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Das Argument 91 - Berliner Institut für kritische Theorie eV

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Normalität und Pathologie des Psychischen 473<br />

Neben dem intentionalen Aspekt (was soll erreicht werden) weist<br />

die Handlung einen operationalen Aspekt auf: jedes Ziel existiert<br />

faktisch in einer gegenständlichen Situation, deren konkreten Bedingungen<br />

die Handlung sich anmessen muß. Dieser Aufgabe, dem Ziel<br />

unter bestimmten Bedingungen, entspricht die Handlung im Vollzug<br />

variabler bedingungsadäquater Operationen. Der Unterschied von<br />

Handlung und Operation wird sofort deutlich, wenn man an die Entwicklung<br />

von Werkzeugen denkt: in ihnen sind Verfahrensweisen,<br />

nicht aber die Handlung und das Ziel vergegenständlicht.<br />

Es sind gerade diese gesellschaftlich erarbeiteten Handlungsverfahren,<br />

Operationen, bei deren Ausführung die Menschen die objektive<br />

Realität verändern und erkennen, die die in der Form der<br />

Sprache getragenen Bedeutungen, als deren komprimierte idealisierte<br />

Formen, schöpfen.<br />

Die Beziehungen zwischen Handlung und Operation sind, analog<br />

denen von Tätigkeit und Handlung, die einer Einheit von relativ<br />

Selbständigem. Genese und Dynamik beider sind unterschiedlich:<br />

während die Zielbildung, also Handlung in den Beziehungen des<br />

Austausches von Tätigkeit, entsteht, ist jede Operation das Ergebnis<br />

der Veränderung einer Handlung als Folge ihrer Integration in eine<br />

andere Handlung und ihrer Automatisierung. Gleichwohl stellen<br />

Operationen nichts Selbständiges dar — immer realisieren sie eine<br />

zielgerichtete Handlung des Subjekts.<br />

Die genannten „Einheiten": Motiv — Tätigkeit, Ziel — Handlung<br />

und Bedingungen — Operation bilden in ihrer Wechselbeziehung die<br />

Makrostruktur der Tätigkeit. Diese ist nicht elementenhaft zu zergliedern,<br />

sondern muß in ihren inneren Sj/stembedingungen, in der<br />

Bewegung untersucht werden: „Die Tätigkeit stellt zudem einen Prozeß<br />

dar, der durch ständige Transformationen gekennzeichnet ist.<br />

Verliert eine Tätigkeit ihr Motiv, dann verwandelt sie sich in eine<br />

Handlung, die möglicherweise eine ganz andere Beziehung zur Welt<br />

realisiert, eine andere Tätigkeit. Und umgekehrt kann eine Handlung<br />

selbständige motivierende Kraft erlangen und zu einer spezifischen<br />

Tätigkeit werden. Und schließlich kann eine Handlung zu einem<br />

Verfahren zur Erreichung eines Ziels, zu einer Operation werden,<br />

die unterschiedliche Handlungen zu realisieren vermag. Die Beweglichkeit<br />

der „Struktureinheiten" der Tätigkeit äußert sich auch darin,<br />

daß sich jede von ihnen weiter unterteilen läßt, oder umgekehrt, daß<br />

jède von ihnen vordem selbständige Einheiten in sich aufzunehmen<br />

vermag." 37<br />

Die allgemeine Makrostruktur der menschlichen Tätigkeit ändert<br />

sich nicht im Verlauf der Geschichte: auf allen Etappen der menschlichen<br />

Entwicklung wird Tätigkeit durch bewußte Handlungen realisiert,<br />

in denen der Übergang von Zielen zu den objektiven Produkten<br />

stattfindet, und immer ist sie dem Motiv untergeordnet.<br />

37 a.a.O., S. 432.<br />

DAS ARGUMENT <strong>91</strong>/1975 ©

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