Hydrologie - dezentraler Hochwasserschutz

Hydrologie - dezentraler Hochwasserschutz Hydrologie - dezentraler Hochwasserschutz

05.01.2013 Aufrufe

2.2.2 Simulationsverfahren Die vielfältigen Probleme beim Umgang mit hydrologischen Niederschlag-Abfluss- Modellen seien an dieser Stelle nur angedeutet, hier kann z. B. auf folgende Arbeiten verwiesen werden: BEVEN (1989), BEVEN & BINLEY (1992), ORESKES et al. (1994), CHATFIELD (1995), MIEGEL (1997), KIRNBAUER et al. (2000), ABEBE & PRICE (2003), BRONSTERT (2004), NWS (2004), UHLENBROOK (2005), VRUGT et al. (2005). Begrenzende Faktoren der prozessbasierten nichtlinearen (detaillierten) Einzugsgebietsmodellierung sind - Wissenslücken um den Abflussbildungsprozess, - mangelhafte Datenverfügbarkeit und - Probleme bei der Auswahl und Eichung der Parameter, wenn im Modell eine große Anzahl von Einzelprozessen nachgebildet wird. Die IAHS-Initiative "Predictions in Ungaged Basins (PUB)" ist eine Reaktion auf die weltweit abnehmende Datenbasis (UHLENBROOK & ZEHE 2004). WAGENER et al. (2001) und BEVEN (2001) machen auf die Möglichkeit eines unsicheren Modell-Outputs als Folge nicht eindeutiger Parameterwerte aufmerksam (equifinality, Mehrdeutigkeit), andere Autoren verwenden in der Messfeld- und Kleingebietsskala wegen der lokalen Heterogenität von Untergrund und Oberfläche nichtprozessangepasste Effektivparameter, z. B. BINLEY et al. (1989), BINLEY & BEVEN (1989), MERZ (1996), MERZ & PLATE (1997), ZEHE (1999), SCHWARZ & KAUPENJOHANN (2001) und DIEKKRÜGER et al. (2001). Das von BEVEN (1982a,b) entwickelte TOPMODEL hat sich in der Kleingebiets- und Hangskala bewährt; in der Variante „dynamisches TOPMODEL“ wird auch die sich hangabwärts bewegende Bodensättigung (dynamic subsurface contributing area) berücksichtigt, was besonders nach längerer Trockenheit die Rechengenauigkeit erhöht (PETERS et al. 2001,2003). Für Waldstandorte konnten MACKAY & BAND (1997) die typischen hydrologischen Prozesse in die TOPMODEL-Struktur integrieren. TAGUE & BAND (2001) haben mit TOPMODEL das Feuchte- und Verdunstungsdefizit talseits linienhafter Strukturen, WEMPLE & JONES (2003) den subsurface flow von Böschungs-Sättigungsflächen (Feuchtflächen) berechnet (Abschn. 3.2). Zum Typ der prozessorientierten Hang- und Kleingebietsmodelle zählen die Modelle CATFLOW und ANTHROPOG. Mit ersterem wurde primär die Abflussbildung auf landwirtschaftlichen Flächen als Funktion der Boden-Makroporosität und der Landnutzungsart untersucht (MAURER 1997, ZEHE & BLÖSCHL 2004); ZEHE (1999), SCHENK et al. (2001), BOTT (2002) und WALDENMEYER (2003) berichten von CATFLOW-Anwendungen in Wald-Einzugsgebieten. Das Modell ANTHROPOG befindet sich noch in der Entwicklung (CARLUER & DE MARSILY 2004); die Verfasser stellen eine Wirkungsabschätzung linienhafter Strukturen (Gräben, Wege, Heckenreihen) auf Hochwasser in Aussicht, wobei das Höhenmodell TOPOG Einzelhänge innerhalb von Konturlinien oberhalb der linienhaften Strukturen definiert. Grey-box-Modelle wie das ursprünglich zur Berechnung der Transpiration unterschiedlicher Baumbestände entwickelte BROOK-Wasserhaushaltsmodell (FEDERER & LASH 1978) können die wesentlichen Systemprozesse im Wasserkreislauf bewaldeter Einzugsgebiete simulieren: FINKE et al. (1989) haben die Monatssummen der direkten und indirekten Abflussanteile im Einzugsgebiet Lange Bramke (Oberharz) näherungsweise berechnet, STEIDL & HAAS (1994) belegten die Dominanz der Feuchtflächen bei der Abflussentstehung im alpinen 10

Löhnersbach-Einzugsgebiet (ca. 16 km 2 ), und SEEGERT et al. (2003) zeigten Tendenzen des Abflusses denkbarer waldbaulicher Szenarien auf. Eine verbesserte Identifizierung der räumlichen Verteilung der Sättigungsflächen in mesoskaligen, physiographisch ähnlichen Einzugsgebieten gelangen GÜNTNER et al. (1999a,2004) durch die Kombination von Bodenfeuchte und topographischem Index (topographic wetness index). Im Modell von WALDENMEYER & CASPER (2001) wird ein Produkt aus Geländeneigung und dem Vertikalgradienten der hydraulischen Boden- Sättigungsleitfähigkeit – die potentielle Interflow-Intensität – zur Hydrotop- Identifikation benutzt. Die weitere Synthese solcher Hydrotop-Teilmodelle zu einem Kleingebietsmodell befindet sich noch im Forschungsstadium. Dabei bedarf es umfangreicher Daten (räumlich-zeitliche Gebietsbedingungen, Meteorologie und Hangaufbau), und es bestehen noch Wissenslücken über die Interaktion der einzelnen Raumelemente und über die Fließprozesse besonders bei Starkregen (BRONSTERT 1997,2004). Hier erweist sich die bereits aus den 70er Jahren bekannte tracerhydrologische Bestimmung der Herkunft und der Verweilzeiten der einzelnen Bachwasserkomponenten als ein erfolgreicher Beitrag zur Verbesserung des Prozessverständnisses und der Niederschlag-Abfluss-Modellierung. Z. B. haben SKLASH & FARVOLDEN (1979) mittels Abfluss- und Umweltisotopenmessungen (Deuterium und Tritium) nachgewiesen, dass der Anstieg des vorflutnahen Grundwasserspiegels (groundwater ridging) durch bodeninnere Druckübertragung (piston flow) von vorflutfern infiltriertem Wasser verursacht wird (Begriffsbestimmung bei LEIBUNDGUT & UHLENBROOK 1997). Aus dieser Kombination tracerhydrologischer und hydraulischer Verfahren erhoffen sich die Hydrologen einen tieferen Einblick in den Aufbau des Untergrundes und die Dynamik der Abflussbildung, also in die Fließwege und Verweilzeiten des Hangwassers (UHLENBROOK & LEIBUNDGUT 1999, UHLENBROOK et al. 2001, McGLYNN et al. 2002, TILCH et al. 2003, UHLENBROOK 2005, McGUIRE et al. 2005). Die Verwendung von Tracerdaten gestattet Rückschlüsse auf die Herkunftsräume der einzelnen Abflusskomponenten (HERRMANN & SCHÖNIGER 1989, UHLENBROOK et al. 2004). MEHLHORN (1998) konnte durch Anpassung der N-A-Modellierungsergebnisse an die Ergebnisse der traceranalytisch ermittelten hydrogeologischen Raumgliederung eine „realistische Modellierung“ des Wasserhaushaltes erzielen. Gleichwohl ist trotz zahlreicher Einzelarbeiten kein Modellsystem verfügbar, das es erlauben würde, die vielfältigen Prozesse der Wasserdynamik von Wäldern in ihrer ganzen Komplexität zu berücksichtigen (BOTT 2002). Es ist Skepsis angebracht, dass es jemals gelingen könnte, mit einem einzigen allgemein einsetzbaren Modell alle die damit verbundenen Effekte realistisch zu beschreiben (GUTKNECHT 1996). In Sonderfällen wird sogar auf Blockmodelle oder stochastische Modelle zurückgegriffen; diese sind detaillierten Prozessmodellen vorzuziehen, wenn keine Konsistenz mit dem verfügbaren Datensatz besteht (BEVEN 2001). Beispielsweise erzielten LISCHEID & UHLENBROOK (2001) bei zeitlich hochaufgelöster Abflussimulation im Einzugsgebiet der Brugga (Südschwarzwald, 40 km 2 ) mit einem ANN-Modell (Artificial Neural Networks) ebenso gute Ergebnisse wie mit drei prozessbasierten Modellen. Darüberhinaus kann der ANN-Ansatz auch zur Steigerung der Rechengenauigkeit konzeptioneller Modelle Verwendung finden (ABEBE & PRICE 2003). In Hochwassermodellen für große Einzugsgebiete tritt die Physik der Abflussbildung stark in den Hintergrund – zugunsten der Überlagerung von Wellen aus Teileinzugsgebieten. 11

Löhnersbach-Einzugsgebiet (ca. 16 km 2 ), und SEEGERT et al. (2003) zeigten<br />

Tendenzen des Abflusses denkbarer waldbaulicher Szenarien auf.<br />

Eine verbesserte Identifizierung der räumlichen Verteilung der Sättigungsflächen in<br />

mesoskaligen, physiographisch ähnlichen Einzugsgebieten gelangen GÜNTNER et<br />

al. (1999a,2004) durch die Kombination von Bodenfeuchte und topographischem<br />

Index (topographic wetness index).<br />

Im Modell von WALDENMEYER & CASPER (2001) wird ein Produkt aus<br />

Geländeneigung und dem Vertikalgradienten der hydraulischen Boden-<br />

Sättigungsleitfähigkeit – die potentielle Interflow-Intensität – zur Hydrotop-<br />

Identifikation benutzt.<br />

Die weitere Synthese solcher Hydrotop-Teilmodelle zu einem Kleingebietsmodell<br />

befindet sich noch im Forschungsstadium. Dabei bedarf es umfangreicher Daten<br />

(räumlich-zeitliche Gebietsbedingungen, Meteorologie und Hangaufbau), und es<br />

bestehen noch Wissenslücken über die Interaktion der einzelnen Raumelemente und<br />

über die Fließprozesse besonders bei Starkregen (BRONSTERT 1997,2004).<br />

Hier erweist sich die bereits aus den 70er Jahren bekannte tracerhydrologische<br />

Bestimmung der Herkunft und der Verweilzeiten der einzelnen<br />

Bachwasserkomponenten als ein erfolgreicher Beitrag zur Verbesserung des<br />

Prozessverständnisses und der Niederschlag-Abfluss-Modellierung. Z. B. haben<br />

SKLASH & FARVOLDEN (1979) mittels Abfluss- und Umweltisotopenmessungen<br />

(Deuterium und Tritium) nachgewiesen, dass der Anstieg des vorflutnahen<br />

Grundwasserspiegels (groundwater ridging) durch bodeninnere Druckübertragung<br />

(piston flow) von vorflutfern infiltriertem Wasser verursacht wird (Begriffsbestimmung<br />

bei LEIBUNDGUT & UHLENBROOK 1997).<br />

Aus dieser Kombination tracerhydrologischer und hydraulischer Verfahren erhoffen<br />

sich die Hydrologen einen tieferen Einblick in den Aufbau des Untergrundes und die<br />

Dynamik der Abflussbildung, also in die Fließwege und Verweilzeiten des<br />

Hangwassers (UHLENBROOK & LEIBUNDGUT 1999, UHLENBROOK et al. 2001,<br />

McGLYNN et al. 2002, TILCH et al. 2003, UHLENBROOK 2005, McGUIRE et al.<br />

2005). Die Verwendung von Tracerdaten gestattet Rückschlüsse auf die<br />

Herkunftsräume der einzelnen Abflusskomponenten (HERRMANN & SCHÖNIGER<br />

1989, UHLENBROOK et al. 2004). MEHLHORN (1998) konnte durch Anpassung der<br />

N-A-Modellierungsergebnisse an die Ergebnisse der traceranalytisch ermittelten<br />

hydrogeologischen Raumgliederung eine „realistische Modellierung“ des<br />

Wasserhaushaltes erzielen.<br />

Gleichwohl ist trotz zahlreicher Einzelarbeiten kein Modellsystem verfügbar, das es<br />

erlauben würde, die vielfältigen Prozesse der Wasserdynamik von Wäldern in ihrer<br />

ganzen Komplexität zu berücksichtigen (BOTT 2002). Es ist Skepsis angebracht,<br />

dass es jemals gelingen könnte, mit einem einzigen allgemein einsetzbaren Modell<br />

alle die damit verbundenen Effekte realistisch zu beschreiben (GUTKNECHT 1996).<br />

In Sonderfällen wird sogar auf Blockmodelle oder stochastische Modelle<br />

zurückgegriffen; diese sind detaillierten Prozessmodellen vorzuziehen, wenn keine<br />

Konsistenz mit dem verfügbaren Datensatz besteht (BEVEN 2001). Beispielsweise<br />

erzielten LISCHEID & UHLENBROOK (2001) bei zeitlich hochaufgelöster<br />

Abflussimulation im Einzugsgebiet der Brugga (Südschwarzwald, 40 km 2 ) mit einem<br />

ANN-Modell (Artificial Neural Networks) ebenso gute Ergebnisse wie mit drei<br />

prozessbasierten Modellen. Darüberhinaus kann der ANN-Ansatz auch zur<br />

Steigerung der Rechengenauigkeit konzeptioneller Modelle Verwendung finden<br />

(ABEBE & PRICE 2003). In Hochwassermodellen für große Einzugsgebiete tritt die<br />

Physik der Abflussbildung stark in den Hintergrund – zugunsten der Überlagerung<br />

von Wellen aus Teileinzugsgebieten.<br />

11

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!