Das Argument 91 - Berliner Institut für kritische Theorie eV
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416 Dieter Henkel und. Dorothee Roer<br />
Anspruch darauf, um ihre schwache Position im Bereich der Psychotherapie<br />
zu verbessern (s. Pkt A.4.I.). In dieser Konkurrenzsituation<br />
gehen die Psychologenverbände zweigleisig vor. Zum einen wenden<br />
sie sich nicht explizit gegen die Zulassung von Medizinern, um den<br />
Widerstand der Ärzteorganisationen gegenüber den „Emanzipationsbestrebungen"<br />
der Psychologen zu mildern. So werden z. B. im<br />
DBV Psychologen und Ärzte als Mitglieder zugelassen 153 . Zum anderen<br />
aber versuchen die Standesfunktionäre der Psychologen, über<br />
eine massive Ausnutzung von Konkurrenzvorteilen, auch die Ärzte<br />
zu disqualifizieren, um die Ausbildung in Klinischer Psychologie so<br />
weit wie möglich <strong>für</strong> Psychologen zu monopolisieren. Diese Absicht<br />
kommt in einer Stellungnahme klar zum Ausdruck, die 7 Hochschullehrer<br />
<strong>für</strong> Klinische Psychologie (größtenteils exponierte Verbandsfunktionäre)<br />
auf der Grundlage einer am 23. Mai 1974 in Bochum<br />
abgehaltenen Besprechung an das Bundesgesundheitsministerium<br />
sandten 154 . Unter Bezugnahme auf die Ergebnisse der Sachverständigenanhörung<br />
l55 , in denen eine dreijährige Ausbildungszeit in Klinischer<br />
Psychologie vereinbart war, machen die Ordinarien darin<br />
dem Staat ein billigeres Ausbildungsangebot, um die Mediziner zu<br />
übervorteilen. Sie versuchen glaubhaft zu machen, daß <strong>für</strong> Psychologen<br />
eine ein- bis zweijährige Fortbildung in Klinischer Psychologie<br />
ausreicht, <strong>für</strong> Mediziner jedoch weiterhin 3 Jahre unbedingt erforderlich<br />
sind. Dies wird gerechtfertigt mit der Behauptung, Psychologen<br />
erhielten schon während ihres Studiums eine recht umfassende<br />
klinisch-psychologische Ausbildung (wobei z. B. die völlig praxisferne<br />
Vordiplomausbildung einfach als „vorklinisch" umdefiniert<br />
wird). Gleichzeitig offerieren die Ordinarien dem Staat, die Ausbildung<br />
während des Diplomstudiums unter maximaler Ausschöpfung<br />
153 Vgl. § 5 der Satzung des DBV. Damit wird zugleich unterstrichen,<br />
daß andere Berufsgruppen als Psychologen und Ärzte von der Ausbildung<br />
in Klinischer Psychologie und von der Tätigkeit als „Psychotherapeut"<br />
ausgeschlossen werden sollen. Darin stimmen alle Psychologenverbände<br />
ausdrücklich überein (s. Informationen der GwG, 10, 1973, S. 12; Psychologische<br />
Rundschau, 1, 1972, S. 70 ff.).<br />
154 Dieser Brief wurde unterzeichnet von E. Duhm (Uni. Göttingen),<br />
L. Kemmler (Uni. Münster), R. Bastine (Uni. Heidelberg), W. Butollo<br />
(Uni. München), L. J. Pongratz (Uni. Würzburg), H. Schauer (Uni. Marburg)<br />
und D. Schulte (Uni. Bochum) (allesamt Professor <strong>für</strong> Psychologie,<br />
Fachrichtung Klinische Psychologie; Schulte ist 1. Vors. des DBV, Duhm<br />
1. Vors. des „Kuratorium Fachpsychologe <strong>für</strong> Klinische Psychologie", dem<br />
1974 Bastine und Schauer als Mitglieder angehörten; Kemmler ist Beisitzer<br />
beim Ehrengericht des DGfPs). In diesem Brief kommt die aus ständischen<br />
Interessen notwendige Abkehr von einer verbandsinternen Kontrolle<br />
der Ausbildung in Klinischer Psychologie bzw. zum „nichtärztlichen<br />
Psychotherapeuten" erstmals explizit zum Ausdruck. Dazu heißt<br />
es: „Die staatliche Anerkennung als Psychotherapeut könnte noch in diesem<br />
Jahr erfolgen."<br />
155 S. Anm. <strong>91</strong>.<br />
DAS ARGUMENT <strong>91</strong>/1975 ©