Hydrologie - dezentraler Hochwasserschutz

Hydrologie - dezentraler Hochwasserschutz Hydrologie - dezentraler Hochwasserschutz

05.01.2013 Aufrufe

Vermutlich hat zuerst REINHART (1964) darauf aufmerksam gemacht, dass der Oberflächenabfluss auf Waldwegen, die für Einschlagarbeiten angelegt werden, aus dem Niederschlag auf die Wege selbst und aus dem durch die Wege abgefangenen subsurface flow besteht. Zuvor hatte bereits HURSH (1944) den Begriffe saturated aquifer benutzt, und HEWLETT (1961) hatte eine variable area contributing to stormflow beobachtet. Verdienste an der Entwicklung des Sättigungsflächenkonzeptes kommen insbesondere HEWLETT & HIBBERT (1967) sowie DUNNE & BLACK (1970) zu. MEGAHAN (1972) führte den Begriff subsurface flow interception für das Freisetzen von Zwischenabfluss nach Hanganschnitt (cutslope, road cut) ein. Als Folge der Öffnung bodeninnerer Fließbahnen bildet sich an der Böschung eine Sättigungsfläche (Abflussbildung), von der das exfiltrierte Bodenwasser als Oberflächenabfluss über das Wege- und Grabensystem rasch in den Vorfluter gelangt (Abflusskonzentration). Sättigungsflächen dominieren in hängigem Gelände den Prozess der Abflussbildung (STEIDL & HAAS 1994, JORDAN 1994, SAMBALE & PESCHKE 2001, ROBSON et al. 1992), und sie werden auch an natürlich eingeschnittenen Vorflutern sowie auf Auen und gewässerbegleitenden Hängen beobachtet (BOWLING & LETTENMAIER 2001, UCHIDA et al. 2001 bzw. NAEF et al. 1994). In einem von KIRNBAUER & HAAS (1998) untersuchten alpinen Einzugsgebiet liegt ihr Flächenanteil konstant bei 8 %. Weit häufiger schwankt ihr Anteil während des Ereignisses, und die Sättigungsflächen verteilen sich ereignisabhängig auf das gesamte Einzugsgebiet (ROBINSON 1993b). DUNNE et al. (1975) und BEVEN & WOOD (1983) ermittelten Werte, die bei Sommerhochwasser 5 % (Talaue) erreichten und im Fall extremer Ereignisse über 35 %, 50 %, 65 % oder kurzfristig bis 100 % anstiegen. Die Sättigungsflächen konzentrierten sich bei GÜNTNER et al. (1999b) auf Bachnähe, das steile Gelände und auf die Hochflächen – auf insgesamt 6,8 % des Brugga- Einzugsgebietes (s. o.) – und bei WALDENMEYER & CASPER (2001) auf das Kopfgebiet und die flachen Höhenlagen nahe der Wasserscheide. TANI & ABE (1987) beobachteten Sättigungsflächen, die sich im Verlauf des Hochwassers von der Talaue hangaufwärts bis gegen die Wasserscheide erstreckten, ebenso HEWLETT & NUTTER (1970), bei denen die Sättigungsflächen einschließlich Gullys (Rinne, Runse, Tobel, Klinge) während des Scheitels etwa 20 % des Einzugsgebietes einnahmen. Das Sättigungsflächenkonzept hat sich als besonders fruchtbar erwiesen. Untersucht werden in kleinen bewaldeten Einzugsgebieten z. B. der Anteil des subsurface flow am Wellenscheitel (LISCHEID 2001, SCANLON et al. 2001), das Alter des Wassers (SKLASH et al. 1986, JORDAN 1994, MARC et al. 2001, LADOUCHE et al. 2001, McGLYNN & McDONNEL 2003), die Herkunft des Wassers (ROBSON et al. 1992, BARI et al. 1996, LUCE 2002, UHLENBROOK et al. 2002) und die Wirkung der Wegedolen bei der Ableitung des subsurface flow von Böschungs-Sättigungsflächen (WEMPLE et al. 1996, BOWLING & LETTENMAIER 2001, WEMPLE & JONES 2003). Der Sättigungsflächenabfluss erreichte am Beispiel der Untersuchungen von BOWLING & LETTENMAIER (1997,2001) 82 % bis 95 % des Hochwasserscheitels, falls das Wegwasser über Dolen und Gullys abgeleitet wird. Die Abflusskonzentration der Wege kann diejenige der Bäche übertreffen (VALEK 1959). TISCHENDORF (1971) hat beobachtet, dass sich das Gewässernetz eines von ihm untersuchten bewaldeten Einzugsgebietes (24 ha, Appalachen/USA) bei Hochwasser von 18

ursprünglich 800 m auf 3 km und mehr verlängerte (er empfahl an anderer Stelle, das Wegwasser sachgerecht in Mulden abzuleiten). HEWLETT (1982b) berichtet von 10- bis 20facher Verlängerung der Dauervorflut, CARLUER & DE MARSILY (2004) fanden eine 8fache Verlängerung. Ein Konzeptmodell, das die hydrologische Funktion der Forststraßen in einem kleinen bewaldeten Einzugsgebiet in Oregon/USA beschreibt, entwickelten WEMPLE et al. (1996). Der entstandene Oberflächenabfluss beschleunigt den Hochwasserabfluss, wenn die Wege direkt in den Vorfluter entwässern (Abbildung 8); bei Hochwasser waren 56 % der Verkehrswegelänge durch Gully-Dolen mit der perennierenden Vorflut hydrologisch kurzgeschlossen. In einem australischen Einzugsgebiet erreichte der direkte und partielle Schlussgrad der Wegeentwässerungen 29 % (CROKE & MOCKLER 2001). Abbildung 8: Verschärfung des Hochwasserabflusses durch hangeingeschnittene Wege (WEMPLE et al. 1996) 19

Vermutlich hat zuerst REINHART (1964) darauf aufmerksam gemacht, dass der<br />

Oberflächenabfluss auf Waldwegen, die für Einschlagarbeiten angelegt werden, aus<br />

dem Niederschlag auf die Wege selbst und aus dem durch die Wege abgefangenen<br />

subsurface flow besteht. Zuvor hatte bereits HURSH (1944) den Begriffe saturated<br />

aquifer benutzt, und HEWLETT (1961) hatte eine variable area contributing to<br />

stormflow beobachtet. Verdienste an der Entwicklung des<br />

Sättigungsflächenkonzeptes kommen insbesondere HEWLETT & HIBBERT (1967)<br />

sowie DUNNE & BLACK (1970) zu.<br />

MEGAHAN (1972) führte den Begriff subsurface flow interception für das Freisetzen<br />

von Zwischenabfluss nach Hanganschnitt (cutslope, road cut) ein. Als Folge der<br />

Öffnung bodeninnerer Fließbahnen bildet sich an der Böschung eine<br />

Sättigungsfläche (Abflussbildung), von der das exfiltrierte Bodenwasser als<br />

Oberflächenabfluss über das Wege- und Grabensystem rasch in den Vorfluter<br />

gelangt (Abflusskonzentration).<br />

Sättigungsflächen dominieren in hängigem Gelände den Prozess der Abflussbildung<br />

(STEIDL & HAAS 1994, JORDAN 1994, SAMBALE & PESCHKE 2001, ROBSON et<br />

al. 1992), und sie werden auch an natürlich eingeschnittenen Vorflutern sowie auf<br />

Auen und gewässerbegleitenden Hängen beobachtet (BOWLING & LETTENMAIER<br />

2001, UCHIDA et al. 2001 bzw. NAEF et al. 1994). In einem von KIRNBAUER &<br />

HAAS (1998) untersuchten alpinen Einzugsgebiet liegt ihr Flächenanteil konstant bei<br />

8 %. Weit häufiger schwankt ihr Anteil während des Ereignisses, und die<br />

Sättigungsflächen verteilen sich ereignisabhängig auf das gesamte Einzugsgebiet<br />

(ROBINSON 1993b). DUNNE et al. (1975) und BEVEN & WOOD (1983) ermittelten<br />

Werte, die bei Sommerhochwasser 5 % (Talaue) erreichten und im Fall extremer<br />

Ereignisse über 35 %, 50 %, 65 % oder kurzfristig bis 100 % anstiegen. Die<br />

Sättigungsflächen konzentrierten sich bei GÜNTNER et al. (1999b) auf Bachnähe,<br />

das steile Gelände und auf die Hochflächen – auf insgesamt 6,8 % des Brugga-<br />

Einzugsgebietes (s. o.) – und bei WALDENMEYER & CASPER (2001) auf das<br />

Kopfgebiet und die flachen Höhenlagen nahe der Wasserscheide. TANI & ABE<br />

(1987) beobachteten Sättigungsflächen, die sich im Verlauf des Hochwassers von<br />

der Talaue hangaufwärts bis gegen die Wasserscheide erstreckten, ebenso<br />

HEWLETT & NUTTER (1970), bei denen die Sättigungsflächen einschließlich Gullys<br />

(Rinne, Runse, Tobel, Klinge) während des Scheitels etwa 20 % des<br />

Einzugsgebietes einnahmen.<br />

Das Sättigungsflächenkonzept hat sich als besonders fruchtbar erwiesen. Untersucht<br />

werden in kleinen bewaldeten Einzugsgebieten z. B. der Anteil des subsurface flow<br />

am Wellenscheitel (LISCHEID 2001, SCANLON et al. 2001), das Alter des Wassers<br />

(SKLASH et al. 1986, JORDAN 1994, MARC et al. 2001, LADOUCHE et al. 2001,<br />

McGLYNN & McDONNEL 2003), die Herkunft des Wassers (ROBSON et al. 1992,<br />

BARI et al. 1996, LUCE 2002, UHLENBROOK et al. 2002) und die Wirkung der<br />

Wegedolen bei der Ableitung des subsurface flow von Böschungs-Sättigungsflächen<br />

(WEMPLE et al. 1996, BOWLING & LETTENMAIER 2001, WEMPLE & JONES<br />

2003).<br />

Der Sättigungsflächenabfluss erreichte am Beispiel der Untersuchungen von<br />

BOWLING & LETTENMAIER (1997,2001) 82 % bis 95 % des Hochwasserscheitels,<br />

falls das Wegwasser über Dolen und Gullys abgeleitet wird. Die Abflusskonzentration<br />

der Wege kann diejenige der Bäche übertreffen (VALEK 1959). TISCHENDORF<br />

(1971) hat beobachtet, dass sich das Gewässernetz eines von ihm untersuchten<br />

bewaldeten Einzugsgebietes (24 ha, Appalachen/USA) bei Hochwasser von<br />

18

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!