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PDF mit lesbischem Schwerpunkt - Löwenherz

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ihren Nachbarn sehr wohl auf Vorurteile gegen<br />

Schwule. Bei ihrer braven Fassade – sind sie<br />

sicher – werden sie eines Tages anerkannte<br />

Bürger in der Nachbarschaft sein. Alles nur<br />

eine Frage der Gewöhnung. Doch eines wurmt<br />

Göran schon: er hätte gern ein Kind. Sven kann<br />

das zunächst nicht wirklich nachvollziehen, da<br />

er ja schon Vater ist. Und was daraus geworden<br />

ist, sieht man ja an seiner Tochter – kein<br />

gutes Beispiel, das fürs Kinderkriegen sprechen<br />

würde – wie er zu Recht findet. Doch<br />

irgendwann hat ihn Göran so weit, und die<br />

beiden stellen einen Adoptionsantrag bei einer<br />

Ver<strong>mit</strong>tlungsagentur. Es dauert nicht lange, und<br />

die beiden bekommen Bescheid von der Agentur,<br />

dass ihnen ein Junge namens Patrik (1,5<br />

Jahre alt) zugewiesen wird. Sie sind froh, dass<br />

es so schnell geklappt hat. Vor allem Göran<br />

ist ganz aus dem Häuschen. Er richtet gleich<br />

ein Zimmer für sein Kleinkind ein – <strong>mit</strong> Babyspielsachen<br />

und Krippe. Ja – niemand sagt,<br />

dass Schwule gegen Kitsch immun wären. Und<br />

als der große Tag gekommen ist, staunt Göran<br />

nicht schlecht, als anstelle des kleinen Jungen<br />

ein schon ziemlich großer Junge, ein 15jähriger<br />

Teenager, vor der Tür steht. Zunächst halten<br />

Göran und Sven das für eine Versehen. Da aber<br />

gerade Wochenende und niemand mehr in der<br />

Agentur anwesend ist, um die Geschichte aufzuklären,<br />

darf »dieser« Patrik erst mal bei den<br />

Skooghs bleiben – bis seine richtigen Adoptiveltern<br />

und der richtige Patrik ausfindig gemacht<br />

sind. Schnell stellt sich heraus, dass dieser<br />

Patrik ein echt verkorkster, unsozialer Teufelsbraten<br />

ist – schwer erziehbar <strong>mit</strong> Neigung zu<br />

Diebstahl und einer gewissen Aggressivität.<br />

Darüber hinaus ist er auf potenzielle Homoeltern<br />

weder vorbereitet noch gut zu sprechen.<br />

Schwule mag er gar nicht – hält sie von Haus<br />

aus für pädophile Triebtäter, unterstellt Göran<br />

und Sven, dass sie es sexuell auf ihn abgesehen<br />

hätten. Göran versucht nun das Beste aus<br />

der vermurksten Situation zu machen und richtet<br />

sich darauf ein, Patrik da zu behalten, bis<br />

der Irrtum aufgeklärt ist. Aber Sven kommt<br />

<strong>mit</strong> dem Jungen absolut nicht klar. Missverständnisse<br />

führen dazu, dass es zwischen<br />

Sven und Patrik ordentlich kracht. Die Spannungen<br />

lassen Svens Alkoholkonsum nicht besser<br />

werden. Im Gegenteil. Und langsam reicht es<br />

Göran <strong>mit</strong> Sven. Ihr Dissens in so vielen Dingen<br />

lässt sich nicht mehr unter den Teppich kehren.<br />

Als in der Woche darauf endlich geklärt werden<br />

kann, dass bei der Zuweisung von Patrik kein<br />

48<br />

Versehen passiert ist - und es sich bei »Patrick<br />

1,5« lediglich um einen dummen Schreibfehler<br />

gehandelt hat, kommt ans Tageslicht, dass<br />

dieser missratene Teenager der einzige Kandidat<br />

war, den ein Homopaar wie die Skooghs<br />

überhaupt bekommen. Für Göran und Sven<br />

bricht eine Welt zusammen. Sven will nun Patrik<br />

so schnell wie möglich wieder loswerden. Doch<br />

Göran will es <strong>mit</strong> dem Jungen versuchen, findet<br />

eine Basis, um <strong>mit</strong> ihm zurechtzukommen. Die<br />

folgende Kraftprobe zwischen den Ehepartnern<br />

führt zum Konflikt. Ihre Beziehung bricht vor<br />

den Augen von Patrik auseinander. Sven zieht<br />

aus und fängt zum Trotz eine Affäre <strong>mit</strong> einem<br />

sexy Arbeitskollegen an, der ihm schon lange<br />

gefällt. Göran versucht sich <strong>mit</strong> Patrik in einem<br />

Leben ohne Sven zurechtzufinden. Bei Patrik<br />

beginnt ein Umdenken. Er gibt sich die Schuld<br />

für das Ende der Beziehung seiner neuen Adoptiveltern.<br />

Er versucht sie wieder zu kitten, macht<br />

sich nützlich im Haus und jobbt bei den Nachbarn<br />

als Gärtner. Allmählich tritt eine unverhoffte<br />

Sensibilität bei dem jungen Kerl zu Tage,<br />

die so niemand erwartet hätte. Hier wird deutlich,<br />

dass er sich die harte Schale des Rüpels<br />

nur zugelegt hatte, um wegstecken zu können,<br />

dass er ständig nur herumgeschubst wurde –<br />

von einem Heim zum anderen, von Adoptiveltern<br />

zu Adoptiveltern –, dass ihn niemand –<br />

nicht einmal seine eigene Mutter – wirklich<br />

haben wollte. Tatsächlich ist er ein guter<br />

Mensch <strong>mit</strong> ausgeprägtem Einfühlungsvermögen.<br />

Nun beginnt sich die nicht so geplante<br />

Patchwork-Familie neu zu formieren.<br />

Diese schwedische Komödie <strong>mit</strong> Tiefgang über<br />

ein konservatives Homopaar, dessen Fassade<br />

durch einen kleinkriminellen, homophoben<br />

Adoptivsohn ins Wanken gebracht wird, gewährt<br />

einen tiefen Einblick in die Wirkungsweisen von<br />

Stereotypen, die Macht der Spießigkeit, die einfach<br />

nicht über den Tellerrand blicken will –<br />

es hier aber muss. Warmherzigkeit und Einfühlungsvermögen<br />

sind die besten Gegen<strong>mit</strong>tel.<br />

Ein wirklich passender Film zu den neuen<br />

Realitäten der Queer Families, der durch Realitätssinn<br />

und subtilen Humor besticht. Dabei<br />

spart der Film auch nicht an Selbstkritik am<br />

lesbisch/schwulen Kinderwunsch, denn Görans<br />

und Svens Beziehung scheitert auch daran,<br />

dass die beiden sich zunächst ein lebendiges<br />

»Spielzeug« wünschten. Erst nachdem ihren<br />

Wunschvorstellungen gar nicht entsprochen<br />

worden war, können sie offen gegenüber Patrik,<br />

ihrem Wunschkind, sein.

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