was.<br />
Lass mich nicht so lange stehn,<br />
ich muss noch drei Viertel Weges gehn<br />
von hier bis nach Köln.<br />
Köln ist e<strong>in</strong>e große Stadt.<br />
Da geben mir alle Leute was,<br />
mir was, dir was<br />
allen kle<strong>in</strong>en K<strong>in</strong>dern was.<br />
Ich höre die Schlüssel kl<strong>in</strong>gen,<br />
ich glaube, sie br<strong>in</strong>gen was,<br />
ich höre die Schlüssel klappern,<br />
ich glaube, ich bekomme e<strong>in</strong>en Apfel.<br />
(Wenn sie mal nichts kriegen,<br />
s<strong>in</strong>gen sie wie früher auch.)<br />
Rull, rull, rull,<br />
Meyer Mutter ist toll [i. S. von wütend].<br />
(oder:)<br />
Weißer Zwirn, schwarzer Zwirn,<br />
Müllers Mutter gibt nicht gern.<br />
Überliefertes Mattenlied aus dem Raum der Stadt Nienburg/Weser. K<strong>in</strong>der ziehen dort – wie<br />
auch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen anderen Regionen <strong>Deutschland</strong>s – traditionell am Vorabend <strong>des</strong> Festtages <strong>des</strong><br />
Sankt Mart<strong>in</strong> am 11. November <strong>in</strong> der Nachbarschaft umher <strong>und</strong> erbitten für ihren Gesang Gaben.<br />
Meistens erhalten sie Süßigkeiten, Gebäck oder wie früher Obst <strong>und</strong> Nüsse. Bekommen sie aber<br />
nichts, wird dies mit e<strong>in</strong>em Vers „gerächt“. Der H<strong>in</strong>weis auf Köln, wo angeblich alle (!) K<strong>in</strong>der Gaben<br />
erhalten sollen, geht möglicherweise auf die dortige, sehr alteTradition der Geschenke an<br />
Sankt Mart<strong>in</strong> zurück. Dieses Brauchtum beruht auf den sogenannten „Mart<strong>in</strong>spennigen“, die bis<br />
1246 <strong>in</strong> Mönchengladbach an das Kölner Stift St. Gereon, später an den Pfarrer gezahlt wurden.