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Theorie der Resignation Thomas Krauskopf

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Resignativer Rhein.<br />

Ein Fluß zwischen <strong>der</strong> gothischen Mystik des Dahinfließens und<br />

<strong>der</strong> realen Romantik <strong>der</strong> Wirklichkeit – als flüssiges Leben und<br />

zähes Sterben mit unbeständigen Wasserstandsmeldungen und<br />

ortsüblich typischer Weinseligkeit. Dort wie hier warten die<br />

Totgeburten des Deutschen Lochs und des Binger Ecks o<strong>der</strong><br />

umgekehrt! Ein Geröll unter lauter Steinen am Strande grollte:<br />

„Wäre ich doch bloß ein Wassertropfen im Rhein, dann könnte<br />

ich schön traurig sein, und ich müßte niemals mehr weinen,<br />

denn ich wäre schon eine Träne im Strom <strong>der</strong> <strong>Resignation</strong>.“ Aber<br />

was ist tatsächlich <strong>der</strong> Fall, nach Schaffhausen kommt bald<br />

wie<strong>der</strong> Deutschland. Und dann, nachdem <strong>der</strong> Hochrhein die<br />

Schweiz endgültig hinter sich gelassen hat, beginnt bei Basel <strong>der</strong><br />

Oberrhein, <strong>der</strong> außerdem die natürliche Grenze zwischen<br />

Deutschland und Frankreich bildet. Der Fluß gräbt sich durch<br />

Baden hinauf zur Pfalz, dort trumpfen andächtig, die im Stil <strong>der</strong><br />

romanischen Architektur thronend über <strong>der</strong> Flußsilhouette<br />

errichteten Rheindome zu Speyer, Worms und Mainz<br />

kirchengeschichtlich auf. Zwischen dem noch heute existenten<br />

erstgenannten Bistum und dem zweitgenannten erloschenen,<br />

treten die beiden kurpfälzischen Städte Ludwigshafen<br />

(Rheinland-Pfalz), durchaus als badische Industriestätte verplant,<br />

und das von einen Ring umgrenzte planquadratisch angelegte<br />

Innerstädtische Mannheims (Baden-Württemberg) entropisch<br />

hervor. Unser Rhein zeigt sich inmitten als Grenze zweier<br />

Bundeslän<strong>der</strong>. Ein an<strong>der</strong>es Gewässer bildet außerdem noch<br />

Anlaß zur Romantik, denn <strong>der</strong> Neckar mündet hier bei Mannheim<br />

allerdings im Gebiet des Handelshafens. Und dieser Neckar hatte<br />

zuvor das Heidelberger Stadtbild fest im Griff, wo droben die<br />

gewaltige Schloßruine thront und die Dichter <strong>der</strong> Geniezeit durch<br />

das Grün <strong>der</strong> Wege wandelten und ihre poetischen<br />

Wahrnehmungen sammelten. Die verschrieen häßliche Mo<strong>der</strong>ne,<br />

als Auswuchs einer steigerungsfähigen Peripherie in ihrem Antlitz<br />

des Profanen, beziehungsweise die allgemeine pamphletistische<br />

sogenannte Unwirtlichkeit korrespondiert nicht mit dem alten <strong>der</strong><br />

Stadt, das Museumshafte dieses Althergerachten zeigt sich<br />

ausstellungshaft, nicht so real wie es einmal war, son<strong>der</strong>n<br />

herausgeputzt, obwohl sich diese Urahnung des Einstigen<br />

durchaus noch zeigt. Der Fluß fließt unbeeindruckt weiter, am<br />

sogenannten Rheinknie verliert sich hinter dem Trug <strong>der</strong><br />

Nibelungenlegende die Weinseligkeit in weiteren Orten, <strong>der</strong>en<br />

Nähe zum Rheinstrand in <strong>der</strong> Langeweile flacher Landschaft<br />

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