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Das Argument 91 - Berliner Institut für kritische Theorie eV

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468 Wolf gang Maiers<br />

schaftlichen Bewegungsform bedingt. Es geht folglich nicht um eine<br />

Expansion des Begriffsinhalts von „Gesundheit" und „Krankheit"<br />

durch schlichte Addition neuer Merkmale zu den allgemeinbiologischen.<br />

Die in den human wissenschaftlichen Begriffen „Gesundheit"<br />

und „Krankheit" widergespiegelten objektiv-realen Sachverhalte<br />

sind durch neue Wechselwirkungen insgesamt neu charakterisiert.<br />

M. a. W.: „Der Mensch ist gesund und kann krank werden, weil er ein<br />

Lebewesen ist. Die Beziehungen, in denen er als Gesunder und als<br />

Kranker steht, sind jedoch insgesamt qualitativ anders als bei<br />

Pflanze und Tier und allein naturwissenschaftlich nicht hinreichend<br />

erfaßbar." 28<br />

Die Schlüsselkategorie, um die höhere, nur der menschlichen Existenz<br />

zukommende gesellschaftliche Bewegungsform zu erfassen, ist<br />

die Kategorie der „Tätigkeit".<br />

„Tätigkeit" — im wesentlichen identisch mit der <strong>für</strong> den historischen<br />

Materialismus zentralen philosophischen Kategorie „Praxis"<br />

— bezieht sich auf den historisch konkreten, gesellschaftlichen Arbeits«<br />

und Lebensprozeß des Menschen.<br />

Exkurs: <strong>Das</strong> Problem der Tätigkeit in der Psychologie 30<br />

Unter Bezugnahme auf die von Marx in seinen Feuerbach-Thesen<br />

konstatierte Unfähigkeit des (französischen) Materialismus, die Sinnlichkeit<br />

des Menschen als Tätigkeit, Praxis zu fassen, gelangt Leontjew<br />

zu der Auffassung, daß dieser Mangel buchstäblich die vormarxsche<br />

und heutige nichtmarxistische Psychologie kennzeichne:<br />

„Die Tätigkeit wird hier entweder im Rahmen- idealistischer Konzeptionen<br />

interpretiert oder aber in naturwissenschaftlichen, ihrer<br />

allgemeinen Tendenz nach materialistischen Richtungen, welche die<br />

Tätigkeit als eine durch angeborene Organisation und permanenten<br />

Lernprozeß bedingte Antwort des passiven Subjekts auf äußere Einwirkungen<br />

verstehen." 30a<br />

Unter die zweitgenannte Richtung ist auch die Verhaltenstherapie<br />

mit ihrem zweigliedrigen Schema der Analyse des Psychischen zu<br />

29 Löther, a.a.O., S. 116<br />

30 Ziel des Exkurses ist es, den unkundigen Leser mit wesentlichen Bestimmungsmomenten<br />

des Tätigkeitskonzeptes in der marxistischen Psychologie<br />

bekannt und damit die später folgenden Ausführungen zum Thema<br />

nachvollziehbar zu machen. Die erforderliche Knappheit der Darstellung<br />

macht es schwierig, einen „axiomatischen Duktus" zu vermeiden — der<br />

interessierte Leser sei auf die Artikel „<strong>Das</strong> Problem der Tätigkeit in der<br />

Psychologie" und „Tätigkeit und Bewußtsein" von A. I. Leontjew verwiesen,<br />

die beide in der Zeitschrift <strong>für</strong> Sowjetwissenschaft, Gesellschaftswissenschaftliche<br />

Beiträge, H. 4, 1973, S. 415 ff. bzw. H. 5, 1973, S. 515 ff.<br />

abgedruckt sind. Dem dort entfalteten <strong>Argument</strong>ationszusammenhang sind<br />

die folgenden Bestimmungen entnommen.<br />

Vgl. ferner den Artikel von Gleiss in diesem Heft, a.a.O.<br />

30a a.a.O., S. 415.<br />

DAS ARGUMENT, <strong>91</strong>/1975 ©

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