PDF mit lesbischem Schwerpunkt - Löwenherz
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gerade von seiner Frau Ally verlassen worden,<br />
die jetzt im nahen Calgary <strong>mit</strong> ihrer Freundin<br />
Kathleen offen lesbisch lebt. Joey ist deprimiert,<br />
Freunde und Verwandte raten ihm dringend,<br />
sich ein Hobby zuzulegen, da<strong>mit</strong> er auf<br />
andere Gedanken kommt. Durch einen Tauschhandel<br />
kommt der Automechaniker unverhofft<br />
zu einem Cello und beschließt kurzerhand,<br />
Unterricht zu nehmen. Weil dies wohl nur in Calgary<br />
möglich sein wird, packt Joey Allys letzte<br />
Habseligkeiten ein, die noch bei ihm geblieben<br />
sind und fährt in die Stadt. Das Treffen <strong>mit</strong> Ally<br />
und Kathleen verläuft völlig unerwartet – alle<br />
schätzen sich, und die beiden Frauen machen<br />
Joey ein Angebot, das ihm seinen größten<br />
Wunsch erfüllen würde. – Schon beim Erscheinen<br />
der englischen Originalausgabe wurde kritisiert,<br />
dass Joey zwar nicht verstehen kann,<br />
warum Ally ihn verlassen hat, er ihr gegenüber<br />
aber keinen Groll hegt und ihr immer noch<br />
respekt- und liebevoll gegenüber tritt. Übertriebene<br />
political correctness sei dies. Doch das ist<br />
allzu vordergründig geurteilt. Denn oberflächlich<br />
gesehen ist alles an der Geschichte vollkommen<br />
unwahrscheinlich, ausgedacht und<br />
an den Haaren herbei gezogen. Ein Automechaniker,<br />
der nichts außer seiner Arbeit kennt<br />
(außer vielleicht alle Jahre einmal Fischengehen)<br />
tauscht einen Gebrauchtwagen gegen<br />
ein Cello ein, mag dieses <strong>mit</strong> über 40 Jahren<br />
spielen lernen und kann ohne Anleitung auch<br />
schon ein paar Takte <strong>mit</strong> Radiomusik <strong>mit</strong>spielen.<br />
Völlig jenseitig. Doch darum geht es in<br />
Wahrheit bei vielen Hoffnungen: Das völlig<br />
Abwegige zu wagen oder sich vorzustellen –<br />
und, wie im Fall dieses Romans von Ivan E.<br />
Coyote, davon zu erzählen. Das ist nämlich das<br />
spannende an dieser Klischee-Geschichte: es<br />
sich erzählen zu lassen, und sich nicht auf den<br />
allzu leichten Abwehr-Reflex einzulassen: »So<br />
ist es ja gar nicht, das ist doch alles glatt gebügelt.«<br />
Natürlich ist die Negativ-Bestimmung<br />
(»Ich bin anders«) für Lesben und Schwule ein<br />
zentraler Punkt der Selbstwahrnehmung. Doch<br />
darf diese Haltung uns nicht von unseren<br />
Hoffnungen abhalten und uns den Blick auf<br />
positive Utopien verstellen. Insofern ist »Als<br />
das Cello vom Himmel fiel« nicht nur eine<br />
schöne Geschichte, sondern auch Anlass, sich<br />
zu fragen, ob nicht doch ein Stück heile Welt<br />
schön wäre – auch wenn sie dann kitschig und<br />
(igitt) politically correct ist. (Also available in<br />
the original American paperback version »Bow<br />
Grip« for € 17.95.)<br />
47<br />
Jürgen empfiehlt<br />
Ella Lemhagen (R): Patrik 1,5.<br />
Schweden 2008, OF, dt.UT,<br />
97 min., € 19.99<br />
Göran und Sven Skoogh<br />
haben so ziemlich alles,<br />
was man sich als schwules<br />
Ehepaar in Schweden<br />
wohl wünschen kann. Sie<br />
haben gute Jobs – Göran<br />
will sich gerade als Arzt<br />
niederlassen, Sven arbeitet<br />
in einer schicken<br />
Werbefirma. Als Schwule<br />
haben sie es zu etwas<br />
gebracht. Sie haben ein eigenes Haus in<br />
einer gutbürgerlichen Vorstadt und richten sich<br />
gerade gemütlich ein. Die Umgebung verführt<br />
zum Joggen. Und der Garten ist Görans große<br />
Leidenschaft. Frisch verheiratet scheint ihr Eheglück<br />
perfekt. Und das, obwohl Sven auf eine<br />
heterosexuelle Vergangenheit <strong>mit</strong> Ex-Ehefrau<br />
und Tochter zurückblicken kann. Aber diese<br />
Dinge sind geregelt. Und Svens Ex-Frau sowie<br />
die Tochter kommen regelmäßig zu Besuch zu<br />
den beiden – Tochter Isabell findet ihren Vater<br />
<strong>mit</strong> seinen gelegentlichen Anwandlungen zwar<br />
nur noch blöd und nervig. Aber im Teenageralter<br />
ist das nun mal so.<br />
Die Umgebung des schwulen Paares ist eine<br />
ruhige, biedere Vorstadtidylle, für die ein<br />
Ikea-Katalog Modell gestanden haben könnte:<br />
Häuser im identischen Stil in einer Reihe<br />
<strong>mit</strong> sorgsam gepflegten Gärten, blitzblanken<br />
Familienlimousinen und vollständigen, harmonischen,<br />
langweiligen Familien. Göran und Sven<br />
wollen dazugehören. Und vor allem Göran freut<br />
sich über jede Einladung, die die Integration<br />
in die Nachbarschaft fördert. Bei aller skandinavischen<br />
Toleranz stoßen die Skooghs bei